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„Wo viel Licht ist, ist starker Schatten", sagt Goetz von Berlichingen in dem Goethe'schen Drama. An Beleuch tungstechnik ist dabei zwar nicht gedacht, denn der Ausspruch soll sinnbildlich gelten, aber er bezieht sich auf die einfache Beobachtung, daß die Schlagschatten beleuchteter Gegenstände um so stärker, also schwärzer erscheinen, je stärker die Beleuchtung ist. Völlig lichtlos rst aber die im Schlagschatten liegende Fläche keineswegs, sondern erscheint uns hauptsäch lich deshalb so dunkel, weil wir sie mit den angrenzenden Hellen Flächen unmittelbar ver gleichen. Wir wissen ja, daß man bei Sonnenschein recht gut im Schatten eines Hauses photo graphische Aufnahmen machen kann. Wir iesen auch ohne Augenanstrengung im Schatten eines Baumes. Dort ist zwar die Beleuchtungsstärke vielleicht zehnmal geringer als im Sonnenschein, aber immer noch reich lich, wenn die Sonne hoch am Himmel steht. Licht ohne Schatten. Wird die Sonne durch eine Wolke ver schleiert, so werden die vorher scharfen und tiefen Schatten merklich weicher und Heller, ist aber der ganze Himmel gleichmäßig be- wölkt, so sind gar keine Schatten zu be merken, obgleich noch viel Licht vorhanden ist. Die den Himmel Überziehende Wolkendecke bewirkt eine so starke Streuung des Sonnen lichtes, daß statt der blendenden, nun aber nicht mehr sichtbaren kleinen Sonnenscheibe die riesige Fläche des Himmelsgewölbes zur Lichtquelle geworden ist. Sie verteilt das Bild 3. wird genaue F< di man auch nahezu Mißhandlung der Angen durch Blendung, Miß achtung der einfachsten Beleuchtungsregeln. Das ist eine anlage — So ist es richtig. einen Raum, dessen Decke und Licht nur wenig zurückstrahlen, beleuchten kann, zeigt uns Ab- Hier sind die Glühlampen in Mengung unü iisils Leksttsn srsekvsfsn ülv Hugsnarbelt. „Svatraut«" t.lebt> — Viel Ulekt ebn» stark» Sekattan. — vor Kat ria» k-aekmanna». Licht in allen Richtungen so gleichmäßig über die Gegenstände, daß keine ausgeprägten Schatten mehr entstehen können. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei unserer künstlichen Beleuchtung, für die uns die natürliche als Vorbild die richtigen Finger zeige in jeder Beziehung gibt. Wir können einen Naum so beleuchten, daß harte, tiefe Schatten auftreten, wir können aber auch diese durch besondere Maßnahmen mildern, ja wir können einen Raum sogar nahezu schattenlos beleuchten. Bei solcher Beleuchtung, stark aber blendungsfrei, wird genaue Feinarbeit ohne Überanstrengung der Augen geleistet. Wie man Wände das dennoch gut bildung 4. Schirme über den Lampen verdienen kaum diesen' Namen, denn sie schirmen das blen dende Licht der Glühlampe nur gegen die Decke ab, nicht gegen die Blicke der Arbeitenden. Deutlich erkennen wir die harten tiefen Schatten, die auf die Arbeits plätze fallen und hier ungemein stören, denn es ist natürlich ein gewaltiger Unterschied, ob man im Schatten eines Baumes bei der hier durch die große Lichtfülle der Sonne immer noch reichlichen und vor allem gleichmäßigen Helligkeit eine Arbeit verrichtet, oder ob man auf seinem Arbeitsplatz Licht und Schatten nebeneinander hat. Das Auge stellt sich dann auf die Helligkeit der beleuchteten Stelle ein und empfindet die daneben im Schatten