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ler. Infolge des schlüpfrigen Weges war er am Montag abend auf dem Nachhauseweg gestürzt und in den Graben gefallen, aus dem er sich nicht wieder befreien konnte. Das Muldehochwasser in Eilenburg Eilenburg, 3. Januar. Das Hochwasser überraschte hier die Bewohner des Schützenhauses, die jetzt auf Kähnen in Sicherheit gebracht werden. Die Anlagen des Schützen hauses stehen völlig unter Wasser. Ferner auch große Teile der Deutschen Zelluloidfabrik, die ihre ganze Belegschaft deshalb nach Hause schicken mußte. Auch die Kattunmanu- faktUr hat sämtliche Leute heimgeschickt, weil nicht mehr ge arbeitet werden kann. Eine Kraftdroschke, die nachts gegen 2 fthr einen Bewohner des Schützenhauses dorthin gebrächt hatte, wurde auf dem Rückweg gleichfalls vom Wasser über rascht; sie wurde am Dienstag früh durch Vorspann aufs Trockene gezogen. Bei der Pianofortesabrik Hupfeld-Gebr. Zimmermann ist ein Damm gebrochen, so daß der Holzplatz bereits ganz unter Wasser steht. Die Feuerwehr ist mit sämtlichen Zügen alarmiert, sie legt aus Bohlen und Sand einen Notdamm an, um die Hintere Stadt gegen das Hoch wasser zu schützen. Das Wasser überflutet auch bereits das Fabrikgrundstück Holzweißig, wo der Damm offenbar nicht mehr fest war. An einzelne» Stellen steht das Wasser bis knapp unter der DäMmoberfläche, so daß jeden Augenblick mit einer Ueberflutung der Dämme gerechnet werden mutz. Auch im Hindenburgdamm zetiM' sich undichte Stellen, so daß auch hier die Feuerwehr eingreifen muß. Ueberflutet sind auch die Ortschaften Kollau und Kanitz sowie auch Teile des Dorfes Groitzsch und dessen Gasthof. Auch in dem höhergelegenen Wadelwitz steht das Wasser bereits in den unteren Häusern. Die Lage zwischen Mulde und Elbe wird stündlich bedrohlicher. Halle, 6. Januar. Nachdem die Feuerwehren in und bei Bitterfeld bereits am Dienstagabend eingesetzt wären, sind im Laufe der Nacht und' des Vor ¬ mittags r -hrere Bereitschaften der Schutzpolizei ans Halle und Bitterfeld angefördert worden, da der Mnlde- d wm m gebracht n ist. Auch ditz Technische Nothilfe von Hallö, Bitterfeld und Dessau ist alarmiert. Verschie dene Gehöfte- und Mühlen stehen bereits unter Wasser. In Anhalt wurden heute früh Abteilungen der staatlichen Ordnungspolizei an mehreren Stellen eingesetzt, da die Stadt Jeßnitz und einige Dörfer stark in Gefahr sind. MM Seit den frühen Morgenstunden heulen die Sirenen und tönen die Sturmglocken. Für die Berechnung der Flut wellen reichen die Tabellen der Wasserbanverwaltung nicht aus, da das Wasser höher steigt als 1897 und 1999. Auf der Kreisstraße Dessau—Rotzlau steht das Wasser in einer Breite von etwa 5 Kilometern. Die Hochwasserwelle der Mulde nähert sich jetzt dem sog. Wörlitzer Winkel, der Einmündung der Mulde in die Elbe unterhalb von Dessau. § Die Gefahr wird dadurch erhöht, daß die Flutwelle sich ! hier mit der Hochwasferwelle der Elbe trifft. Gefährliche Lage in Dessau. Dessau, 6. Januar. Die Hochwasserlage in und um Dessau hat sich weiter verschärft. Die Gefahr ist aufs höchste gestiegen. Die Orte Jeßnitz und Raguhn sind von der Außenwelt völlig abgeschnitten. Einem besonders expo nierten Stadtteil von Dessau droht die größte Gefahr. Sämtliche Zugmannschaften sind eingesetzt worden, um die Dämme zu schütze». Bei Döllnitz ist der Damm bereits gebrochen. Muldedamm bei Retzau gebrochen. Dessau, 6. Januar. Der Damm der Mulde bei Retzau ist gebrochen. Der Staatliche Wasserschutz, Technische ! Nothilfe und Ordnungspolizei sind dabei, die Lücke wieder § zu schließen. Die Dörfer Netzau und Sollnitz sind in größ ter Gefahr. Schwere Schäden im Harz. Viele Brücken sortgeschwemmt. — Ein Todesopfer. Goslar, 5. Januar. Das Hochwasser