Volltext Seite (XML)
Mehr politische Aktivität der Eine bedeutsame Rede Duisbergs. irtschaft! Berlin, 23. Mai. In der heutigen Sitzung des Hauptausschusses des Reichsverbandes der deutschen In dustrie erklärte der Vorsitzende Geheimrat Dr. Duis berg, das; die Industrie sich an einem Punkte der in nerpolitischen Entwicklung befinde, wo die zunehmende Mutlosigkeit und Verdrossenheit dazu zwinge, neue Wege einzuschlagen. Es sei so weit gekommen, daß in weiten Kreisen der Oeffentlichkeit die Notwendigkeit, die Betriebe durch Eewinnerzielung rentabel zu halten, beinahe als unmoralisch betrachtet werde. Die fortge setzte Nichtbeachtung aller Mahnungen aus wirtschaft lichen Kreisen habe die Krisis in Deutschland auster- ordentlich verschärft. Vor dem Kriege sei die Wirtschaft in der Lage gewesen, aus eigener Kraft und selbständig ihren berechtigten Interessen im Rahmen des Gemein wohles Geltung zu verschaffen. Nach der Staatsum- wälznng sei die letzte Entscheidung auch in wirtschaft lichen Dingen in Hände gelegt worden, die in diesen Fragen weder hinreichend sachverständig noch bereit seien, die Verantwortung für diejenigen Entschlüsse zu tragen, von deren Folgen die Masse der Bevölkerung in allererster Linie betroffen werde. Vergeblich habe das Unternehmertum rechtzeitig gewarnt, um einen an deren Kurs der Wirtschaftspolitik zu erreichen. Diese Verhältnisse zwängen dazu, datz dve Vertreter der Wirtschaft aus ihrer bisherigen Zurückhaltung her austreten und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mit teln aktiv handelnd an der Politik sich beteiligen. In ! diesem Zusammenhang begrüßte Geheimrat Duisberg den bekannten Vorstotz des Langnamoereins in Düsseldorf, der auf seiner letzten Tagung eine Aufforderung an alle deutschen Unternehmer gerichtet habe, aktive politische Arbeit für die Durchsetzung wirtschaftlicher Notwendig keiten zu leisten. Es sei nicht daran gedacht, datz der Reichsoerband oder eine andere Spitzenorganisation der Wirtschaft sich nunmehr politisieren wolle. Es sei aber zu verlangen, datz die notwendige Verstärkung der politischen Aktivität Ausgabe und Pflicht der einzelnen Persönlichkeit innerhalb der Wirtschaft werde. In llebereinstimmung mit dem Präsidium richtete Geheimrat Duisberg den aus drücklichen Appell an alle verantwortlichen Leiter wirt schaftlicher Unternehmungen, sich nach Matzgabe ihrer Zeit und Kraft in den Volksvertretungen von Reich, Ländern und Gemeinden politisch zu betätigen. In Uebereinstimmung mit Geheimrat Duisberg wurde in der sich anschließenden Aussprache betont, daß die Ver ¬ bände politisch neutral bleiben müßten, daß aber jede einzelne Persönlichkeit die Pflicht gegen über der Gesamtheit habe, ihre Zeit und Fähigkeiten in den Dienst der Politik zu stellen. Die Handelspolitik kein Tummelplatz für politische Dogmen. Der Neichsernährungsminister über seine Grundsätze. Berlin, 23. Mai. Im Haushaltsausschuß des Reichstages leitete Reichsernährungsmini ster S ch i e l e die Beratung seines Haushalts ein. Er erklärte, daß man die Handelspolitik nicht nur vom Standpunkt weltanschaulicher Grundsätze betrach ten dürfe. Die Handelspolitik sei kein Tummelplatz für Dogmen. Sie müsse sich unter dem ehernen Zwang der ökonomischen Vernunft beugen. Das bedeute bei un serer jetzigen Lage Sicherung eines ausreichenden Agrar gesetzes. Dieser Zwangsläufigkeit könne sich keine Ne gierung verschließen. Durch das letzte Gesetz zum Schutz der Landwirtschaft seien wir ein beträchtliches Stück vorwärtsgekommen. Soweit Deutschland noch durch handelspolitische Abmachungen gebunden fei, wie bei Butter, Käse, Eiern, Hopfen und einer großen Zahl von Erzeugnissen des Wein- u. Gartenbaues müsse dafür ge sorgt werden, daß wir auch hier freie Hand bekommen. Der Minister betonte, daß er in dieser Politik keine Beeinträchtigung der Aussuhrför- derungspolitik erblicke, denn eine solche Politik der allgemeinen volkswirtschaftlichen Gesundung diene nicht zuletzt auch