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noch im März aufgcgeben sind, aber erst im April ihren BcstimmnngSort erreichen, werden den Empfängern noch zngestcllt. — Herr Photograph Lieske Hut ei» Bild des im vo rigen Jahre verstorbenen Württcmbcrgischcn Gesandten Ex- ecllcuz v. Banr, welcher sammt Familie mehrere Sommer in Schandau weilte, angcfcrtigt nnd in Pastellmalerei auS- führen lassen, welches als ein sehr gnl gelnngcneS Werk bezeichnet werden kann nnd dürfte cö gewiß für Biele von Interesse sein, zn erfahren, daß dasselbe im Schaufenster des vorgedachtcn photographischen Geschäftes einige Tage ausgestellt bleibt. — Am 22. März hatte der herrschende Sturm die im vorige» Jahre auf dem Friedrich-August-Felsen aufgc- pflauzte eiserne Wetterfahne umgebrochen. Es soll dieselbe jedoch in nächster Zeit wieder ausgestellt werden, nnd zwar in einer festeren widerstandsfähiger» Weise als früher. — Die Briefmarke» werde» jetzt »ich! mehr gummirt, sondern in Folge der immer hbhcrcn Gummiprcisc nnr mit einem dextrinhaltigen Klcbestoff bestrichen. ES wird davor gewarnt, die Briefmarken mit der Zange anznfciichtc». — Die sächsischen NeichstagSabgcordnctc» hatten, so weit sic in Berlin anwesend waren, am 22. d. die Ehre, von Sr. Mas. den« Könige von Sachsen nnd II. KK. HH. dem Prinzen Georg nnd dem Prinzen; Friedrich Angnsk cm- pfangcn zn werden. Die hohen Herrschaften unterhielten sich in leutseligster Weise mit deu Herren, und zwar vor nehmlich über die Arbeiten des Reichstags, wie nnch über die letzte» Wahle». Empfange» wurde» die Herre» Abg. Ackerman», llr. v. Frcge, Klemm, Buddcberg, Hoffman», Reich, Frhr. v. Friese», Merbach, Schneider, Claaß, Kurl- baam, Niethammer, vr. Tröadlin, vr. Götz, vr. Hart mann, Holtzmann, Temper, Kartz, Grumbt and Schmieder. — Der „Neichsauzcigcr" pablizirt de» Dank dcö Kai sers für die Knndgcbnngcn anläßlich seines Geburtstages. Es heißt darin: ES ist eine wunderbare Fügung des Him mels, daß mir nach so vielen unvergeßlichen Erinncrmigö- lagen mich noch der vergönnt gewesen ist, mein neunzigstes Lebensjahr zu vollenden. Ja dcmüthigem Ernste erkenne ich die Gnade Gottes, welche mich diesen Tag hat erlebe» lasse», welche mir in so hohem Aller die Kraft znr Erfüll ung meiner fürstlichen Pflicht erhalten hat, welche mir daö Glück gewährt, noch den Lebensabend mit meiner Gemahlin zn thcilcii und auf die kräftig cmporwachscndc Nachfolge von Kindern, Enkeln und Urenkeln zu schauen. In frühester Ju gend habe ich die Monarchie meines tiefgebeugte» Batcrö i» ihrer vcrhäng»ißvolle» Hcimf»ch»»g gesehen. Ich habe aber auch die hingcbciistc Treue and Opfcrfrcndiglcit, die ungebrochene Kraft and den aavcrzagtca Math des Volkes ia den Tage» seiner Erhebung and Befreiung kennen ge lernt. Jetzt in meinem Aller blicke ich nach so vielen Wechselfällen meines Lebens mit stolzer Befriedigung auf die große» Wandlungen, welche die ruhmvolle Bergan- gcnhcil der jüngsten Zeit als ei» »»vergängliches Zcngniß dcMscher Einigkeit nnd mifrichtigcr Vaterlandsliebe in Deutsch' laud geschaffen hat. Möge nuferem lhcacren Latcrlandc die laug ersehnte Errungenschaft, wie