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Graf Zeppelin" auf dem Wege nach Lakehurst. kl „Graf Zeppelin" setzt seine Reise über die sogenann ten Westindischen Inseln nach Lakehurst fort. Ueberall wird das deutsche Luftschiff mit großem Jubel begrüßt und die Presse ist voll des Lobes über den deutschen Triumph. Heute morgen lagen folgende Standortmeldungen vor: Nenqork, 29. Mai. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" befand sich um lO Uhr MEZ. 900 Kilometer nördlich von Paras. Ueber dem Delta des Amazonenstromes herrschte schlechtes Wetter, so daß das Luftschiff in einem weiten Boden um dieses Unwettergebiet herumflog. Aus dem Flugplatz Havanna stehen 350 kubanische Soldaten für die Landung des Luftschiffes bereit. Dr. Eckener beabsichtigt nur zwei Stunden in Havanna zu bleiben, da kein Änkermast vorhanden ist. Die Wetterlage aus dem Flugweg nach Lakehurst ist günstig. Neuqork, 29. Mai. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" befand sich um 17 Uhr MEZ. 270 Kilometer nordöstlich von Cap Orange, und zwar 50 Grad West, 7 Grad Nord. Das Luftschiff steuerte mit erhöhter Geschwindigkeit die Insel Trinidad an. Es steht in ständiger Junkverbin dung mir der Junkstation Cocorita. Von dort erhält es auch fortlaufend Wetterberichte. Im Laufe des Vor mittags hatte das Luftschiff stärkere Regenfälle zu über winden. I r i e d r i ch s h a f e n, 30. Mai. Der Luftschiff bau erhielt um 2,55 Uhr von Bord des Luftschiffes fol genden Junkspruch: Passieren 3 Uhr Barbados, Kurs nordwest. Jriedrichshafen, 30. Mai. Nach einer beim Luft schiffbau um 6 Uhr eingegangenen Stndortmeldung des „Graf Zeppelin" befand sich das Luftschiff um diese Zeit auf 15 Grad nördlicher Breite und 62 Grad 2 Minuten westlicher Länge, etwas nordwestlich von Martinique. Havanna erwartet „Graf Zeppelin". Neuqork, 30. Mai. Wie aus Havanna gemeldet ! wird, hat man die Hoffnung, das; „Graf Zeppelin" der § Stadt einen Besuch abstatten und für kurze Zeit landen wird, noch nicht aufgegeben, zumal große Vorbereitun gen für den Empfang des deutschen Luftschiffes getrof fen sind. Man erwartet etwa 40 000 Besucher von außerhalb, für die zahlreiche Sonderzüge bereitgestettt sind. Den Plan, das Luftschiff an mit Sand beladenen Lastwagen zu verankern, hat man aufgegeben. Soldaten werden das Luftschiff halten. * Fluggespräch über 12 000 Kilometer. Berlin, 30. Mai. Ein interessanter Versuch wurde gestern zwischen Berlin und einem über Los Angeles fliegenden Flugzeug durchgeführt. Der bekannte ameri kanische Flugsachverständige Milliken und der Professor der Technischen Hochschule Aachen, von Karmann, befan den sich an Bord dieses Flugzeuges und führten um 15 Uhr westamerikanischer Zeit (23 Uhr Berliner Zeit) ein ungefähr zehn Minuten dauerndes Gespräch durch Vermittlung des Hearstsenders San Franzisco mit Di rektor Milch von der Deutschen Lufthansa, der sich des gewöhnlichen Telephonapparates bediente. Die Verstän digung auf dieser über 12 000 Kilometer langen Entfer nung war so ausgezeichnet, daß die über Los Angeles kreuzenden Passagiere bitten mußten, nicht so laut zu sprechen, weil jedes Wort deutlich verständlich sein. Vor der Zerstörung der Trierer Zeppelinhalle? Trier, 30. Mai. In Trier läuft das Gerücht um, daß in den nächsten Tagen eine Gruppe französischer Pio niere aus Toul eintreffen soll, um die Zeppelinhalle mit Sprengstoff niederzulegen. Die Soldaten sollen bereits heute ankommen und der Sprengstoff an Ort und Stelle ausqeladen werden. Wann die Sprengung stattfinden soll, ist nicht bekannt. Die Firma Marx (Mülhausen), die die Halle versteigert hat, soll nach der Sprengung das noch verwendbare Material abtransportieren lassen. An zuständiger Stelle war über die geplanten Maßnahmen der französischen Besatzungsbehörde noch nichts zu er fahren. Die MiWzWen sill m dMWzW« MiM. Paris. 