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Danzigs Nolrus an den Völkerbund. Danzig, 21. Mai. Der Präsident des Senats der ! freien Stadt Danzig, Dr. Sahm, hat heute im Hauptausschuß des Danziger Volkstages mitgeteilt, das; die Danziger Regierung eine Note an den Hohen Kom missar des Völkerbundes, Grafen Gravina, gerich tet hat, mit dem Ersuchen, eine Entscheidung in den zwischen Danzig und Edingen aufgetauchten, für Dan zig lebenswichtigen fragen zu treffen. Dieser Antrag . auf Entscheidung ist noch von dem ehemaligen Links senat einstimmig formuliert worden. Präsident Dr. Sahm führte dabei folgendes aus: „Die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Freien Stadt Danzig befinden sich im Stadium einer sehr ernsten Wirtschaftskrise. Es ist dies darauf zurückzuführen, daß Polen zwar in Versailles die Loslösung Danzigs vom Deutschen Reiche unter der Begründung durchsetzte, das? es der ' vollen Ausnutzung des Danziger Hafens als seines ein- zigen Zuganges zum Meere bedürfe, andererseits Polen ! aber inzwischen zielbewußt das frühere Fischerdorf . Gdingen zu einem eigenen, modern ausgerüsteten Hafen ausgebaut hat, aus dem es unter äußerster Anwendung ! aller staatlichen Machtmittel den Danziger Hafenver kehr ablenkt. Dadurch ist allmählich für Danzig ein Zustand geschaffen worden, der wirtschaftlich n ich i tragbar i st, die Gefahr einer Perelendung weitester Bevölkerungskreise näherrückt und zu den Vor aussetzungen, auf denen sich die neue staatliche Existenz aufbaut, im Widerspruch steht. Diese wirtschaftliche Notlage hat die Negierung der Freien Stadt Danzig gezwungen, einen dringen ¬ de» Appell an de»Hohen Kommisfardes Völkerbundes in Danzig zu richten und ihn dar um zu ersuchen, eine Entscheidung zu treffen, das; die polnische Regierung ihren Verpflichtungen, den Dan ziger Hafen voll auszunützen. Genüge zu tun und in folgedessen alle erforderlichen Massnahmen auf dem Ge biete des Eisenbahntarifwesens und der Entwicklung des Hafens und der Schiffahrtsweqe zu Wasser und zu Lande zu ergreifen, sowie die künstliche Förderung des Waren- und Personenverkehrs anderer Häfen und ihre künstliche Begünstigung durch staatliche Erleichterungen und Zuwendungen aller Art auf Kosten Danzigs zu unterlassen hat. Dieser Antrag wird in einer sehr eingehenden Dar stellung begründet, in der die wirtschaftlich unberechtig ten ungeheuren polnischen Anstrengungen zum Ausbau und zur Nutzbarmachung des Gdinger Hafens geschil dert werden. Eine objektive Darlegung der Rechtslage erinnert daran, das; Danzig nur in seiner Eigenschaft als Wirtschaftshafen für das polnische Hinterland seine neue staatsrechtliche Stellung erhielt, so das; es rechts widrig ist, wenn Polen jetzt anstatt diesen Danziger Hafen auszunutzen, ihn systematisch wirtschaftlich ab- schnürt." Zum Schluß sprach der Senatspräsident die feste Zuversicht der Danziger Bevölkerung aus, das; die zu ständigen Völkerbundsinstanzen auf Grund früherer Entscheidungen und Feststellungen die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Existenz Danzigs vollauf wahren und damit den Danzig gegenwärtig drohenden schweren wirtschaftlichen Gefahren rechtzeitig Einhalt bieten werden. Die M.-Mn in Ws ISiW nbWiW. Paris, 20. Mai. Der französische Anteil der BJZ-Aktien — 16 Oüü Stück — wurde am Dienstag in Paris zur Zeichnung aufgelegt. Die Emission wurde schätzungsweise einhundertfünfzigfach überzeichnet. Der belgische Anteil der Aktienemission der BIZ. wurde fast zwölfmal überzeichnet. — Die Bank von Frankreich wird eine Repartierung vornehmen. Ak heutigen ReiWgsimWlUM Berlin, 21. Mai. Der Reichstag wird in seiner heutigen, um 15 Uhr beginnenden Plenarsitzung die zweite Beratung des Haushalts des Reichswehrministe riums beginnen. Im Anschluß daran, voraussichtlich am Freitag, kommt der Haushalt der Marineverwal tung an die Reihe. Hierzu