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ten Der Streik im Ruhrgebiet. Kommunistische Slohirupp» als Slreikposien. Schwierige Lage -er Reichsbahn. Die Deutsche Reichsbahn veröffentlicht einen vorläufigen Rückblick über das Jahr 1930, der recht ungünstig ausfällt. Der Einnahme rückgang gegenüber dem Vorjahr wird Ende Dezember 1930 mit rund 770 Millionen M. an genommen. Dieser gewaltige Ausfall an Einnahmen mußte natürlich größte Einschränkungen auf der Ausgabenseite zur Folge haben. Die Reichsbahn hat daher gespart, wo es über haupt nur möglich war. Auf persönlichem und sächlichem Ge biet mußte sie zu Maßnahmen übergehen, zu denen sie nur die äußerste Not zwang. Das Personal ist erheblich vermindert worden, und auch die Unterhaltung der baulichen Anlagen und der Fahrzeuge mußte sehr stark eingeschränkt werden. Die Abstriche auf diesem Gebiet betragen etwa 165 Millionen, 150 Millionen sind infolge der Anpassung des Reichsbahnbetriebes an den Rückgang des Verkehrs eingeftmrt worden. Auch für 1931 sind die Aussichten für die Reichsbahn nicht günstig. Durch die zur Unterstützung der Preisabbau aktion vorgesehene Tarifsenkung tritt eine Mindereinnahme von rund 45 Millionen ein. Die Reichsbahn sieht sich gezwun gen, die Sachausgäben auch weiterhin stark einzuschränken, was umso bedauerlicher ist, als dadurch die Arbeitslosigkeit weiter vergrößert wird. Notwendig ist, daß die Reichsbahn in diesem Jahre Anleihen erhält, denn ohne solche kann sie sich finanziell nicht halten. Die Reichsbahn ist sich der Fehlerhaftigkeit und Unvoll kommenheit mancher technischer und organisatorischer Ein richtungen vollkommen bewußt, muß sich aber in Anbetracht ihrer schwierigen Lage auch mit unzulänglichen Mitteln be helfen. Dessert sich die Verkehrslage auf der Reichsbahn in diesem Jahre nicht, dann wird die Lage noch schwieriger wer den, vor allem dann, wenn das Reich sich nicht endlich dazu entschließt, ihr die großen politischen Lasten abzunehmen, die der Eisenbahnverkehr nicht mehr tragen kann, vor allem die Reparationssteuer, die jährlich 660 Millionen Mark ausmacht. Hirschberg, 2. Ian. In der Silvesternacht rotteten sich vor dem Hotel zum Deutschen Haute auf dem Markt, dem Standquartier der Nationalsozialisten, eine Anzahl Kommunisten, meist halbwüchsige Burschen, zusammen nnd versuchten mehrmals, das Hotel, aus dem eine große Hitler-Fahne herausgehängt war, zu stürmen. Mehrere Fen sterscheiben wurden eingeworfen. Die Polizei griff mit dem Gummiknüppel ein und stellte die Ordnung wieder her. Bochum, 2. Ian. Der katholisch« Friedhof in Gelsenkirchen-Süd wurde am Neujahrstaa« von unbekannten Tätern aufs schlimmste verwüstet. 40 Gräber sind zer- stört worden. Von Grabsteinen wurden Figuren Lerunter- geschlaqen; mit Meißel und Sammer wurden di« Nomens- Inschriften zerstört. Di« Polizei vermutet einen kommunisti schen Racheakt Entlastungen von 2000 Arbeitern im Niederlausitzer Braunkohlenrevier. Senftenberg, 2. Ian. Infolge der Absatzkrise auf dem Draunkohlenbrikettmarkt hat eine Reihe von Werksdirektionen Anträge auf Arbeiterentlassungen beim Demobilmachungs kommissar gestellt. Das Werk Heye HI der F. C. Th. Heye Braunkohlen- und Brikettfabriken A.-G. entläßt di«ge- samt« Belegschaft in Höhe von 500 Mann, das Werk Mmrostolln der Neuen Senftenberger Kohlenwerke 800 Mann. Bei den Werken Henriette bei Poley und Louise bei Ben^ersitz finden Teilstillegungen mit 380 Mann statt. Di« Polyer Werk« der Braunkohlen- und Brikettindustrie A.