Volltext Seite (XML)
Haltung der westlichen Demokratien zu dem Beschluß Ita liens, seine Lebensinteressen auf der anderen Seite der Adria zu verteidigen und zu sichern, mutz deshalb die Folge rung gezogen werden, datz es ihnen nicht darum zu tun ist, den Frieden zu schützen, sondern einen U n ruheherd zu erhalten, von dem aus mit Hilse des willfährigen Königs sich bequem gegen Italien operieren ließe. Nervosität in Holland Amsterdam, 11. April. Ministerpräsident Colijn hielt am Dienstagmorgen eine Rundfunkanfprache, in der er die gestern verfügten Erenzsicherungsmatznahmen begründeie. öolijn stellte eingangs fest, datz Holland von keiner Seite eine unmittelbare Bedrohung befürchte. Die Beziehungen Hollands zu allen seinen Nachbarn feien gute, es handele sich hier nur um ausgesprochene „Vorsorgenratznahmen". — Trotz dieser Erklärung des Ministerpräsidenten ist die Un ruhe und allgemeine Nervosität in Holland infolge der systematischen englischen Kriegshetze sehr grotz. Diplomatische Rührigkeit in London London, 11. April. Der in der gestrigen Sitzung des britischen Kabinetts gefaßte Beschluß, das Unter haus zum Donnerstag einzuberufen, gibt der Londoner Morgenpresse Veranlassung, Kombinationen über die Lage anzustellen. Die Blätter enthalten im großen und ganzen lediglich Andeutungen der Art, daß die britische Regierung einmal wieder einige ihrer wertlosen Garantieerklä rungen abgeben werde: Für Griechenland und dieTiirkei. In diesem Zusammenhang sprechen die Blätter in einer Uebereinstimmung, die auf eine amtliche Inspiration schließen läßt, davon, daß die diplo ma lische Tätigkeit nicht nur zwischen England und den Balkanstaaten, sondern in erster Linie zwischen Eng land undJtalien voraussichtlich bis zum Donnerstag fortgesetzt werde, mit dem Zwecke, eine Plattform für die zu erwartende Unterhauserklärung zu suchen. Es ist sehr be merkenswert, datz die meisten Blätter in diesem Zusammen hang hervorheben, daß die Regierung nicht geneigt fei, das englisch-italienische Abkommen zu kündigen. * Türkei bleibt ihren Freundschaften treu Regierungserklärung vor der Kammer Ankara, 11. April. Die Nationalversammlung nahm nm Dienstag eine Regierungserklärung zur türkischen Au tzenpolttik entgegen. Darin heißt es, daß die Türkei angesichts der augenblicklichen Stimmung in der Welt ihren Freunds ch a ften und Bündnissen lreu bleibt. Um den Frieden zu dienen, werde die Türkei auch in Zukunft mit allem großen und kleinen Staaten ihre freundschaftlichen Beziehungen in der gleichen herzlichen Loyalität aufrechterhalten. Nichts könnte die Türkei von ihrem Wege abbringen. Die Regierung werde Lichts tun, was das Wohl der Nation in Gefahr bringen könnte. Der Ministerpräsident unterstrich in diesem Zusammen hang, daß im übrigen die türkische Armee stark genug sei, nm selbst alle Gefahren abwenden zu können. Einstimmig sprach abschließend die Kammer der Regie rung unter allgemeinem Beifall ihr Vertrauen aus. Italien hat sich für immer von Frankreich getrennt Warschau, 11. April. Die Ereignisse in Albanien finden m der gesamten polnischen Presse nach wie vor große Beach- lung. Ohne allerdings in Kommentaren Stellung zu neh- suen, schildern die Blätter unter dicken Ueberschriften und großer Aufmachung die Vorgänge, wobei deutlich die Sympathie für Albanien in Erscheinung tritt. Der konservative „Czas" stellt fest,'daß sich Italien durch die Annexion endgültig und für immer von Frankreich ge- Oennt habe. WWmOLWMStkMMLÄAM 11! «Nachdruck verbalen., „Nun, dann wollen wir mal alle schlafen gehen, damit wir »ns nicht noch einen Schnupfen holen!" lächelt Herr Bocschel friedlich. „So was kann ja überall mal Vor kommen. Darüber