Volltext Seite (XML)
Schwere Belastungsprobe der neuen Regierung Unmögliche Forderungen an Deutschland. Genf, 15. Juni. Die den ganzen Dienstag über ge führten Ministerbesprechungen sind heute vormittag mit einer längeren Unterredung zwischen Mac donald und Herriot weiter fortgesetzt wor den Herriot stattete den Autzenminstern Italiens und Polens einen Besuch ab. Zur Teil nahme, an der Lausanner Konferenz reisen die beteiligten Staatsmänner im Laufe des heutigen Nachmittags in Auto mobilen nach Lausanne ab. Um 5 Uhr nachmittags findet eine erste Vorbesprechung der zwölf Lausanner Mächte statt, in der die technischen Fragen der Konferenz besprochen werden sollen. Die E r - öffnungssitzung ist auf Donnerstag, vormittags 10 Uhr, im Hotel „Beau Rivage" festgesetzt, bei der Mac donald eine große Rede halten wird. Die Lausanner Kon ferenz wird im übrigen in vertraulichen Aus- fchutzsitzungen und Verhandlungen unter voll ständiger Ausschaltung der Öffentlichkeit vor sich gehen. In internationalen Kreisen verstärkt sich die Auffas sung,, daß die englische und französische Regierung auf der Konferenz einen Ausschuß für ein allgemeines kurzfristiges Moratorium vorschlagen werden» der die endgültige Rege lung der Repargtionsfrage vorbereiten soll. Auf dem Ge biet der Abrüstuiigsfragen wird allgemein erwartet, daß an Deutschland die Aufforderung zur Annahme eines politi schen Waffenstillstandes gerichtet wird, der den Verzicht auf die Eleichherechtigungsforderung und aus die Revision der internationalen Ver - t r 8 ge bedeuten würde. Die österreichischen Anleiheverhandlungen verlaufen günstig. 2n maßgebenden Kreisen rechnet man damit, daß Oesterreich eine 300-Millionen-Anleihe erhält. «Nur eine Endlösung kann ein völliges Zusammenschrumpfen -er Weltwirtschaft verhindern" Warnungen Sfr Walther Laytons am Vorabend von Lausanne. London, 15. Juni, Der englische Wirtschaftler Sir Walter Layton nimmt g ege n e i n e ku r zfri st itz e Verl ä nge r um g d e s H o o v e r - M o na t o r i u m s, wiefie Presseberichten zufolge in Lausanne- vorgeschlagen blundsunk je 25 Minuten in Anspruch nehme», und zwar b>c schwächste Fraftion zuerst, so daß die Sozialdemokraten am Sonnabend, dem Tage vor der Wahl, als letzte sprechen werden. Die genaue Tagesstunde.für-diese Wahlsendung R noch nicht festgesetzt. Vermutlich dürften, aber die Wahl reden abends gesendet werden. Die Manuskripte müssen Schn.Tage vor dem..Wahltermin, also mindestens am 21. öuli, "bei dem Vorsitzenden des Ueberwachungsausschusfes lür den Deutschlandsender Ministerialrat Scholz eingereicht werden. An zuständiger Stelle wird nochmals ausdrücklich be- ont^daß die A estrig e S t r ässe r - Rede mit die - fem Erlaß nich/ das geringste zu tun habe. Die.Veröffentlichung der politischen Notverordnung der -^eichsregierung ist erst für Donnerstag zu erwarten. 8s (Nachdruck verboten.) . Hans Wellenkamp ist für die Polizei unauffindbar geblieben : Die Zeitungen berichten ausführlich über seine Flucht "Us dem Untersuchungsgefängnis. Man vermutet, daß ihm gelungen sei, durch ein offenstehendes Kellerfenster SU flüchten, und daß seine Festnahme nur noch das Werk o»n einigen Tagen sein könne. Liane iW die Berichte während ihrer Fahrt zum ^vigtzypkatz. Sie weiß nun, wer Hans Wellenkamp ist; ue kennt die Größe und Schwere seines Verbrechens, ^wtzdem wird keinen Augenbli^ ein Zweifel an dem, was sie sich vorgenommen hat, in ihr lebendig. Sie steigt am Savignyplatz aus und legt