des Grumbaches hat viele Brücken fortgeschwemmt. Der Schaden an den Grundstücken ist noch nicht zu übersehen. Der reißende Bach brachte Holz, Tannen mit Wurzeln und Zweigen zu Tal. Der Vahnverkehr nach Goslar ist, da die Schutzmauer des Bahnkörpers bedroht wird, sehr erschwert. Ein Müh- lenbesitzer ertrank in den Fluten, da die Brücke, auf der er mit mehreren Personen stand, von dem Strom fortge- ! rissen wurde. Die übrigen Personen konnten sich retten, i Die Leiche wurde inzwischen geborgen. Der Leerbach bil- det am Unterdors bei Wildemann einen großen See. In Goslar selbst haben die Ereifwerke schwer l unter dem Hochwasser der Gose zu leiden. Das Mauerwerk der Fabrik mußte mit Sandsäcken geschützt werden. Teil- weise sind die Backsteinmauern unterspült. Das Gebäude der Ersifwerke ist abgestützt worden. Aus aller Welk. * Die Schmähschrift gegen Schlagcter verboten. Die vom Verlag „Das andere Deutschland" herausgegebene Schmähschrift „Wer war Schlageter?" ist nach einer Mel dung Berliner Blätter vom Berliner Polizeipräsidenten für den Bereich des Freistaates Preußen polizeilich be schlagnahmt und verboten worden, weil ihr Inhalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. * Der Tod der 14 Bergleute amtlich bestätigt. Zu dem Unglück auf der Karsten-Zentrum-Grube wurde am Dienstagabend folgender amtlicher Bericht ausgegeben: Die Rettungsarbeiten find weiter im Gange. Es wurde hierbei festgestellt, daß die Streckenbetriebe, in denen die ver schütteten Bergleute arbeiteten, vollkommen verbrochen sind. Die Ausräumungsarbeiten werden sich voraussichtlich noch mehrere Tage hinziehen. Es steht fest, daß keiner der Verschütteten mehr am Leben ist. * Politischer Mord bei Leverkusen? In der Nähe des kommunistischen Jugendheimes in Leverkusen wurde am Dienstag der etwa 25jährige Arbeiter Lorscheid erschossen aufgefunden. Die Leiche wies einen Kopf- und einen Herz schuß auf. Lorscheid war am Montag bis Mitternacht auf seiner Arbeitsstelle bei der JG.-Farben-Jndustrie. Er ist auf dem Heimwege ermordet worden. * Er wollte die schwer erkrankte Mutter nicht über leben. Auf der Köln—Mindener Eisenbahnstrecke wurde eine jugendliche Leiche gefunden, die später als der 17jäh- rige Sohn des Lokomotivführers Blase identifiziert werden konnte. Hans Blase besuchte die Prima des Stadthagener Gymnasiums und war das einzige Kind seiner Eltern. Die Mutter des Schülers lag seit längerer Zeit schwerkrank an Krebs darnieder und ist auch kurz nach dem Tode ihres Kindes gestorben. Der sterbenskranken Mutter war jedoch nichts von dem Selbstmord ihres Sohnes mitgeteilt wor den. Es erscheint nun wahrscheinlich, daß dem Sohne der zu erwartende Tod der Mutter so zu Herzen gegangen ist, daß er sie nicht überleben wollte. * Eine Mutter tötet ihre zwei Kinder und versucht Selbstmord. Die in Wittenberge mit ihren zwei Kindern, einem neunjährigen Sohn und einer achtjährigen Tochter, bei den Eltern zu Besuch weilende Frau Weiskau aus Altona öffnete die Gashähne, um sich und die Kinder zu töten. Die beiden Kinder sind gestorben, das Befinden der Mutter läßt auch ihren Tod befürchten. Der Vorfall soll auf eheliche Zerwürfnisse zurückzuführen sein. Sie hatten in ihrem Glück die Minuten nicht gezählt. Nun strebten sie ihrem Heim zu. Am Strande pulsierte noch das volle Badeleben. Sie erreichten die Villa auf einem schmalen Pfad, der sich durch die Felder schlängelte und in den hinter dem Hause gelegenen Garten mündete. Im kleinen Erkerzimmer war der Tisch gedeckt. Aber — ehe man Platz nahm und es sich gemütlich machte, wollte man sich umkleiden. Sigbrii ging in das Stübchen hinüber, das Magnus mit ganz neuen Möbeln als ihren Ankleideraum aus gestattet hatte Besonders die hübsche Toilette