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Hochwassermeldungen aus Böhmen und Sachsen. Dresden, 31. Mai. Am Dienstagabend gingen eine Reihe von Hochwassermeldungen ein, die ernsteren Cha rakter tragen, als die bisherigen Nachrichten. Das Haupt mederschlagsgebiet ist in den letzten Tagen Böhmen gewesen. Bon dorther erwartet man auch den Haupt zufluß. Besonders von der Moldau wird starker Wuchs gemeldet. Dort sind die Stauwehre aller Staustufen nie dergelegt worden, damit die Wassermassen rascher und leichter abfließen können. An der sächsisch-böhmischen Elb- strccke wurden zahlreiche Landungsbrücken höher gelegt. Von einer unmittelbaren Hochwassergefahr ist im Elbgebiet zur Zeit nicht die Rede. Beunruhigender wirken schon die Nachrichten aus dem Flußgebiet der Mulde. Am Dienstag nachmittag 5 Uhr erreichte in Glauchau das Hochwasser den Stand von 2,35 Meter, das sind nur noch 15 Zenti meter unter der Gefahrenmarke E. Die Füttrinne, die auch im Frühjahr schon die Stadt vor dem Hochwasser schützte, hat sich diesmal wieder ausgezeichnet bewährt. Lbwohl sie noch nicht vollständig fertig ist, leitet sie reibungslos das gesamte Hochwasser ab. Lediglich an der am oberen Ende des Kanals befindlichen Staustufe wurde die 30 Meter breite provisorische Erhöhung der Stufe weggerissen. Hierbei verunglückte ein mit der Siche rung beschäftigter Arbeiter leicht. Oberhalb und unter halb von Glauchau ist die Mulde jedoch auf ziemlich breite Strecken aus den Ufern getreten und hat durch Uebev- flntung von Wiesen und Feldern erheblichen Schaden an stehendem Frühfutter angerichtet. Dies bezieht sich vor allem auf Mülsen, Jerisau und Niederschindmaas. Das Wasser steigt noch weiter. Auch der Chemnitzfluß, die Flöhe und die Zschopau haben bereits die Gefahrenmarke über schritten und steigen bedrohlich weiter. Der Hochwasser schutz hat alle Maßnahmen getroffen, um ein Unheil zu verhüten. Im übrigen läßt das Aufhören des Regens "'hoffen, daß der Höchststand nicht erreicht wird. KaLastrophenhochwasserhöhe im Bayrischen Wald. München, 31. Mai. Im Bayrischen Wald haben die seit Sonntag eingetretenen Niederschläge bis in die ver gangene Nacht angedauert, so daß auf diesem Gebiet Hoch wasser festzustcllen ist. Der Fluß Regen ist in den Orten Cham und Hoding bis Dienstagvormittag auf Katastro phenhochwasserhöhe angestiegen. Die bisher bekannte größte Hochwasserhöhe wurde überschritten. In den beiden Orten mußten viele Anwesen geräumt werden. In Deggendorf erreichte die Donau einen Wasserstand von 141 Zentimeter. Es wird mit ihrem weiteren Steigen gerechnet. Die nor male Grenze des Hochwasserbereichs ist bereits erreicht. Zwischenfall beim Aufzug der Marinewache. Die Polizei gibt Schreckschüsse ab. Berlin, 31. Mai. Am heutigen Jahrestag der Skager rak-Schlacht zog wieder von Moabit aus die Marinewache mit klingendem Spiel auf, um, wie schon gestern, die Wache für den Reichspräsidenten und das Reichswehrministerium zu stellen. Sie wurde von einer riesigen begeisterten Men schenmenge begleitet, die immer wieder in Hoch- und Hsil- rufe und in Rufe „Deutschland erwache!" ausbrach. Be sonderer Jubel brauste auf, als die Wache das Branden burger Tor durchschritt und auf dem Pariser Platz das