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Spaniens entscheidende Stunden. „Spanien trennen kaum noch Wochen, vielleicht kaum noch Tage von der Revolution" — so will es ein großes Pariser Blatt wissen, das in spanischen Dingen gut informiert zu sein pflegt. Wird diese Prophezeiung in Erfüllung gehen? Das Wichtigste und das Entscheidendste dabei ist, daß die gegen den König Alfons XIII. gegen die Dy nastie der Bourbonen, fa gegen das Königtum über haupt gerichtete Bewegung seit der Ankunft de Una - muno in Madrid einen Führer bekommen hat, der nicht nur Reden zu halten, sondern auch zu Taten auf- zumuntern versteht. War de Unamuno schon in der Ver bannung und dann nach seiner Rückkehr auf spanischem Boden das geistige Haupt des spanischen Republikaner- tums, so ist er nach seinem Eintreffen in Madrid zu einem Volkstribun geworden, der nicht nur für wenige, sondern zum Volksganzen spricht. Die großen Reden, die Unamuno in Madrid bisher gehalten hat, haben um vieles die gewaltige Wirkung überschritten, die das öffentliche Auftreten eines anderen großen spanischen Patrioten und Politikers, Sanchez Guerra, gehabt hat. Daß de Unamuno dieser Erfolg beschieden war, ist nicht zuletzt ein „Verdienst" der Regierung Verenguer, die lange genug zwischen zwei Stühlen saß, ohne sich ent weder für die Herstellung des parlamentarisch-demokra tischen Regimes oder für die Fortführung der Militär diktatur zu entschließen. Die letzten Unruhen in Madrid dürfen als Wende punkt in der Entwicklung der Ereignisse in Spanien nach dem Sturz Primo de Riveras angesehen werden. König Alfons XIII., der sich kürzlich mit solcher Zuver sicht über die Stellung der Monarchie in seinem Lande äußerte, wird fetzt wohl einsehen müssen, daß Gefahr im Verzüge ist und ' daß die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, - nm die spanische Krone vor Gefahren zu sichern, § die ihr mit jedem Toge drohen. § S t u d e n t e n u n r u h e n hat man in der letzten Zeit i in Spanien oft genug erlebt und oft genug haben die ; Universitäten Spaniens ihre Pforten schließen müssen. Aber es ist bis jetzt noch nicht vorgekommen, daß d i e - republikanische Tendenz mit einer solchen Schürfe und in einer solchen Offenheit verfochten wurde wie in den letzten Tagen. Von einer Revolution in Spanien kann augenblicklich nicht gut die Rede sein: aber es darf nicht verkannt werden, daß die Situation zur Verschärfung und nicht zur Milderung neigt. Die Straßenkämpfe zwischen Republikanern und Monarchi sten, die bis jetzt vereinzelt hier und da vorkamen, i dürften in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden. ! Sie sind ein Vorzeichen dafür, daß die Möglich- keiteines Bürgerkrieges in Spanien bei ! weitem nicht so ausgeschlossen ist, wie es manche Opti misten glauben wollen. Die politischen Zersetzungser scheinungen auf der Pyrenäenhalbinsel häufen sich in erschreckendem Maße. Schon ist das Wort von der Selb ständigkeit einzelner spanischer Provinzen gefallen, schon beginnt der Meinungsstreit für und wider Alfons XIII. in die entlegensten Gebiete Spaniens zu dringen. Kein Wunder, wenn der König sich zur Wehr setzt. Die Par lamentswahlen sind bereits verschoben, die Wiederher stellung des Ausnahmezustandes scheint unmittelbar be vorzustehen. Aber auch die Gegner des Königs sind wachsam, auch sie rüsten sich zum weiteren Kampf. Ist die Austragung der Gegensätze in Spanien — eine blutige, gewalttätige Austragung — noch vermeid bar? Das ist die Frage, die schon in allernächster Zeit beantwortet werden muß. Furchtbares Erdbeben in Indien, i Eine Stadt völlig zerstört — Rangoon teilweise in Trümmern. Berlin, 6. Mai. Das Erdbeben, das sich am Montag in Burma ereignete, ist schwerer gewesen, als ! die ersten Meldungen ahnen ließen. Nach den neuesten ! Berichten der englischen Blätter wird die Zahl der Toten als sehr hoch angegeben. Hiervon entfällt der größte Teil auf Pegu, eine indische Stadt von über 11000 ; Einwohnern, die von dem