war ein kleines Wunderwerk von Geschmack. Sie ließ sich auf den Sessel mit der runden, niedrigen Lehne nieder und blickte in fraulicher Eitelkeit in den Spiegel. Die frische Luft hatte ihre Wangen gerötet. Ihre Augen glänzten in seliger Freude. Sie dächte des Augenblickes, wo sie strauchelte, über dem Abfall hing und ihr Gatte herbeisprang. Wie stark und tatkräftig griff er zu. In dem Moment, wo seine Hände sie berührten, wußte sie, daß sie geborgen war. Und Herr Hilden? Ein Lachen klang durch den Raum. Wie anders war Magnus. Nun hatte sie die Frisur beendigt und sah wieder prüfend in das geschliffene Glas. Da faßten ihre Hände hastig nach dem Halse. Was war das? Sie trug die Kette zwar um den Racken, aber — datz Herz — das Bernsteinherz fehlte. — Erschreckt sprang sie auf und ihr suchender Blick flog über den Boden. In Hast räumte sie einige Stühle beiseite. Mein Gott, wo war der Schmuck geblieben? Sie sank auf das kleine Biedermeiersofa nieder. Nun entsann sie sich, daß ihre Hand noch mit dem Herzen spielte, als sie neben Magnus im Moose des Waldes ruhte. Da hatten sie von dem Spinnchen gesprochen. Und dann —? Als sie sich an den Busch klammerte und ihre Füße vergeblich Halt suchten, spürte sie am Halse einen Ruck, aber sie achtete im Schreck nicht darauf. Sie löste die Kelte und betrachtete sie. Der kleine goldene Ning, an dem die Spinne mit dem Herzen befestigt war, fehlte. Er mußte zerrissen sein. Schon wollte es wie bitteres Schluchzen in ihr empor steigen, da tral Magnns unvermutet ein. Er hatte schon lange sehnsüchtig auf sein Frauchen gewartet. Sollte er Tränen am Hochzeitstage sehen? Nein, das wollte sie ihm nich! amun. So kämpfte sie die Stimmung nieder und erhob sich, während sie sich znm Lächeln zwang. Seinem Blick aber entging nicht, daß irgend etwas geschehen war. Still lcgie sie ihr Haupt an seine Brust, und während er ihre Wangen streichelte, fragte er: „Was ist dir? Warum kommst du nicht? Verheimliche mir nichts, irgend etwas muß dir begegnet sein." Da hob sie stumm die Hand und zeigte ihm die Kette, an der der Schmuck fehlte. Einen Augenblick stutzte er, dann fand er die Fassung wieder. „Verloren?" Sie nickte wortlos. Er zog sie, während er sich setzte, ans seinen Schoß. „Gräme dich nicht. Höre zu. Ich will dir ein kurzes Märchen erzählen!" Und während sie regungslos, weich gebettet in seinen Armen ruhte, begann er: „Es war einmal eine kleine rote Spinne, die wollte gerne die Welt und die Menschen sehen, und siehe, ihr Wunsch ging in Erfüllung. Eines Tages fand sie ein junges Mädchen, in dessen Herzen die erste Liebe keimte. Die freute sich des glücklichen Fundes und erhoffte Segen von ihm. Und nun trat die kleine Spinne, die die Welt kennenlernen wollte, eine lange Wanderung an, bis sie schließlich in die Hände derer zurückkehrte, die ihre eigent liche Herrin war. Und sie schüttete das Füllhorn ihres Glückes über die Finderin aus, weil sie eine Glücksspinne war. Dann aber, als sie ihre Mission beendet sah, nahm sie Abschied und hinterließ folgende Mahnung: Ich habe euch zusammengeführt zum ewigen Bunde! Mehr konnte ich nicht tun. Nun ruht die Zukunft in euren eigenen Händen. Zeigt euch des Glückes würdig, das ich euch schuf, und sollten einmal Wolken aufsteigen an eurem fo strahlenden Himmel, dann gedenket meiner und besinnt euch auf das, was ich euch in den Schoß warf!" Magnus schwieg und seine Hand fuhr tröstend über Sigbrits Haar. Da richtete sie sich auf. Ein tiefer, seliger Glanz stieg in ihre Augen. „Du hast schön gesprochen, und nun gianbe ich auch, daß alles wirklich so ist, wie dn cs schildertest. Ja — sie hat sich still und heimlich davongestohlen, die kleine, rote Spinne, nachdem sie ihren Zweck erfüllte. Wir aber wollen ihrer