Flaggenlied intonierte. Die Wilhelmstratze war schwarz von Menschen. Beim Nahen der Wache hatte sich Reichs präsident v. Hindenburg, begleitet von seinem Sohn Oberst leutnant v. Hindenburg, wie auch gestern aus die Freitreppe seines Palais begeben. Nachdem die Wache Aufstellung ge nommen hatte, trat er an sie heran und begrüßte Mann schaften wie Offiziere einzeln in kurzem Gespräch, während die draußen stehende Masse ihm unaufhörliche Begrüßungs kundgebungen darbrachte. An mehreren Stellen hatten die Polizeibeamten einen schweren Stand. Eine ganze Anzahl von Rufern wurde wegen verbotener Kundgebungen und wegen Widerstandes an verschiedenen Stellen abgeführt. Vor dem Brandenburger Tor entstand für kurze Zeit eine Verkehrsstockung. An der Bendler-, Ecke Tiergarten- straße, also innerhalb der Bannmeile, sah sich die Polizei gezwungen, die Menge durch Schreckschüsse zurückzudrängen. Die Zwischenfälle fanden auch bei der Rückkehr der Wache ihre Fortsetzung in der Königin-Augusta-Straße, in der Rathenower Straße und an der Lutherbrücke in Moabit. Die Zahl der insgesamt Bestgenommenen beträgt 23. Von den Schüssen der Polizei wurden drei Personen verletzt, und zwar zwei Frauen und ein Mann. Aus aller Well. * Neuer Sprengstoffdiebstahl in Hagen. In der Nacht zum Dienstag wurde in das Sprengstofflager der Dolomit- AG. in Hagen eingebrochen. Dabei wurden vier Pakete, etwa 20 Pfund Chlorapit III und 50 Sprengkapseln mit Jsolierkupferdraht (Moment-Zündung) gestohlen. * Raubübcrfall auf eine Wandsbeker Bankfiliale. Aus Wandsbek wird gemeldet; Auf die hiesige Filiale des Bankvereins für Schleswig-Holstein Aktiengefellschaft wurde am Dienstagvormittag ein frecher Raubüberfall verübt. Kurz nach 11 Uhr drangen drei bewaffnete Banditen in den Kassenraum ein, bedrohten die anwesenden Beamten mit Revolvern und raubten etwa 5000 bis 7000 Mark in bar. Bevor die Beamten sich von ihrem Schreck er holen und die Polizei benachrichtigen konnten, hatten die Räuber das Geld bereits in mitgebrachten Aktentaschen verstaut und den Kassenraum wieder verlassen. Sie sind in einem bereitstehenden Auto entkommen. * Schweres Einsturzunglück in Frankreich. — Bisher sechs Tote. Me aus Marseille gedrahtet wird, hat sich in einem Aluminiumwerk in Gardanne am Dienstag früh ein schweres Explosionsunglück ereignet, dem ein Einsturz folgte. Nach mehrstündiger Arbeit gelang es, sechs Leichen unter den Trümmern hervorzuziehen. Eine Person wird noch vermißt, während zwei schwer und acht leichter verletzt wurden. Unter den Toten befinden sich zwei Fran zosen, zwei Italiener und zwei Spanier. * Kanaldampfer rammt Fischerboot. — Vier Tote. Auf der Höhe von Harwich stieß der Kanaldampfer Prag, auf dem sich Reisende aus Deutschland und Holland be fanden, im dichten Nebel mit einem Fischerboot zusammen, das innerhalb von wenigen Sekunden sank. Der Kapitän und drei Mann der Besatzung ertranken; ein fünfter Mann konnte durch ein Rettungsboot der Prag geborgen werden. * 1VV Häuser vom Wirbelsturm in Slavonien um- gerissen. — Bisher K Tote. Ein Wirbelsturm hat in Sla vonien mehrere Dörfer vollkommen zerstört. Etwa 100 Häuser sind durch das Unwetter vollkommen zerstört. Bis her werden sechs Todesopfer gemeldet. 