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Wetttt Dtte^eSchwi^eemrti^e... Fvm-eiMKee Roman von T-eop-// öuech V«/«y S-A» M-i/ke-, W-röau /F. „Kein ehrlicher Mensch ist da, Ler. mal wagt, den Mund mrfzutun. Ja, denken Eie denn, daß ich jetzt still sein werd«? Mag der Herr Bürgermeister tun, was «r will! Ah tue ge- nau so! Ich werd« jetzt einmal in die Wirtschaft hinein- stochern! Es wird nämlich Zeit, und Ler. Herr Spatz, der Aronenwirt, Ler wird sich umgucken, wenn ihm di« Konzession genommen wird!* „Was meinen Sie damit, Frau Laibacher?" „Ich bin kein kleinlicher Geist, und wenn die Polizei- stund« mal nicht so peinlich eing«halten wird... was geht s mkch an, aber man soll es nicht zu bunt treiben. Jeder weiß, daß Lie „Krone" bis vier Uhr nachts Gäste in den Gast- räumen hat. Die Sache ist ausgeartet, und darunter leidet vor allem die Jugend von Bötzingen. Die hat es hier leichter als in der Großstadt, einen lockeren Lebenswandel zu führen. Die kann die Nächte zum Tage machen. Die Polizei guckt ja auch zu. Was denken Sie denn, Herr Wachtmeister, was die Regierung sagen wird, wenn sie einmal von den v«rlodd«rten Zuständen hört?" „Aber Frau Laibacher," sagte der Wachtmeister erschrocken. „Iowohl, mein Lieber... dann wird ein anderer Wind pfeifen! Di« bessersituierten Kreis« von Bötzingen haben ja keine Ahnung, wie sehr sie die Unzufriedenheit der Bürger mit diesen Zechgelagen die Nächte durch schüren! Das muß anders werden! Ich sage Ihnen nochmals: Die Bürger- meistere; mag tun, was sie will... ich behalte mir alles vor!" Der Beamte, der sich auch nicht ganz korrekt fühlte, saß wie gebannt. Nach einer Weile sagte er sehr höflich und ver- legen: „Ich werde jetzt auf die Vernehmung verzichten! Es ... ich ... ich. muß einsehen, Frau Leibacher... man hat doch Unrecht getan, man sollte nicht dulden, daß man Sie angreift. Ich werde versuchen, Las meinen Vorgesetzten plausibel zu machen." * * Der Wachtmeister zog sich zurück und suchte zunächst Herrn Spatz auf. Der kam gleich wie «in Stößer auf ihn zu. „Franz, was sagst dn zu dem Weibsbild? Der werden wir es noch be weisen!" „Nischte, nischte!" brummte der Wachtmeister. „Bruno, du bist «cn Lummer Hund, so lange du lebst! Di« Laibachern ist eine verteufelte Frau! Die dicht den Spieß rum. Die bringt dich um die Konzession! Die hat dich scheinbar beob achten lassen! Wenn wir Spuk machen, dann zeigt sie bei der Negierung an, daß es bei uns keene Polizeistunde nich gibt! Jawoll, tut sie!" „Was?" Erschrocken sah Ler Hotelier Len Sprecher an. „Macht sie! Macht sie! Rede ja mit dem Bürgermeister, Laß er nischte einrührt. Bruno, dann geht's mir auch an den Kragen! Herrgott, ich hab's aus Gutmütigkeit immer ge duldet! Det muß anders werden!" Spatz nickte ihm zu. Er sah auch die Gefahr. „Wenigstens zuschließen mußte vorne, Bruno!" fuhr Ler Wachtmeister fort. „Und dann laß die Lümmels nich immer so schimpfen auf die Frau! Ist 'ne ganz propre, tüchtige Frau! Wenn die Stadt den Betrieb nicht hätte, dann ging's uns allen schlecht." * » * Am Abend trafen sich die Freunde in Stolzes guter Stube. „Was zu pickern müßten wir noch haben!" sagte Hermann. „Jette hat heute Ausgehtag. Sie