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Die Rheinland-Räumung im Gange. Trier, 26. Juni. Am Donnerstagnachmittag wurde die Trikolore im Beisein der noch in Trier verbliebenen Generäle und des Platzkommandanten von der „Neuen Regierung" niedergeholt. Die Truppen salutierten und marschierten dann zum Hauptbahnhof, der von 19 bis 19,20 Uhr für den Personenverkehr gesperrt war. Mit dem Abzug dieser Truppen ist Trier restlos geräumt. Von der Bevölkerung jubelnd begrüßt, wurde kurz nach dem Abtransport auf der Dewora-Schule die deutsche Reichsflagge gehißt. Das Vesatzungsgericht verschwindet. Mainz, 26. Juni. Am Freitag um 9 Uhr wird das französische Militärgericht der deutschen Behörde über geben. Damit ist die französische Besatzungsgerichtsbar keit als aufgelöst zu betrachten. Die noch schwebenden Verfahren gegen französische Soldaten werden in Frank reich erledigt. Verschiedene Verfahren gegen deutsche Angeklagte wurden eingestellt. Der Regierungsbezirk Trier vollständig geräumt. Trier , 27. Juni. Die letzten in Saarburg liegen den Gendarmeriebeamten sind am Donnerstag nach Frankreich abtransportiert worden. Damit ist der ganze Regierungsbezirk Trier besatzungsfrei. Zwei Vertreter der Rheinlandkommission werden heute im Auftrage des Vorsitzenden der Interalliierten Rheinlandkommission, Tirard, dem Regierungspräsiden ¬ ten Dr. Saaßen und dem Bischof Dr. Bornewasser Ab schiedsbesuche abstatten. Der Oberbürgermeister von Trier an den Reichs präsidenten. Trier, 26. Juni. Anläßlich der am Donnerstagnach mittag erfolgten Niederholung der letzten französischen Jahne hat der Oberbürgermeister von Trier, Dr. Weitz, an den Reichspräsidenten, den Reichskanzler und den preußischen Ministerpräsidenten Begrüßungstelegramme gerichtet, in denen er im Namen der Bürgerschaft das Gelöbnis unwandelbarer Treue zu Reich und Volk er neuert. Die Räumung der Rheinpfalz durch geführt. Landau, 27. Juni. Die letzten französischen Trup pen haben am Donnerstagabend Landau verlassen. Un ter großem militärischem Pomp wurde die letzte Triko lore in der Pfalz von der Villa des Generals Mangin eingezogen. Der General, der am Vormittag dem Re gierungspräsidenten einen Abschiedsbesuch abgestattet hatte, nahm sodann die letzte Parade der Truppen ab, die sofort in einem Sonderzug über Weißenburg nach Frankreich abtransportiert wurden. Damit ist die Pfalz von einer sichtbaren Besatzung nach fast zwölf Jahren endgültig frei. Es verbleiben lediglich in den Garni sonen noch einige Offiziere in Zivil, die die Uebergabe- geschäfte vornehmen werden. Dietrich Reichsfinanzminister. Berlin, 26. Juni. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichspräsident hat nach dem Vortrag des Reichskanz lers in Neudeck den Reichsminister Dietrich unter Ent bindung vom Amt des Neichswirtschaftsministers zum Reichsminister der Finanzen ernannt und den Staats sekretär im Neichswirtschaftsministerium Dr. Trendelen burg bis auf weiteres mit der Wahrnehmung der Ge schäfte des Neichswirtschaftsministers beaustragt. Der Kanzler wieder in Berlin. Berlin, 27. Juni. Reichskanzler Dr. Brüning ist heute früh von seinem Besuch beim Reichspräsidenten in Neudeck zurllckgekehrt. Es wird noch heute — die ge naue Zeit ist noch nicht bestimmt — eine Kabinetts sitzung stattfinden, in der der Kanzler über das Ergeb nis seiner Aussprache mit dem Reichspräsidenten berich ten wird. Kabinettsitzung um 16 Uhr. Berlin, 27. Juni. Das Reichskabinett wird heute nachmittag um 16 Uhr zu einer Sitzung zusammen treten, nm endgültig zu den Finanzierungsplänen des Reichsfinanzministers Stellung zu nehmen. Die Ent schließungen des Kabinetts werden anschließend an die Sitzung veröffentlicht werden. Deutscher Reichstag. Berlin, 27. Juni. Der Präsident eröffnete die Neichstagssitzung um 10 