-G. entlassen von 420 Mann 300 Belegschaftsmitglieder. — Hinzu kommen noch in nächster Zeit ungefähr 500 Entlassungen aus saison- mäßigen Abraumstillegungen. Das Kauscher-Werk hat zuni 30. Juni allen Beamten gekündigt. Was wird mit den Schulden? Streichung oder Moratorium empfohlen. Neuyork, 2. Jan. Ter Londoner Berichterstatter der „Times" befaßt sich in einem längeren Bericht mit der eng lischen Einstellung zum Schuldenproblem und betont, daß die gesamte englische Geschäftswelt die Streichung der Schulden sowohl im europäischen als auch im ameri- kani''chen Interesse als notwendig betrachte. — Der Bankier James Speyer tritt in einem Zeitungsartikel dafür ein, daß Amerika seinen Schuldnern ein fünfjäh riges Moratorium, bewilligt, das dann, auf Deutschland zurückwirken soll. * * * Pari«, 3. Jan. Vertreter des englischen Schaß, amtes verhandeln hier mit Vertretern des französischen Schatzamtes. Es handelt sich darum, gewissen privaten eng lischen Unternehmungen zu Hilfe zu kommen und dem Lon- d o n«r Markt seine F l ü s s i g kei t wieder zu geben. Marschall Joffre Par»«, S. Jan. Marschall Joffre ist heute vormittag um 8LS Uh, gestorben, Kämpfer, nlchl Mttläufer. Die Gefahr für die NSDAP. Berlin, 2. Ian. Der Berliner Gauleiter der National- sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, Dr. Goebbels, schreibt im „Angriff" u. a.: Nichts wäre in diesem Augenblick verderblicher, als in einen verfrühten Siegest« nmel zu verfallen. Schweres ist getan, aber Schwereres und das Schwerste sieben uns noch bevor. Das Jahr 1931 wird in erhöhtem Maße noch ein Jahr der Kämpfe und entsagungs voller Arbeit sein. Das Jahr 1930 barg in sich für uns die aroße Gefahr, daß die Siege uns zu leicht gemacht wurden Wir waren es bis dahin gewöhnt, daß wir kämpften, obne daß wir. Erfolge sahen, und nun wurden uns die Ergebnisse un serer Arbeit zu unvermittelt und zu verschwen- derisch in die Hand gegeben. Zwar ließ sich die alt« Garde nicht im aeringsten dadurch in ihrer harten Zähigkeit beirren. Aber es blieb unvermeidlich, daß der Erfolg uns jene Mit - läutorarmee in wachsendem Mabe zuführte, die gut ist zum Wählen, aber schlecht zum Kämpfen. Es ist an der Zeit, daß wir aus diesen Mitläufermillionen das herausson dern, was für uns kämpferisch brauchbar ist, und mitleids los das ab stoßen, was uns belasten könnte. Eine halbe Million auf zäbe Entscheidung eingestellte Menschen bilden organisiert und fest in der Hand ihrer Führer eine geringere Gefahr, als wenn man sie richtungslos und ohne Form ihrer Verzweiflung preisaibt. Darin sehen wir nicht die akute Gefahr. Sie droht vielmehr von der Seit« einer bürger lichen Verflachung, hervorgerufan durch jene Missen, die nach dem Erfolg geben, ohne das Wesen und den Sinn unseres revolutionären Aufbruchs verstanden zu haben. Da- oeaen müssen wir auf der Warbt stehen. Die nationalsoziali stische Idee duldet in ihren, Wesen keine Kompromisse. Je mehr sie durch die unauflösbar scheinende Komplikation unse res Lebens zu taktischen Zugeständnissen gezwunaen wird, um so leidenschaftlicher muß in ihr der Geist des Radikalismus und der aufrechten, kompromißlosen Angriffsgesinnung be wahrt bleiben. Revolution in Panama. Washington, 2. Ian. Die Regierung der Repu- blik Panama ist von einer nationalen revolutio nären Bewegung, die vom ganzen Volk unterstützt wird, gestürzt worden. Der vorbereitende Aufstand begann in Colon, das noch heftigen, mehrstündigen Kämpfen sich jetzt anscheinend in den Händen der. Aufständischen befindet, die von Quintro geführt werden. Bisher wurden 15 Tote gemeldet. Der Präsident Arosemena und mehrere Mit glieder der Regierung sind angeblich ins Gefängnis geworfen worden. Die Vereinigten Staaten haben Marinetruppen nach Eolon entsandt. Wie