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Beschlüsse des Deutschen Beamtenbundes. ! Berlin, 24. Oktbr. Auf dem Bundestag des Deut schen Beamtenbundes wurden heute die Abstimmungen über die Ausschußantrüge vorgcnommen. Dabei sand neben einer Reihe von organisatorischen Anträgen fol- gender Ausschußantrag Annahme. „Der Abwehrkampf gegen die als Folge der hemmungslosen Veamtenhehe von der Reichsregierung geplanten Sondergesetze, die in einseitiger und ungerechter Meise die Beamtenschaft be lasten, zeigt mit aller Deutlichkeit, wie notwendig es ist, daß die Spitzenorganisation zuverlässiges Material über die wirtschaftspolitische, die steuer- und zollpolitischeLage in Deutschland beschafft und verwendet." Der geschäfts führende Vorstand wurde beauftragt, sofort alle Maß nahmen zu treffen, die geeignet sind, den Deutschen Be amtenbund auf dem gesamten Gebiet möglichst schlag fertig zu machen. Berlin, 24. Oktober. Der Bundestag des Deutschen Beamtenbundes nahm weiter folgenden Antrag an: „Das deutsche Berufsbeamtentum hat kein Interesse an einem über das sachliche Bedürfnis hinaus gutge bauten Verwaltungsapparat der öffent lichen Hand. Der Deutsche Beamtenbund erklärt er neut seine Bereitwilligkeit zur positiven Mitar beit air einer gesunden Staatsresorm und Verwaltungsvereinfachung. Schematische Maß nahmen, die ohne gleichzeitige Vereinfachung und Ver ringerung der Verwaltungsausgaben nur auf eine Dezi mierung des Berufsbeamtentums abzielen, lehnt der Deutsche Beamtenbund erneut mit aller Entschiedenheit lab." Grundsätzlich zugestimmt wurde einem Antrag, die ' Bundesleitung zu beauftragen, rechtzeitig und mit Nach- ' druck dahin zu wirken, daß die Saargruben bei der Rückgliederung des Saargebietes in ihre frühere und unmittelbare staatliche Wirtschaftsform zurückgeführt werden. Zur gegebenen Zeit sollen die erforderlichen Schritte zur Wahrung der Interessen der betroffenen Beamten unter nommen werden. In einer vom Bundestag bestätigten Entschließung des Gesamtoorstandes zum Besoldungsgesetz wird festgestellt, daß die von der deutschen Beamtenschaft be obachtete Rücksichtnahme auf das Staatsganze nicht dazu führen dürfe, daß die vom Deutschen Beamtcnbund ge forderte Beseitigung der Mängel und Härten des Besol dungsgesetzes immer wieder hinausgeschoben werde. In einer weiteren Entschließung des Eesamtvor- standes wird erneut die dringende Forderung erhoben, daß die Beamtengesetzgebung endlich aus dem Stadium der Vorarbeiten heraus kommt und an der Verwirklichung der in der Verfas sung festgelegten Ziele gearbeitet wird. Annahme fand auch ein Antrag, nach dem der Bundestag ein entschiedenes Zusammenwirken aller Spitzenorganisationen der Arbeiter, Angestellten und Be amten auL dem Gebiete der Preissenkung für die Gegenstände des täglichen Bedarfs für not wendig und unaufschiebbar hält. MW von MW» WMWn WW M NlWlM. Kattowitz, 24. Oktbr. Am Mittwochabend wurden in Loslau mehrere deutsche Bürger von Aufständischen überfallen. Am Nachmittag fand in der Deutschen Ge- werbebank eine Aufsichtsratssitzung statt, an der auch die Vankdirektoren Janotta und Thomas aus Mys- lowitz teilnahmen. Nach der Sitzung begaben sich die Herren in Begleitung mehrerer ortsansässiger Bürger nach dem Bahnhof. Auf dem Wege dorthin wurden sie aus dem Hinterhalt von einem Trupp von sechs bis acht Aufständischen, die mit Knüppeln und Revolvern bewaffnet waren, ohne iede Veranlassung überfallen und in unmenschlicher Weise niedergeschlagen. Janotta wurde bis zur Bewußtlosig keit geschlagen. Als er mit letzter Kraft versuchte, den Bahnhof zu erreichen, wurden ihm einige Revolver schüsse nachgesandt. die glücklicherweise ihr Ziel verfehl ten. Nicht viel besser erging es den übrigen Ueberfalle- ncn, die so schwer mißhandelt wurden, daß die -Knüppel der Banditen zersplitterten. Ein scheinbar unbeteilig ter Pole, der vor den Ueberfallenen ging, wurde durch einen Reoolverschnß schwer verletzt. Die Polizei, die