ich cö zuversichtlich Hosse, in migcstörtcr segensreicher Fricdcusarbcit zn stets wachsen der Wohlfahrt aller Classen der Nation gereichen. Es gicbt wahrlich für mich kein größeres Glück nnd kein erhebenderes Bewußtsein, als zu wissen, daß in solcher Weise die Herze» mci»cö Boltes mir cutgcgenschlagc». Möge mir diese Trc»c nnd Anhänglichkeit als lheiicreS Gut, welches die letzten Jahre meines Lebens hell crlcmhtct, erhalte» bleibe». Mei» Simic» »»d Deuten aber soll wie bisher, so auch ferner für die Zeit, welche mir zn wirke» »och bcschicdc» ist, darauf gerichtet sein, die Wohlfahrt mid Sicherheit meines Boltcö zu heben nnd zn fördern. Auch in nuferem Nachbarorte Krippe» ward der stO. Geburtstag uuscrcö Kaisers festlich begangen. Die Häuser daselbst waren zahlreich beflaggt und Mittags fand ciustüudigcö Glockengcläute statt, während in der Bolks- schulc BormittagS st Uhr ein der Bedeutung des Tages entsprechender Festaetus abgchalteu wurde. Ju den Ortschaften Schöna nnd Schmilka wurde ebenfalls der stO. Geburtstag unseres Kaisers festlich be gangen; hier waren es vornehmlich die Mitglieder dcö vater ländischen GcbirgSverciuS Saxonia, die diesen Nalionalfcst- lag zn würdigen wußten. I» Schöna hatten sich Mittags die Mitglieder des Lagers, trotz dcö heftigen Stlirmeö, auf der Höhe der weithin sichtbaren Kaiserkrone cingefnndcn. Punkt 12 Uhr ertönten stO Böllerschüsse zu Ehreu dcö Tages herab. Gegen Abend faiidcu sich die Mitglieder in einem bestimmte» Locale ei» »»d als die Dnntclhcit hcreingebroche» war, erstiege» abermals mehrere Mitglieder die Kaiserkrone und brannte» Leuchtfeuer und Böllerschüsse ab. Ju den spätere» Abc»dstuudc» hatte» sich auch die Frauen der Mit glieder cingefundc», mn die Feier des TageS durch ihre An- wcsciihcit zu verherrlichen. — In Schmilka veranstalteten die Mitglieder dcö Lagers Abends einen Commers. Der selbe wurde durch eine Ausprache und das Absingen patrio tischer Licdcr eröffnet, ans welche dann hnmoristische Secucn aus dein Soldateiilcbcn, abwechselnd mit Musik- und Liedcr- vorträgcu folgtcn. Bis in die Morgenstunde dauerte die Feier, welche vou den Herre» Wünsche und Zimmer frcnnd- lichst geleitet wnrde, wozn sich auch ein zahlreiches Publikum eiugcfliudcu hatte. Z' Der „KreiSvereiu für iuucrc Mission" zu Pirna war i» der glückliche» Lage, am Gclmrtstage Sr. Maj. unseres Kaisers 45 Mk. an fünf arme kranke Steinbrecher ans dem Fonds dcö „Stciubrechcr-Dahcim" vcrthcileu zu köuucn. Ju glänzendster Weise ist des Kaisers stOjährigcs Gc- burtStagfest auch iu Dresden gefeiert worden. Dasselbe eröffnete früh 7 Uhr eine Ncvcille vou zwei Militärkapellen, welche unter zahlreicher Begleitung dcö Pnbliknmö durch dic Straßen zogen. Gegen Mittag boten Dresdens Stra ße» cin Bild lebhafter freudiger Bewegung. Auf allen Wegen nnd Stegen grüßte dic Kornblume. Dic Straßen aller Stadthcilc, namcudlich aber der inneren Altstadt und der "Neustadl warcu reich mit Fahnen, Flagge» »»d Wim peln, znm Theil mit Gliirlaiideii, Fcstouö, Draperie», Büste» des Kaisers »»d andere» simiigcii Dccoralioiic» geschmückt. Bo» de» Schule», vo» den Gebäude» der