liegt bekanntlich der deutsch nationale Antrag vor, die erste Rate für den Panzer kreuzer „Ersatz Lothringen", die der Ausschuß gestrichen hat, wieder in den Haushalt einzusetzen. Im Haushaltausschuß wurde heute vormittag die Aussprache Uber den Haushalt des Innenministeriums fortgesetzt. Im Volkswirtschaftlichen Ausschuß stehen Anträge über wirtschaftliche Hilfe für Ostpreußen und über das Verbot des Ausbaues der Hybriden-Rebe in der Pfalz zur Beratung. Heute nachmittag findet im Reichstag eine inter fraktionelle Besprechung beim Reichsernährungsminister statt, in der einige mit dem Haushalt des Ernährungs ministeriums, der in den nächsten Tagen im Ausschuß zur Beratung kommt, zusammenhängende Fragen ge klärt werden sollen. Die Lage in Bombay. London, 21. Mai. In Bombay ist eine Ver schärfung eingetreten. Ein von dem Salzlager in Wadala zurückkehrender Freiwilliger ist am Mittwoch durch eine Straßenbahn überfahren und getötet worden. Gerüchte über seine Tötung durch die Polizei führten zu großen Kundgebungen und zur Schließung der Geschäfte und der Börse. In Dharasana hat der Kriegsrat die Freiwilligen aufgefordert, einen neuen Sturm auf das Salz lager zu un ternehmen und zu versuchen, durch die Stachel drahtanlage hindurchzukommen. In der Nähe von Madras hat die Polizei bei der Auflösung einer Kund gebung von der Schußwaffe Gebrauch gemacht, wobei verschiedene Personen verletzt wurden. Englische Verständigungsversuche. London, 21. Mai. Der Sonderkorrespondent des „Daily Telegraph" in Bombay berichtet in Bestätigung der seit einiger Zeit umlaufenden Gerüchte, daß die bri tische Regierung in Indien einen letzten Versuch unternehmen werde, die Mitarbeit Gandhis und seiner Anhänger an der geplanten englisch-indi schen Konferenz in London zu gewinnen. Man glaube, daß e i n D r u ck a u f E h a n d i durch die Füh rer seiner eigenen Partei unternommen werde, da viele von ihnen, obwohl zu großen Opfern im Interesse der Bewegung bereit, nicht wünschten, nutzlos für ein oder zwei Jahre im Gefängnis zu bleiben. Wenn Gandhi zustimme, an der Londoner Konferenz selbst teilzuneh men, dann würde die Voraussetzung für die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen, die sich keiner direktenEewaltakte schuldig gemacht haben, gegeben sein Auf englischer Seite sei man überzeugt, daß Gandhi sich sehr wohl der Tatsache bewußt sei, daß eine weitere Er regung der Leidenschaften des Mobs nicht zur Erfüllung seiner politischen Ziele führen könne. Der frühere Präsident der gesetzgebenden Versamm lung in Delhi, Patel, hat nunmehr die Führung der gandhistischen Bewegung in Bombay übernommen und am Dienstag in einer Rede mit schärfstem Nachdruck gegen die Haltung der britischen Verwaltung Stellung genommen. Auch Frau Naidu verhaftet. London, 21. Mai. Von 200V Kongreßfreiwil- ligen ist heute vormittag unter Führung der Dichterin Frau Naidu , der Nachfolgerin Gandhis, auf die Salz lager von Dharasana ein neuer Angriff unternom men worden. Frau Naidu wurde von der Polizei zu sammen mit etwa 100 Freiwilligen verhaftet. Es kam zu Zusammenstößen, wobei drei Gandhisten schwer und mehrere leicht verletzt wurden. Die Polizei hatte von den Bambusstöcken Gebrauch gemacht. Unter den Verhafteten befinden sich auch derzweiteSohn von Gandhi, Manidal, der Führer des ersten Marsches aus das Salzlager von Dharasana im Mürz dieses Jahres, Sahib, und der Mitarbeiter Gandhis, in Südafrika und frühere Sekretär P y a r i c a l. In Bombay hat die Polizei heute vormittag das Kongreßgebüude eingehend durchsucht und 7 Kon greßführer verhaftet. Bei der Fortführung der Verhafteten kam es zu großen Kundgebun gen. Die Menge versuchte die Gefangenen von den Lastautos herunterzuholen. Der Schloßbrand bei Oslo. Oslo, 21. Mai. Zu dem großen Brand, der am Dienstag abend den Wohnsitz des norwegischen Kronprin- > zenpaares eingeäschert