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Die aeue Lum« und Sporthalle in Johanngeorgenstadt. Aach jahrelangen Beratungen und Aufstellung von Plänen erfolgt« im September 1930, al« „Graf Zeppelin" unserer Stadt seinen ersten Besuch erstattete, dt« Grund- steinlegung -u dem gewaltigen Bau, der in der Nähe der großen Hans-Heinz-Schanz«, einer Uebungsstätt« deutschen Ellsportes, eine ebenbürtige Pflegestätte des deutschen Turn- und Svortbetriebes werden soll. Der Bau wurde nach den von Architekt (B.D.A.) H u g o - H e i n, - I<channg«orgenstadt entworfenen, von der Deutschen Turnerschaft begutachteten und zur Ausführung empfohlenen Plänen durchgeführt. Di« Turn- und Sporthalle liegt auf einem ca. 20 000 Quadratmeter großen Gelände an der Eibenstocker Straße in Höh« von 800 Metern mit herrlichem Fernblick in das bergwaldumrauschte Grenzland. Das Gebäude umfaßt rund 900 Quadratmeter bebauter Fläche, hiervon entfallen auf die Turnhalle rund 500, auf die UNterkunfts. und Nebenräume 400 Quadrat- meter Fläche und trägt mit seinen neuzeitlichen Anlagen und Einrichtungen den Turn- und SportbedUrfnissen in jeder Weise Rechnung. Im Kellergeschoß sind außer den nötigen Vorrats- räumen eine neuzeitliche Doppelkegelbahn sowie Brause- und Wannenbäder vorgesehen. Da d«r große Platz vor der Halle zu einem Stadion ausgebaut werden soll, sind die Bäder so angeordnet, daß sie vom Kampfplatze aus bequem zu erreichen sind. Das Erdge schoß enthält eine offen« Vorhall«, die zugleich als Haupteingang dient. An diese schließt sich eine neuzeitliche, in großem Ausmaß gehaltene Garderobehalle mit Toiletten an für Kalt- und Warmwasserzufluß. Die Wand- flächen und Fußböden dieser Halle sind mit gutgewählten farbigen Tonkacheln verkleidet. Rechts schließt sich die Küche mit neuzeitlicher Herdanlage an. Der Einbau des Büfetts ist zwischen Küche und Turnsaal erfolgt. Line reibungslos« und schnelle Bedienung bei festlichen Angelegenheiten ist da durch sichergestellt. Zur Beförderung von Speisen und Ge tränken nach Lem im Obergeschoß liegenden Vereinszimmer und noch der im Kellergeschoß eingebauten Kegelbahn ist ein Speiseaufzug vorhanden. Die Turnhalle, der große Turnsaal, hat starke, auf Mauerpfeilern ruhende Holzgitterträger. Diese stützen die gesamte sichtbare Holzbalkendecke, di« mit ihrer gewaltigen Wölbung den Dachraum fast völlig ausnützt. Rund 1000 Stühle können im Turnsaal und auf der Galerie untergebracht verden. Die Turngeräte befinden sich in einem großen Raum« rechts neben der Bühne. Dieser Geräteraum hat ein ebenes Dach und dient als Dorturnertribüne, Sammel- raum für Zuschauer und für die Musik bei festlichen Anlässen. Die beiderseits hochliegenden Fenstcrreihen der Halle, deren Anordnung von Fachkreisen besonders anerkannt wird, sind mit getöntem Antikglas versehen, wodurch das grell einfallende Licht gedämpft und die Raumstimmung gehoben wird. Zur mühelosen Verdunkelung der Halle für Kinovorführungen werden bei allen tzallenfenstern lichtdichte Selbstroller ange bracht. Die an die Halle anstoßende Bühne ist mit Vorbau in reichlichem Ausmaße hergestellt und mit allen neuzeitlichen .'Einrichtungen versehen (Schnürboden, Scheinwerfer, moderne Leleuchtungsapparate), die alle nur denkbaren Wirkungen er möglichen. Hinter der Bühne liegen Ankleideräume und Toiletten für Turner und Turnerinnen mit gesonderten Ein gängen. Die Waschgelegenheiten sind auch hier mit Kalt, und Warmwasserzufluß ausgestattet. Im Obergeschoß liegen hinter Bühn« und Galeri« je ein Sitzungs- und Unterhaltungsraum, auch ein Bidliothekszimmer ist