weiter gemeldet wird, haben die siegreichen Auf- ständischen in Panama eine vorläufige Regierung unter Har- modie Arias eingesetzt. Unter den auf der Negierungsseit« bei den Straßenkämpfen Gefallenen befindet sich Rodolfo Chiari, der jahrelang der eigentliche politische Führer Pa namas war. Die amerikanische Gesandtschaft wird von Trup pen schärfstens bewacht. Nach einer späteren Meldung brach der Aufstand uner wartet aus. Er wurde von der Accion Lomunal gefördert, einer patriotischen Organisation, die die angebliche Korruption der Regierung unter dem Präsidenten Ehiari und Arosemena scharf angegriffen hatte. Heute früh stürmte eins Gruppe von etwa 100 Mann das Haupt qu ar- tier der Statspolizei, die Panamas einzige stehend« Armee bildet, und besetz"« nach Abgabe einiger Schüsse di« Polizeistation. Präsident Arosemena und mehrere andere Regierungsbeamte wurden verhaftet. Nach bisher aller dings unbestätigten Gerüchten ist Präsident Arosemena zurück- getreten. Koblenz, 3. Ian. Die Finanzlage der ehemaligen Festungsstadt E h renb r « i t ste i n ist geradezu trostlos. Die Kassenbeständ« der Stadt reichen nicht mehr aus, um die fälli gen Gehälter zu zahlen, sodaß an die Beamten und Ange stellten nur ein Betrag von je 50 Mark gezahlt werden konnte. Meran, 2. Ian. Ueber das Befinden des Altbundeskanz lers Dr. Seipel, dessen Gesundheitszustand zu Besorgnissen Anlaß gibt, wird bekannt, daß er sich im Sanatorium „Ste phanie" in strengster ärztlicher Behandlung befindet. Ein« besondere Komplikation scheint dadurch entstanden zu sein, daß das von dem Attentat zurückgeblieben« Geschoß, das Dr. Seipel noch immer im Leibe trägt, sich gesenkt ha* und die Funktionen der Lunge bedroht. Warschau, 2. Ian. Wie ans Wilna gemeldet wird, wnrdi auf einer kleinen Eisenbahnstation bei Niegoreloje unweit der volnischen Grenz« der sowietrussische divlomatische Kurier Stolarow, der sich von Moskau nach Warschau unterwegs befand, von Agenten der O. G. P. U., die ihm auf den Fersen «folgt waren, ermordet. Die O. G. P. U.-Bebörden hatten "egen Stolarow Verdacht geschöpft, er habe wichtig« politisch« Dokumente ins Ausland bringen wollen, um diese dort zu verö^'entlichen. Angora, 2. Ian. Der österreichische Gesandte Kral wurde am Silvestertog vormittags auf der Straße von einem arren zu Boden gerissen, wobei ihm ein Arm und eine Rippe gebrochen wurde. Aluttge Anruhen. 1 Löter. M«r», L. Ian. Beim Einfahren der Nachtschicht kam e» vor Schacht V der Zeche „Rheinpreußen" wieder zu großen Menschenansammlungen. Al» die Polizei die Streikenden zurückdrängt«, wurde plötzlich aus der Menge geschossen. Die Polizei erwiderte das Feuer. Der Bahnarbeiter Hackstein wurd« von mehreren Kugeln getroffen; im Krankenhaus ist er seinen schweren Verletzungen erlegen. Esten, 3. Jan. Nach den bis jetzt vorliegenden Meldungen hat sich d'v Streiklage im Bezirk von Mörs heute früh noch weiter v « rsck> 8 rft. Die Zahl der zur Frühschicht eingefahrenen Belegschaften hat sich verringert. Ein Gesamt, bild der Streiklage im Ruhrbergbau läßt sich noch nicht geben, da die Meldungen der einzelnen Schichten noch ausst«h«n. Berlin, 2. Ian. Der Marineattachk der französischen Botschaft, Fregattenkapitän d« Pr^veaux, ist von Berlin abberufen worben. Bremen, 2. Ian. Di« Bürgerschafisfraktion der Deutschen Volkspartei hat auf die öffentliche Anfrage der NSDAP., ob sie bereit sei, sich für einen „a n t i m a rr i st! s che n" S e na t «inzusetzen, geantwortet, daß sie zu Verhandlungen über eine Um- oder Neubildung des Senates bereit sei. Da außer der Deutschen Bolkspartei auch die Wirtschaftspartei, die Konser vative