die kurze Strecke bis zur Pestalozzistraße zu.Fuß zurück. Es hat "ne besonderen Schwierigkeiten bereitet, die Adresse des Mw Carlo Griesinger ausfindig zu machen. Augen- Mrnlich hat Herr Carlo Griesinger es trotz seiner zweisel- "sien Geschäfte nicht nötig, sich vor der Polizei zu ver- Er verfügt über Telephon und Hausnummer, er W den Gipfel der Bürgerlichkeit erreicht und ist sogar im Adreßbuch verzeichnet. k» i. Liane in die Pestalozzistraße einbiegt, bleibt sie 'Mn und sieht sich um. Es mag eine überflüssige Vorsicht aber sie kämpft seit den Morgenstunden gegen das Erfühl, daß etwas Unbekanntes, Schleichendes sich an ihre geheftet hätte. Es ist nichts Verdächtiges zu sehen, natürlich sind es nur ihre Nerven, die rebellieren. Sie de* Nacht keinen Schlaf gefunden. Sie wird keinen finden, ehe nicht Wellenkamp an Bord des ^swpfers untergebracht ist, der ihn nach Kanada führen Da hat sie das Haus schon erreicht. Ein schwarzes Schild mit Goldbuchstaben neben der Haustür: „Carlo dstesinger, Immobilien." . Liane lächelt mit blassen Lippen. Sie steigt sehr lang- k und mit gelösten Knien eine Treppe hinauf, eine nicht ^ saubere, mit Linoleum belegte Treppe, auf der es "rchdringeno nach Sauerkraut riecht. „ Das Schub von Carlo Griesinger wiederholt sich einer Glastür des zweiten Stockwerks. Liane hebt M MmmeiHIge der MWHMWW. . Im Reichsnmnsterium des Innern fand vorgestern wie Besprechung mit den Parteien über die Nummern- I"ge für die Reichswahlvorschläge zur Reichstagswahl 1932 mut. Aus dem Reichswahlvorschlag wird die Sozialdemo- "lltische Partei die Nummer 1 erhalten, es folgt alsdann "iter Nummer 2 die nationalsozialistische Partei, die uunnuunistische Partei trägt die Nummer 3, des Zentrum ^KlMner 4, die Deutschnativnale Volkspartei Nummer 5, °w Deutsche Volkspartei Nummer 6, die Wirtschaftspartei "Ummer.7, die Deutsche Staatspartei Nummer 8, die lyrische Volkspartei Nummer.9, das Deutsche Landvolk werden soll, energisch Stellung. Er betont aufs schärfste, daß jede weitere Verschiebung einer endgültigen Rege lung der Tribut- und Kriegsschuldenfrage den finan ziellen Zusammenbruch beschleunigen werde. Hierbei weist Layton in erster Linie auf die wirtschaftliche und finanzielle Lage Deutschlands hin, die außerordentlich ernst sei. Falls in Lausanne nur eine zeitweilige Lösung ge funden werde, sehe sich Deutschland in der nahen Zukunft der Möglichkeit einer Einstellung aller Auslandszahlungen gegenüber, was zu neuen finanziellen Schwierigkeiten in anderen Ländern und zu einer weiteren Einschränkung des internationalen Handels führen werde. Eine solche Zah lungseinstellung lasse sich aber vermeiden (für den Fall einer Endlösung nämlich. D. Red.) Es sei klar, so fährt Layton fort, daß außer der Neparationsfrage noch viel weiter reichende Angelegenheiten geregelt werden müßten, um eine Wie dererholung herbeizuführen. Es könnten aber keine weiteren Schritte getan werden, be vor nicht die Reparationen weggeräumt worden seien. Ein Fehlschlag der Lausanner Konferenz bedeute daher auch einen Fehlschlag der geplanten Wirtschaftskonferenz. Die Nationen könnten Vereinbarungen weder über den Gold standard noch über den Preisstand oder über die Zollfrage treffen, solange es ungewiß sei, welche Zahlungen für inter nationale Kriegsschulden geleistet werden müßten. Ein kurz fristiges Moratorium würde auch die Lösung der Donaufrage und die Beseitigung der De visenbeschränkungen und anderer Zahlungsmaß- nahmen vereiteln. Eine