besucht «ine alte Tante. Da war nichts zu machen!" ,Loch," sagte Schute, der Verfressene, rasch, „wir. können uns doch etwas kaufen!" „Kein Geld, Herr Schute, kein Kleingeld, und Großes haben wir so wie so nie!" „Oo, ich bezahle es! Wenn Sie es besorgen können über die Straße?" Hermann schüttelte den Kopf. „Nee, nee, Herr Schute, so ne Nassauer sind wir nich! Sie haben einen Einstand gegeben, der war knorke! Genug!" „O, das tut doch nichts! Papa schickt mir jeden Monat tausend Mark!" „Tausend Mark!" staunte Hermann Bauklötze. „Haben Sie gehört, Herr Stolze, tausend Mark? Sagen Sie mal, Schute: Ihr Vater ist Millionär, was?" „Mein Vater ist seehr, seehr reich! Wieviel er Hot, das weiß ich nicht! Aber ich bin sein einziger Sohn, und es langt schon." „Es langt schon! Schute, ich beneide Sie, nich um Ihren ollen Herrn, daß «r so reich ist, aber daß Sie bei dem Villen Ielde noch so een unverdorbener, netter Mensch sind!" Schute sah ihn erfreut und mit verlegenem Lächeln an. „Ja, ich hab doch Vaters Geld nicht selbst verdient, Herr Pommer!^ Stolze sah ihn freundlich an. „Ein guter Standpunkt, Schute! Bleiben Sie dabei! Aber nun können Sie unserem guten Freunde ruhig ein paar Märker geben, daß er was holt! Tausend Mark ... da können Sie es schon vertragen!" „Nicht wahr? Ich habe doch auch noch soo . . . ooh, soo viel Appetit!" „Ist auch verfressen, unser Kamerad, was, Herr Stolze?" lachte Hermann und klopft« dem Hamburger auf die Schul tern. Nach einer Viertelstunde aßen sie dann friedlich und ge mütlich ein« Riesenappetitsbrotplatt«. Dann bemühten sie sich, dem bedauernswerten Schuten das Skatspielen beizubringen, aber das war ein schweres Stück Arbeit. Sie spielten nicht um Geld, sondern nur zur Unter haltung. In Laufe Lieser Unterhaltung klopfte man auch auf Len Tisch. Dos störte den Herrn Prokuristen, der ein Stockwerk tiefer wohnte. Er sandte di« Hausm«isterin, das lang«, dürr« Fräu lein Semmelbruch, nach oben, die um Ruhe bat. „Was?" sagte Hermann. „Der spinnt wohl! Neune ist es! Da kann ein Christenmensch doch wohl noch nen Skat kloppen!" „Ich habe den Wunsch des Herrn Hertling Herrn Stolze überbracht. Mit einem Schofför habe ich nichts zu tun!" ent gegnete das holdselige W«sen spitz. „Stolze, mucken Sie mal auf!" hetzte Hermann. Aber Ler Papagei ergriff das Wort und schnarrte: „Don nerwetter! Donnerwetter! Du bist zu schön, um treu zu sein!" Da brauste die Semmelbruch auf. „Das ekelhafte Vieh . . . ich dreh ihm noch mal den Hals um! Uebriaens, Sie dürfen ja keinen Papagei halten, von wegen der Papageienkrankheit!" Die Männer prusteten vor Lachen. „Frollein!" sagte Hermann mit Schmalz, „das höfliche Tier müssen Se netter behandeln! Wie der Sie anschwärmt! Du bist zu schön, um treu zu sein! Was macht der Bräuti gam?" „Ich ... ich werd mich mit einem Mannsbild abgeben!" „Gott ja, sehr verständlich, ein Mann muß Ihre Nähe meiden, Sie sind zu spitz!" „Herr!" rief die Donna. „Donnerwetter . . . Donnerwetter!" schnarrte der Papa gei. . Hermann aber fuhr mit unerschütterlicher Ruhe fort: „Neulich habe ich gelesen, Laß einer von seiner Braut erstochen wurde. Da habe ich an Sie gedacht, Frollein Semmelbruch. Sie sind so