darf man sich nicht so aufregen!" Herr Poeschel ist am schwersten geschädigt und regt sich um wenigsten aus. Und Mara, die keinerlei Einbuße er- mlcn hat, regt sich am meisten auf und darf es sich nicht einmal anmerken lassen. Wenn sie wenigstens sofort die ganze Wahrheit er- luhli hätte! Aber sie hat geschwiegen, weil sie sich ihrer Dummheit und Leichtgläubigkeit geschämt hat und weil sie Angst hatte, daß Frau Voßhardts Vorwürfe sich — nicht ohne Berechtigung — über sie ergössen. . Frau Voßhardt und Herr Poeschel sind schon kom missarisch vernommen worden; jeden Augenblick kann mit ü>r das gleiche geschehen. Ein Protokoll, düs sie mit wrem Namen unterschreibt, ist so gut wie ein Eid. Sie hat me Zigarettenstummel verbrannt, um die Spuren des -äters zu verwischen; sie hat sich mitschuldig gemacht, sie wird sich j» Widersprüche verwickeln, sie wird ins Gefäng nis kommen, und in der Untersuchungshaft wird sie sich erdrosseln; denn sie überlebt die Schande nicht. ... Frau Voßhardt singt noch eine Weile ihr tägliches Klagelied um Lottchens Silber. Jeden Tag fällt ihr etwas Mies ein: „Ach, und ein Eierlöffel war auch noch dabei, lnnen vergoldet... Weißt du nicht, Lottchen, den dir Frau Brettschneider zur Erinnerung geschenkt hat —" . Aber dann tritt ein Ereignis ein, das in seiner Furchtbarkeit sie alles Silber vergessen läßt, einschließlich oos vergoldeten Eierlöffels. Als Mara die Flurtür ausschließt, hört sie in Lias Zimmer ein hemmungsloses Schreien und Jammern. Sie bat nur den einen Gedanken, daß mit Lia etwas geschehen Win müsse, und reißt, ohne anzuklopfen, die Tür aus. Aber die Kranke winkt ihr mit einem matten Lächeln Entgegen. Lotte steht mit ihrem verstocktesten Gesicht am Fenster und zeichnet mit dem Finger Figuren auf die Scheiben, und Frau Voßhardt — schluchzend, hände- Ungend, ganz zusammengekauert — fährt fort, zu jam- «leru, ohne von Maras Eintreten Kenntnis zu nehmen. „. . Aber, Lottchen, wie kannst du nur so undankbar <^m? Die Hände habe ich dir untergelegt, das Blut aus °en Nägeln habe ich mir geschuftet — nur, damit du ein Kinderheim in der Schweiz von Felsmassen verschüttet 28 Personen unter Felsblöcken — 5 Kinder getötet, 11 lebend geborgen Flims (Graubünden), 16. April. Am Ostermontag ereignete sich in der Mittagszeit am 1SÜÜ Meter hohe» Flimser Stein ein gewaltiger Felssturz, der den östlichen Teil der Gemeinde Vidaz (1150 Meter hoch) verschüttete. Dem Felssturz fiel u. a. ein Kinderheim mit 28 Insasse» zum Opfer, darunter 28 Erwachsene. An den Bergungs arbeiten beteiligten sich die Feuerwehrmänner von Flims und Umgebung sowie Sanitätspersonal aus Chur. Bis 16 Uhr wurden elf Kinder lebend geborgen, fünf sind tot und zwölf werden noch vermißt. Die Schweizerische Depeschenagentur meldet zu dem Bergsturz in Vidaz bei Flims noch folgende Einzelheiten: In einer Breite von etwa 300 Meter ist der faule Schie fer abgestürzt, und Felsblöcke von Hausgröße liegen am Fuße des Flimser Steins. Der Bergsturz hat auch das Kinderheim „Sunnehüsli" vollständig zugedeckt, und nur vereinzelte Balken und Bretter zeigen die Stelle an, wo noch vor kurzem das Haus stand. Auf telephonische Alarmrufe hin wurden in Flims die Sturmglocken geläutet, und sofort trafen von allen Seiten Rettungs- und Hilfsmannschasten ein. Feuerwehr,, Sani- tätsmannschaften, Polizei und Militär arbeiten fieberhaft. Es werden immer noch zwölf Personen, Erwachsene und Kinder vermißt. Zum Fest waren viele Eltern zum Besuch Dr. Goebbels vergleicht autoritäre und demokratische Methoden Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propa ganda, Dr. G o e bbel s, der für einige Tags auf der Insel Rhodos zu Besuch