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da auch dic OpposiiioiiSpcuicim sich in dcm bcvorsichcndc» Wahlkampfe cnzzcr aneinander schließen. Haben sich doch dic beiden größlcn Parteien ans oppositioneller Seite, Cenlnun und Freisinn, schon in den bisherigen Wahlfcldzngcn vielfach lmtcrstützt, wobei der größere Vvrlheil allerdings ans Seilen der Freisinnigen lag — und so wird dies wohl auch dicö- inal geschehen; selbstverständlich kann diese Allianz, wo cS eben irgend angeht, auch ans dic Unterstützung der Welfen, Socialdcmoerateu n. s. w. rechnen. Der „W>stf. Merkur", das Organ des Ccnlrnmöführcrs v. Schorlemer-Mst, gicbt sich bereit« recht sicgesgcwiß. Ihm gilt eö schon als ausge macht, daß Ccntruin, Polen und Elsässer in alter Stärke wicdcrkonnncn nud daß die Socialdcuiocratcn wahrscheinlich nm ein halbes oder ganzes Dntzcnd vcisläikl i>n gkcichslagc wiedererscheincn werde». Nur bezüglich der Freisinnigen scheint das Cc»tr»ms-Orga» Besorgnisse zn hegen, denn cö beeilt sich, dem Freisinn die volle Untcrstütznng des Ceii- truniS zn verheißen, dic allerdings Herr Eugen Richler sehr nöthig brauchen dürfte. Ob aber dic Ncchunug dcs „Wests. Merkur" hinsichtlich der Socialdemocraten und Elsässer klappen wird, steht noch sehr dahin. Wenigstens haben er stere bei verschiedenen Ersatzwahlen der neueren Zeit gerade leine so sehr glänzenden Geschäfte gemacht und was dic Elsässer anbelangt, so beweist der den Deutschen so außer ordentlich günstige AnSgang der letzten elsaß-lothringischen Gcmcindcrathswahlen, daß im Rcichölandc sich eine Ström ung mehr und mehr bemerklich macht, welche die Fran- zöSlingc mit einem Male ans dem Reichstage spülen kann. T u g e s g e s ch i ch t e. Sachfen. Schandau. Unter Hinweis auf dic in der heutigen Nummer enthaltene Bekanntmachung über das nächste Mittwoch im Schntzcnhansc slattfindcndc Wohl- thäligkcilSconccrt, für welches, wie wir hören, Frau Hulda Müller, Herr Kammcrmnsikns Hüllweck und Herr Organist Höpner ans Dresden gewonnen worden sind, möch ten wir unsere Lcscr daranf aufmerksam machen, daß cs so wohl im Interesse dcö Unternehmens als auch im Interesse jedes Besuchers liegen dürfte, wenn dic Billets so zeitig als möglich und spätestens bis Mittwoch Mittag gelöst werden. Nnmcrirtc Billets sind in der Schule, nichtnnmcrirtc bei den Herren Bossack und Lcwuhn zu haben. Was das Co»- ecrt selbst betrifft, so wird namentlich auch der Umstand eine Anzichnngökraft ausüben, daß nach langjähriger Pause dem Publikum wieder einmal Gelegenheit geboten ist, eine größere Kinderschnar in herzerfrischender Weise singen zu hören. — Morgen Sonntag Abend 5 Uhr findet in hiesiger Kirche Gottesdienst statt. — Am 18. d. Nk. fand sin „Hotel zum Engel" hier eine vom Herrn Amtöhanptman» Lc MaiStre zusammc»- bcrufcnc und von ca. 80 Personen besuchte Lersaunnluug von Gcmeindcvertretcrn statt, welche über dic Frage der Nützlichkeit und Nolhwcudigkcit der Errichtung von Untcr- knnfts- und Berpflegstationcn Bcralhung gepflogen hat. — Zn den in der gegenwärtigen Saison so mannig fach gebotenen und noch in Anssicht sichenden musikalischen Genüssen