spitz, da liefe man auch Gefahr!" „Ich beschwere mich bei Frau Caroline!" „Meinetwegen, ober jetzt lassen Sie uns in Ruhe! Raus!" „Sachte!" siel Stolze ein. „Nicht so wild, mein Bester! Fräulein Semmelbruch, wir wollen Frieden halten! Meinen guten Ara müssen Sie freilich mit in Kauf nehmen! Aber zum Zeichen unserer guten Gesinnung erlauben Sie mir, Ihnen dieses Stück Wurst zu verehren!" Nun lächelte sic holdselig und sagte: „Sie sind eben doch ein Kavalier! Da könn' Sie sich schon ein Beispiel nehmen, Schofför!" Hermann kniff die Augen zusammen. „Mach ich, mach ich!" Fräulein Semmelbruch verzog sich. Hermann seufzte auf. „Die und ich... wir hätten keine Sorgen! Geht's uns schlecht: een Panoptikum aufgemacht! Da zahlt jeder einen Groschen! Ach, Stolz«, Sie haben eine gemütliche Bude, aber hier muß man ja mäuschenstill sitzen, von wegen dem dort unten. Kommen Sie mit zu mir rüber!" „Wo wohnen Sie denn eigentlich?" „Ueber Ler Garage! Eine knorke Wohnung! Drei Räume! Das langt sogar für meine Marth« mit!" Also entschloß man sich, umzusiedeln. Als sie unten an Ler Tür des Prokuristen vorbeigingen, machte L«r die Tür auf und schaute, was da vor sich ging. ,,N' Abend, Herr Prokuristei" sagte Hermann schnoddrig. „Wir ziehen um, damit Sie ruhig pennen können! Gute Nachtruh«!" „Danke, danke! Die Herren sind wirklich rücksichtsvoll!" sagte Hertling. „Sind wir immer! Warum ooch nich, wo Sie doch tags über. so viel zu denken haben. Da müssen Sie Ihre Nachtruhe haben! Angenehme Nuhe, Herr Prokuriste!" Hermann brachte das mit einer so unverschämten Ruh« heraus, daß der Prokurist innerlich kochte, denn er. fühlt« Len Spott, aber er konnte nichts einwenden. Also klettert« man in Hermanns kleine, nette Wohnung, wo man weiter skatete und vergnügt war. * * Die Arbeit ging ruhig ihren Gang. In Bötzingen aber fraß der Haß unter den Bürgern weiter. Daß da drei hergelaufene Kerle, gekommen waren und Li« ganze GastskLe der „Krone" ohne viel Federlesen» »u machen ausgeräumt hatten, da» kränkt« fle namenlos. Daß der Grund zu dem Streit von ihnen selbst gekommen «ar, das schert« sie nicht, daran wollten sie nicht denken. Der Polizeiwachtmeister hatte den Kommissar unterrichtet, der. hatte mit dem Bürgermeister gesprochen, und Ler Bürger meister hatte «ingesehen, daß man besser tat, über die Sache Gras wachsen zu lassen. Aber die braven Bürger waren nicht damit einverstanden. Wohl oder Übel mußt« sich Ler Bürgermeister, fügen! Di« Anz«'g« wurde «ingereicht. Herr von Schlettow machte seinen Besuch in der Villa Laibacher. Jette meldete ihn. Als der Name von Schlettow fiel, sahen sich Frau Lai bacher und Fräulein Holgar. erschrocken an. „Der hat noch gefehlt!" sagt« Frau Laibacher zu Fräulein Holgar. „Was machen wir nun?" Die Gesellschafterin erhob sich. „Ich will ihn empfangen, Frau Laibacher!" Und sie folgte Jette, schritt an ihr vorbei in Len Salon, in dem Uw« von Schlettow wartete. Dort sprach sie wohl «ine Viertelstunde mit ihm, dann betrat sie mit ihm zusammen das Wohnzimmer. „Herr von Schlettow freut sich, Ar« Bekanntschaft von früher zu erneuern, Frau Laibacher!" Schlettow küßte Frau Laibachers Hand. „Also endlich sind wir wieder hier angelangt