weilte, gewährte dem Chef des Amtes für Presse und Propaganda beim Gouvernement der italie nischen Inseln im Aegäischen Meer, Prof. Dr. Raffaello Romano, eine längere Unterredung. Auf die Frage, welchen Eindruck die 20-Iahrfeier der Gründung der faschichischen Bewegung in Deutschland hinter lassen habe, erklärte der Minister, sie erinnere jeden alten Nationalsozialisten an ähnliche Vorgänge in seiner Be wegung. Wenn man auf den in der Presse veröffentlichten Bildern die Gesichter der alten Faschisten ansehe, so könnte man ebensogut glauben, alte Nationalsozialisten vor sich zu haben; so tief habe sich heute auch schon rein äußerlich die gleiche kämpferische Haltung und Gesinnung in jedem ein zelnen Träger dieser beiden Bewegungen ausgeprägt. Es sei deshalb eigentlich folbftverständlich, daß gerade das na tionalsozialistische Deutschland das allermeiste Verständnis für den Kampf des italienischen Volkes um die Erfüllung seiner natürlichen Ansprüche besitze. London und Paris könnten leicht von den „Habenichts- Staaten" sprechen, da England und Frankreich in ihren ungeheuren Imperien seit Jahrhunderten im größten Reich tum leben. Es sei deshalb auch klar, datz die demokratischen Staaten für diese „Habenichts-Staaten" nur wenig Ver ständnis aufbringen. Gerade die autoritären Staaten haben in ihrer inneren Struktur bewiesen, daß erst nach einer großzügigen Erfüllung der sozialen Forderung der arbei tenden Menschen der Volksfrieden gewährleistet werden kann. Und so könne auch im Leben der Staaten unterein ander ein Völkerfrieden nur dann von Bestand sein, wenn die natürlichen lind berechtigten Ansprüche der besitzlosen Völker befriedigt seien. Diese Probleme seien auch das eigentlich bewegende Element der gegenwärtigen internatio nalen Lage. Auf die Frage nach den Vorgängen in Syrien und Palästina erklärte Dr. Goebbels, daß man daran ge rade erkennen könne, wie wenig konstruktiv, wie stupide und steril die Politik der demokratischen Länder sei. Sie hätten allen Grund, sich mit ihren eigenen Problemen zu beschäftigen und durch die Erfüllung der berechtigten Lebensansprüche der autoritären Staaten eine feste Grundlage für den europäischen Frieden zu schaffen. Auf die Frage, wie Dr. Goebbels die kommende Ent wicklung des Judenproblems beurteile, erklärte er, es sei Leben führen kannst wie ein Prinzessin! Alles hast du ge kriegt, was du dir nur gewünscht hast! Kein Kind reicher Leute hat es so gut gehabt wie du . „Ra ja... Aber es ist doch schließlich mein leibhaftiger Vater! Und du bist bloß meine Tante!" „Bloß deine Tante!" schluchzt Frau Boßhardt. „Kind, Kind, wie kannst du so was sagen? Als deine arme Mut ter starb, warst du keine Woche alt, so ein hilfloses, jäm merliches Würmchen. Draufgegangen wärst du, wenn dein leibhaftiger Vater sich hätte um dich kümmern sollen! Ich habe dich aufgezogen mit der Flasche, keine Nacht habe ich geschlafen, Keuchhusten hast du gehabt dreiviertel Jahr lang, und wie der Ärzr gesagt hat, du mußt an die See, bin ich mit dir an die See gefahren. Weiß Gott, wie ich Mir die Groschen dafür zusammengekratzi habe! Und die Masern hast du gehabt — drei Wochen habe ich jede Nacht an deinem Beuchen gesessen, weil du geweint hast, sowie ich mich hinlegen wollte. Nicht eine Stunde konntest du ohne mich sein, immer hast du mir am Rockzipfel ge hangen. Und unterdessen hat sich dein Herr Vater in der Welt Herumgetrieben und sich einen Dreck um sein Kind ge kümmert .. " „Wohl hat er sich gekümmert!" trumpft Lotte auf. „Er hat doch immer mal was geschickt!" „Ach Gott — ja, lumpige zehn Mark mal zu Weih nachten! Damit macht er sich jetzt noch wichtig, und wenn ich ihm vorrechne, was