während der antideutschen Woche ganz besonders auf den Schutz der deutschen Bürger bedacht sein sollte, war weit und breit nicht zu sehen. Wie aus polnischen sozialistischen Kreisen hierzu be richtet wird, ist cs seit langer Zeit der polnischen Sozial demokratischen Partei sowie den ihr nahestehenden Ge werkschaften nicht mehr möglich, infolge des Terrors des Aufständischenverbandes Versammlungen abzuhalten. Vielfach sind bereits Ueberfülle auf Funktio näre der polnischen Sozialdemokrati schen Partei sowie der polnischen freien Gewerk schaften gemeldet worden. Derartige Beschwerden wer den auch seitens der deutschen Sozialdemokratischen Par tei erhoben. Auch dieser ist es fast gar nicht mehr mög lich, Ortsgruppenversammlungen abzuhalten. Am stärk ¬ sten wird der Aufständischenterror in den Landkreisen ausgeübt. Gegen den polnischen Terror in der Ukraine. Neuqork, 24. Oktbr. Auf der Jahrestagung der Vereinigten ukrainischen Verbände Amerikas, die am Donnerstag in Neuyork stattfand, wurde die Absendung eines Telegramms an die Washingtoner Regierung be schlossen, in dem diese aufgefordert wird, beim Völker bund und den Außenministern Frankreichs und Eng lands gegen den polnischen Terror in Ostgalizien einzu schreiten. — MWM und die MWst. Düsseldorf, 24. Oktober. Am Mittwoch fand im „Stahlhof" zu Düsseldorf eine gemeinsame Sitzung der Vorstände des Landesvereins und der Nordwestgruppe j statt, an der saft alle leitenden Herren der westdeutschen > Wirtschaft teilnahmen. Im Mittelpunkt der Beratung ! stand die Prüfung der Fragen, die sich aus der neueren i politischen Entwicklung und insbesondere aus dem Er- , gebnis der Reichstagswahlen für die deutsche Wirtschaft ergeben. Im Anschluß daran beleuchtete Dr. Schlenker die europäische und deutsche Handels politik. Er kam dabei zu dem Ergebnis, daß die deutsche Handelspolitik weiterhin an dem Grundsatz der Meistbegünstigung festhalten müsse, die allerdings einer gewissen Auflockerung bedürfe. Die neuerlich besonders von agrarpolitischen Gesichtspunkten getragenen Zu sammenschlußbestrebungen der östlichen europäischen Länder machten es Deutschland zur gebieterischen Pflicht, der Sicherung und dem Aus bau seiner mitteleuropäischen Marktstellung stärkere Aufmerksamkeit als bisher zu widmen. Wenn sich Deutschland nicht alsbald in die Bemühungen zur Schaffung eines großen europäischen W i r t s ch a f s r a u m e s einzuschalten versuche, laufe es Gefahr, eines seiner zukunftsreichsten Absatzgebiete zu verlieren. Eine seiner nächsten Aufgaben sei die planmäßige und zielbewußte Arbeit an der Schaf f u n g e i n e r Z o l l u n i o n z w i s ch e n d c m D e u l- schen Reich und Deuts ch ö st e r r e i ch. WW der biHmWm WM London, 24. Oktbr. Die brasilianische Regierung berichtet über weitere Erfolge. Ihre Truppen hätten in dem nördlichen Teil von Parana einen entscheidenden Sieg über die Aufständischen errungen, die dabei 100t Tote und Verwundete sowie 600 Gefangene verloren Hütten. Da sich ein großer Teil der einberufenen Rc- servisten weigert, Heeresdienst zu tun und Brasilien ver läßt, wird die Grenze geschlossen werden. Regenstürme behindern die Kampfhandlungen in Brasilien. Neuqork, 24. Oktbr. Wolkenbruchartige Regengüsse in Verbindung mit heftigen Stürmen über Mittel- un) Südbrasilien haben den Kampfhandlungen vorläufig ei» Ende gesetzt. Der stark angeschwollene Parana bild^ eine natürlich uneinnehmbare Verteidigungslinie Zur die Bundestruppcn. Der Bahnverkehr zwischen Sae Paulo und Rio de Janeiro ist normal. Der amerika Nische Kreuzer „Pansacola" ist in Bahia vor Anker gc gangen. 