Dolkspartei und die Hausbesitzer zustimmend geant- wartet hoben und die Mitwirkung der Deutschnationalen gleichfalls gesichert ist, wird es nunmehr zwischen diesen Parteien, die insgesamt 61 von 120 Dürgerschaftsmandaten umfassen, zu Verhandlungen über «ine Mehrheit-re- «ierung unter Ausschluß der Soztaldemokra- ten und Kommunisten kommen. Der Vorsitzende des Verbandes der Bergbauindustriearbei ter Deutschlands (Deutscher Dergarbeiterverband) Fritz Huse mann, hat sich in einer Unterredung mit einem Presseverkre- ter über die durch die Streikaktion der Revolutionären Ge- Werkschaftsopposition entstandene Lage im Ruhrgebiet dahin geäußert, daß das Endziel der Bewegung seiner Ansicht nach die Gründung eines kommunistischen Bergar- bciterverbandes bzwecke. Husemann glaubt, daß die kommunistische Streikaktion schon in kurzer Zeit zusam - menbrechen werde, weil die überwiegende Mehrheit der Bergarbeiter einsähe, daß ihr mit derartigen Bewegungen nicht gedient sei. Trotz der kommunistischen Ueberrumpelungs- erfolge auf einzelnen Schachtanlagen könne jedenfalls die Masse der Bergarbeiterschaft als fest in der Hand ihrer ver antwortungsbewußten Führer bezeichnet werden. Der Alt« Bergarbeit er verband richtet an di« Ruhrbergleute folgenden Aufruf: Die Kommunisten baben heute morgen den Versuch gemacht, auf den Zechen des Ruhr- gebietes Streiks hervorzurufen. Auf 22 Schachtanlagen ist ihnen der Streik durch Anwendung von Gewalt in mehr oder minder großem Umfang gelungen. Der Verband fordert sein« Mitglieder und Belegschaften auf, solchen Putschparolen kein« Folg« zu leisten und sich den Versuchen, sie ge- jwaltsam durchzuführen, energisch zu widersetzen. Wilder Streik in Remscheid. Remscheid, 2. Zan. Die kommunistische Gewerkschafts- - Opposition des D. M. V. beschloß heute als Protest gegen den letzten Schiedsspruch, der einen 5prozentigen Lohnabbau vor sieht, in den Streik zu treten. Im Laufe des Tages kam es bereits in mehreren Fabriken zu Stillegungen. Im Augen blick erscheint es aber noch fraglich, ob sich alle 23 000 Metall arbeiter in Remscheid am Streik beteiligen. Di« Streikenden veranstalteten heute zusammen mit den Erwerbslosen große Kundgebungen, bei denen es zu kleineren Zwischen fällen mit Ler Polizei kam. Stillegung auf der Hütte Ruhrort-Meiderich. Duisburg, 2. Jan. Nachdem die Hütte Ruhrort-Meiderü der Vereinigten Stahlwerke während des ganzen letzten Jahres bereits mit Kurzarbeit und Feierschichten gear beitet hatte, hat sich infolge der anhaltenden Absatzschwierig keiten und des Mangels an Aufträgen die Notwendigkeit er geben, in nächster Zeit einige Betriebsabteilungen der Hütte vorläufig stillzulegen. Don dieser Maßnahme, die am 1. Fe bruar o. I. in Kraft treten soll, werden etwa 3500 Arbeiter betroffen. Peine, 2. Ian. Die Werksleitunq Leim Peiner Walzwerk und der Ilseder Hütte macht durch Anschlag in den Betrieben bekannt, daß die Zahl der Unterschriften derjenigen Arbeiter, di« sich zur Weiterarbeit zu den im Schiedsspruch festoelegien Bedingungen (Zprozentige Lohnkürzung) bereit erklären, nicht genüge, um den Betrieb wirtschaftlich aufrecht zu erhalten, nnd daß demnach die Stillegung der Werke am 3. Januar erfolgen müsse. Lohnsenkung in der Wuppertaler Textilindustrie. Wuppertal, 2. Jan. Der staatliche Schlichtungsausschu fällte einen Sch ie d s sp r uch, der eine Sen kunq d« Löhnein der Wuppertaler Textilindustrie um sieben Prozen vorsieht. Der Schiedsspruch tritt am 16. d. M. in Kraft wo schafft eine Regelung bis zum 15. Juli d. I. Er gilt fül mehr als 45 000 Arbeiter. Der europittlche Wirrwarr. Deutsch« Ursach«« — «uropLisch« Wirkung««. Losdon, 