der Industrie. Selbstverständlich könne eine solche Systemänderung nicht von heute aus morgen durch- gesührt werden. Vor der Sommerpause des Reichstages müsse noch das Brotgesetz verabschiedet werden, in das weitere Maßnahmen zur Steigerung des Roggcnverbrauchs eingefügt werden sollen. Ferner bedürfe das Gesetz über den Weizenvermahlungszwang der Verlängerung. Der Minister kündigte weiter die baldigste Vorlegung des Milchgesetzes und ein allgemeines.Standardi sierungsgesetz an. Auch ein Lagerscheingesetz werde vor bereitet. Endlich sei auch die Ausschöpfung der Ermächti gung zur Einführung eines Eierabstempelungsgesetzes be absichtigt. Zum Schluß gab der Minister einen zusam menfassenden Ueberblick über die agrarpolitische Lage auf den verschiedenen Gebieten. Neuer Machtkampf in Österreich. Wien, 22. Mai. Die Vundesführung der österrei chischen Heimwehren hat am Mittwoch um 7 Uhr abends dem Bundeskanzler Dr. Schober die Antwort auf die Entwafsnungsvorschläge überreicht. Die Heimwehren verwahren sich, mit dem Vaterlands- und staatsfeindlichen sozialistischen Schutzbund u. a. Organisationen auf eine Linie gestellt zu werden. Die Heimwehren fühlen sich als Sachwalter und Vertrauensträger der vaterlanLs- treuen Bevölkerung und tragen daher auch die schwere Verantwortung für das Schicksal von Staat und Volk. Es wäre eine Versündigung an Ler Zukunft, wenn durch unrichtige Behandlung der Entwaffnung seine Wehr haftigkeit zerschlagen und die Widerstandsfähigkeit gegen den Bolschewismus genommen würde. Die Heimwehr erblickt in dem jetzigen demokratisch-parlamentarischen System nicht jene objektive Einrichtung für die Herbei führung der inneren Befriedung, sie kann sich aus die Unparteilichkeit aller verantwortlichen Stellen nicht ver lassen und ist auf sich selbst angewiesen. Die Befriedung < kann einzig und allein mit den Heimwehren, aber nicht ! gegen sie durchgeführt werden. Die Heimwehren machen daher folgende Vorschläge: Die Staatsexekntive führt unter Mitwirkung der Heim wehren die Entwaffnung der sozialistischen Organi sationen durch. Ein Vertrauensmann der Heimwehren übernimmt das Ministerium des Innern, das diese Maßnahmen durchführt. Der Posten des leitenden Be amten von Polizei und Gendarmerie wird mit einem Vertrauensmann der Heimwehren besetzt. Unter anderen Umständen kann die Bundessüh- rung der österreichischen Heimwehren niemals ihre Hand zu irgendwelchen gesetzgeberischen Maßnahmen bieten, die ihre Entmachtung zum Ziele haben. Zuerst muß die Macht der Staatsfeinds gebrochen werden. Dann wird der innere Frieden einziehen. Andere Maßnahmen wür den von den Heimwehren bekämpft werden. Die Kundgebung ist von Dr. Steidle als erstem Vundesführer und von Dr. Pfriemer unterzeichnet. Sie wurde von allen Landesführern der Heimwehren und vom Obmann des Deutschen Turnerbundcs beschlossen. Der Bundeskanzler Dr. Schober nahm diese For derungen mit der größten Erregung entgegen. Er sagte: „Meine Herren, daraus können die ernstesten Folgen erwachsen. Ich kann diese Forderungen nicht annehmen, werde sie aber noch dem Ministerrat vorlegen." Darauf antworteten die Heimwehrführer, daß sie nicht mit Maschinengewehren, sondern mit legalen Mit teln kämpfen würden, bis auch die Mehrheit der Volks vertretung sich dem Willen der Heimwehren, die die Mehrheit des Volkes vertreten, angeschlossen haben werde. Der Bundeskanzler erwiderte, daß er sich dem Völ kerbund gegenüber verpflichtet habe, die Abrüstungs aktion durchzusetzen. Einigkeit der österreichischen Regierung in der Heimwehrfrage. Wien, 22. Mai. Donnerstag nachmittag hat sich die Regierung in einem Ministerrat mit der Heimwehr frage befaßt. Die Beratung, die nur kurze Zeit dauerte, hat, wie mitgeteilt wird, völlige Uebereinstimmunq er geben. Am Freitag wird der Bundeskanzler das Ent waffnungsgesetz dem Nationalrat vorlegen, und dazu eine Regierungserklärung abgeben. Aus den bisherigen Informationen kann geschlossen werden, daß auch der