gehört auch das morgen Sonntag Abend 5 Uhr im Gasthof znr „Earolabrücke" in Wendischfähre slalt- findende Concert, welches Hr. Stabstrompetcr Philipp ans Pirna mit seinem Trompclcrchor gcbcn wird. Bei den bekannten trefflichen Leistlingen erwähnten ChorcS wird cS sicher» nicht an zahlreichem Bestich fehlen, zninal durch dic bekannte Znvorkommcnhcit dcs Hrn. Forkert dieser Gasthof auch ein gern besuchter Ort ist. — Die conscrvalive Partei des Reichstages erläßt fol genden Wahlaufruf: Der Reichstag ist aufgelöst. Dic Wähler werden ihre Stimmen darüber abzngcbcn haben, ob sic die Wehrkraft Deutschlands auf unerschütterlicher Grund lage, wclchc allein die Sicherung des Vaterlandes verbürgt, erhalten, oder ob sie die deutsche Armee dcm Zufall wcch- sclnder Parlaments Majoritäten preiögcbcu wollen. Eine dreijährige Bewilligung heißt den Bestand dcö Hccicö bei jeder RcichStagswahl zum Gegenstand dcö Wahlkampfes machen. Sc. Majestät der Kaiser nud die mit ihm verbün deten Regierungen haben cS deshalb angesichts der überaus crusteu Lage Europas und bei den gewaltigen Rüstungen der Nachbarstaaten abgclchnt, dic Armccorganisation, dcu festen Grundpfeiler unserer nationalen Entwickelung, auf so kurze Zeitbcwillignug stellen zu lassen. Deutsche Wähler! Habt Ihr Vertrauen zu der Führung unseres Kaisers, der deutschen Fürsten und ihrer bewährten Rathgeber, welche das Deutsche Reich anfgcrichtct haben, oder wollt Ihr durch dic Männer der Opposition Euch irre führen lassen? Soll, mir nm dem Hcrrschaftsgclüst einzelner Parteien zn dienen, die nachhaltige Sicherung unseres Heeres in dem Augen blicke in Frage gestellt werden, wo unlcngbarc Gefahren uns, nud zwar auf lange Jahre hinaus, bedrohen? Wem dcö Vatcrlandcö Größc nud Sicherheit ani Herzen liegt, der wähle nach dem Nnthc Derer, wclchc dic schwere Auf gabe der Erhaltung dcö Fricdcnö mit so viclcm Erfolg seither erfüllt haben und wclchc fcierlich erklären, daß ohne die fernere Sicherung der nachhaltigen Schlagfertigkeit unserer Armee dcm Lande der Frieden nicht verbürgt werden kamt. Kein Parlamcntshccr, sondern ein kaiserliches Heer, das sei die Parole, mit welcher wir in den Wahlkampf treten! — In ea. vier Wochen erscheint in dcr „Albanuü'schcn Buchdrnckcrci Ehr. Teich", Dresden, am Sec 4 zum ersten Male ein „Adreßbuch für Schandau." Von den Bewohnern Schandaus wird dies mit Freuden begrüßt, da man ein solches Bnch schon seit Jahren vermißt Hal. Es dürste kam» einen Ort gcbcn, der in wenig Jahren einen solchen Aufschwung genommen, wie unser, im Herzen dcr „Sachs. Schweiz" herrlich gelegenes „Schandau." An Badegästen waren im Jahre 1886 gegen 5000 und an Passanten gegen 40,000 zn verzeichnen. Dem Adreßbuch wird ein Anhang mit Geschäfts-Empfehlungen beigegcben, nm dadurch Gc. schäftStrcibendcn Gelegenheit zu bieten, ihre für dcu Fremden- und Badevcrkehr berechneten Artikel genügend ankündigcn zn können. Inserate in einem solchen Bnch, das Jahr und Tag sich in den Händen des Publikums befindet nnd tag- äglich als Rathgeber von Hunderten benützt wird, müssen nnzwcisclhast einen guten Ersolg haben. Wünsche nach dieser Richtung iverdcn