und werden wohl auch hi«r bleiben, gnädige Frau, nicht wahr?" „Ich Lenke es doch, Herr Daron! Bitte, nehmen Sie Loch Platz." Ang«regt unterhielten st« sich. Frau Laibach«r merkte, wie Schlettows Augen beständig Fräulein Holgar suchten. Agnes Holgar aber schien seinen Blick zu meiden. Sie sah geflissentlich zu Boden. Nach einer Stund« v«rabschied«te sich der Baron. „Hat es weh getan?" fragte Frau Carolin« l«is«, als si« sich allein gegenübersaßen. „Nein, das nicht mehr! Alte Erinn«rungen kommen und wollen di« Wunden wieder aufbrechen lassen, aber... es ist vorbei!" „Sie haben so viel durchkosten müssen, Agnes, aber jetzt wird «s wieder gut werden, alles!" „Ja," entgegnete Agnes Holgar ernst. „Ich glaube es auch!" * » * Georg schuftete. Er, der sonst verschwenderisch gelebt hatte, wurde förmlich geizig. Mit seinem neuen Wagen war er ständig unterwegs, er besuchte Kunden und kümmert« sich um große Aufträge. Seine Regsamkeit machte guten Eindruck. Alle Bötzinger Geschäftsleute empfanden es förmlich als Ehrensache, ihm Arbeit für. seine Schlosserei zu beschaffen. Alle Verbindungen mußten herhalten. Alles tat man, um ihn zu stützen. Das war Georg «ine Befriedigung. Er wollte der Alten zeigen, daß er Georg Meinhold war, ein Kerl, Ler vor einer Frau keinen Fußfall tut. Daß er so getrennt von Rosel lebte, das bedrückt« ihn. Es war doch mehr Zuneigung in ihm, als er sich selbst hatte eingestehen wollen. Verbissen wartete er, Laß Rosel komme. Aber sie kam nicht. Denn auch in der Frauen seele war nach Jahren Ler Geduld der Trotz erwacht. Das Feuer gegen Frau Caroline bekam immer mehr Nahrung. Einer verhetzt« den anderen, und es gehörte bei der Bürgerschaft bald zum guten Ton, gegen Frau Caroline Laibacher zu wettern. Und den Dreien, diesen Ausländern, hatte man bitter« Feindschaft geschworen. Der Bürgermeister erlitt eine Abfuhr. Die Klage wurde abgewiesen. Der Staatsanwalt erklärte, keinen Anlaß zur Klageerhebung zu haben, ja sein Schriftsatz enthielt sogar eine scharfe Verurteilung und zeigte dem Bür- germeister, daß der Staatsanwalt auch von anderer Seite Aus- künfte erhalten hatte. Im Grunde genommen war der Bürgermeister froh, daß die Sach« so ausging. Aber irgend etwas mußte man doch tun, um es dieser Frau, die nicht einmal einen Antrittsbesuch für nötig fand, zu zeigen, daß sie hier nichts zu sagen hatte. Und man fand ein Mittel: Man erhöht« sie in der Steuer ganz bedeutend, man entzog ihr den Genuß gewisser Lrleich- terungen bei Abgaben, da der Betrieb ja außerhalb des Stadt kernes lag. Frau Laibacher schrieb der Bürgermeisterei, daß sie nicht gewillt sei, diese Summen zu bezahlen. Sie verhandelte nur schriftlich mit der Behörde. Ein Schriftwechsel entstand, der eine unfreiwillige Komi! in sich barg. Me Gemeinde wurde gereizter, die Briefe auch. Schließlich erklärte Frau Caroline Laibacher, daß sie den Betrieb des Unternehmens verlegen werde, wenn man ihr nicht «ntgegenkomme wie in den früheren Jahren. Niesenaufregung war darob in der Stadt. Nun wurden auch die Arbeiter mobil. Sie sandten ihr« Vertreter zum Bürgermeister und ließen verhandeln. Aber die Bürgerschaft verlangte kategorisch: durchfechten (Fortsetzung folgt.)