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Inkraftsetzung der Notverordnung. Die Deckungsvorlagen im Reichstag gescheitert. Berlin, 16. Juli. Das Reichskabinett beschloß in seiner Sitzuna am Mittwochabend, die Deckunqsvorla.qen im Wege der Not verordn u na auf Grund des Artikels 48 der R eich s verfass unq in Kraft zu setzen, nachdem der Versuch, diese Deckunqsvorlaaen im Reichs tage zur Annahme bringen zu lassen, als qescheitert anznsehen war. Auf Grund des Notverordnunasrechts wurden die Reichshilse, die Zuschläae zur Einkommensteuer, die L e d i a e n z u s ch l ä q e, die Vüraerabaabe und im Wege einer besonderen Verordn una die Schankver zehrsteuer in Kraft gesetzt. Die Absage an das preußische Rheinland zurückgezogen. Berlin, 17. Juli. Wie die Telegraphen-Union er fährt, haben der Reichskanzler und der preußische Mini sterpräsident Braun den Reichspräsidenten ausgesucht, «m die Unstimmigkeiten, die wegen der Aufhebung des Ttahlhelmverbotes in Rheinland und Westfalen zwischen dem Reichspräsidenten und dem Ministerpräsidenten Braun entstanden waren, zu bereinigen. Nach der Aus sprache der beiden Herren steht nunmehr der Reise des Reichspräsidenten auch in das preußische Rheinland nichts mehr im Wege. Er hat die Absage seiner Reise nach den preußischen Gebieten des Rheinlandes zurückgezogen. Reichspräsident, Reichskanzler und preußischer Mi nisterpräsident haben in. ihrer Besprechung den gemein samen Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß nunmehr die Heiern im befreiten Gebiet unter allseitiger Be teiligung aller Kreise der Bevölkerung stattfinden und einen erhebenden Verlauf nehmen mögen. Die SPD Köln-Aachen-Koblenz-Trier will Hindenburg nicht begrüßen. Köln, 17. Juli. Der Bezirksvorstand der Sozial demokratischen Partei Oberrhein, der die Bezirke Köln, Zachen, Koblenz und Trier umfaßt, hat anläßlich des hindenburgbrieses an die rheinische Arbeiterschaft fol gende Parole ausgegeben: „Parteigenossen! Der sensationelle Schritt des Reichspräsidenten stellt uns im Rheinland vor eine ganz «eue Situation. Wir waren bisher durchaus bereit, an den Vefreiungsfeiern teilzunehmen, nicht zuletzt deshalb, weil gerade die Sozialdemokratie und die hinter ihr stehenden Arbeitermassen an der Befreiung des Rhein landes und der Niederwerfung des Separatismus den ausschlaggebenden Anteil haben. Der Brief Hindenburgs zwingt uns zu einer anderen Stellungnahme. Herr von Hindenburg stellt den Stahlhelm über die rheinische Ar beiterschaft. Sollte der Reichspräsident mit seiner For derung der Rückgängigmachung des Stahlhelmverbotes durchdringen, so ist für uns jede Beteiligung an den Be freiungsfeiern selbstverständlich ausgeschlossen. Wir er suchen die Parteigenossan allerorts, sich auf diese Wahr scheinlichkeit einzurichten und die Ortsbehörden sofort da von zu unterrichten!" Vom Bezirksvorstand wird zu diesem Aufruf noch ergänzend geschrieben, daß er vor einer Woche schon einen Brief an den Ministerpräsidenten Braun gerichtet habe, worin er eindringlich ersuchte, das Stahl- helmverboi nicht rückgängig zu machen. Abgesehen davon, daß der Stahlhelm jene Verständi gungspolitik, die jetzt zur Befreiung des Rheinlandes geführt, stets hitzig bekämpft habe, hätte Herr von Hin denburg bei seinem Besuch in der Rheinprovinz auch nur zu wühlen gehabt zwischen diesem Stahlhelm und den Massen der rheinischen Arbeiterschaft, denn diese Massen lehnen es ab, sich mit den verbotenen Stahlhelmern in eine Reihe zu stellen. Zum Schluß heißt es: „Wir be dauern Herrn von Hindenburg, daß er sich durch falsche Informationen verleiten ließ, diesen höchst unglücklichen Brief zu schreiben. Der Brief muß die weitestgehenden politischen Folgen haben. Ms PeHmslUMgsM im WsW. Auch in 2. Lesung angenommen. — 1VÜ Millionen Mindestersparnisse. Berlin, 17. Juli. Im Haushaltausschuß des Reichs- Niges wurde bei der Beratung des Haushaltgesetzes die Reichsregierung ermächtigt, im Etat 1930 Ersparnisse von