ich all die Jahre ausgegeben habe, dann sagt er, ich hätte ja nicht mehr verlangt, dann hätte ich's beizeiten einklagen müssen, dann hätte er sein Kind woanders in Pflege gegeben, wo es billiger gewesen wäre... Aber das gibt es doch nicht, das kann es doch gar nicht geben, datz man mir mein Kind wegnimmt, wo ich sechzehn Jahre blotz für das Kind gelebt und geschuftet habe — bloß, damit sie ein Leben wie eine Prinzessin..." „Na, ich möchte mal wissen, ob eine Prinzessin jeden Tag Geschirr abtrocknen muß!" Lotte verzieht höhnisch den Mund. „Jetzt mache aber, daß du 'rauskommst!" Lia richtet sich mit Anstrengung im Bett aus, und ihre Augen funkeln vor Zorn. „Naus! Raus! Raus! Ich will deine wider liche Fratze nicht mehr sehen!" Lotte schiebt sich, laut aufheulend, nach der Tür. „Und in der Mädchenkammer Hal man schlafen müssen! Und mein Silber hat sie mir stehlen lassen! Und um jede Kino karte hat man drei Tage kämpsen müssen! Und wenn man es nun mal besser haben könnte, dann gönnt sie es einem nicht — aus lauter Egoismus!" Die Tür fällt un- sanfl hinter ihr zu ... nach dem Kinderheim gekommen. Der Berg ist auch jetzt noch nicht ruhig. Fortwährend lösen sich Felspartien und stürzen Steine zu Tal und erschweren die Bergungsarbeiten. Zwei schwere Autounglücke zu Ostern Eine ganze Familie tot Jülich, 11. April. Ein furchtbares Ende nahm am Ostersonntag in den Vormittagsstunden der Osterausflug des 74jährigen Wuppertaler Sanitätsrates Dr. Schirp mit seiner Gattin, seiner 61jährigen Tochter und deren 44jäh- riger Freundin. Der von dem Sanitätsrat selbst gesteuerte neue Kraftwagen kam in der 8-Kurve vor der Eisenbahn- Überführung im Zuge der Neußer Straße von der Fahrbahn ab und fuhr mit voller Geschwindigkeit gegen einen Baum. Der Wagenlenker wurde sofort getötet, während seine schwerverletzte Frau und seine Tochter wenige Stunden später starben. Die Freundin der Tochter wurde schwer ver- verletzt. Drei Tote, ein S ch w e r v e r l e tz t e r Berlin, 11. April. Am Ostermontag ereignete sich an dem nicht beschrankten, aber gut übersichtlichen Ueber- gang der Neichsstraße 162 über die Brandenburgische Städtebahn bei Golzow (Kr. Zauch-Belzig) ein schwerer Unfall. Ein aus Richtung Velzig kommender Personen kraftwagen wurde, als er das Gleis noch vor einem Trieb wagen kreuzen wollte, erfaßt und zertrümmert. Von den vier Insassen fanden drei den Tod, der vierte war schwer verletzt und mußte nach Brandenburg in das Städtische Krankenhaus gebracht werden. bekannt, datz die Juden sich in aller Welt als die schlimmsten Kriegshetzer betätigten. Aber das könne weder den Natio nalsozialismus noch den Faschismus in seiner Behandlung des Judenproblems irgendwie stören. Akan werfe Deutsch land vor, datz es versuche, den Antisemitismus zu expor tieren. Das entspräche in keiner Weise den Tatsachen. Deutschland habe nur ein Interesse daran, die Juden zu exportieren. Daß der Antisemitismus heute in der ganzen Welt ein Problem ersten Ranges sei, sei auf das Verhalten der Juden selbst zurückzuführen. Auch wolle Deutschland in keiner Weise etwa den demokratischen Staaten ihre Juden verekeln; jeder Staat habe die Juden, die er verdiene. Aus aller Weir * 26 deutsche Luftsahrttechnitei: und -Wissenschaftler suchen Italien. In der Zeit vom 11. bis 19. April sind 20 führende Männer der deutschen Luftsahrttechnik und Wissenschaft aus dem Kreise der Lilienthal-Gesellschaft Gäste der italienischen Schwestergesellschaft, der Italie nischen Aerotechnischen Gesellschaft „AJDA". Die Reise führt über Oberitalien nach Rom. An der Reise sind die technischen Leiter der größten Flugzeug- und Flugmotvren- werke beteiligt. Persönlichkeiten wie Dr. Dornier, der Nationalpreisträger Professor Messerschmitt, General- Koppenberg von den Junkerswerken, Dipl.