24 Schwerverletzte wurden ins Efzeker Krankenhaus gebracht. Der Prawda zufolge beträgt der Sachschaden mindestens drei Millionen Mark. Die Saaten in den betroffenen Gemeinden sind vernichtet. M. Echwarzhemd. Kriminalroman von Bruce Graeme. 2ns Deutsche übertragen von Ravi Raoendro. b6j «Nachdruck verboten.) .„Schwarzhemd!" tönte es immer noch in ihm nach. Das Wort selbst hatte ihn nicht so sehr verletzt wie die Art, mit der sie es ausgesprochen hatte. Wie konnte sie das tun! Wie durfte sie ihn für den Dieb halten! Plötzlich stieg wilde Empörung in ihm aus. und er kniff die Augen Zusammen Tut, wenn sie ihn zurückstieß, dann wollte er auch ein Dieb sein! Von dieser Zeit an sollte der alte Schwarzhemd wieder leben, ja noch mehr als das! Bis dahin hatte er geraubte weil ihn die Erregung reizte, aber w Zukunft wollte er rauben, um sich an der Menschheit Zu rächen! Er wollte plündern, die ganze Gesellschaft brandschatzen und Ruhe, Befriedigung und Genugtuung in einem anderen Leben suchen! Noch in dieser Nacht wollte er beginnen! Seine dunklen Augen blitzten unheimlich °uj. Lady Dwight trug heute abend ihre berühmten Rubinen, und wie hatten die Diamanten der Mrs. Lam bert-Hogarth geleuchtet! Niemand würde es wissen, nur Robbie! Und sie sollte glauben, daß ihr Schmuck auch zu seiner Beute gehörte. Aber plötzticb kam ihm ein anderer Gedanke. Wer Mochte ihren Schmuck gestohlen haben? Er hatte sich doch uicht etwa unbewußt dieses Vergehen zuschulden kommen ^ssen? Mit fieberhafter Angst durchsuchte er seine Taschen, aber er fand nichts. Ein anderer hatte das Ver brechen begangen, dessen er beschuldigt wurde. Er lachte bitter aus. Dieser Zufall hatte Bobbie voll ständig verwirrt. Sein harter Gesichtsausdruck milderte i'ch. Hätte ihn seine Dame am Telephon auch so hart herzig beschuldigt? Ach, seine arme, kleine Dame vom Telephon! Ein Schauer überlief ihn. Sie starb, und nie mand .kümmerte sich um sie, niemand kam ihr zu Hilfe, selbst er, der einzige, der wußte, in welcher Gefahr sie chwebte, vergeudete in diesem Augenblick seine Zeit und Mzte mit Bobbie, die ihn verurteilte, obwohl er schuld los war. Er erhob sich mit einem Entschluß. Obwohl er keine Hoffnung hatte, Jean zu finden, so war es doch immer noch besser, weiter nach ihr zu suchen, als hier zu bleiben. Aber plötzlich blieb er wieder wie angewurzelt stehen. „Ums Himmels willen!" sagte er zu sich selbst. „Wo her wußte sie denn, daß ich Schwarzhemd bin?" Wieder setzte er sich und starrte vor sich hin. Wußten denn alle Leute, daß er Schwarzhemd war? Erst seine Dame am Telephon, dann Mc Tavish, und nun auch noch Bobbie? Er lachte bitter aus. Vielleicht waren alle dort unken im Ballsaal schon im Bilde und warteten nur noch darauf, daß die Detektive eintraten und ihn verhafteten. Wieder verhärteten sich seine Züge. War es nicht gleichgültig, was man von ihm dachte? Entschlossen stand er auf, um zu gehen. Aber gerade als er einen Diener bitten wollte, ihm Mantel und Hut zu bringen, kamen ein Herr und eine Dame die Treppe herauf, und Verrell blieb entsetzt stehen. Er erkannte Jean McTavish und den Detektiv Marshall! Die Ereignisse entwickelten sich mit unglaublicher Schnelligkeit. Er konnte nicht mehr Schritt halten. Alles brach über ihm