Verschiebung der Neparationsfrage bis nach den amerikanischen Präsidentenwahlen bedeute im Grunde sogar eine Verschiebung um beinahe ein Jahr, da Hoovers Nachfolger sein Amt nicht vor März nächsten Jah res antreten werde. Zum Schluß weist Layton dann auf die Empfehlungen des Wiggin-Ausschusses und des beraten den Poung-Ausschusses hin, die deutlich zum Ausdruck ge bracht hätten,. daß in derLösung der Repara - rationsf rage keine weitere Verzögerung ein treten dürfe. Diese Warnung sei durch das starke Zusammenschrumpfen des Handels, die wachsende A r b e i t s l o s ig k e i t t, die zurück gegangene Kaufkraft, durch Haushaltsfehlbeträge und Zahlungsunfähigkeit inallenTeilenderWelt in vollem Maße gerechtfertigt worden. Nummer 10, der Ehristlichfoziale Volksdienst Nummer 11, in der Reihenfolge der Stimmenzahl, die sie bei der letzten Reichstagswahl (1930) erhalten haben. Nus aller Welt. Selbstmord im preußische» Landtagsgcbäude. Im Preußischen Landtag erschoß sich aus bisher noch nicht aufgeklärter Ursache am Dienstagabend gegen 20.30 Uhr das ehemalige stellvertretende Mitglied des preußischen Staatsrats, La Grange. Zur Zeit Prüft die Kriminal polizei die näheren Umstände der Tat. La Grange ge hörte der Sozialdemokratischen Partei an. Er war Lehrer und Stadtrat in Brandenburg. Hamburger Kongreß der Tippelbrüder aufgeflogen. Im Hamburger Konventgarten sand der erste Kongreß des am 1. Mai gegründeten Reichsbevbandes deutscher Tippelbrüder statt. Der neue Reichsverband will, wie aus dem einleitenden Referat hervorging, vor allem aus Gro schenbeiträgen der Mitglieder Eigenheime schaffen, um dem Wandern wieder den Sinn des alten „Auf die Walze gehen" zu geben und die Bettelei von den Straßen zu beseitigen. In der Versammlung machte sich jedoch sogleich eilte starke kommunistische Opposition bemerkbar, die nach zweistündigen Verhandlungen den Rücktritt des Vorstandes erzwang. Der Kongreß wurde dann auf polizeiliche An- weisnna aufgelöst. - Wahnsinnstat einer Mutter. Aus Colmar wird ge meldet: Die Frau des Straßenwärters Gubenaut in Ober saasheim hat in einem Anfall geistiger Umnachtung ihren die Hand zur Klingel, läßt sie wieder sinken — und klingelt dann doch. Hinter der Glastür werden schlürfende Schritte lebendig. Etwas später wird die Tür geöffnet, ein großer Mann im Hausrock steht aus der Schwelle. „Sie wünschen?" Liane erkennt Herrn Carlo Griesinger, obgleich sie ihn nie zuvor gesehen hat. Möglicherweise ist er ihr schon einmal im Traum begegnet, in einem jener schweren Angstträume, die zwischen Schlas und Wachen wie Blei gewichte auf einem lasten und mit einem Schrei enden. Carlo Griesinger ist groß und korpulent Er hat ein schwammiges, auffallend Weitzes Gesicht unter peinlich gescheiteltem, graublondem Haar. Es ist ein sehr regel mäßiges, ehemals vielleicht sogar schönes Gesicht, aber es ist etwas darin, das Angst und Widerwillen auslöst. „Sind Sie Herr Griesinger?" fragt Liane mit unwill kürlich gedämpfter Stimme. Der Mann sieht sie aufmerksam an; etwas in seinen Zügen wird ganz Spannung unv Wachsamkeit. „Ja, ich bin Griesinger," antwortet er ebenso leise. „Wollen Sie zu mir? Haben Sie ein Anliegen an mich?" Er spricht sehr schnell, mit einem Lächeln, das ver bindlich wirken soll und doch Unruhe verrät. Es ist die Blässe, die mich im ersten Augenblick er schreckt hat, denkt Liane. Etwas später weiß sie, daß es die Augen sind. Grie singers Augen sind von grüngelber Farbe und haben stäbchenförmige