Erdbeben volländig zerstört , worden ist. Zn Rangoon ist die Wendagon-Pagode, die man als ein Weltwunder betrachtet und deren Kup pel aus reinem Gold besteht, schwer beschädigt worden. Die indischen Extremisten in Rangoon, die das Erd beben als Strafe Gottes für die Verhaftung Gandhis ansehen, haben Demonstrationen veranstaltet, wobei es zu Zusammenstößen kam, bei denen insbesondere allen denjenigen, die europäisches Tuch trugen, die Kleider vom Leibe gerissen wurden. Polizei und Militär muß ten eingreifen, doch halten die Demonstrationen noch an. Auf die Erdstöße folgte eine Springflut und der Ausbruch von Feuern. Pegu ist völlig vernichtet, Ran goon hat zum Teil sehr schwer gelitten, etwa 50 Häuser wurden zerstört. Dem Hauptbeben ging eine Anzahl klei nerer Erderschütterungen voraus. Die große Eisenbahn- brücke fünf Kilometer nördlich von Pegu auf der Haupt linie nach Mandaly wurde zerstört. 600 bis 700 Todesopfer. London, 7. Mac. Die Zahl der Opfer des Erd- bcbenunglücks in Burma hat sich nach den nun vorlie genden Berichten als sehr hoch herausgestellt. Die Nüu- munqsarbeiten sind noch in vollem Gange und endgül ¬ tige Zahlen noch nicht verfügbar. Die Schätzungen gehen noch einheitlich auf 600 bis 700 Opfer. In Pegu ist die Zahl der Opfer deshalb be sonders groß, weil zur Zeit der Erschütterungen ein Kino, eine Regierungsschule und mehrere andere öffent liche Gebäude einstürzten, die durchweg voll besetzt waren. In Rangoon ist die Zahl der Toten auf 70 und die der Schwerverletzten auf 200 gestiegen. Die Hilfe für den deutschen Osten. Kabinettssitzung unter Hinzuziehung des Neichsbank- präsidenten. Berlin, 6. Mai. Das Reichskabinett hat heute die Beratungen über das O st Hilfsgesetz weitergeführt. In einer amtlichen Meldung wird lediglich festgestellt, daß auch der Reichsbankpräsident Dr. Lu ther zu der heutigen Kabinettssitzung hinzuge zogen worden ist und daß die Besprechungen über die Hilfsmaßnahmen für den notleidenden deutschen Osten morgen nachmittag fortgesetzt werden sollen. Berlin, 6. Mai. Die Teilnahme des Reichsbank präsidenten Dr. Luther an den Dienstagberatungen des Reichskabinetts über die Osthilfe stand, wie die Tele graphenunion von gutunterrichteter Seite erfährt, im Zusammenhang mit der Umschuldungsfrage und den damit hervorgerufenen Kreditfragen. Im übrigen hat sich das Reichskabinett am Dienstag im wesentlichen mit den Möglichkeiten der Finanzierung des Sofortprogramms beschäftigt, dem als der ersten und grundlegenden Teilaktion des für eine Reihe von Jah ren ins Auge gefaßten Ostprogramms auch finanziell eine besondere' Bedeutung zukommt. Bekanntlich sind im Reichshaushalt selbst für das Ostprogramm 51,3 Millionen Mark vorgesehen. Weiter sollen der Reichs besitz in dem freiwerdenden Gebiet im Westen sowie gewisse Restbeträge der Bank für Jndustrieobligationen zur Finanzierung herangezogen werden. Die Reichs regierung beabsichtigt nicht, den Reichsbesitz in dem noch besetzten Gebiet zu verschleudern. Das hat aber zur Folge, daß die aus diesem Posten flüssig zu machenden Summen nur sehr allmählich einlaufen können. Der hierdurch zu mobilisierende Betrag zusammen mit den Restbeträgen der Bank für Jndustrieobligationen wird gleichfalls auf rund 50 Millionen oder etwas mehr ge schätzt. Das Sofortprogramm wird noch vor der Som merpause des Reichstages verabschiedet werden müssen. Schwierigkeiten bei den vorbereitenden Kabinettsbe ratungen macht im übrigen noch immer die Frage der Begrenzung des zu erfassenden Ostgebietes. Auch mit Preußen wird man sich noch über Fragen der Durchfüh rung des Programms auseinanderzusetzen haben. Das Feuer unter der Asche. London, 7. Mai. Die Verhaftung Gandhis ist im allgemeinen ruhiger ausgenommen worden, als die bri tischen Behörden erwartet hatten, doch wird in eng lischen Sonderberichten aus Bombay davor gewarnt, aus der gegenwärtigen Ruhe zu schließen, daß alle Gefahr bereits überwunden sei. Die wirt schaftlichen Auswirkungen der Verhaftung Gandhis