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Tharandter Tageblatt : 01.12.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1824139225-193612014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1824139225-19361201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1824139225-19361201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Tharandter Tageblatt
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-12
- Tag 1936-12-01
-
Monat
1936-12
-
Jahr
1936
- Titel
- Tharandter Tageblatt : 01.12.1936
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Dresdner Kunstschau Das alte Dresden und seine Umgebung Adolf Nöther bei Richter. Es hat doch stets seinen eigenen Reiz, durch das Dresden von Anno dazumal zu wandern und seine noch ländliche nähere Umgebung, Vergleiche zu ziehen zwischen einst und heute, mit dem leisen Bedauern, wie so manch idyllisches Plätzchen verschwunden, oft ge schmacklose Großstaötbauten entstanden, wo einstmals alte malerische Häuschen unter mäch tigen Bäumen ein friedliches Dasein führten. Wenn ein alter Künstler, wie der nunmehr 83jährige Adolf Nöth er uns einen Ueber- blick gibt über sein Schaffen aus jener lange entschwundenen Periode, wie zurzeit im Kunst salon Emil Richter, bann steht es wieder leib haft vor uns, das alte Dresden der siebziger und achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. In feinen, farbig wohltemperierten, mit aller Liebe des heimatverbundenen Menschen er lebten, geschauten und geschaffenen Aquarellen hat uns Adolf Nöther hier eine kleine, reiz volle Chronik Alt-Dresdens gegeben, die un wiederbringlich, ein dauernder Schatz unserer Stadt werden müßte. Da sehen wir die Alte Weinpresse in Loschwitz aus dem Jahre 1880. Eng an einandergekuschelt zwei malerische alte Häus chen mit Winkeln und Ecken, Fachwerk und überdachten Treppen. Oder die alte Krähenhütte im Großen Garten (1869), heute wohlgepflegte Promenadenwege unter mächtigen Bäumen, flankiert von statt lichen Villen sich hinziehen, herrschte damals noch eine kleine Wildnis, wo sich Füchse und muntere Häslein Gute Nacht sagten. Und dann die alte Saloppe! Schmerzlich be wegt vergleicht man jenes idyllische Landhaus, auf grünem Hügel gelegen, wie es 1872 aus gesehen, mit dem heute so unerfreulich die Gegend verschandelnden Wasserwerk. Die alten Ställe in Pillnitz, im herbstlichen Laub versteckt, der Ausblick vom Kör nerhaus in die Gärten, wie er wohl heute noch sich bietet, das alte Kanonenbohr werk mit seinem stattlichen Turmbau und die alte Pulvermühle, die noch erhal ten, ein verstecktes, kaum mehr beachtetes Da sein führt, erwecken ebenso unsere Anteilnahnie wie die verschiedenen Blicke auf Losch w'tz mit den alten, zum Teil noch erhaltenen male rischen Winkeln. Wie stolz und stilvoll erhob sich noch im Jahre 1875 das elegante Cafe Tornia- menti auf der Brühlschen Terrasse, und wie noch am Rande der Stadt dehnte sich das Terrassenufer, nur von wenigen Häu sern begrenzt, darunter schon das bekannte venezianische Gebäude, das einer romantischen Laune jener Zeit seine Entstehung verdankt. Nur einzelne Partien aus der Sächsischen Schweiz, der Amselgrund mit dem Gans felsen und die Bastei haben ihr Gesicht noch ziemlich unverändert erhalten. Wohl geben uns zahlreiche Stiche, Stein drucke und Gemälde, etwa von Ludwig Richter und Leonhardi, noch Kunde von der alten Zeit der Dresdner Heimat, aber als Zeugen der genannten Periode dürften diese ansprechenden und künstlerisch wertvollen Aquarelle Adolf Nöthers einzig in ihrer Art dastehen. * Die Landschaft der Berge Atelierausstellung von Hanns Herzina. Als unermüdlicherer Schildere! der Hoch gebirgswelt ist Hanns Herzing uns seit Jahren bekannt. Nach mancherlei Wandlungen in seiner Auffassung ist er nun zu einem großen, vereinfachten Stil gekommen, der die stolze Majestät der Berge glaubhaft macht, ihre Größe und Unnahbarkeit zu überzeugen dem Ausdruck bringt. Das Resultat seiner diesjährigen Studien reisen, die ihn von der heimischen Landschaft, dem Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz, an den Bodensee, ins Engadin und schließlich in das Berner