Pupillen wie die Augen katzenartiger Raubtiere; sie sind ganz brauenlos und säst ohne Wimpern, was ihnen einen Ausdruck von besonderer Nähe und Eindringlichkeit verleiht. „Bitte, womit kann ich Ihnen dienen?" Griesinger wirft einen Blick auf den Flur und bittet Liane dann mit einer Handbewegung in den Korridor. Liane sieht an der ausgestreckten Hand einen Brillantring funkeln und atmet eine Welle billigen Parfüms, die von dem Manne ansgeht. Griesinger stößt eine Tür auf und läßt Liane in ein großes, vernachlässigtes Zimmer treten. Das Zimmer hat kostbare Möbel, die aussehen, als wären sie in einem Trödlerladen zusammengekauft Der echte Teppich, der den Fußboden bedeckt, ist ungefegi und Wird von großen Tintenflecken verunziert. Auf einem runden Mahagonitisch mit blindgewordener Platte liegen ein paar Apfelsinen. An der Wand steht ein schmales beiden Kindern, einem neunjährigen Mädchen und einem achtjährigen Knaben, mit einer Axt furchtbare Verletzungen zugefügt und sich dann selbst in der Scheune erhängt. Als der Mann von der Arbeit heimkehrte, fand er die Frau tot und die Kinder entsetzlich zugerichtet auf. Sie dürften schwerlich mit dem Leben davonkommen. - Ausschreitungen bei Hindenburg. Am Dienstag kam es wiederholt zu größeren Ansammlungen, an denen in der Hauptsache Erwerbslose beteiligt waren. Während es am Mittag und am frühen Nachmittag sich im allge meinen um harmlosere Zwischenfälle handelte, bei denen die Polizei verhältnismäßig schnell die Ruhe wiederher stellen konnte, nahmen die Zusammenstöße mit der Po lizei später mehrfach ernsteren Charakter an. Dabei wur den mehrere Polizeibeamte durch Steinwürfe und Messer stiche nicht unerheblich verletzt. Es wurden Plakate ge funden, in denen zu Gewalttätigkeit aufgefordert wird. Hieraus und aus anderen Umständen wird geschlossen, daß es sich um vorbereitete Machenschaften radikaler Ele mente handelt. Mehrere Personen wurden festgenommen. * Die Suche nach dem deutschen Flieger Bertram. Die Nachforschungen nach dem verschollenen deutschen Flie ger Bertram und seinem Begleiter Klausmann sind, wie aus Port Darwin in Australien gemeldet wird, am Diens tag von der Drhsdale-Mission aus, in deren Nähe das Flugzeug aufgefunden wurde, in energischster Weise aus genommen worden. Flugzeuge suchen die ganzen umliegen den Buschgebiete ab, während Eingeborene den Spuren Bertrams und seines Begleiters nachgehen. Es wird auf das bestimmteste damit gerechnet, die beiden noch am Leben zu finden, da in der dortigen Gegend reichlich Wald, Fische und frisches Wasser vorhanden sind. Die einzige Besorgnis ist die, daß die Flieger von Eingeborenen über fallen worden sein können, die in diesem Landstrich als sehr hinterlistig bezeichnet werden. * Die Auffindung des Bertram-Flugzeuges bestätigt. Eine Meldung der Exchange Telegraph Company aus Melbourne bestätigt, daß das Junkers-Flugzeug, in dem der deutsche Flieger Hans Bertram mit sei nem Begleiter im vorigen Monat die Timorsee über flogen hatte, in der Nähe der Missionsstation von Drys- dalla gefunden worden ist. Die Flieger hatten einen Zettel hinterlassen, in dem sie mitteilten, daß sie in den Busch ge gangen seien. Ein Flugzeug ist ausgeschickt worden, um nach den vermißten Fliegern zu suchen. * Eine Hannoveranerin am Watzmann abgestürzt. Aus Berchtesgaden wird gemeldet: Die 23jähr. Angestellte Grete Kulecke aus Hannover hatte ein Schneebrett am Watz mann losgetreten und stürzte zusammen mit den Schnee massen über 