vorhanden. Im Quer, gebäude ist «in« geräumige Wohnung für Len Hausm«i> ster untergebracht. Für Film- und Lichtbildervorträg« ist nach baupolizeilichen Borschristen ein Operateurraum im Eingangsgiebel geschaffen worden. Im Nordgiebel des zweiten Stockwerks wird eine Turnerjugendherberg« mit 80 Schlafgelegenheiten und im Quergebäude Uber, der Haus- mannswohnung ein« Turnerinnenjugendherberge mit SO Plätzen eingerichtet. Der ca. SO Meter lange und 9 Meter breite Dachboden wird bei besonderen Anlässen für Massen quartier« eingerichtet, so daß sich gut 4—SOO Personen unter- bringen lassen. Beheizt wird die gesamt« Anlage durch Nie derdruckdampfheizung. Für einwandfreie Entlüftung aller Derkehrsräume und der Hall« sind Entlüftungsanlagen ein gebaut. Im übrigen haben alle Aufenthalts, und Verkehrs- räume elektrisches Licht, Klingel- und Haustelephonanlage. Die Farben sämtlicher Innenräum« sind in Hellen Tönen ge- halten (die Hall« von oben nach unten weiß-elfenbein-zitron- farbig). Die Architektur des Gebäudes ist sachlich und modern durchgeführt und fügt sich harmonisch in di« Erzgebirgs- landschaft ein. Besonderen Dank für die umfangreich« und sorgenschwere Derwaltungsarbeit v«rdienen außer Architekt Heinz noch di« beiden Vorsteher des Vereins, Ernst Hilm« und Erich Am Ende; weiter Baumeister Karl Adler- Schwarzenberg für die einwandfreie gediegene Ausführung des imposanten Bauwerkes, das durch seine Energie und Umsicht in einer so kurzen Bauperiode zur. Zufriedenheit aller herqestellt wurde. Bei der Bauausführung wurden zum größ ten Teile, soweit sich dies mit den Verhältnissen in Einklang bringen ließ, ortsansässige, dem Verein angehörige Dau- Handwerker zugezogen. Hierbei sind besonders zu er wähnen: Installateurmeister Paul Reinhardt-Johann georgenstadt für di« gesamte elektrische Anlage, die Firmen Unger-Johanngeorgenstadt für Türen, Adler-Schwar- zenberq für Glas- und Tischlerarbeiten, Möckel-Johann georgenstadt für Wand- und Fußbodenverkleidung, Nieder- niann - Johanngeorgenstadt für Installationsarbeiten, Ernst Bleyer-Johanngeorgenstadt für Schlofferarbeiten, Bar thel und Opp-Johanngeorgenstadt für Dachdeckerarbeiten; Eska, A. Großer, Eug. Großer, Graf und Weber- Iohanngeorgenstadt für Malerarbeiten. Die Heizung wurde von der Firma Dipl.-Ing. Schmutzler- Wilkau ausgefilhrt; die Bühneneinrichtunq vom technischen Direktor des Schau spielhauses Leipzig, Walter Eisold; die Turngeräte ausstattung von der Firma Dittrich und Hanack -Chem nitz und die neuzeitliche Garderobeanlage von der Kunst schlosserei Herm. Melzer-Chemnitz. ' R. I. 7luorcv08Lu-pzpikp7kcttmx D Konzerte, T-«ater etc. D „«»»IHIg-l, r»ch,«r". Der -«uuI-Pvrteu.rvuftlxschlager in «ne. Das urwüchsige Tonlustspiel „Kohlhlesels Töchter", ein Aggregat von Humor, Witz und tollster Situationskomik, feiert nun auch in Aue seine Triumphe. Die Adler-Licht- spiel«, di« diese Köstlichkeit im Rahmen eines interessanten Beiprogramms Herausstellen, werden täglich ein volles Haus haben, darüber besteht kein Zweifel. Henny Porten in einer Doppelrolle, als Gretel und Lies«! Kohlhiesel. Dieser Trick des gespalteten Ichs ist der Clou vom Ganzen. Das Publikum steht vor Rätseln; rechts singt die Gretel, links brummt die Liesel, und beides spielt dH» eine Porten-Sphinx. Es gibt noch Hexereien. Ihre weiblich» Drastik ist im Film ohne Beispiel. Denn sie formt da nicht nur Schminke, angeklebte Augenbrauen, Schielaugen mit Wasser tröpfchen, aufgetürmten Dutt, nicht äußerliche Maske und Mache nur: solche Dolksbelustigungsgestalt, die durch di« Dorf- weit trampst, kommt