mindestens hundert Millionen RM. von sich aus vorzunehmen. Gegen diese Ermächtigung stimmten die Sozialdemokraten und Kommunisten. Angenommen wurde ein sozialdemokratischer Antrag, der verlangt, daß die Rcichsregierung dem Reichsrat und dem Reichstag visbald mitzuteilen hat, welche Streichungen sie vor- Üvnommen hat. Ferner wurde mit den Stimmen des Zentrums, der Sozialdemokraten und Kommunisten das von sozialdemokratischer Seite beantragte Pensionskllr- Mgsgesetz nach den Beschlüssen der ersten Lesung auch bi zweiter Lesung angenommen. In der oorangegangenen Debatte wurde von Re- gierungsseite, wie auch von feiten Preußens und Bayerns gebeten, diese so schwierige und umfangreiche Wer ist Ben? Kriminalroman von Franz Roßdorf. iRachorucl verboten.; Er griff zum Telcphonhörer und ließ sich mii dem Makler verbinden. Leo teilte ihm ziemlich aufgeregt den Sachverhalt mit und erreichte damit, daß Quincy im Rn all seine Schwatzhaftigkeit verlor. »Also I. R. meldet sich wieder," sagte er sinnend, „das ckl allerdings ein wichtiger Fingerzeig für mich." „Tas dachte ich mir auch," erwiderte Leo „und des halb setzte ich mich sogleich mit Ihnen in Verbindung." „Sehr freundlich von Ihnen. Haben Sie eigentlich schon mit Ihrem Sohn über Ben gesprochen? Nein? Bch halte es aber für besser, wenn sic ihm einiges über Viesen rätselhaften Mann erzählen würden Welchen Tag vaben wir eigentlich heute? Entschuldigen Sie, ich meinte vichi Sie. Auf jeden Fall haben Sie vielen Dank für Ihre Mitteilung. Wir werden morgen eingehender darüber sprechen." Und er hing den Hörer an „Den zwölften März haben wir also," konstatierte er wil einem Blick zum Kalender „Dieser Tag ist wert, notiert zu werden. Ich habe überhaupt eine Vorliebe für V>e Zwölf, Müller. Wenn Sie wüßten, was Zahlen für ^in symbolische Bedeutung haben, würden Sie nicht so ein lleistreiches Gesicht machen," schnauzte er plötzlich wütend, ^Me scheinbar einen Grund dazu zu haben „Schreiben ^ie sich den Tag aus. Wenn ich nicht irre, wird er uns helfen, einen Mann dahin zu bringen wo er hingehört." Vierzehntes Kapitel. Hanko, der Detektiv Von diesem Tage an bis zum Dreiundzwanzigsten des Monats ereignete sich nichts Besonderes. Die Polizei war wit eifrigen Nachforschungen beschäftigt, die aber kein positives Resultat zeitigten, und Betti gewann allmählich I« gewöhnlichen Dingen des lebens wieder einiges Jn- fbresse ab. Verschiedentlich erhielt sie nock den Besuch des -Inspektors, der immer neue Fragen zu stellen hatte, im Übrigen bemühte sich Harald sehr um ihr Wohlergehen. Ao sprachen des öfteren noch über seine Tätigkeit als ^U'bhaberdetektiv, aber es war aus ihm nichts mehr her- vusziwekmmlww Er hüllte sich in völliges Schweigen, die peinlichen Fragen, die der neugierige Quincy an ihn ge- siellt halte, waren ihm eine Lehre gewesen. Materie nicht auf Grund eines Initiativantrags zu be handeln. Reichsfinanzminister Dr. Dietrich erklärte, daß innerhalb des Kabinetts schwerste Bedenken dagegen beständen, eine schwierige Angelegenheit über stürzt zu behandeln. Die allgemeine Penfionskürzung auf 12 000 Mark würde die besten Kräfte, die Reich, Länder und Gemeinden für die leitenden Stellen brauch ten, davon abhalten, in den staatlichen Dienst zu treten. Die Reichsregierung erklärt sich bereit, auf dem ordent lichen Gesetzgebungswege über den Reichsrat im Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Mißstände be seitigt, die auf diesem Gebiete des Pensionswesens be stehen. Deutschland zahlt prompt. 