kaiserliche» Post, Telegraphie, vo» den Bahnhöfen, Kascriicii, von den königliche» mid städtische« Gebäude», Minister- Hotels ». s. w. wallte» die nationale» Fahne» in de» Reichs, sächsische» »»d andere» dcMschc» Laudcöfarbcn hernieder, unter welche sich dann in origineller Abwechselung da und dort dic farbenprächtigen Banner der fremden Gesandt schaften und Consnlatc mischte». Nicht minder wetteiferte» die Privathüliscr i» reichem Flagge»- »nd sonstigcm Schnmckc, viele Geschäftsleute hatten ihre Schaufenster in patriotischer Weise mit de» Büsten des gefeierten Herrschers, hänfig von kunstfertiger Hand nmgcbcn mit grünen Rauken, Fcstouö, Drapcricn, siunigeu Blumenarraugcmcnls oder Blatt- pflauzcngruppeu zur Feier dcö Tages auögeschmückt. Bon imposanter Wirkung war der Schmuck dcö SiegcSdcnkmalS auf dcm Altmarkte. Am Fuße des Denkmals lag ein Kranz mit cingeflochtcuem Bändcrschmnck in den Neichö- farbcii, während sich in weiterem Umkreise zwischen Fahmm- mastcii acht mctcrhohc Giraudolcu mit Flammcnpfanuc» nnd cbcnsovielc grüubckränztc Masten mit Fcuerschalcn au der Spitze und untereinander mit Lampions-Gnirlandc» verbunden, znr festlichen Beleuchtung dcö nnposantcn Mar- mvrdcukmalö cmporhobcn. Einen hübschen Anblick gewähr ten nnch dic am Tcrrasscuufcr ankernden oder den Elbstrom befahrenden Dampfer mid Fahrzeuge der Drcsucr Dampf- schifffahrlögcscllschaften durch ihren reichen bunte» Schmuck au Schisfswimpclu und Flaggen, der durch das ebenfalls mit Fahnenschmuck der verschiedenste» Natioiialilälcu nnögcstnt- tclc Italienische Dörfchen cin scciiisch recht wirkimgövollcö Pendant erhielt. Ei» schwerer Unglücksfall ereignete sich vor ciiiigcii Tagen Bormittag im Hanse dcö Sicinbrnchs-Inhabers Rietschel in Zag bei Brand. Ans dcm Ofen seiner Wohn ung waren Dynamitpatroncu zum Trocknen bcz. Aufwärmen nicdcrgclcgt worden. Plötzlich cxplodirtcn dieselben, zer trümmerten de» Ofen :c. und rissen dcm in der Stube mit anwcsciidcn 13jährigcu Sohu Rietschels den linken Unterarm weg. Wen dic Schuld an diesem Unglück lrisft, wird die Untersuchung ausklttren. Mreutzen. Berlin. Der erste Glückwunsch aus der Familie wnrde dem Kaiser Bormiltags 10 Uhr durch dic Kaiserin dnrgcbracht. Um 11 Uhr versammelte sich der engere Familienkreis: der Kronprinz, welcher am Morgen im Garten dcö Priuzessiuncn-Palaiö znr Eriunenmg an dcu denkwürdigen Tag eine Kastanie gepflanzt, die Kron prinzessin, und die Familie dcö Prinzen Wilhelm. Die kleinen Prinzen Wilhelm, Eitel Fritz, überbrachten dem Urgroßvater frische Blumensträuße. Auch die Kronprinzessin von Schweden erschien mit ihren beiden Söhnen. Dieser Empfang fand statt im Salon der Kaiserin, wo die Gc- lmrtSlagsgcschcnkc anfgcbaut waren, bestehend in kostbaren Knnstsachcn, Gemälden und dcm Ehrensäbcl des Königs vou Portugal. Später begann die Auffahrt der Fürstlich keiten, etwa 100 Fürsten und Fürstinnen aus europäischen und deutschen Häusern. Dic Königin von Sachsen erschien in einer "Robe von lichtblauer Seide mit dunkelblauen Sammct- blnmcu, dic Könige von Sachsen und Rnmänic» trugen dic Umform ihrer Preußischen Ncgimcntcr mit dcm Baude dcö schwarzen AdlcrordcnS. Der