hat (Siehe Nachrichten aus aller Welt. D. R.), ist ergänzend zu melden, daß das ganz j aus Holz gebaute Schloß bis aus die Grundmauern niedergebrannt ist. Das Schloß war früher im Besitz des - norwegischen Gesandten in Paris Wedel-Jarlsberg, der > es dem Kronprinzenpaar zur Hochzeit schenkte. Die Ur- I fache des Eroßfeuers war ein Schornsteinbrand, der von > zwei Dienstmädchen bemerkt wurde. Wenige Augenblicke ! darauf stand schon der größte Teil des Schlosses, das 40 Zimmer enthielt, in Flammen. Die erste Hilfe brachten etwa 50 Schüler der in der Nähe gelegenen Landwirt schaftsschule. Bald darauf trafen auch die Feuerwehren aller umliegenden Ortschaften sowie aus Oslo ein. Die Löscharbeiten gestalteten sich sehr schwierig, Das Wasser mußte drei Kilometer entfernt herbeigeholt werden. Das Kronprinzenpaar selbst war kurz vor Ausbruch des Feuers in das Schloß zurückgekehrt. Der Kronprinz beteiligte sich eifrig an den Löscharbeiten. Auch die Königin und der König weilten lange Zeit an der Brandstätte. Trotz der schnellen Ausbreitung des Feuers ist es gelungen, einen Teil der Kunstgegenstände und Möbel, sowie die wert vollsten Stücke einer Gemäldesammlung zu retten. Auch die Hochzeitsgeschenke des Kronprinzenpaares konnten in Sicherheit gebracht werden. Die Juwelen der Kronprin zessin waren in einem feuersicheren Raum, der erst kürz lich eingebaut war, aufbewahrt. Man ist sehr gespannt, ob er dem Feuer widerstanden hat. Der Schaden wird auf eineinhalb Millionen Kronen geschätzt. Er wurde da durch noch vergrößert, daß starker Regen herrschte, unter dem die ins Freie geschafften Möbel sehr gelitten haben. Schweres Eisenbahnunglück in Rußland. Kowno, 21. Mai. Wie aus Moskau gemeldet wird, stieß auf der Strecke Moskau-Kasan auf dem Bahn hof Tschernaja ein Personenzug mit einem GLterzug zusammen. 28 Personen wurden getötet und 31 schwer verletzt. In dem Personenzug befanden sich viele Kin der, die zur Erholung nach der Tartarenrepublik unter wegs waren. Vier Wagen geriete» in Brand und sind vollständig vernichtet worden. Wie festgestellt wurde, ist der Personenzug statt mit 40 mit 60 Kilometer Ge schwindigkeit gefahren. Die beiden Lokomotivführer sind tot. Oie Herrin vom Mühlenhof Roman von Morten Korch. 4L (Nachdruck verbalen j „Wir müssen heute miteinander reden, Sara," sagte er und suchte ihrem Blick auszuweichen. Dann bat er sie, ihn abends am Walde zu treffen, nannte die Zeit und einen bestimmten Ort, den sie. wie er wußte, aus ihrer Kindheit kannte Sara nickte, ohne zu antworten, und eilte in die Peitschenstube. Palle lehnte sich schwer gegen die Wand, während er ihr nachsah. Eine Weile darauf ging er nach dem Hause; er batte seine eigenen Sorgen vergessen und dachte nur daran, wie er Sara am besten schonen und ihr helfen könnte. Gleich hinter der Haustür im Erdgeschoß besand sich die Küche und dort erklangen laute Stimmen; es waren Jette und Olga, die sich zankten. Jette behauptete ihre Stellung gut, ihre Stimme war laut und schrill. Sie wolle gleich gehen, sagte sie; sie wolle ihre Sachen packen, nicht einen Tag länger wolle sie für eine solche Dame arbeiten. Es klang wirklich, als ob Olga den kürzeren zöge; jedenfalls ging sie und überließ Jette das Schlachtfeld. Beim Frühstück mußte er eine heftige Szene mit Olga über sich ergehen lassen. Er litt täglich unter ihrem heftigen Temperament. Sie gab sich ihm gegen über nicht mehr die Mühe, ihre Gefühle im Zaum zu halten; sie gebrauchte böse und gehässige Worte und Pcklle mußte seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten, damit es nichi zu einem Bruch kam. Aber Olgas Erregung kam ihm insofern gelegen, als sie ihm einen Vorwand gab, abends fortzugehen. Sie forderte in zornigen Worten, daß er dem unhalt baren Zustand, in dem sie setzt lebten, ein Ende machen solle, und Palle versprach, noch am selben Abend zum Pfarrer