lassen sich im einzelnen noch nicht übersehen. Nach Be richten aus Simla sind führende Geschäftskreise der Auf fassung, daß die Regierung mit den weiteren Maßnah men gegen die Eandhische Bewegung sehr vorsichtig sein sollte, da sonst der Boykott ausländischer Waren verschärft werden könnte. In Kalkutta ist der Boykott ausländischer Zigaretten mit Erfolg durch geführt worden. Eine große Tabakgesellschaft mit ver schiedenen Fabriken in Indien hat bereits 700 Ange stellte entlassen. Nach dem Gefängnis, in dem Gandhi untergebracht ist, wandern zahlreiche Inder, um ihre Verehrung für Gandhi kund zu tun. Zu Zusammen stößen ist es bisher nicht gekommen. Kommunisten überfallen Arbeitswillige. Kopenhagen, 7. Mai. Nach Meldungen aus Oslo kam es am Dienstag in einem Nebental des Eudbrand- tales zu ernsten Zusammenstößen zwischen kommunisti schen und arbeitswilligen Holzfällern und Flössern. Die Kommunisten gingen in einer Zahl von 100 auf die Arbeitswilligen mit Aexten und Veilen los. Dabei wurden mehrere Arbeitswillige schwer verwundet. Einer von ihnen derart, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Ein Radfahrer, der entsandt wurde, um Polizei herbeizuholen, wurde von den Kommunisten gefangen genommen, deren Zahl allmählich auf 400 stieg. Alle Werkzeuge, Veile und Stemmeisen wurden in den Fluß geworfen, so daß die Arbeit niedergelegt werden mußte. Schließlich kam Polizei herbei und verhaftete den kom munistischen Anführer, der in das Gefängnis eingelie fert wurde. Vor dem Gefängnis kam es zu großen Auf läufen. Die Arbeitswilligen erklären, daß es augen blicklich lebensgefährlich sei, in der Gegend des Cud- brandtales zu arbeiten. Dem Wunsche, Militär aus Oslo und anderen Garnisonen nach dem Unruhegebiet zu entsenden, ist von der Regierung bisher nicht Folge geleistet worden, dagegen sind größere Polizeistärken aus verschiedenen Städten, darunter auch aus Oslo, in das Unruhegebiet entsandt worden. Hitzewelle und gefährliche Waldbrände in Amerika. Neuyork, 7. Mai. Eine große Hitzewelle suchte einen Teil der Vereinigten Staaten von Nordamerika heim. Das Thermometer steigt über 30 Grad im Schatten. Trotz einiger Regenschauer tritt keine Kühlung ein. Die Hitze ist von ausgedehnten Waldbränden begleitet, die bisher nicht gelöscht werden konnten. Fünf Städtchen sind von den fortschreitenden Flammen bedroht. Hun derte von Wohnungen sind vom Feuer vernichtet und Tausende von Menschen sind obdachlos geworden. Die Herrin vom Mühlenhof Roman von Morten Korch. 2P (Nachdruck verboten.) „Jetzt wollen wir nicht mehr von dem Toten reden. Jetzt müssen wir beide zusammenhalten, Palle, und zu- packen. Tu wirst sehen, was wir aus der alten Mühle machen," sagte sie und trat einen Schritt aus ihn zu. „Tas ist es eben, worüber ich mit dir reden muß," antwortete er. Eine versteinerte Ruhe lag über ihm, gleichsam aber etwas Entschlossenes, das ihn stark machte. Er sah aus wie ein Mann, der den Auftrag zu einer schicksalsschwangeren Reise erhalten hat, sie aber trotz Gefahren und Tod durchführen will. „Sobald Vater be graben ist, geben wir unsere Verlobung bekannt, und so bald du meinst, heiraten wir. Aber ich meine, ich mutz dir sagen, datz ich es Vaters wegen tat" Olga wollte heftig antworten, hielt sich aber zurück; etwas an Palle sagte ihr, daß es leicht gefährlich werden könnte. „Es gibt auch keine andere Möglichkeit," sagte sie ziemlich mürrisch. „Aber ich stelle ein paar Bedingungen," fuhr Palle mit derselben finsteren Ruhe fort. „Ach, wirklich, laß mich hören," antwortete sie leicht ironisch. „Tie erste betrifft Vaters Angelegenheiten. Da war etwas bezüglich eines Erbes zwischen ihm und dir." „Es war ein Erbe, das ich bekam; aber Jarmer nahm das Geld. Jetzt ist er tot; aber ich kann es nicht anders nennen als „Du brauchst es überhaupt nicht zu nennen; aber an unserem Hochzeitstage gibst du mir die Papiere und sprichst nie mehr davon." „Natürlich, das habe ich versprochen." „Aber noch etwas; es betrifft