258 Todesopfer in Alsdorf. Alsdorf, 24. Oktbr. Im Krankenhaus zu Barden- berg sind zwei weitere Verletzte gestorben. Die Zab! der Todesopfer des Alsdorfer Grubenunglücks hat sich dadurch auf 258 erhöht. Wie die Telcgraphenunion erfährt, Hai man bei den Aufräumungsarbeiten heute vormittag die Kon- lrollkartothek im zerstörten Schachtgebäude unversehrt aufoefunden, so daß man jetzt in der Lage sein wird, eine genaue Liste der Vermißten aufstellen zu können Man hat den Eindruck, daß sich jetzt der Schwer punkt der Untersuchung dahin verschoben hat, ob nicht doch irgendeine oberirdische Explosion, deren Herd und Ursache man noch nicht kennt, eine Kohlenstaubexplosion in der Grube ausgelöst hat. Es heißt, daß man am Donnerstag das untrügliche Zeichen einer solchen Ex plosion, den Steinkohlenstaub, an verschiedenen Stellen gefunden hat. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß auch schlagende Wetter explodiert sind. Man rech net immer noch mit sieben bis acht Toten. Die Ber gungsarbeiten gehen weiter. Am Donnerstag fand man auf der 360-Meter-Sohlc einen Grubenhund, an dessen Wände ein junger Berg mann folgende Abschiedsworte geschrieben hatte: 20. Ok tober 1930: Josef Fuchs, geb. 14. Juni 1910. Wenn ich hier nicht mehr herauskomme, lebend, dann grüßt mir den lieben Vater, Geschwister und auch meine lieben Verwandten und Bekannten. Ich gehe zur Mutter. Lebt wohl!" Flaggen auf Halbmast! Berlin, 24. Oktober. Aus Anlaß der Beisetzung der Opfer des Grubenunglücks bei Alsdorf setzen nach An ordnung der Reichsregierung und der preußischen Staats- regierung die öffentlichen Gebäude in Preußen am Sonn abend die Flaggen auf Halbmast. Kommunistische Kundgebung in Alsdorf. Alsdorf, 23. Oktbr. Die Kommunisten veranstalte len am Donnerstagabend aus dem Marktplatz von Als darf eine Kundgebung, an der etwa 350 Personen teil nahmen. Vor dem Erubengebäude war ein starkes Po lizeiaufgebot eingesetzt. Der Zug versuchte trotzdem von der anderen Seite her an das Erubengebäude heranZU kommen, wurde aber sofort abgedrängt. Zu Zwischen fällen ist es bisher nicht gekommen. Die Kommunisten hatten bereits heute versucht, auf den übrigen Grube» des Eschweiler Bergwerksvereins die Belegschaften zM» Streik zu bewegen, hatten jedoch keinen Erfolg. Sie haben für Sonnabend, dem Tag der Begräbnisfeierlich keiten, erneut zum Generalstreik ausgcrufen. Sie sieben Sorgen des Doktor Zoosi. Roman von Marie Diers. 2D «Nachdruck verbalen Aber wenn in der Nacht die Stürme ums Hans gingen, dann fuhr Apotheker Leucht oft im Bette auf und lauschte: Pocht's da nicht an der Haustür? Wenn die Nachtklingel ging, war er noch nie so schnell in den Kleidern und unten gewesen, den Wachthabenden weit überflügelnd Aber draußen stand nur ein verstörter Bole, der für einen Schwerkranken ein Mittel holen wollte, und der Wind stieß in den offenen Fensterladen herein, als wollte er den alten Mann verhöhnen. Erwin kam nicht nnd klopfte nicht und schrieb nicht. Aber als ob es an dieser einen Not noch nicht genug wäre, Iras ihn in seinem Berufsleben noch in diesem Herbst ein harter Stoß. Bei der wachsenden Zunahme der Landbevölkerung in der Umgegend, die besonders durch die Anlage mehrerer Fabriken gestiegen war, hatte schon seit einigen Jahren die Konzession für eine zweite Apotheke in Geneucken in der Luft gehangen. Jetzt plötzlich bewarb sich Leuchts bis heriger Provisor, der unbedeutende, lächelnde Herr Emil Runge aus Fitzhageu, um diese Konzession und erhielt sie. Seine Eitern bäurische, reiche Leute, die in ihrem Emil eine Perle >ahen, kauften ihm das Eckgebäude am Markt, .im Eingang der Kleinen Martinsgasse, und ließen es :bm aus das strahlendste ausbauen. Herr Leucht war außer sich. Dieser dumme, grinsende Mensch, der ihm bisher nur als ein Schemel für seine Füße gegolten hatte, sein eigener Konkurrent' lind die Löwenapotheke sollte von nun ab nicht mehr die einzige sein! Er starrte verstohlen nach der Marktecke hinüber, wo die Bauarbeiten flott vor sich gingen. Keiner sollte ihn dabei erblicken und doch sahen die Leute, wie er am Fenster stand und mit verbissenem Gesicht hinübersah Hon der Zeit ab fing er sichtlich an zu altern Er mußte es nun auch erleben, daß alle Welt in die neue Modienapoideke liel Herr Emil Runge bediente so nett und freundlich er stieg bet allen jungen Mädchen