in Dankbarkeit gedenken und sie nie, nie vergessen. Solange wir hieran festhalten, wird anch das Glück uns begleiten." Arm in Arm gingen sie ins Zimmer hinüber. Draußen war es dämmrig geworden. Dann sahen sie sich in die Augen. Was ging sie eigentlich das Treiben draußen an? Lebten sie in diesen Stunden nicht in einer Welt, die nur allein für sie ge schaffen schien?! Lachend traten sie znrück, und Magnus zog die Vorhäuge zu, um dadurch anzukündigen, daß zwei Liebende allein sein wollten. Ende. Die Große: Mauer sott wieder Chinas Grenze werden? - Blick auf einen'Teil der. Großen Mauer. Nach den letzten Meldungen vom chinesisch japanischen Kriegsschauplatz scheinen die ja panischen Truppen ihre chinesischen Gegner bis hinter die Große Mauer zurückwerfen zu wollen. Diese Mauer ist vor 1700 Jah ren entstanden und bildete damals über eine 2450 Kilometer lange Strecke die Nord- und Westgrenze des chinesischen Reiches. China greift zu modernen Kampfmitteln. Der erste chinesische Panzerzug „Tschang- Schun" auf dem Wege zur Front. Die militärischen Mißerfolge der chinesischen Armee sind zum größten Teil auf die völlig unzureichende Ausrüstung der Truppen zu- rückzufiihren. Erst allmählich und noch im mer in bescheidenem Umfang beginnt China jetzt seine Truppen mit modernen Kampf mitteln zu versehen, doch ist es fraglich, ob der gewaltige Vorsprung Japans noch ein geholt werden kann. Die GlüSsspinne. Roman von F e l i x N e u m a n n. SH (Nachdruck verboten.) Alles badete sich in Sonne und Licht. Vom Meere grüßten weiße Segel, und Dampfer zogen mit langen Rauchfahnen ihres Weges, Morgen würden auch sie ihre glückliche Fahrt antreten. Nach halbstündigem Gange nahm sie der Wald auf. Sie lagerten im Moos unter einem uralten Baume, und ihre glänzenden Augen schweif ten über die blaue See. An dieser Stelle hob sich der Strand zu beträchtlicher Höhe,und siel steil zum Wasser ab. Magnus zvg.-Sitzbein aü sich, und eNg aneinanderge- schmiegt genossen sie die feierliche Stille um sich herum, die so wohltuend abstach vom Trubel dieses bewegten Tages. -Ringsum auf dem Waldboden sprossen Blumen. „Magnus, lieber, einen Heimargruß wollen wir mit nehmen, damit wir draußen im Lärm der Fremde eine Erinnerung- haben an diese Stunde." Sie erhob sich, und er sah lächelnd beglückt, wie ihre feinen Hände-iws Moos eintauchten, unweinen lieblichen Straus; zusammen; »stellen So näherte sie sich achtlos dem Steilabfall. Für einen Augenblick wanderten seine Augen von ihrer Gestdli über das Meer, so daß er nicht sah, Ivie das Erdreich sich löste nnd Sigbrits Fuß ins Gleiten käm. Sie stieß einen Schrei aus, die Blumen ent fielen ihrer Hand, und sie klammerte sich an einen Strauch. , , Magnus sprang, erschreckt aus und eilte ,herbei Aber sein-Gewicht verstärkte die Last. Die überhängenden Erd schollen gäbe» nach, im nächsten Augenblick hing Sigbrit über, der nicht unbeträchtlichen Höhe. Da warf sich Magnus zu -Boden, erfaßte die Hände der jungen Fran, und es gelang ihm im letzten Augenblick, Sigbrit vor dem Sturz in dir Tiefe zu bewahren Erschöpft von der Aufregung saß sie neben ihm. Er küßte nnd tröstete sie Dann reinigte er ihr Kleid, an dein Sand und Blätter hafteten. Der kleine Vorfall, so gefährlich er schien, vermochte nicht lange ihre gute Stimmung zu beeinflussen Sie hoben die verstreut liegenden Blumen auf uud traten "dann den Heimweg an. Sie gingen durch hoch ragende Kornfelder, und Sigbrit fügte ihrem Strauße noch blaue Zyanen ein. Ziegen weideten an den Rändern der Gräben,- Kinder spielten. Vom T orfkirchlein tönte eine Stunde. Hell nnd scharf schwangen sich die Klänge der alten Uhr durch die abendmüdc sommerliche Stille. Sie sahen sich lächelnd an: So spät war es schon geworden?