Oberland, das Wallis führten, steht in einer stattlichen Reihe meist groß formatiger Bilder vor uns. Vom Erzgebirge hat Herzing in der Hauptsache Georgen feld erfaßt und in seiner großzügigen Weise zu gestalten versucht. Es sind in erster Linie die charakteristischen Bauernhäuser jener Gegend, die in herber, schwerer Silhouette gegen den lichten Himmel stehen. Ein paar bezeichnende Motive aus der Sächsischen Schweiz schließen sich in würdiger Weise diesen Heimatbildern an. Dann leuchtet der Bodensee auf; weit und klar steht über dem kühlgrünen Wasser die feine Bergkette. Das Matterhorn, Herzings Lieblings motiv, hebt sich in neuer Fassung frei und stolz, farbig durchglüht gegen den smaragd grünen Himmel. Dreimal malte Herzing eine Morgenstim mung in den Walliser Bergen. Das eine Mal in einem Talblick, in dem feierlich gegen den blaugrünen Gletscher des Vorder grundes das zartrosige Licht auf den Berg- zacken am fernen Horizont ausleuchtet. Dann wieder im Gegensatz zu diesem warmen, ver ¬ heißungsvollen Morgenqlühen ein kaltes Auf- strahlen hinter unerbittlichen Schroffen, und endlich ein Morgenbild von überraschender Lieblichkeit der Farbe, jungfräulich erschauernd im Dämmer des ersten Frühlichts. Schwere Wucht, trotzige Masse wächst der Raum im „B er g er l e b n is", Berge und Himmel in eins verschmelzend. „Letztes Licht" er glüht wie tröstend über dunklem Tal, darinnen eine schweigende Kapelle zur Andacht ruft im Gedenken an den abgestürzten Führer. Ganz weitab dann ein Dörflein, Soglio, eingebettet in die majestätisch-väterliche Um armung mächtiger Urweltriesen. Hier mag Segantine seine trotzige Heimat erlebt und in unvergleichlichen Schöpfungen uns offenbart haben. Von verschiedenen geschmackvollen Stilleben fällt besonders eines auf, Zimmergeschirr, das in Verbindung mit Alpenblumen einen har monischen Akkord ergibt. Der matte Silber glanz der alten Zinnstücke steht in wohlabge stimmtem Zusammenklang mit den in zarten Tönen erblühenden Pflanzen. Der purpur rote Streif einer Decke unterstreicht das Ganze wirkungsvoll. Schließlich erwähnen wir noch ein in seiner dekorativen Eigenart hervor ragendes Triptychon, ein Werbestttck für das Erzgebirge mit einer Altenberger Landschaft, Barcelona soll -er neue Tagungsort der Dritten Internationale werden. Paris, 28. November „Matin" will neue Aufklärungen über die Absichten Sowjetrußlands machen können be züglich des zukünftigen Tagungsorts der Komintern. Die Unterzeichnung des deutsch japanischen Abkommens, so schreibt das Blatt, habe in Sowjetrußland einen sehr viel stärke ren Eindruck gemacht, als man dies allgemein glauben machen wolle. Eine Gruppe in Moskau sei der Ansicht, daß Sowjetrußland sich nicht eher in einen Konflikt einlassen dürfe, bevor es nicht einer zumindest wohlwollenden Haltung der bürgerlichen Staaten sicher sei. Zu diesem Zweck habe man vorgeschlagen, den politischen Sitz der Komintern aus Sowjetrußland zu ver legen. Es scheine, als ob man sich auf Barce lona geeinigt hätte. Diese Lösung habe nach An sicht der bolschewistischen Kreise den Vorteil, den Kampf endgültig nach dem Westen Europas zu übertragen. Die katatonischen Behörden hätten schon ihre begeisterte Zustimmung zu diesen Plänen gegeben. einem pflügenden Bauern und einer Eis läuferin. Das Ganze ist bekrönt von silbernen Bergmännern, Engeln und Tannen. Das Werk soll in Paris für die Schönheiten des Erzgebirges werben. 8ebalckt. Nm Reich -er Weihnachtskrippen Ein Besuch in der Weihnachtsschan des Sächsische« Heimatschntzes im Kurländer-Palais Durch die wieder eröffnete Weihnachtsschau des Sächsischen Heimatschutzes im Kurländer- Palais werden wir auch in das Reich der Weihnachtskrippen geführt. Viele begrüßen es mit Freuden, daß die Weihnachtsschau schon im November den Reigen der Weihnachtsaus stellungen eröffnet. Doch hin und wieder gibt es auch Menschen, denen man eben nichts recht machen kann. „Viel zu früh, noch vor Toten sonntag!" meinen sie. Gewiß, bis Weihnachten hat es noch gute Zeit. Wer aber die Weih nachtsschau in ihrem tiefsten Sinn erfaßt hat, der wird das rechtzeitige Eröffnen nur begrü ßen, denn sie soll