Kaiser nahm dic Glückwünsche jedes Einzclncu entgegen nnd dankte namentlich dem Könige vou Sachsen in bewegten Worten. Jede Dame überreichte als duftige Gabe einen Blumenstrauß, so daß der Salon iu einen Blülhcngartcu umgcwandclt wnrde. Inmitten dieses glänzenden Kreises erlauchter Gäste verkündete der Kaiser die Verlobung seines Enkels des Prinzen Heinrich, mit der Prinzessin Irene von Hessen, worauf daö Brautpaar dic Glückwünsche der sämmtlichcn Fürstlichkeiten culgcgcnnahm. Der Kaiser war ungemein frisch und geistig angeregt. Die Gratulation währte etwa eine Stnudc. Der Kaiser begleitete in voller Rüstigkeit dic Königin von Sachsen, die Groß herzogin von Weimar, die Prinzessin Friedrich Karl und dic Großfürstin Wladimir bis an dic Treppe und tauschte mit jeder der hohcu Damen noch herzliche Worte. Um 1 Uhr empfing der Kaiser Bismarck nnd Moltke, welche dem Vernehmen mich durch hervorragende Giiadcmrweisc ausgezeichnet wurde». Abends fand eine glänzende Soiree im Weiße» Saale dcö Königl. Schlosses statt. Nachdem dic von ihrem Enkel, dem Prinze» Wilhelm, geführte Kaiserin Augnsta Platz genommen, erschien der Kaiser Wilhelm in der rolhen Gala-Uniform dcö OarclvL ci» vorzm; cr führte die Königin von Sachsen, diese in ciucr Robe von Silbcrbrolat mit weißer Schleppe, dic eine Fülle rolhcr Sammctblmucn trag. Die Fülle der Brillante», welche die Königin trng, war geradezu erstaunlich. Als zweites Paar trat der König Albert von Sachse» in dcr Uniform seiner 10. Dragoner mit der Königin von Nmnänicn in de» Saal, deren Toilette a»S goldgelbem Stoffe bestand, über die sich vo» de» Schulter» herab lange Volants iu gelber Gaze legten. Die Brust zierte ci» rothcs Ordcnö- band. Ihnen folgte» der König von Nnmänim in dem Waffciirock dcr st. Dragoner mit dcr deutschen Kronprinzessin, welche dic wcißc Farbe zu ihrem Festkleid gewählt hatte. Weiterhin traten cin der Kronprinz Rndolf von Oesterreich, welcher dic Ulanka scincö Pcrlcbcrgcr 11. Ulancn-Ncgimeutö angelegt hatte, mit dcr Großherzogin von Sachscn-Wcimar. Daun folgtcn dic übrigen Fürsten nnd Prinzen. Dcr Kaiser ließ sich zwischen den Königinnen von Sachsen und Rnmänien nicdcr. In der ersten Reihe der Fürstlichkeiten »ahm König Albert, in dcr zweiten Reihe m A. dic Prinzen Georg nnd Friedrich August und die Priuzcssiu Mathilde vou Sachsen Platz. Dcr Vorhang an der Bühne hob sich, nm daö lebende Bild: „Karl V. bei Fugger" vou Becker zur Anschauung zn bringen, daö dreimal gezeigt wnrde. Daun erhellte sich der Saal nnd zur Darstellung gelangte eine Scene ans Tannhänscr von N. Wagner. Herr Nic- mann sang den Tannhäuser, Frau Sachsc Hofmeistcr die Elisabeth. Es folgte eine Scene aus „Dou Carlos" von Verdi und Secucn aus „Don Juan". Den Schluß bildete ein spanisches Bild: „Fandango" von Graeb, Mnsik von Aradicr, anSgcführt von Frl. Dcll'Era, mehreren Damen und Herren dcö Ballets. Nach Beendigung der Unter haltung wnrde daö Sonpcr eingenommen nnd die kaiserlichen Herrschaften kehrten in daö Palais zurück. Es erregte die keine Spur von Ermüdnng zeigende Frische und Elasticität des Kaisers die allgemeinste Bewunderung. — Dcr am Montag