liegende als schwarz, so daß es auch hier nichts genau erkennen kann. Auf die Arbeitsplätze kommt es an. Bisher war nur von der Allqemeinbcleuch- tung des Arbeitsraumes die Rede. Man kann auch auf eine der beschriebenen Arten den Raum so stark und gleichmäßig beleuchten, daß gleichzeitig sämtliche Arbei'sMtze reich lich und ohne stEde Schotten belichtet Bild 4. vom Fachmann gut ausgeführte Beleuchtungs- ohne Blendung und ohne störende Schatten. farbigen Wänden kann schattenlos beleuchten. Man verwendet hier zu Leuchtgeräte, deren Metallschirm nach der Decke gerichtet ist, also ge wissermaßen umgekehrte Tiefstrahler. Dann tritt kein Lichtstrahl unmittel bar nach unten, sondern das gesamte, von den Glühlampen erzeugte Licht wird auf die Decke und die oberen Wand teile gelenkt und erst von diesen großen Flä chen in den Raum zu rückgestrahlt. Diese Be leuchtungsart heißt des halb indirekt und gleich' der des gleichmäßig be wölkten Himmels hin sichtlich ihrer Wirkung FUrArbeitsräumekomm sie nur in Ausnahme fällen zur Verwendung weil die Schattenlosigkefl den Arbeitsstücken und anderen Gegenständen den Eindruck der Körper lichkeit nimmt und somi ihre deutliche Erkennbar keit vermindert. Eine gewisse „Schattigkeit" der beleuchteten Gegenstände ist also notwendig, nur st ö r e n d e Schatten müssen vermieden wer den. großen Metallschirmen, sogenannten Tief strahlern, untergebracht, die das Licht nach unten auf die Maschinen und Arbeitsplätze lenken und eine Blendung der Arbeitenden verhindern. Bei Verwendung nur einer oder einiger Leuchten dieser Art würden störende Schatten noch vorhanden sein. Deshalb sind die Tiefstrahler in solcher Anzahl verwendet und planmäßig so angeordnet, daß die stören den Schatten, die jede Einzelleuchte verur sacht, durch die Lichtkegel der benachbarten Leuchten stark aufgehellt oder ganz beseitigt werden. Hat der Arbeitsraum eine weiße Decke und hellfarbige Wände, so kann man deren Eigen schaft, aüftreffendes Licht zum größeren Teil zurückzustrahlen, für die Raumbeleuchtung 8ZintNeke äufnskmen: daß der Abstand der Lampe von der Arbeits fläche durchschnittlich nicht mehr als 50 bis 60 cm beträgt. Für derart beleuchtete Arbeitsplätze trifft dann der Ausspruch des Goetz von Ber lichingen nicht mehr zu, denn auf ihnen iit viel Licht, aber kein starker Schatten, der stört. gut ausnutzen. Man verwendet dann Leucht geräte, bei denen die Glühlampe in eine große Hülle aus Opalglas eingeschloffen ist. Das Licht der Glühlampe tritt durch das Blendung im Reich der Schatten. Eine Beleuchtung mit starken Schatten er halten wir z. B., wenn wir in einem Raum mit dunkler Decke und verschmutzten Wänden eine nackte Glühlampe aufhängen. Sie wirkt dann ähnlich wie die Sonne bei unbewölktem Himmel, nur mit dem Unterschied, daß dessen blauer Dom mitleuch tet und dadurch des Sonnenlichtes Härte mildert, während die dunklen Flächen des Raumes das nur in ganz geringem Maße vermögen. Außerdem hat aber diese roheste Form der Raumbeleuch tung den großen Feh ler, daß sie blendet, wenn der Blick auf die Lampe fällt. Belenchtungs- sünden. Dennoch findet man heute noch solche Be leuchtungsanlagen in Arbeitsraumen, wofür uns Abbildung 1 den Beweis liefert. Die Opalglas nach allen Richtungen aus, strahlt also nicht