-Ing. Tank, bekannt als Konstrukteur des „Condor"-Flugzeuges, und die Chefkonstrukteure der großen Motorenwerke nehmen an dieser Preise teil. * Freiwilligen-Ehen in Spanien. Täglich enthalten die italienischen Zeitungen ausführliche Berichte über das herzliche Zusammenleben der in Alicante versammelten ita lienischen Freiwilligentruppen mit der spanischen Bevöl kerung, ein Zusammenleben, das nicht besser gekennzeichnet werden könnte als durch die Tatsache, daß über 700 italie nische Freiwillige jetzt nach Beendigung des spanischen Krieges die Ehe mit spanischen Mädchen geschlossen haben und daß etwa 300 in Kürze das gleiche tun werden, * Der neue jugoslawische Gesandte in Berlin ein- getroffen. Am Sonntagvormittag traf der neuernannte Königlich-Jugoslawische Gesandte Dr. Ivo Andric aus dein Bahnhof Friedrichstraße ein, wo er im Auftrage des Reichsministers des Auswärtigen von Ribbentrop von Generalkonsul Schubert vom Protokoll des Auswärtigen Amtes begrüßt wurde. * Auch Peru kehrt der Genfer Schwatzbude der, Rücken. Der peruanische Außenminister Concha teilte am Sonntag dem Generalsekretariat der Genfer Liga mit, daß Peru beschlossen habe, aus der Genfer.Institution auszuscheiden. In den nächsten Tagen gibt es noch viel Auseinander setzungen zwischen Frau Voßhardt und Lottchen; immer findet man eine von beiden in Tränen, oder man hört erregte Stimmen und zuschlagende Türen. Es ist eine so mit Gewitter geladene Atmosphäre im Hause, daß einem die Nerven zittern, auch wenn einmal Stille herrscht. Frau Voßhardt tut Mara aufrichtig leid; aber da das Unheil sich mit unabwendbaren Schritten nähert, ist sie froh, als der furchtbare Tag vorüber ist und Lotte die Wohnung verlassen hat. Jetzt ist es still im Haus. Frau Boßhardt schleicht herum wie ein Gespenst; ihr Lächeln ist nicht nur ab wesend, es ist irre. Ehe sie etwas anfaßt, macht sie immer ein paar nutzlose Bewegungen, ihre Hände flattern ziellos hin nnd her. Aber ihre Tränenströme sind versiegt; es ist ihr keine Aufregung und kaum ein Kummer auzumerken. Sie hat nur immer dasselbe zittrige Lächeln um den Mund und den Blick, der unter gesenkten Lidern von einer Ecke in die andere geht .. Herrn Möllers Zimmer ist wieder vermietet. Frau Messerschmitt wohnt darin, eine sanfte, stille Frau mit einem kleinen, elenden Gesicht und verängstigten Augen, die der Geburt ihres ersten Kindes entgegensieht. Mara macht ihre Bekanntschaft dadurch, daß sie ihr an einem schwülen und stickigen Abend einen Platz auf der Loggia anbietet. Erna Messerschmitt hat schon einmal bei Frau Boß- Hardt gewohnt, vor drei, vier Jahren, als sie noch Erna Bogner hieß und Schwester war in der Klinik von Pro fessor Fahrenholz. Also ist es nur natürlich, daß sie zuerst von Frau Boßhardt -reden und von der Veränderung, die mit ihr vorgegangen ist. „Sagen Sie — sie hatte doch eine Tochter, ein Mädel von zehn, zwölf Jahren? Ich habe gar nicht gewagt, nach ihr zu fragen .. Ist die etwa gestorben?" Mara erzählt, was sie von der Sache weiß. Und Frau Messerschmitt ist sehr erstaunt, zu hören, daß Lottchen nicht Frau Voßhardts Tochter war. „Unbe greiflich, daß man sich so an ein Kind hängen kann, wenn man es nicht selbst geboren hat!" Und damit ist sie bei dem Thema — dem einzigen, das sie auf der ganzen weiten Gotteswelt interessiert: bei dem kommenden Kind. Wenn sie von sich selbst spricht, so nur, weil sie die Mutter dieses Kindes ist, von ihrem Mann, weil er der Vater ist, von dem Professor, weil er in seiner Klinik dem Kind ans Licht verhelfen soll. (Fortletzung folgt.)