Sara." „Sara! Stellst du Bedingungen, die sie betreffen?" Olga wandte sich kampfbereit gegen ihn. „Sara soll Frieden haben, das verlange ich." „Sie geht wohl weg, denke ich." „Darauf verlaß dich nicht; sie muß Geld hier in der Mühle verdienen, ihre Eltern haben Schulden und sie hilft ihnen. Irgend jemand hat versucht, ihr Böses zu tun; wenn das wieder geschieht und ich erfahre, daß du es bist, dann sind wir im selben Augenblick fertig. Dann mutzt du von der Mühle fort, das verlange ich." Palle hatte die Forderung mit erhobener Stimme ge stellt und wartete jetzt aus Antwort. Olga sah ihn prüfend an. Ihr Inneres war ein fiebernder Vulkan; aber dennoch versuchte sie sich einiger maßen zu beherrschen. Sie liebte Palle mit einer fast wahnsinnigen Liebe; sie hatte schwer gekämpft und kühn gewagt, um ihn zu er-obern, und wenn es nötig wäre, würde sie noch mehr wagen. Das einzige, was sie nicht wollte, war, ihn zu verlieren. Sie wußte gut, wie es Sie hob den Kops zu ihm, als bäte sie um eine Liebkosung stand; aber sie mußte nachgeben, sie konnte sehen, daß er bis zum Äußersten getrieben war. Durch einen Fehl griff konnte sie alles verlieren. „Es ist wohl nicht deine Absicht, dir aus meine Kosten Freiheiten mit Sara herauszunehmen," sagte sie endlich. „Nein, so ist es nicht, Olga, ich hoffe, daß ich dir ein treuer und rechtschaffener Mann werde; aber ich will Sara sehen und mit ihr reden dürfen, ohne daß du ihr etwas tust." „Ja, mir ist es einerlei, ich fürchte weder Fräulein Sara noch andere Mädchen in der Mühle. Aber hier im Hause übernehme ich von jetzt an das Ruder, darin mußt du dich finden." Palle nickte, trat zu ihr und faßte ihre Hand, gleich zeitig sah er sic so freundlich an, wie er konnte. „Jetzt wollen wir nicht mehr von alledem reden," sagte er milde. Olga lehnte sich vertraulich an ihn. „Ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt, als ich dich sah, Palle, das ist wohl kein Verbrechen Ich hatte gleich das Gefühl, daß ich nie wieder die Ringmühle verlassen würde. Die alte Mühlenfrau, die mit all ihrem Geld ertrank und vor der die Leute hier in der Ringmühle sich jetzt fürchten, sie ist meine Urgroßmutter, Palle, und sie ist auch die deine Wir zwei sind wohl die einzigen, die noch übrig sind. Ich meine, das bedeutet etwas Und ich will nur dein Bestes, Palle, du bist der einzige Mensch in der Welt, den ich liebhabe." Sie hob ihren Kopf zu ihm, als bäte sie um eine Liebkosung, und zugleich sah sie ihn mit diesem starken und leidenschaftlichen Blick an. Palle küßte sie auf die Stirn, ließ sie dann aber und ging ins Speisezimmer, wo Jette und das rothaarige Mädchen Kristine den Tisch deckten. Jette bat Palle zu Tisch ins Eßzimmer, wo sie an- gerichtet hatte. „Du tust mir so leid, Palle, du hast es so schwer gehabt, komm nun und iß. Hörst du, du hast es wirklich nötig." Sie sprach mit Palle fast, als ob er ihr eigener Sohn wäre, dann wandte sie sich zu Olga und in bedeutend kühlerem Tone fragte sie, ob sie zu essen wünschte. Olga musterte sie scharf. „Wollen Sie in Zukunst das Kuvert des Herrn hierher setzen," und stellte sowohl Gedeck wie Stuhl auf Jarmers Platz am Ende des großen Tisches. „Und für mich decken Sie hier daneben." Der Ton war überlegen und gebieterisch, eben so wie Olga ihn meisterte. „Ach so, nein, so ist es wirklich nicht, mein liebes Fräulein Wenn Sie hier bei mir etwas zu essen haben wollen, so müssen Sie schon sitzen, wie ich es bestimme," antwortete Jette. Sie richtete ihre etwas gebeugte Gestalt auf und hob kampfbereit den Kopf, sic warf einen schnellen Blick auf Palle, sie kämpfte jetzt ebensowohl für ihn wie für sich selber. „In Zukunft müssen Sie mir gehorchen; es geschehen Veränderungen hier in der Mühle, müssen Sie wissen," antwortete Olga und schickte das Mädchen Kristine hin aus. Kristine fügte sich, sie hatte ein rein instinktive- Ge fühl, daß Olga die Stärkere war. Aber Jette protestiert«, sie zitterte vor Zorn, es kam zu einem lauten Streit. (Fortsetzung folgt.)