tiefer her. Diese Kraft zum Unsinn, die- ser Mut zum Mutwilligen. Man muß eben ein Original sein. Die dumme Liesel Kohlhiesel ist «in Phänomen, im Kuhstall, an der Darietäkasse, als Borhangaufzieherin an der Bühn« — herrlich aber, wenn sie in schöner Morgenfrühe gutgelaunt durchs Dorf marschiert. Dieses sauf- und freßlustige Mädchen ist eine Lharakterstudie von unwiderstehlicher Komik. Henny rührt mit der Könnerschaft der großen Komödiantin mit feinster Menschlichkeit auch an die Tragik des „häßlichen Mäd chen". Es gibt weit und breit keine Filmschauspielerin, die ihr die eine Szene im „Drautgemach", die Szene der Erwartung und Enttäuschung, nachmacht. Mußte sie früher bloß das Ge sicht sprechen lassen, so schafft sie es jetzt auch mit der Stimme. Fritz Kampers, ihr famoser Partner, ist eine Figur von Saft und .Kraft. Großartig, wie er seine Bude ausräumt, prächtig, wie er den Rausschmeißer tanzt. Diese Neuauflage der Töchter Kohlhiesels ist es wirklich wert, daß man ihr einen Kinobesuch widmet oder auch zwei, denn wer lacht sich heute nicht gern seine Sorgen los? —dt. Aue, 15. Aug. Die Platzmusikam Sonntag um 11 Uhr auf dem Markt bringt folgendes Programm: 1. Turnier-Marsch von A. Wiggert. 2. Ouvertüre zu „Lysistrata" v. P. Lincke. 3. Largo v. G. F. Händel. 4. Mein Traum, Walzer, von G Waldteufel. 5. Potpourri a. d. Operette „Der fidele Bauer" von L. Fall. Neue Vühnenwerke. Bon Iulius Berstl liegt ein neues Schauspiel vo^ das unter dem Titel „Navi" in Leipzig zur Aufführung gelangen wird. — Das staatliche Schauspielhaus in Berlin hat das neue Schauspiel „Monte Carls in Berlin" zur Aufführung erworben. Die musikalische Komödie „Die göttliche Jette" von Günther Bibo und Emil Ra- meau mit Musik von Walter Götze wird im Berliner Schiller-Theater zur Erstaufführung kommen. — F. D. Lichtenecker, der Autor des nach dem gleichnamigen Buch Karl Plöttners verfaßten Dramas „Eros im Zucht haus", hat eine neue Komödie beendet, die den Titel führt „Ganoven". England «nd wir. Selbflerlebles aus jüngster Je». Der deutsche Besuch in Chequers und die Konferenz rn London haben in den letzten Monaten wiederholt die Aufmerksamkeit des deutschen Volkes auf England gerich tet. Daher ist es vielleicht nicht u-^terressant, einmal etwas über jenes große und mächtige Volk im Nordwesten Euro pas zu hören. Die Engländer sind ein Inselvolk, ihr Laud ist rings oon den Wellen des Ozeans umspült. Lin großer Teil dieses Volkes zeigt deutlich die Merkmale einer solchen abgeschlossenen Lage. Viele haben nie über die Küste ihres Landes hinausgesehen und sich eine gewisse angelsächsische, puritanische Eigenart bewährt, die sie manchmal modernen, die Welt bewegenden Fragen verschlossen und ablehnend gegenüberstehen läßt. Auf^der anderen Seite ist es aber interessant und verblüffend zugleich, wie ungeheuer viele aus allen Schichten der Bevölkerung ein großes Stück der Welt gefehen haben. Das ist natürlich zunächst eine Folge davon, daß England über den ganzen Erdball ver streut Kolonien besitzt. Wenn man überall, wohin man auch kommt von fremden Ländern erzählen hört, fühlt man immer wieder in ganzer Schwere das große Leid, das man uns zufügte, als man uns die Kolonien nahm. — Der Engländer liebt es aber im allgemeinen, die Welt kennen zu lernen, und jährlich verbringen viele vom rei chen Lord bis zur einfachen Kontoristin ihre Ferien im Ausland. Daher geschieht es auch, daß man hier sehr oft Leuten begegnet, die Deutschland gesehen haben, und das sonst so nüchterne Herz des Engländers ist voll von Be geisterung bei der Schilderung unseres