2. Ian. „Tim«»" schreibt: Wieder wie vor hun dert Jahren bei der französischen Iulirevolution bildet die parlamentarische Regierunasform bas Hauptproblem, um das es bet der europäischen Politik geht. Beinahe überall wird die Entartung des parlamentarischen Systems zugegeben, aber Diktatur gilt nicht als letztes Wort und hat in vielen Fällen lediglich Zustimmung gefunden infolge eines vor- übergehenden Widerwillens gegen die zur Wirkungslosigkeit verdammte Geschwätzigkeit, die in öffentlichen Versammlungen zutage tritt. Aber auch wo eine Diktatur fest errichtet worden ist, gibt es heftigen Widerstand, und dieser wird umso stärker, je länger der Allgemeinheit die politischen Freiheiten vorent- halten werden. Eine sonderbare Verbindung der neuen Auto kratien mit dem Sozialismus ist heute wahrnehmbar. Manche Aeußerungen Hitlers haben einen durchaus bolschewistischen Klang, und in der letzten Reichstagssitzung, in der es sich um Hilfe für die Opfer von Bergwerkskatastrophen handelte, wa ren die Aeußerungen der Anhänger Hitlers in der Heftigkeit ihrer Angriffe auf „kapitalistische Zechenbesitzer" von denen der Kommunisten nicht zu unterscheiden. Zwischen den Bolsche- wisten und Faschisten haben die mittleren Parteien Europas Mühe, ihr Terrain zu behaupten. Das kleine Oesterreich aller- dings hat bei den letzten Wahlen einen bemerkenswerten Sieg zu Gunsten stabiler parlamentarischer Grundsätze davongetra gen. In Deutschland kämpft Dr. Brüning unter Zuhilfe nahme verfassungsmäßiger Notstandsvollmachten einen schönen Kampf für parlamentarische Regierung gegen ihre Hitlerischen und kommunistischen Feinde. Deutschland mit seinen 107 Nazis, seinen 76 Kommunisten und einer aus verschiedenarti- gen Elementen zusammengesetzten knappen Mehrheit der mitt- leren Parteien, von seiner wirtschaftlichen Not und seiner großen Arbeitslosigkeit ganz zu schweigen, ist ein getreues Ab bild des heutigen Europas, und es kann sein, daß, ähnlich wie Frankreich vor hundert Jahren anderen Nationen das Beispiel gab, di« weiteren Entwicklungen in Deutschland Wirkun gen Hervorrufen werden, die weit über seine Grenzen hinausgehen. Eff««, 2. Ian. Zur Streiklage tm Rukrbergbau keilt der B«rgvauv«retn mit: In der allgemeinen Streiklage ist in der Nachmittageschicht gegenüber der Morgenschicht keine wesentliche Aenderung einaetreten. Zu den bestreik- Zechen Nnd die Schochtanlagen Dievgardt IM und Friedrich Thyssen II/V tm Hamborner Bezirk htnzugekommen, wayrend di« Belegschaft der Zech« Bismarck Vil/VlH, die in Ler Frühschicht zum Teil am Streik beteiligte waren, in der Nachmittagsschicht vollständig angefahren sind. Auf mehreren Zechen sind einige Leute, die in der Morgenschicht gefehlt haben, in der Mittagsschicht «ingefahren. Vielfach wurde von aus- wärtigen Elementen an den Zechentoren ergebnislos versucht, die einführende Belegschaft für eine Streikbeteiligung zu gewinnen. Wie anderseits von Sewerkschaftsseite erklärt wird, hat die Streiklage in den Hauptstreikgevieten Buer, Gladbeck, Hamm und Recklinghausen sich in den heutigen Mittagstunden teilweise noch verschärft, da die Zechentore weiter von großen Trupps von Erwerbslosen, Frauen usw. belagert werden, die die Belegschaften an der Einfahrt be- hindern. Während auf einzelnen Schachtanlagen die Berg leute sich gewaltsam Eingang zum Schacht verschafften, mußten auf anderen Zechen die Belegschaftsmitglieder wieder nach Hause gehen, da sie dem Stoßtrupp machtlos gegenüberstanden. Auf der Zeche „Gustav" in Essen wurden drei kommu nistische Betriebsratsmitglieder, die sich an dem Streik beteiligt hatten, fristlos entlassen.