zusammen. Fassungslos starrte er die beiden an. Jean war nichts von den Qualen anzusehen, die sie erduldet haben mußte. Sie trug ein wunderbares Kleid und sah viel glücklicher aus als früher. Es lag allerdings eine seltsame Tiefe in ihrem Blick. Aber sie hatte ja dem Tod ms Auge gesehen! Mit ausgestreckten Händen ging sie aus Verrell zu, während Marshall mit abweisendem Gesicht im Hinter grund blieb. „Hier bin ich, wie ein Geist, der von den Toten auf erstanden ist," sagte sie ernst. Sie empfand tiefes Mitleid mit ihm. „Armer Mr. Verrell," fuhr sie leise fort. „Was haben Sie durch gemacht!" „Ich kann immer noch nicht glauben, daß Sie es sind, die vor mir steht," erwiderte er verstört. „Aber kommen Sie doch zu sich, ich bin wirklich kein Geist." „Aber — aber —" stammelte er, „wie sind Sie denn hergekommen? Ich — ich dachte, Sie wären —" Die Zugentgleisung bei Bentheim. Aufräumungsarbeiten an der Unglücks- ^ülc. Links ein entgleister Personenwagen. Bei dem Unglück, das sich auf dem Bahn hof Bentheim-Nord (Regierungsbezirk Os nabrück) infolge falscher Weichenstellung er eignete, wurden 17 Personen, am schwersten der Lokomotivführer und der Heizer, verletzt. Der Damm an der Zuidersee vollendet. Der Damm, der die Zuidersee vom Meere 'btrennen soll, ist jetzt nach jahrelangen Arbeiten fertiggestellt worden. Damit hat sich die Zuidersee in ein Binnengewässer lerwandelt, das auf große Strecken hintrok- fmgelegt und der Landwirtschaft erschlossen verden soll. ' „Ruhe, Mr. Verrell. Erinnern Sie mich nicht mehr an diese entsetzliche Zeit." In diesem Augenblick ließ sie die Maske fallen, und Verrell sah den schmerzlichen Ausdruck ihrer Züge. Was mußte sie gelitten haben! Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und ihre Stimme klang so leise, daß er sie kaum verstehen konnte. „Ich dachte, meine letzte Stunde wäre gekommen, und ich betete so inbrünstig, daß Sie mich retten sollten, daß Schwarzhemd mich erlösen sollte. Schreckliche Stun den vergingen, aber Sie kamen nicht. Ach, ich kann nicht darüber sprechen. Mein Bruder muß wahnsinnig ge- wesen sein!" „Ja, er war geistesgestört. Er lebt nicht mehr." Sie sah an ihm vorbei, aber nach einer Pause sprach sie wieder. „Als er mich gefangennahm, erzählte er mir alles. Er sagte auch, daß er Sie auf einem Dampfer nach Griechenland schaffen würde." Es lag wie eine Frage in ihren Worten, und er ant wortete: „Ja, das war seine Absicht, aber ich entkam ihm glücklich, und seit dreißig Stunden habe ich nach Ihnen gesucht. Von gestern mittag bis heute abend sieben Uhr war ich mit meinem Wagen unterwegs." „Ich sehe es. Armer Mr. Verrell. Und das haben Sie alles für mich getan!" Er lächelte müde. „Nicht nur für Sie, Miß McTavish. Ich mußte mich ja auch dagegen wehren, wegen Mordes angeklagt zu werden. Aber nun sagen Sie mir, wie kommen Sie denn mit Marshall hierher?" „Er hat mich gerettet. Er weiß alles." „Weiß er, daß ich Schwarzhemd bin?" „Ja." Ihre Antwort war kaum hörbar und klang wie ein leiser Seufzer. Als Verrell ihr ins Auge sehen wollte, vermied sie seinen Blick. Sein Kinn sank, und er zuckte die Schultern. Dann war also alles zu Ende. Sein Ge heimnis preisgegeben, von Bobbie verlassen, in Schmutz und Elend gestoßen. tFortsetzung folgt.)