schönen Vaterlandes. Allerdings begeht der Engländer, wie er selbst zugibt, einen großen Fehler auf all' seinen Auslandsreisen. Er gibt sich meistens weder vorher noch auf der Reise mit der Sprache des Landes ab, das er besucht. So hat er natür- lich nur den halben Genuß an seinem Aufenthalt im Aus land. Er bewundert am Deutschen die Energie, sich vor her wenigstens etwas mit der fremden Sprache vertraut zu machen. Doch dieser Lerneifer ist für den Engländer nur ein Beispiel für unser ganzes Wesen. Es hat mich mit großer Freude und Stolz erfüllt, wie der Deutsche in diesem Lande geachtet ist. Vielseitiges Können und Fleiß vor allem rühmt man ihm immer nach. Deutsche, die in diesem Lande arbeiten, haben manche Feindseligkeit durch ihren Eifer und durch ihre zufriedenstellenden Leistungen überwunden. Natürlich bleiben Enttäuschungen nicht aus. Von Zelt zu Zeit begegnet man auch Engländern, die einem feindselig entgegentreten. Aber ihre Zahl ist erfreulicher- w«se so gering, das man sie als eine die Regel bestäti gende Ausnahme hinnehmen kann. Unser Fleiß und unser Können haben uns in Eng- land Achtung erworben; doch auf einem Gebiete bringt man uns geradezu Bewunderung, wenn nicht Verehrung, entgegen: es ist auf dem Gebiete der Musik. Ich war er staunt. wie sehr viel deutsche Musik z. B. im Radio ge- sendet wird, wo ich sogar nicht selten deutsche Lieder sin- gen hörte. Oft bin ich Leuten begegnet, die mir sagten, „wie wunderbar ist eure deutsche Musik", oder „es hat keinen Größeren auf dem Gebiete der Musik gegeben als Bach" usw. Solche Worte haben mich immer mit Stolz erfüllt. Allerdings konnte ich dabei auch ein Gefühl der Scham nicht loswerden. Ist es nicht tief beschämend, wie wenig wir uns selbst dieses deutschen Reichtums bewußt zu sein scheinen? Wir, das große Musikvolk, hören uns heute überall amerikanische Musik an, bewundern und fördern sie, anstatt die Schätze unseres eigenen Landes zu pflegen. Man muß deshalb jede Bewegung, deutsche Musik wieder zu Ehren und Ansehen zu bringen, freudig und dankbar anerkennen. Was uns aber in diesen Zeiten vm meisten bewegt, ist die Wirtschaft und Politik, und so möchte ich auch dazu noch einiges im Hinblick auf England sagen. Wenn man z. B. durch die Straßen der großen Han delsstadt Manchester geht, sieht man, wie daheim, überall viele Arbeitslose herumstehen. Viele ähnliche Dinge deu ten darauf hin, daß wir wirklich nicht in einer nur deut schen, sondern einer Weltwirtschaftskrise leben. Wer unter einer solchen ungünstigen Lage mehr zu leiden hat, ob ein politisch mächtiges Volk wie England, dessen Besitzungen über den ganzen Lrdball verstreut sind oder ein politisch uneiniges, durch »gerechte Verträge geknechtetes Deutsch land, das man der Kolonien beraubt hat, darüber besteht ja kein Zweifel. — Allerdings habe ich den Eindruck ge wonnen, daß wir unsere deutsche Wirtschaft noch nicht genug unterstützen, nicht in dem Maße, wie das England mit seiner Wirtschaft tut. Natürlich läßt sich das nicht von oben herab durch Gesetze machen, die dann im Ausland sofort die Gegenwirkung auf die deutsche Wirtschaft Her vorrufen würden; aber jeder einzelne sollte aus Vater landsliebe, aus dem moralischen Gefühl feinem deutschen Nächsten in dieser Notzeit helfen zu wollen, besonders darauf achten, daß er deutsche Waren kauft. Wir Deutschen sind bekannt dafür, daß wir alles, was aus dem Aus lands kommt, besonders lieben und bewundern; doch ge- rade in dieser Zeit deutscher Not gilt es dieses alte Erb übel bewußt und scharf zu bekämpfen. In England trägt fast jede Ware, ob groß, ob