die Besucher nicht allein zum Kaufen anregen, sondern soll Wegweiser sein, wie man das Weihnachtsfest wahrhaft innig und schön gestalten kann. Das Selbstgestalten ist, glaube ich, das Leit motiv dieser Weihnachtsschau. Und daß wir auf unser erzgebirgisches Dorf Seissen hin gelenkt werden, wo man all die netten Dinge herstellt, die wir zum Krippenaufbau und son stiger Festausgestaltung benötigen, ist da nur zu verständlich. Von dieser Ausstellung Seiffen, das in winterlicher Pracht vor uns liegt, geht echter Weihnachtsfriede aus. Frohe Menschen, winterlich vermummt, verlassen das trauliche Gotteshaus. Man sieht ihnen an, daß sie die CHristmette mit ganzer Seele erlebten, daß sie Glücksgefühl mit heimzunehmen bereit sind, um im kleinen erzgebirgischen Stübchen den heiligen Christ zu empfangen. Wahrscheinlich freuen sie sich auch auf die selbstgefertigte Weihnachtskrippe. Und so, wie die Erz gebirgler die echte Weihnachtsfreuöe empfin den, so sollen auch wir versuchen, durch Selbst gestalten des Weihnachtsfestes uns und den Unseren die Festesfreude zu erhöhen. Schreiten wir weiter. Im ersten Raum zwingt uns unter blaubespanntem Himmel die Deiffner Krippe zur Andacht. Zarte Glöcklein ertönen. Von den „Bergspinnen", den erz gebirgischen Weihnachtsleuchtern hängen sie herab und erklingen, vom Luftzug bewegt. Die erzgebirgischen Lichterkränze, die sich an der Deckenwölbung reihen, mahnen uns an den bevorstehenden Advent und an das rechtzeitige Herrichten des Adventskranzes oder Leuchters. Wir schauen zu ihnen hinauf und bewundern die schwarzröckigen, silhouettenfeinen Berg leute, die auf dem weißen Rund des Holz ringes in Reih und Glied würdevoll aufziehen. Manchmal folgen wir auch den kleinen Hei matschutzengeln, die im steifen weißen Kleid chen als Lichtträger bemüht sind, die Tülle recht fest in den kleinen rundlichen Händchen zu halten. Nun widmen wir den schönen Weihnachtsgeschenken und den Spielsachen ein Weilchen, dann geht es in den großen Festsaal, vorbei an zwei stolzen Fichten, und nun tut sich vor uns der köstliche Weihnachtszauber auf. Viele alte bekannte Dinge treffen wir dort, die uns von anderen Jahren her vertraut sind und immer wieder darauf verweisen, daß der Erzgebirgler, der gern bastelt, sie uns schuf, daß sie heimatverbunden sind. Man zeigt uns allerlei kleine Spielsachen, Tiere, Bäume, Häuschen neben anderen größeren, wie Schau kelpferden, Tieren auf Brettern — zum Fah ren und dergleichen mehr. Man nennt uns für die gleichen Dinge billigere und höhere Preise. Erst mit Hilfe der Betreuerin der Weihnachtsschau können wir feststellen, was Hand- und was maschinell hergestellte Spiel lachen sind. Daraus erklärt sich auch die Schwankung des Preises. Von den kleineren Gegenständen ist das erzgebirgische Bornkinnl eine neue Errungenschaft des Heimatschutzes, der in jedem Jahre bemüht ist, der Ausstellung ein anderes Motto zugrunde zu legen. Neben Spielzeug und den reizenden und nützlichen Gebrauchsgegenständen haftet unser Blick immer wieder an den verschiedenen Weih- nachsbergen, den erzgebirgischen Pyramiden. Am Abschluß der Weihnachtsausstellung er hebt sich ein großer neuer Weihnachtsberg in noch nie dagewesener Pracht. Es ist das Kunst werk eines Bastlers aus Grillenburg, Sen Hofrat Seyffert für den Heimatschutz ausfindig gemacht und erworben hat. Der Weihnachts berg ist in drei Abteilungen eingeteilt. Links erhebt sich der Palast des Herodes. Es wird Sie Szene der Ankunft der drei Weisen aus dem Morgenlande dargestellt. Im Mittelteil des Weihnachtsberges erblicken wir die Dar stellung der Geburr Christi. Darüber ragt das Gebirge und Joseph naht mit der auf einem Esel reitenden Mutter Maria, die das Christuskind im Arm hält. Auf der rechten Seite steht eine Hütte, in der Hirten schlafen. Lämmer weiden im Tal und am Berghang. Aus dem Aether kommen die himmlischen Heerscharen herabgeschwebt, das göttliche Licht, das von ihnen ausgeht, blendet die Hirten in ihrer Hütte. Sie erwachen und forschen nach der unerklärlichen Ursache. Ganz leise ertönt von einer Spieldose her: „Stille Nacht, heilige Nacht." Die alte liebe weihnachtliche