142 Millionen Sfoungrate. Basel, 16. Juli. Die am 15. Juli fällige Monats rate der deutschen Youngzahlungen ist der Internatio nalen Zahlungsbank pünktlich überwiesen worden. Sie „Ich will meine Nachforschungen allein durchführen," erklärte er mit ruhiger Bestimmtheit, „es ist mir durchaus zuwider, diesem windigen Inspektor Fingerzeige zu liefern Den Verdacht, den dieser Kerl ausgesprochen hat, werde ich nicht wieder so leicht vergessen." „Haft du neue Spuren entdeckt?" wollte Betti wissen. „Jawohl, das habe ich." „Mich wundert es dann, daß man dich immer noch unbehelligt läßt." antwortete Betti besorgt, „ich sollte meinen ." „Liebe Betti," erwiderte Harald, „du mußt nicht denken, daß ich dumm wie ein Lastträger auf den Mann losmarschiere Ich denke gar nicht daran, mich einer un nützen Gefahr auszusetzen, von nun an arbeite ich völlig im Verborgenen. Er mag denken, daß ich seine Drohung ernst genommen habe" Mehr war nicht von ihm zu er fahren. Am 23. erschien Carstens in Begleitung eines Frem den, den er als Detektiv Hanko vorstellte, bei Betti. „Diesen Mann," erklärte er, „halte ich für einen der größten Detektive der Well Ich bitte Sie, Fräulein Strängen, ihm die Bearbeitung der traurigen Angelegen heit zu übergeben; ich bin überzeugt, daß sie bei ihm in den besten Händen ist." Betti musterte den Detektiv, der gar nichts an sich hatte, was seinen Berus verriet, und fühlte sich vom ersten Augenblick an in seltsame, Weise zu ihm hingezogen Er war ein Mann Mitte der Dreißig, hochgewachsen, mit einem intelligenten, wenn auch etwas zu bleichen Gesicht, das erschreckend mit der blühenden Farbe des Dichters kontrastierte. Auch er musterte sie ernst und aufmerksam und es war ihm, als fände er hier die langgcsuchte Ver körperung eines schönen Traumbildes. „Es freut mich," sagte sie mit ihrer melodjschcn Stimme, „daß Sie sich des Falles annehmen wollen. Herr Hanko, obgleich ich glaube, daß die Polizei ihr möglichstes tut." „Das ist vollkommen gewiß," erwiderte er, und sie wunderte sich, daß er so leise sprach, daß sie auspassen mußte, um ihn zu verstehen. „Mein Freund bat mich je doch so inständig, das; ich ihm nachgeben mußte, um mich Ihnen zur Verfügung zu stellen." Carstens schlug ihm auf die Schulter. „Mach nicht so lange Mätzchen, lieber Freund," sagte er lachend, „geh' aus dir heraus und zeige, was du kannst," — worauf sie alle drei lachten. „Ich wäre schon früher gekommen," erklärte Hanko, „aber eine sehr peinliche und wichtige Sache hielt mich beläuft sich auf 142,25 Millionen Reichsmark. Der noch unverteilte Erlös aus der Pounganleihe, der Ende Juni 438,2 Millionen Franken betragen hat, ist nun größten teils unter die Reparationsgläubiger aufgeteilt worden unter Berücksichtigung der am Stichtag des 10. Juli sich ergebenden Zins- und Kursgewinne. Aus aller Well. - Den Bruder auf dem Schießstand erschossen. Aus Bayreuth wird gemeldet: Im Schießhaus St. Georgen ereignete sich am Mittwoch nachmittag ein furchtbares Unglück. Dort beschäftigte sich der Reichswehrsoldat Kro- del, der sich bei seinen Eltern, die Pächter des Schieß- Hauses sind, auf Urlaub befindet, mit Schießen. Sein zwölfjähriger Bruder zeigte auf dem Scheibenstand an. Unvorsichtigerweise steckte er dabei den Kopf einmal hinaus. In dem gleichen Augenblick gab Krodel, der das nicht sah, einen Schuß ab, non dem sein Bruder in die Stirn getroffen und auf der Stelle getötet wurde. * Weitere sechs Tote in Hausdorf geborgen. Am späten Abend des Donnerstag gelang es, weitere sechs Tote im Kurt-Schacht zu bergen. Die Anzahl der noch verschütteten Toten beträgt jetzt noch 33. " Unterleibstyphusepidemie in Thorn. Nach Mel dungen aus Thorn ist dort eine Unterleibstyphusepide mie ausgebrochen. Ueber hundert Personen sind bereits s beim Gesundheitsamt als typhuskrank gemeldet worden. * Niesenunterschlagungen eines BankUevollmächtigten. Seit Mittwoch ist die Pariser Kriminalpolizei mit der Aufdeckung einer Riesenunterschlagung beschäftigt, in die eine in Pariser Diplomatischen Finanzkreisen bekannte Persönlichkeit verwickelt ist. Geschädigt ist die City Bank of New Jork, bei der der Finanzberater der venezo lanischen Gesandtschaft in Paris, de la Villanueva, als Bevollmächtigter angestellt war. De la Villanueva hatte vor wenigen Tagen Paris unter dem Vorwand einer i Geschäftsreise verlassen und ist seither nicht zurückgekehrt. Bei einer infolge der langen Abwesenheit