zu gehen, um alles bezüglich der Hochzeit zu besprechen. Er mußte auch versprechen, mit Jette zu reden, daß sie blieb. Das ging nun sehr leicht, Jette lachte und fand es großartig, daß sie Olga wirklich einen Schrecken eingejagt hatte. Am Nachmittag arbeitete Palle mit Niels Nikolaj, sie waren zwei gute Freunde und Kameraden. Falls Nikolaj Bitterkeit gegen Palle hegte, so verheimlichte er sie gut. Sie hatten sich an die Maschine gemacht, die Lederstreifen winden sollte, und gemeinsam hatten sie eine ausgezeichnete Idee. Sie standen in der Sägerei in einer Ecke, wo sie allein waren, sie machten viele Proben und Überschläge, sie waren fast wie zwei Knaben; im Innern aber bargen sie beide einen tiefen Schmerz, es war ein dunkler Einschlag in ihrem Wesen. Und auf ihrem gewohnten Platz in der Peitschen stube saß Sara. Ihre Finger spielten mit dem weichen Leder, während sie flocht. Sie war merkwürdig still und ihre Wangen waren blaß; selbst wenn Palle durch die Stube ging, sah sie nicht ein einziges Mal von ihrer Arbeit auf. Während Sara mit gesenktem Haupte lauschte, erzählte er ihr alles. Palle gab vor, daß sein Auto in Unordnung wäre; es war ihm zuwider, derartige Ausflüchte zu benutzen, aber Olga zwang ihn dazu. Nun mußte er durch den Wald gehen und gegen Abend machte er sich auf den Weg. Der Pfarrer, mit dem er sprechen wollte, wohnte in dem Pfarrhose, wo seine Mutter geboren war; es machte immer einen starken Eindruck auf ihn, den Garten zu sehen, den, wie er wußte, seine Mutter so geliebt hatte. Wenn er dorthin kam, benutzte er in der Regel die Ge legenheit, durch die alten schattigen Gänge zu spazieren; aber heute hatte er Eile; er entledigte sich schnell seines peinlichen Auftrages und machte, daß er fortkam. Ihm schien es, daß er Zeit haben müsse, um sein Gemüt zu beruhigen, Zeit, zu überlegen, was er sagen sollte, um Saras Kummer zu mildern. Der Abend war so still und so schön; die Vögel zwitscherten. Es flüsterte so still im Laube; aber Palle war es. als sänge jeder Baum, an dem er vorbeikam, leise, wehmütige Lieder. Er er reichte die Stelle etwas vor der angegebenen Zeit. Hier stand eine Bank, die fast von dichten Sträuchern ver borgen war. Auf dieser Bank wollten sie sich treffen und Palle setzte sich nieder und wartete. Es dauerte nicht lange, bis Sara kam; sie eilte zu ihm. „Sag' mir nun, was geschehen ist, Palle," sagte sie, indem sie seine Hand nahm und ihn eindringlich ansah. Ihre Augen waren bange und die Stimme zitterte vor Spannung. „Warum glaubst du, daß etwas geschehen ist, Sara?" fragte Palle. „Ich weiß es, Palle, ich kann es hier merken — hier in meinem Herzen," jetzt zitterte es um ihren leicht beweglichen Mund und sie hatte Tränen in den Augen. „Du hast recht, Sara. Es ist etwas geschehen, das schlimm für uns beide ist." Palle ließ sie sich neben ihm auf die Bank setzen, und während Sara mit gesenktem Haupt lauschte, er zählte er ihr alles. Sara unterbrach ihn nicht ein einziges Mal; als er aber fertig war, sprang sie auf und stand vor ihm; sie hob ihr Haupt und ein eigener Trotz war über ihr. „Ich dachte mir schon, daß es Olga war, immer hat sie mich gehaßt und versucht, mein Glück zu vernichten. Und jetzt willst du mich um ihretwillen verlassen. Liebst du mich denn nicht, Palle?" „Doch, Sara, ich liebe dich. Ich weiß, daß ich dich mehr liebe als mein eigenes Leben," antwortete Palle. „Aber du hörst ja, daß ich Vater mein Wort gegeben habe. Ich war dazu gezwungen, Sara, er bat mich so flehent lich. Olga hatte ihn in der Gewalt. Es galt nicht allein der Mühle und dem Geld, es galt seiner Ehre. Du weißt es ja selbst, wie stark Olga ist, und sie gebrauchte ihre Macht. Zuerst sagte ich nein, als Vater bat; als er aber sterben sollte und ich sah, daß es ihn quälte, sagte ich ja. Und jetzt muß ich Wort halten, Sara, so schwer es auch ist, Sara." LFortsetzung folgt.)