in znvorkommendcr Weise von dcr Vcrlagöhandlung, die auch die Adreßbücher für Strießen, Blascwitz, Loschwitz, Planen, Potschappcl, Tharandt, Pieschen, dic gesammtc Lößnitz re. zur Ausgabe gebracht hat, erledigt. — Dcr Gerichtstag in Hohnstein findet nicht den 27. Januar, wie in voriger Nummer dieses BlaltcS stand, sondern Mittwoch den 26. Januar statt. Dic Jahrhunderte lang bestandene Weber-Innung in Sebnitz Hal sich am Monlag in einer Gcneralvcrsammlnug, welcher seilens der hohen Staalsregicrnng Hci r Negicrungö- ralh Hörnig auö Dresden nnd als städtische Vertreter Herr Bürgermeister Blmnc, sowie sämmlstchc RnthSmitglicdcr beiwohnten, aufgelöst. Nach den Bestimmungen des Gc- wcrbcgcsctzcs wiid hierdurch dic Slndtgcmcinde Sebnitz Erbin dcs über 10,000 Mk. bctrngcndcn Vermögens dieser Corporation, sic Hal jedoch dic Verpflichtung zn übernehmen, aus dcu Nutzungen dieser Erbschaft ein jetzt übliches, den belhciligtcn Mitgliedern bei Stc>befüllen gewährte« Bcgräb- nißgcld in gleicher Weise wie zcithcr auch ferner zn gewäh ren, was auch von sämmtlichcn Herren des Ralhcs cin- stimniig zugesichert worden ist. Dic Innung zählte noch ca. 220 Mitglieder. Auö Pirua wird berichtet, daß nach einer Unterred- ung Sr. Exccllcnz dcö Kricgömiuistcrs, Grafen v. Fabrice, mit Hrn. Bürgermeister Oehlschlägel, welch' Letzterer hierzu nach Dresden befohlen wurde, zn dcr dasigcn Artillerie- Abthciluug noch eine weitere saniml dem Ncgimcmöstabe nach Pirna in Garnison gelegt werden wird. — Am Montag beging Hr. Bürgcrmsir. a. D. Picnitz in Pirna sein 50jährigcs Bürgcrjnbilänm. Von allen Seiten wurden dem vielvcrdicntcn Manne dic herzlichsten Glück wünsche nnd Ovationen zn Thcil. — In einer von Männern verschiedener Partciricht- nngen auö allen Theilen dcö achten Wahlkreises besuchten vorbereitenden Versammlung wurden die Herren Ritterguts besitzer Dcgcnkolb auf Notlwcruödorf, Fabrikbesitzer Hacuscl in Pirua, Stadtrath Müller iu Schandau nud Ncalschnl« dircctor Or. Muth iu Pirua für dic Leitung dcr Geschäfte bezüglich eines Abgeordneten zum Reichstag betraut. Mit der elektrischen Straßenbeleuchtung dcr Stadt Dresden soll es nun Ernst werden. Der Rath ist jetzt mit einer Vorlage an die Stadtverordneten beschäftigt, in welcher der großartige Plan eingehend dargclcgt und beziffert wird. Zunächst ist mir die Bclcnchtnng der inneren Stadt in'S Ange gefaßt, und zwar durch Glühlichter, die natürlich in bedeutender Anzahl in den Straßen znr Aufstellung ge langen müssen. So viel inan hört, handelt es sich dabei mn eine Ausgabe von etwa 200,000 Mark. Genaueres und Spccicllcicö muß erst noch bekannt werden. Die Vor lage ist indessen bereits so weit gediehen, daß sic schon nüch- stcnS dcr Gcmcindcvcrtrctung vorgclcgt werden wird. Es ist zunächst abznwartcn, wclchc Stellung dic Herren dcr Vcrlrctnng zu dieser Frage nchmcn werden. An« Meißen schreibt man nnlcrm I!). Januar: Nach dem ein Thcil der Eingesessenen dcö amlshauplmannschast« lichcn BczirlS dcr dankbaren Verehrung für dcu schcidcndcn Amtöhauptmanu v. Bosse durch Veranstaltung eines Ab- schicdömahlö im Zollhansc bei Bieberstein in voriger Woche