christlich-soziale Vizekanzler Vaugoin mit dem Bundes kanzler in der Frage des Entwaffnungsgesetzes einig ist. Die Heimwehr-Bundesführung zur Lage. Innsbruck, 23. Mai. Die Innsbrucker Nachrichten veröffentlichen eine längere Darstellung der Bundes- führung der österreichischen Heimwehren über die poli tischen Vorgänge in den letzten Tagen. Es wird darin erklärt, daß die Rede des Bundesführers Dr. Steidle in Korneuburg vielfach ungenau wiedergegeben und auch falsch ausgelegt worden sei. Dr. Steidle habe er klärt, die Heimatwehre.n wollten ihr Ziel auf fried lichem Wege verwirklichen. Die Heimwehr müsse Ein gang in die parlamentarischen Körperschaften erlangen und danach trachten, möglichst viele Abgeordnete, die auch Angehörige der Heimwehren seien, zu haben. Er lehne es ab, daß die Heimwehrabgeordneten mit den Sozialdemokraten eine Koalition bilden könnten. Mit den bürgerlichen Parteien hätten die Heimwehren viele Berührungspunkte. Bezüglich der Entwaffnungsfrage heißt es in der Darstellung, daß die Regierung Schober entgegen den föderalistischen Grundtenden zen der Verfassung die Befugnisse hinsichtlich des Waf fentragens den Landeshauptleuten wegnehmen und aui das Bundeskanzleramt übertragen wolle. Das ergebe eine bedenkliche Lage, wenn einmal eine sozialdemo kratische Regierung in Oesterreich herrschen würde. MMW WMlIM NO Mim. In der indischen Hafenstadt Surat, 80 Kilometer nördlich von Bombay, sind am Donnerstag militärische Verstärkungen eingetroffen. Es handelt sich um 250 Kavalleristen unter dem Befehl eines Obersten, die vollständig kriegsmäßig ausgerüstet sind, und fünf Panzerwagen sowie eine große An zahl von Maschinengewehren mit sich füh ren. Die Truppen haben in der Nähe des Polizeihaupt quartiers Zelte aufgeschlagen. Da die britischen Behör den eine scharfe Zensur ausüben, ist noch nicht bekannt, welche Vorgänge die Entsendung von Truppen veran laßt haben. Auf der Eisenbahnstation, in Karatschi sind große Mengen Dynamit aus einem Eisenbahn wagen verschwunden. Die polizeiliche Unter suchung ist bisher ergebnislos verlaufen. Zn Bombay fand unter Leitung von Patek, dem früheren Präsidenten der gesetzgebenden Versammlung, die größte aller bisherigen Massenversammlungen statt, an der schätzungsweise über 100 000 Männer und Frauen teilnahmen. Außer Patel sprachen 15 andere Führer, deren Reden durch Lautsprecher an die Menge weitergeleitet wurden. Oie Herrin vom Mühlenhof Roman von Morten Korch. 431 (Nachdruck verboten.) Palle wollte nicht lügen und deshalb schwieg er. Er hatte eine Szene erwartet; aber sie blieb aus. Etwas in seinem traurigen Gesicht machte sie ängstlich. Sie ver stand. daß er bis zur äußersten Grenze dessen getrieben war, was er ertragen konnte, daß ein einziger Fehlgriff vielleicht ihre Pläne umwerfen konnte. „Du solltest hinaufgeben, es ist spät," sagte sie; sie kämpfte, um ihre Stimme zur Ruhe zu zwingen. Palle nickte und ging mit ihr hinein. Auf dem oberen Treppen absatz blieb er stehen und bot ihre gute Nacht. Er drückte ihr einen flüchtigen Kuß auf die Wange und ging schnell in sein Zimmer. An diesem Abend konnte er ihre Küsse und Liebkosungen nicht ertragen. Achtzehntes Kapitel. Hinter der Mühle hörte man Peitschenknallen, es war Ludvig, der Peitschen ausprobierte. Am Maschinen schuppen lehnte eine ganze Reihe der feinsten und besten Peitschen, die in der Ringmühle verfertigt wurden, und Ludvig versuchte eine nach der anderen. Es gab nicht viele, die mit einer Peitsche umgehen konnten wie Ludvig. Es sah aus, als hielte er sie gar nicht ordentlich fest, scheinbar lag sie ganz lose in seiner Hand; wenn aber der kleine Ruck kam, der die Schnur zum Knallen zwingen sollte, zog er den Mund fest zusammen. Der Ruck begann in seiner Hand, aber in einem Augenblick verpflanzte er sich auf seinen ganzen Körper. „Hupp," sagte er und schnalzte mit der Zunge. Er lauschte auf den Knall und hinterher wippte er die Peitsche in der Hand, studierte sie mit aufmerksamen