400 Meter tief ab. Die Leiche wurde von Bergführern geborgen. Sie wird nach Hannover über- gefllhrt. * In der Sommerfrische überfallen und beraubt. Aus Berchtesgaden meldet man: Die 36jährige Jndustrie- beamtin Irma Reger aus Wien, die zur Zeit in Werfen zur Sommerfrische weilt, wurde beim Aufstieg zum Hochkönig von einem 40- bis 50jährigen Mann überfallen. Als dieser bei dem Versuch, das Mädchen zu vergewaltigen, auf heftige Gegenwehr stieß, versetzte der Unhold seinem Opfer gefähr liche Messerstiche in Hals und Brust. Dann raubte er ihm die Schmucksachen und das Bargeld. Der Verdacht richtet sich gegen den landwirtschaftlichen Hilfsarbeiter Matthias Kirsch aus Werfen. Dieser konnte bisher noch nicht ermittelt werden. * Die gepfändeten Schulkinder. Der Direktion der Mädchenschule in Torda bei Klausenburg hat den Eltern von 36 Schülerinnen die Mitteilung gemacht, daß er die Kinder so lange nicht aus der Schule nach Hause lassen Würde, bis das rückständige Schulgeld bezahlt wäre. Es handelt sich ausschließlich um Töchter.von Beamten. Die Väter haben daraufhin den Direktor wissen lassen, daß sie das Schulgeld sofort entrichten würden, wenn sie ihrer seits das seit etwa einem Jahre ausstehende Gehalt vom Staat erhalten haben würden. Bis zu diesem Zeitpunkt solle der Direktor die Kinder nur ruhig in der Schule be halten. Jedoch werde er daraus aufmerksam gemacht, daß er selbst für ihre Ernährung aufzukommen habe. * Zugentgleisung in Spanien. — Vier Tote. Zwischen den Bahnhöfen Marsaga und Elgoivar entgleiste ein Eisen- bahnzug, in dem sich fast ausschließlich Pilger befanden. Vier Personen wurden getötet und 50 verletzt, darunter mehrere schwer. Empiresofa, dessen verschlissenem Seidenbezug Roßhaar entquillt. Griesinger fordert Liane durch eine zweite Hand bewegung auf, auf dem Sosa Platz zu nehmen. Er mustert sie dabei scharf, und das Ergebnis dieser Musterung scheint ihn zu befriedigen. „Womit kann ich Ihnen dienen?" fragt er. „Es handelt sich um einen Paß," sagt Liane ebenso leise wie zuvor. Griesinger lächelt. Wahrscheinlich hat er falsche Zähne. „Um einen Paß für Sie?" fragt er mit einem Unter ton von Vertraulichkeit. „Nein. Um einen Paß für einen jungen Mann, der nach Kanada möchte." Seine stechenden Augen tasten langsam ihre ganze Er scheinung ab. Irgendwie hat sich sein Benehmen ge wandelt. „Kanada? — Eine gute Gegend. Goldsichere Gegend sozusagen. Ist in den letzten Jahren stark in Mode ge kommen." „Können Sie mir den Paß nach Kanada verschaffen, Herr Griesinger?" „Können? — Natürlich kann ich. Ich habe bis jetzt zweiundzwanzig Pässe für Kanada geliefert." Liane atmet tief und erlöst. Aber gleich daraus sieht sie das Lächeln des Mannes sich verstärken und fühlt wieder den Bleiklumpen auf der Brust. „Bis wann würden Sie den Paß liefern können?" Er hört die Erregung in ihrer Stimme „Dringende Sache," stellt er bei sich selber fest. „Viel leicht ein gutes Geschäft." „In zehn bis vierzehn Tagen, Fräulein." „Das ist zu spät," sagt sie rasch. „So lange können wir nicht warten." Er prüft zum zweiten Male ihre Gestalt. Sie macht nicht den Eindruck, als ob sie viel hinter sich Hütte. Spricht wie eine Gebildete. „Bis wann brauchen Sie ihn?" „Ich dachte, in zwei bis drei Tagen." In zwei bis drei Lagen ist es unmöglich. Was wollen Sie? Es soll ein echter Paß sein, nicht wahr? Die Leute sind heutzutage scharf aus den Stempel. Dann mutz ich auch eine Photographie von Ihrem Freund haben." (Fortsetzung folgt.)