Ansdruck gegeben Halle, vereinigte heule im hiesigen Gast hofe zur Souuc dic gleiche Veranlassung mehr als hundert Mitglieder dcr Behörden, dcr Geistlichkeit sowie dcr Bezirks-, dcr städtischcn nnd ländlichen Gcinciudcvcrlrctnngcn zn einem Abschicdsmahlc, bei welchem nach den verschiedensten Seilen hin dic Verdienste dcö Schcidcndcn gcbührcndc Würdigung fanden. Unter den diesjährigen Ncujahrsbricfcn haben sich in Leipzig allein rund 10,000 Stück befunden, wclchc nicht nmnillclbar bestellt werden konnten, weil nähere Angaben über dic Wohnung der Adressaten fehlten. — Am Dienstag Morgen gegen 3 Uhr ist ein mit dem Gülcrzug der Thüringer Bahn von Leipzig abgcgangcncr bctadcncr Postwagen in Corbelha mit über 700 Postpackctcn vollständig verbrannt, sodaß nur die Eiscnthcilc übrig ge blieben sind und cö wird dic Posivcrwaltnng dadurch eine nicht nubcträchtlichc Ersatzpflicht trcffcn. Sehr mufänglich sind die Erörterungen, welche dic Ermittclnng dcr Abscudcr dcr vcrnichtclcn Packclscudungcn nothwcndig macht. In Betreff dcr Ursache dcs Brandcö wird dein „L. T." eine Angabe gemacht, für dic dassclbc jedoch keine Vcrantworl- lichkcit übernehmen kann. Danach will ein Eisenbahnschaffncr vor dcm Brande eine Detonation auö dem bctrcffcndcn Wagen heran« gehört haben, was daraus schließen lassen würde, daß, wie das schon geschehen ist, unter Verschweig ung dcö Inhaltes, bcz. unter falscher Declaration Fcncr- wcrkökörper oder dergleichen versendet worden sind. Die kaiserliche Ober Postdirecliou iu Leipzig erließ eine Bckannt- mnchnug, in welcher dic Absender dcr am 17. Januar bei dcu Postaustalten in Leipzig von Abends 6 Uhr ab nnd bci den Postanstaltcn in den Vororten am gleichen Tage bis zum Schaltcrschluß nufgelicfcrtcu, für Thüringen, Hessen, Hcsscn-Nassan nnd Süddenlschand bcstiimuten Packcte auf- gcfordcrt werden, alsbald die bctrcffcndcn Packclscndnugcu zu bczeichncn und ihre Ansprüche auf Schadenersatz anzn- nicldcu. Zwei nctlc arme Reisende müsscu die gewesen sein, wclchc dcr Flcischer S. in Gcriugswaldc am 14. d. M. ans cincm Geschäftsgänge traf. S. schloß sich ihnen an nnd bezahlte sogar in cinein Wirthshause Bier nnd Cigarren für dieselben. DaS Geld, welches der frcnndlichc Geber bci sich trug nnd welches sic beim Bezahlen sahen, veranlaßte sic, S. auch weiter zu begleiten. Im Langeuaucr Gehölze versuchte» die Strolche Plötzlich ci»c Ranbanfall, welcher jedoch durch naheHilfe glücklicherweise mißlang. Die Anrschcn, welche gerichtlich verfolgt werden, sollen dcm Mamie, welcher dein Augcfallenen zn Hilfe kam, noch durch Messer stiche mehrfache Verletzungen bcigebracht haben. Der wegen Mordes au dem Fuhrmann anö Frohburg zum Tode vcrurthciltc Handarbeiter Christian Friedrich Schroth ans Großrückerswalde ist nm Dienstag, in Chem nitz, Morgens '^8 Uhr, nachdem das Allerhöchsten Ortes ciugcrcichtc Begnadigungsgesuch abschläglich beschicke» wor den ist, im Beisein der geladenen Zeugen nnd einer Anzahl Personen, denen durch Karlen dcrZutritt gestaltet war, mittelst Fallschwcrtcs hiugcrichlcl worden. Trotzdem die Beweise erdrückend waren, leugnete Schroth jederzeit, au dcm