Augen, um zu sehen, ob sie die rechte Geschmeidigkeit hatte und fest und stark und dabei doch biegsam war. War auch nur das geringste an ihr auszusetzen, so stellte er sie beiseite, damit neuer Stahl oder Fischbein Hinein kommen sollte. Während Ludvig so ganz von seiner Arbeit in An spruch genommen wurde, kam der alte Nikolaj mit Jens Poulsen, dem Häusler aus dem Walde. Jens Poulsen war Pächter der Ringmühle und wurde mit zu der kleinen Gemeinde gerechnet. Er wollte Rundstäbe bei Nikolaj haben, aber die Männer blieben bei Ludvig stehen. „Ja, ihr habt es gut," sagte der Häusler. „Ihr habt Zeit, zu spielen, wir Bauern müssen arbeiten, das isi was anderes." „Ich glaube wahrhaftig, du bist verrückt, Jens Poulsen. Die Arbeit, die Ludvig da verrichtet, ist viel leicht die wichtigste im ganzen Werk." Obwohl ein gut Teil Eifersucht zwischen Ludvig und Nikolaj bestand, war Nikolaj dock im Namen der Ringmühle stolz aus Ludvig und prahlte gern mit ihm. „Sieh mal, wenn man ein Klavier fabriziert, glaubst du nicht, daß es probiert und daß drauf gespielt werden muß, ehe es ab geliefert wird?" „Ja, ein Klavier, das ist wohl was anderes." Sie guckten alle drei hinter den Schuppen unv sahen Palle über die Mühlenbrücke fahren. „Was anderes, nein, das ist wahrhaftig ganz das selbe. Sie müssen beide stimmen, daß du's weißt." „Ja, aber eine Peitsche braucht doch nur zu knallen. Das ist doch etwas ganz anderes als spielen." „Bloß knallen, ja, da haben wir's. Siehst du, die Peitsche, die Ludvig da hat, die kriegt ein Graf in See land; er hat Vollblutpferde und deshalb muß er auch Vollblutpeitschen haben. Und die kann er nur hier kriegen, das weiß er." Jetzt knallte Ludvig wieder, daß es ganz vom Walde widerhallte. „Da kommt Jarmer nach Hause. Da haben wir ihn; er fährt wahrhaftig wie Donner und Blitz." Sie guckten alle drei hinter den Schuppen und sahen Palle über die Mühlenbrücke fahren. „Es ist eigentlich schade, daß er sich hier so abrackern muß, aber es wird wohl auch nicht lange dauern," sagte Jens Poulsen, als das Auto vorbeigefahren war. „So, meinst du, na, du kannst dich darauf verlassen, daß es ganz anders geht. Ehe du dich umstehst, denke ich. wird die Mühte Tag und Nacht gehen, und ich glaube, daß es damit endet, daß die meisten von euch in Ringbh hier in der Mühle arbeiten werden. Denn siehst du, der Palle Jarmer, das ist ein ganzer Kerl." Nikolaj kniff das eine Auge zu und sah Jens Poulsen mit dem andern bedeutungsvoll an. „Aber jetzt müssen wir machen, daß wir wegkommen, es kann gut sein, daß er gleich hier ankommt; wir wissen nie, wo wir ihn haben." Nikolaj expedierte Jens Poulsen geschäftig und Ludvig ging mit seinen Peitschen hinein. Palle war in wichtigen Geschäften ein paar Tage in der Hauptstadt gewesen und kehrte jetzt heim. Die Leute in der Mühle wußten, daß er in einer wichtigen Angelegenheit fortgereist war, die viel für die Zukunft der Ringmühle bedeutete. Außer Niels Nikolaj wußte indessen keiner, was es war, und der hielt den Mund. Als der alte Nikolaj eintrai, hatte der Sohn gerade Schluß gemacht; es war Frühstückszeit. Aber jetzt guckten sie eifrig in den Mühlenhof hinab. Palle kam mit Kalle Madsen gegangen. Die Leute früh stückten, aber dennoch mußten sie bei allem, was vorging, mit dabei sein. „Wie sieht er aus? Geht es ihm gut?" fragte Karen, die kurzsichtig war. „Er ist ganz der alte, wie immer," antwortete der kleine Mikkel. „Aber seht nur, jetzt kommt das Fräulein, seht, wie sie schwänzelt und sich anstellt. Ja, jetzt wird sie es wohl bald, die alles regieren soll." „Wie meinst du das?" fragte der alte Nikolaj. „Ja, ich könnte dir vielleicht etwas erzählen, das du nicht weißt, Nikolaj." Mikkel sah sich mit einem bedeutungsvollen Blick im Kreise um. „Dann ist es sicher nichts Gutes," sagte Ludvig. „Nein, erfreulich ist es vielleicht nicht gerade, und es ist vielleicht am besten, wenn ich es für mich behalte." „Nein, gewiß nicht, komm nur heraus damit." (Fortsetzung folgt.)