Abend stattgefnndcne Fackclzug der dcntschcn stndircndc» Jngend gestaltete sich zn einer großartigen Ovation. Denn dic 3000 Studireudcn, die, geführt von vier Mnsikcorpö lind unter dem Wehen von etwa hundert Fahnen sich ans allen Gancn DcnlschlandS znsammcngcfnndc», auch von dcm jüngsten Kinde dcr deutschen Wissenschaft, von Straßburg, vou dcu Universitäten nnd Kunstakademien, von den Polytechniken und den Mnsikakadcmicn, von den Forstschnlcn, Bcrginstitntcn nnd Gcwcrbcanstaltcn, sie reprä sentieren die Lehrer nnd Erzieher, die Richter nnd dic geist lichen Bcrathcr, dic Jngcnicnrc, Künstler, Architekten dcr Zukunft, cin gewichtiges Theil derjenigen, welche in dcr nächsten Generation dcm gcsammtcn geistigen Leben dcr Nation ihren Stempel mit anfzndrückcn berufen sind. Diese Gcsammthcit war cS, die einen mächtigen Eindruck machte, nm so mächtiger, als die zukünftigen dcntschcn Staatsbürger daö sic Alle dnrchglühcndc Empfinden dcr Znsammcugehörigkcit zeigen konnten vor einer Versammlung dcr zukünftigen Regenten Enropas, vor dem Kronprinzen nnd den jüngeren Mitgliedern fast aller europäischen regie renden Häuser. ES war genau 7 Uhr, als vom Königl. Palais ans iu dcr Entfernung Fanfaren ertönten. In demselben Momente flammte cs vor dcm Umvcrsitäls- gcbändc ans, wie in tiefes Roth gctancht erschien cö jetzt, dann wieder legte sich Heller Schein darüber, in wechselndem Fnrbcnspicl, bis dcr Zug iu dicscr ganz eigenartigen Bc- lcnchtnng sich in dcr Ucgcbnng des Palais zusmnmcngcmasst hatte. Denn nicht in crmüdcndcm Einerlei zog cr langsam vorüber, sinnig halte man erdacht, wie cr zn eigenartiger Wirknng gelangen könne. Deshalb machte daö in reiche Phantasiccostüme gcklcidcte Trompclcrcorpü an dcr Spitze dcö Zugcö hart nm Denkmal Friedrich dcö Großen eine Schwenkung zurück, iu fünfmaligen Gegenzügen füllte sich dcr große Platz auf, dcr Fackclrcigcn entfaltete sich in ver- schlnugcncn Windungen, während in kcrzengrader Schunr die Bannerträger mit den Standarten eine nnabschbare fest stehende lange Zeile vom Palais bis zn Schloßbrückc bilde ten. Bei dcm ersten Herannahcn dcö Zuges hatten dic Portale zum kaiserlichen Palais sich weit geöffnet. Auf den engen Naum dcr Nampc ergoß sich ciu Areopag vou Fürst lichkeiten, Kopf an Kopf, Könige nnd Königinnen, Prinzen, Kronprinzessinnen, Alt und Imig so dicht gedrängt, so schr beengt, wie dic bürgcrlichcn Mcnschcnkindcr iu drangvoll fürchterlicher Enge auf der anderen Seile dcr Straße. Bon dcm zweiten Fcnstcr dcö Palais aber blickte daö edle Antlitz des Kaisers hinaus auf dic Sccnc. Ju diesem Gegensatz, in dcr lebenden Maner dcr Regierenden von Europa und dcr lcbcndcn Maucr der Bürger und dcö Volks von Berlin lag etwas Zwingendes und Packendes, wie cö in dcr Geschichte dcr Volksfesten noch niemals nnd iiirgcndü verzeichnet gewesen. Dicscr einzige Moment wog vielleicht Alles ans — sagt dic „Nat. Ztg." — was diese Festtage an Bcmcrkcnöwcrthcm sonst noch bringen mögen. Ein gewaltiger Jnbclschrci dnrchbranste die Lust, als man dcö Kaisers zuerst ansichtig wurde. Dic Hochs dcr Stndculcn, dic Hnrrahö dcr Offenere, dcr Jubel, dcr, in dcr Entfern ung