Morde des unglückliche» Nauman» schuldig zu sein. Seim» letz ten Slnudcu sah er nach dcr UrlhcilSvcrkündnng ohne be sondere Aufregung entgegen nnd machte seitdem von dcr, den Todcscnndidalen gewährten üblichen Vergünstigung betreffs Speise nnd Trank ansgcdchnlcn Gebrauch. Die Tröstungen seines Seelsorgers nahm er ohne Gcmitths- anfrcgung hin nnd anch bci dein Besuche des Scharfrichters bchiclt er seine Fassung vollständig. Mit einer gewissen Sehnsucht erwartete dcr Verbrecher dcu Abschiedsbesuch seines Bruders, dcr jedoch nicht erschien, nud nach seiner meist sin Schlaf verbrachten letzten Nacht, trat er kurz vor '^8 Uhr, geführt von zwei Dienern nud begleitet vom Arresthanö- dircclor, sowie dcS Geistlichen nnd seinem Verthcidigcr, Herrn Rechtsanwalt Jnstizrath von Stern, au« der Zelle den vcr- hänguißvollm Gang au. Am Fuße des Schaffol« befanden sich die Mitglieder dcö Gerichtshofes, dcr Oberstaatsanwalt, dic gesetzlich vorgcschricbcncn 12 Hinrichtnugszcngcu, dic Vertreter dcr Presse nnd »och etwa 160 Personen. Nach dem dcr Hcrr Oberstaatsanwalt Schwabe nochmals dcm Dclingncnlcn den Spruch des Schwurgerichtes und dic landesherrliche Entschließung pnblicirt Halle, übergab er ihn dcm Scharfrichlcr nnd dcsscn Gehilfen znr Vollstreckung des Todesnrlhcils, worauf Schroth tuil niattcr Stiiiiuic erwiderte: „Hcrr Oberstaatsanwalt, Sic thnn mir unrecht!" 1 Minnte 10 Secnndcn später hatte dcr Scharfrichter seinen Auftrag erfüllt. Der Leichnam Schroths wurde in dic Anatomie in Leipzig übergeführt. Auf dic Znstimnmngö-Adressc bezüglich dcr Militär- Vorlagc iiu Reichstage, welche von dcr Gesellschaft dcr Freundschaft in Plauen i. V. an den Fürsten Bismarck ergangen ist und wclchc 137l Unterschriften erhalten hatte, nnd zwar 633 anö Planen, 86 ans Falkenstein, 128 anö Lengenseld, 327 ans OclSnitz, 103 auö Pausa nud 94 anö Schöneck, ist auö der Reichskanzlei folgendes Schreiben cingegangcu: „Berlin, 15. Januar 1887. Euer Wohl- geboren bitte ich, den Unterzeichnern der patriotischen Knnd- gcbnng voin 30. v. M. meinen verbindlichsten Dank mit dcr Versicherung übermitteln zu wollen, daß ich durch dieselbe aufrichtig erfreut worden bin. v. Bismarck." Mreußett Berlin, 19. Jan. In dem Adrcßcnt- wnrf dcö preußischen Hcrrcnhanscs heißt cS: Dcr Kaiser sei dcr Schöpfer de« prenßischcn Heeres in seiner gegen wärtigen Gestalt. Das Herrenhaus sei mit dcm ganzen Laude tief bewegt, daß dem Kaiser nach so langer nud glor reicher Regierung dcr Schmerz nicht erspart wurde, dic Be willigung dcr für dic Wehrhaftigkeit der Armee erforderli chen Mittel an mmnnchmbarc Emschränknngcn geknüpft zu scheu. Dcm preußischen Volke werde kein Opfer zn schwer sein, das Heer dancrnd wehrhaft zn hallen. — Das preu ßische Herrenhaus nahm ohne jede Dcbattc dic Adresse an den Kaiser einstimmig an. — Dcr Bundcsralh hat sich damit einverstanden erklärt, daß ein weiterer Betrag von Einpfennigstücken in Höhe von etwa 400000 Mark ausgeprägt werde und bci Vcrthcilnng dieser Prägung ans die einzelnen Münzstätten die nach einem früheren Bundcsralhsbeschlnß bcstimntten Prozentsätze mit dcr Maßgabe zn Grnndc gelegt