Uhr. Die Verlängerung des Nothaushalts bis Ende Juli wurde in dritter Beratung und damit endgültig angenom men. Dann wurde die zweite Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amts fortgesetzt. Abg. Hörn le (Komm.) erklärte, die bisherige Handelspolitik sei allein auf Kosten der Massen betrreben worden. Abg. Dr. Schrebe sD. VpZ bedauert die geringen Mittel für die Kulturaufgaben des Auswärtigen^Amts. Beson ¬ derer Förderung bedürften namentlich die deutschen Schulen im Ausland. Den in Deutschland studierenden Ausländern müsse man den richtigen Einblick in das deutsche Volksleben geben. Erfreulich sei das entschie dene Auftreten des Äußenministers gegen die englischen Bestrebungen in Ostafrika. Das Vorgehen Eng lands widerspreche auch der Völkerbundssatzung und sei geeignet, Deutschland die Möglichkeit der Wieder gewinnung seiner Kolonien zu verbauen, ein Anspruch, den Deutschland niemals aufgeben werde. Abg. Eisenberger (Bayr. VauernbZ bedauerte, daß im Handelsvertrag mit Oesterreich die bayrischen Sägewerke nicht berücksichtigt worden seien. Ueberall werde deutsche Industrie durch diesen Handelsvertrag geschädigt. — Abg. Dr. W e n d h a u s e n sEhristl.-nat.j stimmte dem Abg. v. Freytagh in der Kritik an der Fi nanzgebarung des Auswärtigen Amtes zu. Bei inter nationalen Konferenzen sei die deutsche Delegation im mer die stärkste, so daß sich auf der letzten Haager Kon ferenz ein ausländischer Diplomat zu den Bemerkungen veranlaßt gesehen habe: Die Deutschen träten wohl zu einer Reichswehrkompagnie an. Der Paneuropaplan bedeute nichts anderes als eine Befestigung des Ver sailler Vertrags und die Festigung eines neuen Napo leonischen Weltreiches. — Abg. Dr. Bell (Zentrum) wandte sich gleichfalls gegen die britischen Bestrebungen in Ostafrika, denen gegenüber die Reichsregierung den deutschen Rechtsstandpunkt nachdrücklich vertreten müsse. Bezüglich des Völkerbundes sprach der Redner die Hoff nung aus, daß dem unfruchtbaren Jahrzehnt der Pro blematik und Programmatik eine fruchtbringende Epoche praktischer Gemeinschaftsarbeit folgen möge. Besonders gelte es die klaffenden Lücken im Völkerrecht zu schließen und für dessen zeitgemäße Reform einzutreten. — Abg. Laverenz sDnatl.j nannte die Kolonialfrage eine Lebensfrage des deutschen Volkes. Auch der deutsche Arbeiter habe das größte Interesse an einer Erweite rung unserer Rohstoffbasis. Deutschland müsse sich da gegen wehren, daß das Mandatssystem ausgehöhlt und durch den Annexionsgedanken ersetzt werde. Ohne eine gerechte Lösung der Kolonialfrage könne von einer Ee- samtliquidation des Krieges keine Rede sein. — Abg. Wer ist Ben? Kriminalroman von Franz Roßdorf. 5s (Nachdruck verboten.) Quincy stülpte seinen Hut auf und saß bald darauf in einer Elektrischen, die ihn in das Bureau des Flug platzes führte. Dort hatte er eine kurze Unterredung mit dem Geschäftsführer. „Jawohl/ antwortete der Mann, „Herr Strangert rief vorgestern bei uns an, ob er einen zuverlässigen Piloten bekommen könne, da sein Privatpilot plötzlich er krankt sei. An dem Tage waren sämtliche anderen Flug zeuge und Führer vergeben, aber wir waren doch in der glücklichen Lage, ihm noch einen Mann zur Ver fügung stellen zu können. Soeben erfahren wir von dem Unglück. Ich nehme an, daß Sie deshalb zu uns kommen." „Ich möchte allerdings den Namen des Piloten er fahren," entgegnete Quincy. „Ist er tot?" „Das kann ich Ihnen leider vorläufig noch nicht ver raten. Wie heißt er eigentlich?" „Sein Name ist Gustav Braun. Er war erst seit kurzer Zeit bei uns angestellt, aber er hatte vorzügliche Papiere. Er hatte den Krieg als Flieger mitgemacht und das war uns die beste Empfehlung. Offen gestanden ist uns deshalb der Unfall einigermaßen rätselhaft. An dem Tage meldeten die Berichte nur einen leichten