nur (wenn auch vornehmlich) nach unten, sondern auch auf die Decke und die Wände, von denen es aber wieder in den Raum zurückgestrahlt wird. Dieser Umstand bewirkt eine Streuung des Lichtes, die zur Folge hat, daß die auftretenden Schatten viel weicher und weniger tief ausfallen, als bei Verwendung von Tiefstrahlern. Durch die Opalglashülle wird auch die Blendung vermieden, weil das Auge nicht mehr den blendenden Lichtfleck der Glüh lampe, sondern die mildleuchtende Opalglas fläche erblickt. Goethe konnte da» nicht wissen. Einen Raum mit weißer Decke und hell ¬ sind. In den meisten Fällen aber, wenn es sich um feine und sehr feine Arbeiten handelt, die zum erforderlichen guten Sehen hohe Be- leuchtungsstärken verlangen, wäre es unwirt schaftlich, diese im ganzen Raum zu haben, während sie nur auf den Arbeits plätzen selbst erforderlich find. Deshalb zieht man es vor, den Arbeits plätzen Sonderbeleuchtung zu geben. Die All- qemeinbeleuchtung, die dennoch nicht fehlen darf, braucht dann weniger stark zu sein. — Auch bei dieser Sonderbeleuchtung des ein zelnen Arbeitsplatzes werden noch vielfach arge Verstöße gegen die Augenhygiene begangen. Ein Beispiel hierfür gibt uns Ab bildung 2. Da hängt vor der Werkstatt- schreiberin eine Glühlampe, die aus einem zu flachen Blechschirm veralteter Bauart heraus ragt und mithin blendet. Die flache Schirm form läßt das Licht der Lampe seitlich aus treten, anstatt es ausschließlich auf den Arbeitsplatz zu lenken. Das Licht wird also schlecht ausgenutzt. Kommt dann noch dazu, daß die Wattstärke der Lampe zu gering ist, so ergibt sich eine in jeder Beziehung unzu längliche Beleuchtung des Arbeitsplatzes. Nicht einmal die Anordnung der Leuchte ist zweck mäßig, denn es fallen störende Schatten auf die Arbeitsfläche. Wenn der Fachmann eiugreift. Hingegen zeigt uns Abbildung 3 einen gut beleuchteten Arbeitsplatz an einer Schleif scheibe. Der Metallschirm der Leuchte ist so gestaltet, daß er die Glühlampe völlig gegen die Augen des Arbeitenden abschirmt (man beachte den Schatten auf der oberen Gesichts hälfte), mithin eine Blendung sicher ver meidet, kein Licht seitlich austreten läßt, son dern es ausschließlich auf die Ma schine, das Werkzeug und die es führenden Hände lenkt. In dem abgebildeten Beispiel hängt der Tiefstrahler an einem Pendel über der Ar beitsstelle. In vielen Fällen wird man es vor ziehen, eine Werkplatzleuchte zu verwenden, deren Schirm mittels Gelenkarm vielseitig verstellbar ist. Man kann dann je nach der Arbeit den Schirm so einstellen, daß der aus tretende Lichtkegel am günstigsten auf das Werkstück fällt, also weder störende Schatten noch das Auge blendende Spiegelungserschei nungen auf glänzenden Stellen verursacht. Ein guter Beleuchtungs-Ratschlag. Um nach den vorliegenden Erfahrungen die erforderliche Beleuchtungsstärke auf dem Ar beitsplatz zu erzielen, die aber je nach der Feinheit der Arbeit ver schieden hoch ist, verwendet man in der guten verstellbaren Werkplatzleuchte eine 60 Watt-Doppelwendel-Lampe und für be sonders feine Arbeiten eine 75 oder 100 Watt-Lampe. Hierbei ist vorausgesetzt, Bild i. Unglaublich, aber wahr — daß derartige rode Beleuchtungsanlagen, bei denen Blendung und störende Schatten miteinander wetteifern, noch vorkommen.