30. Mai. Die radikalsozialistische „Volonte" veröffentlicht heute einen „Einem französisch-deutschen Bündnis entgegen" überschriebenen Artikel, in dem es unter anderem heißt: „Eine ungeschickte oder selbst nur negative Haltung Frankreichs gegenüber Deutschland könne der nationalen Opposition in Deutschland den verlorenen Einfluß wiedergeben. Nur eine klügere und realere deutsch-französische Poli- t i k könne das Abwandern der deutschen Wählermassen zu den Nationalisten und Kommunisten verhindern. Frankreich müsse sich mit der Tatsache der Nachbarschaft Deutschlands und seiner zahlenmäßigen wie sozialen Macht abfinden. Man könne nicht erreichen, daß 40 ungefähr gleich 60 oder 70 (Millionen) seien. Ein dis zipliniertes, seiner Einheit bewußtes Volk könne nicht erdrückt oder in Stücke zerschnitten werde, wie einige Narren es geträumt hätten Wolle Frankreich jetzt, wo es von Deutschland nichts mehr als die Zahlungen zu verlangen habe, für die es bereits Sicherungen erhalten habe, die Politik der Nadelstiche und der geballten Faust fortsetzen? Wolle es Deutschland in die Arme desitalienischenJaschismustr eiben und gegen das isolierte Frankreich eine furchtbare Koalition vorbereiten? Die Hoffnung auf ein e n g l i s ch - f r a n- zösisch-deutsches Bündnis sei durch die Hal tung des Arbeiterkabinetts enttäuscht worden. So bleibe nur noch das deutsch-französische Bündnis als eine Sicherung gegen den Krieg ohne Feindschaft gegen irgend jemand und als eine Garantie des zukünftigen europäischen Bundes. Die deutschen Fürsten seien einmal die besten Verbündeten der fran zösischen Könige gewesen. Die deutsch-französische Feind schaft sei ein Erbe der Napoleonen, belastet durch Bis marck. Beide Republiken könnten auf diese Feindschaft verzichten. Eine Niederlage Tschiangkaischeks. Die Nankinger Front durchbrochen? Schanghai, 29. Mai. Den letzten Meldungen vom Kriegsschauplatz zufolge soll es der Armee des Ge nerals Ben gelungen sein, im Vormarsch gegen den Süden die Front der Nankinger Truppen zu durchbre chen und insgesamt 50 000 Gefangene zu machen. Die Verbindung zwischen Nanking und Hankau ist gestört. Innerhalb der Nankinger Armee soll es zu Truppen- meutereien gekommen sein. Die Nordarmee steht vor Tsinanfu, der Hauptstadt der Provinz Schantung. London, 29. Mai. Vom Hauptquartier der chine sischen Nordarmeen werden Berichte veröffentlicht, wo- ! nach Tschangtau mit gefangenen Regierungssoldaten ! überfüllt sei. 50 000 Nankingtruppen sollen sich der Nordarmee ergeben haben. Die Nankingtruppen sollen entlang der Peking-Tschangtau-Eisenbahn zurückgehen Tschiangkaischek verwundet? Paris, 30. Mai. Nach Meldungen aus Peking be stätigt es sich, daß die chinesische Nordarmee die Front der Regierungstruppen durchbrochen hat und ihren Sieg fortsetzt. Die Regierung von Nanking hat ihre Trup ¬ pen zurückgenommen und neue Verteiligungslinien ge zogen. Wie verlautet, soll der Präsident der nationa listischen Regierung, Tschiangkaischek, während der letz ten Kümpfe an der Lunghai-Eisenbahnlinie verwundet worden sein. Die Lage in Indien. London, 30. Mai. Wegen der Einführung des monatlichen Lohnsystems ist es am Donnerstag bei den Eisenbahnwerkstätten der Ostindischen Eisenbahn in Lillooah in der Nähe von Kalkutta zu ernsten Unruhen gekommen. Eisenbahnarbeiter setzten mehrere Eisen bahnwagen in Brand, Polizeiverstürkungen wurden von der Menge mit Steinen und Eisenstücken beworfen. Die Polizei eröffnete das Feuer, wobei mehrere Personen verletzt wurden. In einem westlichen Vorort von Daeca haben sich die Unruhen wiederholt. Ein englischer Po- lizeioffizier wurde von einer Menge angegriffen und verletzt. Die Polizei machte bei dem Auseinandertreiben der Menge von der Schußwaffe Gebrauch, Eine große Anzahl von Hindus wurde verhaftet. Die Gesamtzahl der Toten seit Ausbruch der Unruhen in Dacca vor et- wa einer Woche wird nunmehr mit 160 angegeben. Wittenberg (Elbe), 29. Mai. Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer sprach in Wittenberg über die Finanz- reform. Es führte aus, daß die indirekten Steuern für die deutsche Wirtschaft eher tragbar seien als direkte Steuern. Im gegenwärtigen Augenblick drohten viele neue Gefahren. Bei der Aufstellung des jetzigen Haus halts sei man von der Annahme ausgegangen, daß auch im Jahre 1930 mit durchschnittlich 1,2 Millionen Arbeit slosen zu rechnen sei. Statt dessen habe man nach den neueren Berechnungen mit 700 000 Arbeits losen mehr zu rechnen. Infolgedessen sei ein Mehrauf wand von 450 Millionen Mark notwendig. In dieser Woche noch werde es voraussichtlich zu einer Verstän digung über die Mobilisierungsanleihe kommen. Da durch würden etwa 400 Millionen Mark zur Verfügung stehen, die für werbende Anlagen verwendet werden könn ten. Von der Kreuger-Anleihe würden etwa 300 Millionen Mark für innere Kredite Verwendung finden können. Dadurch werde der gesamte innere Geldmarkt an Flüssigkeit gewinnen. Moldenhauer lehnte ein Ar beitsbeschaffungsprogramm ab, das nur durch die Herein nahme ausländischer Gelder durchgeführt werden könnte. Verstärkte Mittel würden dem Baugewerbe zugeführt werden. Die Gemeinden hätten im ge genwärtigen Augenblick eine schwebende Schuld von 1,8 Milliarden Reichsmark. Der Gedanke an eine Bürgerabgabe müsse unbedingt an Boden gewinnen. Sie sei zur Ge werbesteuer in Beziehung zu bringen und an deren Steigen und Fallen zu binden. Dann würden die Ausgaben mancher Gemeinden weniger leichtfertig er folgen. Bis zur Durchführung der Reichsresorm seien Mittel und Wege zu finden, um Einfluß auf die Finanz gebarung der Gemeinden zu nehmen. Eine Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sei nicht zu umgehen. Es müsse aber in anderer Weise ein Ausgleich für die Wirtschaft gefunden werden. Auch eine Reform der Krankenkassenversicherung solle erfolgen. * Gesetz über das Tragen von Hieb- und Stoßwaffen. Berlin, 30. Mai. Zwischen dem Reich und den Ländern werden jetzt die letzten abschließenden Verhand lungen über ein beabsichtigtes Reichsgesetz gegen Hieb- und Stoßwaffen geführt. Die Erörterungen sollen so gut wie abgeschlossen sein. Auf jeden Fall soll das Gesetz noch vor der Sommerpause von Reichsrat und Reichs tag verabschiedet werden. Es soll das Tragen von Hieb- und Stoßwaffen verbieten. Oie Herrin vom Mühlenhos Roman von Morten K o r ch. 471 tRachdruck verbalen > Da trat Palle ein, ruhig und arbeitsfroh; er begrüßte Kalle freundlich, sprach ein wenig mit ihm und sah dann die Briefe durch, die schlechten wie die guten. „Was ist das für einer, der dort liegt, Madsen?" fragte er und sah nach dem verdächtigen Brief „Das ist ein Teufel, Farmer " „Ein Teufel, wie meinen Sie das?" „Ich meine, wie ich sage, daß es ein Teufel ist, und dazu noch einer von den blauen, das sind die schlimmsten Nein, warten Sie noch ein bißchen, Herr Farmer, können Sie nicht sehen, daß er von der Bank ist?" „Ja, aber wir müssen ihn doch lesen," lachte Farmer „Aber wir können doch warten, so einem Kerl tut es nur gut, wenn er einen Tag oder zwei liegenbleibn er sollte in Quarantäne kommen." Madsen fuhr zusammen, als Palle den Umschlag aufriß. „Jetzt sind wir nicht mehr bange," sagte Palle heiter, „und wir nehmen den schlimmsten zuerst " Palle las den Brief. „Ja, es ist die Bank, sie verlangt zehntausend Kronen zum Termin ausbezahlt, sonst sperrt sie uns den Kredit." „Zehntausend, na, dann ist ja alles hin Was sollen wir tun?" Madsen kratzte sich verzweifelt den Racken, er sah in seiner Ratlosigkeit so komisch aus, daß Palle lachen mußte. „Passen Sie aus, was wir tun, Madsen," Palle nahm das Telephon, ließ sich mit der Bank verbinden und fragte nach dem Direktor. Er erhielt die Verbindung und dankte für den Bries Die Bank würde das Geld schon be kommen; wenn sie aber zehntausend forderte, so wollte Palle lieber