klein, den Vermerk, wo sie hergestellt ist, fodaß man stets eine Art Kontrolle hat, ob man die heimische Industrie unterstützt. Außerdem fordert ein sehr eindrucksvolles Plakat, das in den Kauf häusern, Geschäften und überall anderswo an günstigen Stellen Hängt, auf, britisch« Waren zu kaufen. Noch auf einem anderen Gebiete schützt sich die deutsche Wirtschaft, wie ich glaube, nicht genug. Sie läßt Aus- länder. ohne ihnen viel Schwierigkeiten zu machen, in Deutschland arbeiten. Es bedarf einer besonders begrün deten Erlaubnis, wenn man in England arbeiten will. Bei meiner Ankunft in England hat man mich, die ich nur für ein halbes Jahr zu Studienzwecken herkam, aus dem Einreisebüro wiederholt gefragt, ob ich in England zu arbeiten gedächte. Ja es ist selbst nicht erlaubt, um sonst hier zu arbeiten; denn auch in diesem Falle entzieht man vielleicht einem Engländer einen Arbeitsplatz. Wer trotz a Hedem arbeitet und dabei ertappt wird, wird sofort aus dem Lande gewiesen. — Wenn man selbst aus Ler Heimat her die schwere Not der Arbeitslosigkeit kennt, kann man sich der Richtigkeit und Berechtigung solcher strenger Maßnahmen nicht verschließen. Neber die Beziehungen zwischen Deutschland und Eng land in der Politik ist in den letzten Wochen viel geschrie- ben worden. Ich kann mich der Meinung derer anschließen, die ein Zusammengehen von Deutschland und England in den nächsten Jahren für wahrscheinlich und günstig halten. Die Stimmung in England ist für Deutschland. Man hat hier den letzten Vorgängen in unserem Vaterlands ein großes Interesse und Verständnis entgegengebracht. Außer dem ist man fich in England der Tatsache vollkommen be wußt, daß Deutschland auf schwerem Vorposten für ganz Westeuropa gegen den Bolschewismus steht. Wenn aber dieser Vorposten fällt, dann ist möglicherweise auch England dem Bolschewismus preisgegeben. Schreckhaft steigt bei die ser Vorstellung das Bild von Revolutionen vor dem Eng länder auf, die dieses Land seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt hat. Es ist geradezu auffällig, wie Kruge England im Gegensatz zu anderen großen Staaten des Kontinents von Revolutionen verschont geblieben ist. Man hat mir dafür wiederholt einen besonderen Grund angegeben, den folgendes kleine Ergebnis bestätigt. Als ich an einem Abend auf der Straße eine eng lische Zeitung kaufte, um das Ergebnis der Londoner Kon ferenz zu erfahren, kam ein einfacher Mann an dem Zei tungshändler vorüber. „Result" (Ergebnis) fragte er. Für mich, wie für viel« andern, gab es an diesem Tage nur ein Ergebnis, und so glaubte ich, daß auch dieser Mann den Ausgang der Siebenmächtebesprechung zu erfahren wünschte. Doch zu meinem Erstaunen entwickelte sich das Gespräch in einer ganz anderen Richtung. „Welches Ergebnis, fragte der Zeitungsverkäufer. „Lricket", antwortete see- lenruhig der Gefragte. So beherrscht der Sport neben der Politik das Interesse der Engländer. Daher besteht im mer ein gewisses Gleichgewicht, das, wie man sagt, Eng land solange vor Revolutionen bewahrt hat, es verschont hat vor jenem Radikalismus, wie wir ihn heute in Deutsch, land haben. Der nüchterne Engländer versteht jenen Radikalismus mit all' seinen Auswüchsen nicht, und wenn wir ihn fern von Deutschland betrachten, wird er uns selbst unerklärlich und fremd. Doch die Sehnsucht nach einem einigen Deutsch land steigt in der Fremde um so brennender im Herzen auf; denn nur ein einiges, nationales Deutschland wird in d iesem Machtstreben der Völker seinen Platz in der Welt behaupten können. Irmgard Gietzelt, Schneeberg, z. Z. England