Westwind, sonst war das Wetter selten günstig. Es muß wahrschein lich am Motor gelegen haben. Daß der Pilot einen Fehler beging, glaube ich nicht." „Das nehme ich auch nicht an. Also Gustav Braun — hm! Wenn ich nicht irre, wohnte er in der Giselastraße. Stimmt das?" „Allerdings. Kennen Sie ihn, Inspektor?" „Und ob ich ihn kenne!" Quincy hatte zwar keine Ahnung, ob es sich gerade um diesen Gustav Braun handelte, aber der Name allein ließ ihn plötzlich stutzen und nach der Wohnung des Mannes fragen. Diese Unterredung mit dem Geschäftsführer hatte zur Folge, daß er sich eilig in die Stadt begab, um die Woh nung Brauns aufzusuchen. Inspektor Quincy pfiff vergnügt vor sich hin. Braun! — Der Vogel war ihm nicht unbekannt. Vor einigen Jahren hatte er ihm drei Monate wegen einer Sache verschafft. Dieser Braun — und er war es sicher — war ein Mann, der mit den Gefängnissen auf vertrautem Fuße stand. Die Tatsache, daß er der Pilot war, ließ die Affäre in einem ganz anderen Licht er scheinen. Die Wohnung war verschlossen. Er klopfte vergeblich und wandte sich deshalb an die Flurnachbarn. „Nein," sagte eine schlampige Frau, „Brauns sind nicht zu Hause. Wollten Sie etwas von ihnen?" „Nichts von Bedeutung. Können Sie mir sagen, wann sie wiederkommen?" Als er (Quincy! wieder auf der Straße stand, riefen die Zeitungshändler . . . „Frau Braun ist verreist, wenigstens sah ich sie die Wohnung mit einem Koffer verlassen, über den Mann kann ich Ihnen nichts sagen," erwiderte die Frau. Es war ein sehr nachdenklicher Inspektor, der eine Weile später das Haus verließ. Er ließ sich vom Er kennungsdienst die Akten über Braun bringen und ver tiefte sich eingehend in die kleinen und größeren Helden taten dieses Mannes. Als er wieder auf der Straße stand, riefen die Zei- tungshändler den tragischen Tod des Verlegers aus. Quincy erstand ein Blatt und stieß einen leichten Fluch aus. „Fliegertod in den Bergen," las er. Dr. Külz (Dem.) betonte, daß Deutschland unbedingt Anspruch darauf habe, an der kulturellen Betreuung der unkultivierten Völker mitzuwirken. Das deutsche Ko lonialproblem werde im Ausland viel ernster beurteilt als in Deutschland selbst. — Abg. Frau Dr. L ü d ers (Dem.) empfahl eine Entschließung, in der die sofortige Ratifizierung des Genfer Handelsabkommens verlangt wird. Damit schloß die Aussprache. Die Abstimmungen wurden auf Dienstag vertagt. Die Handelsabkommen mit Polen und Oesterreich wurden der Ausschußbe ratung überwiesen. Es folgte die zweite Beratung des Haushalts des Reichsarbeitsministeriums, und zwar des Kapitels, das die Arbeitslosenversicherung betrifft. In Verbindung damit wurde die Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes beraten, die neben der Erhöhung des Beitrages auf 414 Prozent eine Reihe von Reformen der Versicherung vorschlägt. Bedrohliche Lage in Bolivien. Neuqork, 27. Juni. Die Lage in Bolivien ist nach hier eingetroffenen Meldungen immer noch bedrohlich Die Stadt La Paz ist vom übrigen Lande abgeschnitten und kann jeden Augenblick in die Hände der Aufstän dischen fallen. Der frühere Präsident Siles Hai in der amerikanischen Gesandtschaft Zuflucht genommen. Gene ral Kundt, der deutsche Oberbefehlshaber der bolivia nischen Armee, hat Verstärkungen von den Erenzgarui- sonen angefordert. Anscheinend weigern sich die Re gierungstruppen, gegen die Aufständischen zu kämpfen. Der Präsident von Bolivien geflüchtet? London, 27. Juni. Wie aus La Paz gemdet wird, soll die Aufstandsbewegung in Bolivien mit einem E r- folg der Aufständischen geendet haben. Die Regierung soll gestürzt worden sein und Präsident Siles bereits das Land verlassen haben. In der Provinz Oru.ro hatte sich ein Regiment Regierungstruppen den Aufständischen angeschlossen. Am Donnerstag sei es in La Paz zu Straßenkämpfen zwischen Regie