werde», daß der bisher dcr Münzstätte in Darmstadt zngcwicscnc Prozentsatz de» übri gen Aiünzstätlcn nach Maßgabe ihrer Vcrhältnißzahl zu- wächst. Die beiden Landbricftrüger, welche die täglichen Post, scmdnngcn zwischen Spandan und ValenUnöwe>dcr, Saat- winkcl, Sägewerk, Satzhof, Hnkcnfcldc re. zu bestelle» habe», kau» man jetzt wieder, so schreibt dic „Tägl. Rundschau", dic Brieftaschen mit den Posisc»dnngcn nm den Leib ge schnallt, auf Schlittschuhen nach den Bestclluugöortm dahir- lnnfcn scheu. Es sind tüchtige Läufer, wclchc dic prächtige spiegelglatte Fläche der Gewässer bci Spandau mit großer Schncidigkcit durchmessen. Die Adressaten konnncn ans diese Meise früher als sonst in den Besitz ihrer Briefe. Vermischtes. — Ans Halle berichtet man unterm 15 Januar: In heutiger SchwurgerichtSsitzung galt eS abermals, eine jener Ausschreitungen polnischer Arbeiter zu ahnden, wie sie leider fast in jeder hiesigen SchwurgcrichtSsitzungsPcriodc mehrfach borgekommen. Diese Rohheiten sind in den Bergwcrkbezirkcn unserer Provinz und in dcr Nähe großer Domänen w. nachgerade znr Landplage geworden. Die gegen vier- polnische Arbeiter gerichtete Anklage lautete auf Hausfriedensbruch und das Urtheil auf 18 Monate Zuchthaus und 2 Jahre Ehrverlust, rcsp. 4 Monate und 3 Monate Gefängnis!; ein Angeklagter wurde freigesprochem Betheiligt waren noch mehrere Landleute dcr Ange klagten gewesen, doch sind nur diese vier ermittelt worden. Der Schau platz der Verbrecher war am 11. Juli v. I. das Rittergut Netzschkau bei Lauchstädt. Dcr Excest war bcsonders gegen den Ausscher Hoff mann gerichtet gewesen, dcr schwer mißhandelt und selbst in seinem Hause bedroht worden, wohin zu fliehen ihm gelungen war. Das Wohnhaus wurde theilweise zerstört, indem die Thür aufgesprengt wurde, der nur noch eine innen vorgebaute große Kiste Halt verlieh, Fensterscheiben nnd Fensterrahmen zertrümmert wurden und Steine, u. a. ein halber Ziegelstein, in das Zimmer flogen. Auch der Jn- spcctvr dcs Gutes war bedroht worden. Erst nach Erscheinen des OrtSrichterS war es gelungen, die Arbeiter zu entfernen. — Von einem schweren Ungücksfall ist die Familie dcö Ober- Post-Directions-Sccretärs Rank in Berlin betroffen worden. In dcm Augenblick, als Frau Rank gegen 10 Uhr schlafen gehen wollte, hörte sie plötzlich einem markdurchdringende» Schrei. AIS sie hierauf in das Schlafzimmer ihrer lüjähriqcn Tochter eilte, fand sie das Ge mach leer und das Fenster geöffnet. Aus dem Fenster sehend, ge wahrte sie, daß ihr Kind laut jammernd auf dem Pflaster des Hofes lag. Augenscheinlich hatte daS junge Mädchen beim Herabziehen der Jalousie daS Gleichgewicht verloren und war so aus der Hohe von zwei Stockwerken hcrabgestürzt. Mehrere sofort zu Rathe gezogene Aerzte fanden eine ganze Reihe schwerer Verletzungen. Dcr Unter kiefer war zerschmettert, der eine Arm war zweimal gebrochen, des gleichen beide Beine, während die Corsetstangen dem unglücklichen Mädchen tief in die Brust und in den Unterleib eingedrungen waren. — In Kassel wurde am 14. d. M. Nachmittags'der Lumpen händler Th. Steinbach von dem Metzger Gelte erstochen. Dieselben