die ganze Summe bezahlen, es wären ja nur fünfzehn- bis sechzehntausend alles in allem. Wenn die Bank kein Vertrauen zu dem Geschäft hätte, so möchte er ihr Geld lieber nicht mehr gebrauchen. Palle sagte es ruhig und bestimm« und hängte dann an „Aber was tun Sie denn, Farmer," rief Madsen und zerrte sich am Haar „Wollen Sie bezahlen? Die Bank muß ja glauben, daß wir verrückt geworden sind. Ja, ent schuldigen Sie, sechzehntausend, und jetzt zum Termin, er warten Sie, daß das Geld vom Himmel herunterfälli?" „Seien Sie nur ganz ruhig, Madsen, es wird schon gehen, und ich denke, die Bank hat jetzt verstanden, was ich will. Wenn Sie nur jetzt die Briefe schreiben wollen, über die ich am Sonnabend mit Ihnen sprach, und die Aufträge eintragen, ich hole unterdessen die Belege für die Rechnungen." Palle war gleich daraus in die Sägerei gegangen; er betrachtete einen Augenblick Karen und Madam Olsen, die „Herr Frank tst gekommen." sagte Madsen an der Flechtmaschine arbeiteten. Es ging rasch von der Hand, Karen hatte flinke Finger. Sie brachte es schon auf 25 Stück in der Minute und fast jede Schnur war fest und hübsch geflochten. In der Peitschenstube ging es auch mit voller Kraft. Ludvig schnitt mit Hilfe seines Sohnes Ole das Leder. Juliane splcitzte die Schnur. Sie tat es so fein, daß cs fast nicht zu sehen war; und Sara machte dann die ge flochtenen Gürtel fertig. Sara sah Palle an; ohne daß jemand es bemerkte,, erhielt er einen langen Blick aus ihren sanften Augen. Kein anderer war imstande, etwas Besonderes in diesem Blick zu sehen; Palle aber sagte er vieles. Er sagte: Guten Tag, Palle, nun, kommst du endlich, ich habe w'ch nach dir gesehnt Ich liebe dich. Palle wandte sich hastig um, es bewegte ihn tief, Sara zu sehen und zu verstehen, was sie zu ihm sagte. Als er ging, sah sie noch einmal zu ihm aus und lächelte ihr sanftes, zitterndes Lächeln. Einundzwanzig st es Kapitel. Am Abend ging Palle in den Pari; er wollte Klau^ füttern. Klaus war eine alte Krähe, die sich in der Rühe der Ringmühle und im Park aufhielt Der alte Jarmer hatte behauptet, daß sie seit seiner Kindheit dort war: er hatte sie viele Jahre hindurch täglich gefüttert und sie war völlig zahm geworden Palle hatte seiüem Pater versprochen, gut für sie zu sorgen, und das hielt er: jeden Morgen und jeden Abend brachte er ihr Futter. Ihn freuten diese Abendspaziergänge; er ging durch den ganzen Park. Es war so friedlich und heimisch hier. Plötzlich huschten leise Flügelschläge dicht an Palles Ohr vorbei; es war die alte Krähe, die ihm so nahe kam, daß sie ihn fast berührte. Sie setzte sich aus einen nackten Zweig, auf dem sie stets saß, wenn Palle kam. Während Palle der Krähe zusah, kam Madsen mit einem fremden Herrn auf ihn zu „Herr Frank ist ge kommen," sagte er und wies mit einer ehrerbietigen Hand bewegung auf den Fremden Palle sab ihn an, er glich einem besseren Vagabunden, war schmutzig und hatte ausgetretene Schuhe und ausgefranste Hosen, trug aber einen hohen tragen; ver war allerdings beinahe schwarz, aber doch deutete verschiedenes daraus hin, daß er bessere Tage gelärmt hatte. Er wirkte durchaus nicht ansprechend, er war klein, das Gesicht war tückisch mit kleinen, listigen Augen Der Fremde sah Kalle Madsen an, als Hütte er schweres Unrecht erlitten, für das er ihn verantwortlich machte. „Ich muß sagen, daß ich einen anderen Empfang erwartet Hütte," sagte er mit schwerer Zunge. Madsen sah erschrocken aus und zog Palle beiseite. „Hat Ihr Vater nichts von Frank erwähnt?" sagte er schnell. „Rein, ich weiß nicht das geringste von Vein Herrn." „Merkwürdig, daß Sie nichts von ihm gehört haben, er ist mehrmals hier gewesen Ihr Pater wai sehr höslich zu ihm, er aß hier, wurde zur Bahn gefahren, und dann bekam er auch Geld, ziemlich viel Geld " „Aber wissen Sie, warum Vater ihm Geld gab und freundlich zu ihm war?" (Fortsetzung folgt.«