und Müttern rasend im Änseven und die gelegentlichen un- ichnldigen Äiychrn »u -r riß. wurden mit großer Be- wnnderung wettererzävll Fa. Wenn nun Erwin daaewejeu wäre! AVer so Naud der Alte allein in der verödeten Apotheke, in der jetzt segn, an Markttagen viel seltener die Klingel ging, starrte voi si.h bm und konnu es nicht saften, daß die Erde stehen bleibt, wenn Altes, an das man sich sein Leben lang hielt, ins Wanken kommt. Im nächsten Jahr ereignete sich wieder ein Todesfall in Geneucken, der die maßgebenden Kreise noch mehr be schäftigte als der Heimgang des alten Moritz. Doktor Joosts Kollege, der unsolide und unzuverlässige Doktor Jäger, starb sehr schnell an einer Erkältung, die sein ge- Aber draußen stand nur ein verstörter Bote, der für einen Schwerkranken ein Mittel holen wollte schwächles Herz nicht zu überwinden vermochte. Er ent richtete dadurch dem Teufel Alkohol, dem er schon Ehre, Familienglück und Menschenwürde geopfert hatte, seinen letzten Trlbut. Dennoch konnte es nicht fehlen, daß einige Mütter, die aus die erlösende Macht der Liebe gebaut und dabei an ihr Minchen oder Irischen gedacht hatten, bei der Todesnachricht des immerhin erst Vierzigjährigen lange Gesichter machten. Alles mögliche Gute wurde ihm jetzt nachgesagi Was aber sagte Geneucken, als er einen Nachfolger bekam, der allerdings ein ganz anderes Kaliber war, selbst für Minchen oder Suschen? Er hieß Hans Usedom, hatte rotes Haar und leuchtende blaue Augen, war groß und stark und guckte jedem Mädchen, das ihm begegnete, keck ins Gesicht Doktor Joost hatte bald Gelegenheit, ihn bei den Kranken kennenzulernen. Er hatte es sich jetzi angewöhnt, in seinen Ansprüchen an Doktoren, Apotheker und das übrige „Menscheugesindel" einem ziemlich schwarzen Pessimismus zu huldigen Daß die ganze Stadt, vor nehmlich die Weiberschaft, voll war von dem Fremden, dem „roten Hans", wie schon der zärtliche Ausdruck lautete, erhöhte seine gute Meinung auch nicht. Nun sah er plötzlich: das war doch ein ganzer Kerl! Er nahm ihn mit sich nach Hause, ließ ihn Wein trinken und rauchen und so viel von sich erzählen, wie er wollte. Piel war es nicht, Hans Usedom langweilte sich mit Männern meist. Er hatte eine natürliche Gescheitheit, viel zugreifcnde Energie und eine tüchtige Sachlichkeit, wo es darauf ankam Im übrigen hatte er eigentlich nur Windbeuteleien im Kops und wenig Sinn für vernünftigc Gespräche. Er war der verzogene Sohn einer Witwe und wie es schien, der verzogene Liebling der Frauen über Haupt. Des Doktors Töchter waren ihm hundertmal inter essanter als der ganze Doktor selbst mit all seiner Weis- heil und Erfahrung. Er trieb gleich von erster Stunde an liebenswürdigen Unsinn mit ihnen und war außerhalb seiner Berussstnnden für kein ernsthaftes Wort zu haben Dem Doktor Joost fing die Sache bald an über zu werden, denn der rote Hans lag ihm jetzt jeden Tag >»' Hause Dabei zeigte sich der nicht im mindesten becug> durch den älteren Kollegen Er fing an, den Mädchen hintereinander den Hof zu machen. Mit Rcgna fing es an. Die saß jetzt wirklich, wie der Doktor ihr versprochen hatte, das Jahr über fest, um für alle Schwestern Kleider und Hüte zu machen Sie seufzte dabei etwas zusammen, doch sie hatte wenigstens Geschick und Akkuratesse be kommen und wußte, wozu sie da war Wenn der jungt Doktor Usedom kam, warf sie aber alles fort und war zu? Konversation bereit Indessen dauerte dies Stadium bet ihm nicht lange Regna war damals im dreinndzwanzigsten Jahr. Jb" erste Schönheit war schon hin, die hatte sie gehabt, als sie mit den Gossenei Gymnasiasten flirten ging. Jh^ ganze Ari hatte etwas Künstliches und ihr Geist genügte ihm nicht Am dritten Tage sah er sie gar nicht mehr an. Es war nicht Regnas erste Enttäuschung. Kokette Frauen sind an solche gewöhnt und überwinden sie immer sehr bald. Aber mit der Zeit werden sie doch davon zel' fressen und altern eher als naive und gleichgültigere Naturen (Fortsetzung solgt.)