Villanuevas angeordneten Nachprüfung der Bücher wurde festgestellt, daß mindestens 10 Millionen Franken fehlten. Man nimmt sogar an, daß sich bei einer genauen Nachprüfung ein Fehlbetrag von 25 Millionen ergeben dürfte. Der Polizei ist es bisher nicht gelungen, des flüchtigen Bank- bevollmächtigten habhaft zu werden. Man nimmt an, daß er aus Angst'vor Strafe Selbstmord begangen hat. * ZuMUfammeustoß ch Italien. Ein folgenschwerer Eisenbahnunfall ereignete sich, wie Berliner Blätter aus Mailand melden, am Donnerstag auf der Strecke bei Medegno. Ein Güterzug fuhr aus einen vor einem Eleis- übergang haltenden Fernzug auf. Infolge des Zusammen stoßes wurden 30 Personen verletzt. Die Insel Kiushiu vom Taifun verwüstet. London, 18. Juli. Ein Taifun, wie er feit zehn Jahren nicht vorgekommen ist, hat heute morgen die In sel Kiushiu verwüstet. Alle Verbindungen mit der Insel wurden unterbrochen, weshalb die Nachrichten sehr spär lich sind. Man fürchtet, daß sehr großer Sachschaden an gerichtet wurde, dieZahl derToten soll sehr groß sein. Der Taifun bewegte sich in der Richtung auf Korea weiter, das kürzlich durch Ueberschwemmun- gen heimgesucht wurde. Seit Mittwoch waren auf Korea eine Reihe von Erdrutschen festzustellen, wobei ein Dorf verschüttet und fünfzig Personen getötet wurden. Heftiges Erdbeben in Rangoon. London, 18. Juli. Heute wurde der Bezirk Tharra- waddy in der Nähe von Rangoon von einem heftigen Erdbeben heimgesucht. Zahlreiche Häuser sind eingestürzt. Die Zahl der T o t e n u n d V e r l e tz t e n w i r d vo r - läufig mit fünfzig angegeben. Am stärksten wurde das Dorf Letpadna mitgenommen. fern. Wenn Sie also meine Hilfe annehmen wollen, Fräu lein Srrangerl, so sollen Sie in mir Ihren eifrigsten Diener sehen, um so mehr, als ich ein besonderes Interesse an diesem Krtminalfall habe." Er sah ihre fragenden Augen aus sich gerichtet. „Ich möchte Ihnen das Warum vorläufig noch nicht verraten," fuhr er fort, „aber Ben ist ein so geriebener Bursche, daß ich mich unbedingt mit ihm messen möchte." Sie hörte zum ersten Male den Namen Ben, aber sie ließ sich ihr Erstaunen nicht merken. „Meinen Sie, daß er die Schuld an Papas Tode trägt?" fragte sie. „Ebenso wie er die Testamente stabl oder stehlen ließ," lautete die Antwort, „nnd ebenso wie er Braun erledigte, der ein unbeauemer Mitwissei war." Hanko zeigte sich in erstanulichei Weise über die Ein zelheiten der Affäre orientiert Die fragte sich jedoch nicht, woher diese unbedingte Kewißbcit kommen konnte, von vornherein hielt sie ihn vieler Dinge für fähig. „Ich könnte Ihnen auch sagen, wo ich den unbekann ten I N vermute, nach dem die Polizei so eifrig sucht," fuhr er lächelnd fori. „Wissen Sie auch, oatz mein Vetter Harald einen Drohbrief von dem furchtbaren Menschen erhielt?" „Einen was?" fragte Hanko erstaunt. „Einen Drohbrief," erklärte sie noch einmal, obgleich sie bereute, ein Wort fallen gelassen zn haben. „Sie müssen nämlich wissen, daß er der Polizei und nun auch Ihnen Konkurrenz macht und, wie er mir gestand, schon gewisse Spuren aufgedeckl hat." „Wahrhaftig," gestand Hanko, „diese Geschichte wim melt förmlich von Detektiven." Er war sehr nachdenklich geworden. „Bitte, Fräulein Strangert," begann er nach einer kleinen Weile wieder, „können Sie mir sagen . ." Es war erstaunlich, was er alles von ihr wissen wollte. Sie gab ihm willig und unumwunden auf alles ihre klaren Antworten und es machte ihr Freude, ihn in seiner stillen Art mehrmals leise vor sich hinnicken zu sehen. Carstens kam sich ziemlich überflüssig vor und ver abschiedete sich bald. „Du weißt ja, wo du mich treffen kannst," sagte er zu Hanko. „Ich hoffe, daß du mir bald etwas Gutes berichten wirst." „Was halten Sie von ihm?" wollte Betti wissen, als Carstens die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Ich habe nie gedacht, daß dieser große Dichter so prosaisch aussehen könnte. Was halten Sie eigentlich von seinen Werken?" (Fortsetzung folgt.)