rungstruppen und Demonstranten gekommen, wobei über 30 Personen getötet und 100 verletzt worden seien. Die Demonstration habe sich unter anderem auch gegen den Eeneralstabschef der bolivianischen Armee General Kundt, einem früheren deutschen Offizier, gerichtet. K Von der Berliner bolivianischen Gesandtschaft konnte obige Meldung heute nicht bestätigt werden. Es ist also möglich, daß es sich bei allen Meldungen über eine Flucht des Präsidenten Siles um englische oder französisische Tendenzmeldungen handelt, die den mit Siles befreundeten früheren deutschen General Kundt diskreditieren wollen. * Zusammenstötze in Madras. London, 27. Juni. In Madras kam es am Donners tag zu einem Zusammenstoß zwischen Polizei und etwa 3000 indischen Freiwilligen. Die Polizei trieb die Frei willigen zunächst mit Gummiknüppeln zurück, machte aber später von der Schußwaffe Gebrauch. 14 Personen sind hierbei verletzt worden, davon eine Anzahl schwer. Die Polizei hat inzwischen die Ordnung in der Stadt wieder hergestellt. — Die Vereinigung der Baumwoll- Händler in Bombay hat eine Entschließung angenommen, in der die indischen Fabrikanten ausgefordert werden, bis zum 1. Juli ihre Depots aus den britischen Banken zurückzuziehen. Die Bombays: Regierung ist in großen Schwierigkeiten, weil sämtliche Gefängnisse ihres Ver waltungsbezirkes überfüllt sind. Sie mußte deshalb das veraltete Gefängnis Visapur in der Nähe von Ahmed- nagar wieder in Gebrauch nehmen. „Tragischer Tod des Verlegers Johannes Strangert." „Wo befindet sich der Pilot?" „Liegt ein Verbrechen vor?" „In der Nähe von Birkwald spielte sich vorgestern eine schaurige Tragödie ab. Der bekannte Verleger Jo- Hannes Strangert unternahm in den frühen Morgen stunden einen Flug nach Birkwald, angeblich, um dem schwerkranken Schriftsteller Rolf Carstens, der in den Bergen seinen Aufenthalt genommen hat, schnell eine« Besuch abzustatten. Gestern wurde das völlig zertrümmerte Flugzeug von umherstreifenden Ausflüglern entdeckt. Strangert fand man tot neben der Maschine liegen, wäh rend der Pilot nirgends aufzufinden war. Es besteht die Möglichkeit, daß er sich durch Absprung retten konnte, doch bleibt es seltsam, daß er sich dann noch nicht bei einem Polizeibureau gemeldet hat. Die traurige Angelegenheit wird um so mysteriöser, als wir erfahren haben, daß der Pilot Schmidt, der in Strangerts Diensten stand, aM Tage vorher erkrankte. Der verschwundene Flugzeug führer, dessen Name Braun ist, war seit kurzer Zeit bet der Lufthansa angestellt, die ihn dem Verleger zur Ver fügung stellte. Bis jetzt liegt ein dunkles Rätsel über dieser schauri gen Affäre. Welche Ursachen können Braun dazu ver anlassen, sich verborgen zu hatten? Steckt ein mit Vor bedacht ausgeführtes Verbrechen dahinter?" Er hatte den „Courier" erwischt, der das rätselhafte Verschwinden des Piloten meldete. Dieser Umstand km* dem Inspektor sehr unerwünscht. Er hätte es lieber ge sehen, wenn davon vorläufig nichts in die Öffentlichkeit drang. Braun gab ihm zu denken. Wenn er wirklich ein Verbrechen begangen hatte» was allerdings noch sehr dahinstand, so war er durch die Zeitungen gewarnt und das war sicher ein Nachten für die Polizei. Daß er, wie das Blatt annahm, M durch Fallschirmabsprung gerettet hatte, glaubte Quincy weniger annehmen zu können. Das geronnene Blut und die abgebrannten Streichhölzer schienen ihm eine all)« beredte Sprache zu sprechen. Braun hatte, das wußte Inspektor Quincy, manches aus dem Kerbholz, das durch die ihm zudiktierte Strafe gesühnt war, und vieles, daran zweifelte der Beamte nicht, was der Polizei zu wissen sehr erfreulich gewese" wäre. Die Tatsache, daß er an dem Tage den Flug au^ geführt hatte, war ein viel zu wichtiger Umstand, als da» man ihn so ohne weiteres übergehen konnte. (Fortsetzung folgt.)