ausgenommen, zurückhallte, war hcrzcrwärmend. Und doch war cö nnr cin schwacher Vorgeschmack dessen, was noch kommen sollte. Denn als dcr Zug sich schließlich in der beabsichtigten Ordnung befand, sprach Studiosus Müuch vou deu Stufen dcö Denkmals Friedrichs dcS Großen ans iu kurzen Worte» de» Studcutc» die Anffordcrling ans, an dieser Stelle die Gelübde dcr Treue und dcr Liebe zu ermmcru dcm gclicbtcu Kaiser, dem Vater scincö Volkcö, dem Mehrer dcö Reiches, dem Erhalter des Friedens, dem Förderer dcr gcistigcn Gütcr der Nation. Und während dieser Worte war dcr Kaiser ans einige Minute» hinaus« getreten ans dic Nampc. Nach allc» Seite» sich verneigend, immer nnd immer wieder dankend Hörle cr dic National. Hymne stehend mit an, dic von dcn Tanscudcn bcwcgt gesungen wurde — ciu unvergeßlicher Augenblick. Während dcr Kaiser sich langsam wieder in seine Zimmer zurückbcgab, setzte dcr Zug dcr Fackelträger seinen Weg fort. Etwa die Hälfte oder 2000 dcr Mnscnsöhuc mochtcn in dicscr Weise vorübcrgcgnngen sei», als ganz gegen alles Programm nnd völlig nncrwartct auö dcm Palais plötzlich an cin AnSschußmitglicd dic Mitthcilnng crging, der Kaiser wünsche eine Abordnung von ihnen zn cmpsangcn. In aller Eile sprengten dic Führer dic Ncihen entlang. Da galt kein langes Besinnen, drei Herren vom Ausschuß, welche dic verschiedenen Richtungen innerhalb dcr Studentenschaft rcpräscntirtcn nnd drei Vertreter dcr militär-mcdicinischeu BildnugSanstalt wurden znsammengcraffl und standen wenige Minuten später mit ihren schwarzbcrnßtcn Gesichtern vor dcm Kaiser. Der hohe Herr richtete die üblichen Fragen au jeden Einzclncu, nach Namen, Studium und Herkunft nnd wendete sich daun an die Gesammlvcrtrctnug mit dem AnSdrnck seiner außerordentlichen Befriedigung über dic imposante Demonstration. Auch eine andere Freude habe cr jüngst gehabt. Nur schweren Herzens habe er sich znr Auflösung einer so bedcnlsamen Versammlnug wie dcr Reichs tag entschließen können. Aber cr frenc sich, daß das Volk ihn sogleich verstanden habe, nnd in einer für ihn selbst überraschenden Weise dic der Maßregel zu Grunde liegende Bedeutung sofort erfaßte. Er freue sich ganz besonders über die Gesinnungen der Süddentschcn, von denen ihm vor dcr Wahl sehr viele Adressen zngegangcn seien, nnd die mich in diesem Sinne bei dcr Wahl ihren klebcrzengungcn AnS drnck gegeben. Wenn cr in dic Zuknnft blicke, so erfülle ihn auch dcr treue nationale Sinn der Studentenschaft mit Beruhigung, nud deshalb habe cr gerade bei dcr Studenten, schäft eine Ausnahme gemacht und ihren Fackclzng ange nommen. „Daß ich mich in dieser Anschaumig nicht gc- tänscht, dafür haben Sic mir — und das fügte der Kaiser lächelnd und zum Fcnstcr hinauödcutend hinzu — „soeben einen lcnchtcnden Beweis erbracht". Auch die Kaiserin schloß sich dcn Daukwortcn ihres Gemahls an, „mich für meine süße, liebe Tochter, die Großherzogin vou Baden", dic überaus beglückt sei durch dic herrliche Feier. Als die Spitze dcö Zuges dem Palais des Reichskanzlers sich näherte, erschien am rechten Eckfenster des linken Seitenflügels der Kanzler in der Kürassicrnniform. Die Mnsik spielte