Weise erfüllt die Herzen aller Besucher, die wie gebannt vor dem Kunstwerk stehen. Clara Wolf-Kantmann. ^nnie Ksnce-Hallsl, unsere allen Lesern so wohlbekannte Mitarbei terin, wird am 2. Dezember 50 Jahre alt. We nige wissen, daß sie, deren Bücher und Artikel so oft von fernsten und entlegensten Welt gegenden handeln, ein echtes Münchner Kind ist. Dort wurde sie 1886 als Sprößling einer altangesehenen echt Münchner Kaufmanns familie geboren und dort verlebte sie auch ihre Jugend- und Lernjahre, Medizin und Natur- Wissenschaften studierend. Diesen ist sie auch niemals wieder untreu geworden, obwohl sie sich alsbald dem Schrifttum zuwandte. Denn auch in ihren vielen Romanen und Novellen ist stets ein wissenschaftlicher Kern da und ihre berühmten Reisewerke haben sogar etwas Neues darin geschaffen, daß sie, mag sie nun von Indien, der Südsee, von den fieberheißen Wäldern Westindiens oder dem modernsten Nordamerika schreiben, stets Leben und Kultur der Menschen auf Naturgesetze ihres Landes, also auf den Heimatbegriff zurückzuführen ver steht. Dieses Heimatverständnis ist überhaupt dis große tragende Idee ihres Lebens geworden, obwohl sie — oder richtiger gesagt, gerade weil sie in allen fünf Erdteilen gelebt und geforscht hat und auch seit vielen Jahren, allerdings aus Gesundheitsrücksichten, im fernen Süden, im südlichsten Dalmatien lebt. Sie hat alle diese Forschungsreisen als Begleiterin ihres zwei ten Mannes, des bekannten Biologen Dr. R. H. France, gemacht, dessen Wirken sie mit kul turellen und dichterischen Werken auf das glück lichste ergänzt hat. Ihr grotzangelegtes Werk „Die Kultur von Alteuropa" beschäftigt sich auch vielfach mit den sächsischen und norddeutschen vorgeschichtlichen Altertümern, wieder von dem Standpunkt der Heimatidee aus und ihr noch aus ihrer medi zinischen Zeit stammendes Buch „Die Tragödie des Parazelsus" hat gerade in letzter Zeit von maßgeblichster Stelle des Reiches die Beurtei lung gefunden, es sei zur Zeit seines Erschei nens wahrhaft eine völkische Tat gewesen. Dieses Wirken im völkischen Sinne zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben dieser seltenen Frau, die gleichsam den neuen deut schen Frauentypus in einer seiner Vorkämp ferinnen verkörpert: die Heimatliebe und Ver ständnis für ihr Volk mit Weltblick verbindet. Wir erhoffen uns noch viel Schönes von Frau Francs. Jeder ihrer Beiträge wird von unseren Lesern mit Spannung erwartet. Dres-ner Peesfe Spiegel Weihnachtei es schon? Jetzt ist die Zeit, wo's frühe dämmert! Alt wird das Jahr, das einst sooo jung! Der Hausherr fühlt sich leicht belämmert, Zeigt Muttchen ihm die — Lichtrechnnng! Schon braust der Winter in die Kurve! Die Frau, sie spitzt den Bleistift an Und sinnt beim Wunschzettelentwurfe: Wie sag ich's diesmal meinem Mann??? Ja, weihnachtet es denn schon? Doch! Und es wird Zeit, daß sie ihn darauf vorbereitet, wie empfänglicher Natur seine Lieben sind! Jetzt wird es Zeit jetzt geht's aufs Ganze! Im Kaufhaus stehen schon wieder reihenweise, grünlackiertes Eisen, die Christbaumstänber. O du fröhliche . . .! singt die Schallplatte auf einem Kindergrammophon in der Spielwaren abteilung, das Weihnachtslied schwingt sich über Handschuhe und Schlipse. Zinkbadewannen und Damenhüte, Nachtschränkchen und Salatbestecks, fliegt bis dorthin, wo es in der warmen Jah reszeit die hübschen, buntfarbigen Liegestühle, die indanthrenfarbenrn lustigen Sonnenschirme für Garten und Veranda zu kaufen gab; in dieser Abteilung haben sie jetzt — Ofenschirme. Aber gleich nebenan, ei, da hat der Sommer doch was einzupacken vergessen, da gibt es neben grünen Rosenpfählen ganze Bündel von: Nelkcnstäbchen! Ein Julitraum schwebt auf leichtem Flügel durch ein weihnachtliches Kaufhaus . . .! Ach, und dabei pflanzen wir den werten Podex in der Straßenbahn doch schon wieder liebend gerne au° die Hcizu"g, die noch vor kurzem sorgsam gemiedene! Denn als wir am Totensonntag über den Friedhof gingen, lag Schnee auf den Gräbern. Eine blasse letzte Rose fröstelte auf einem Kindergrab. Es schien, als sei der Be such in den Gärten der Toten nie so stark ge wesen wie gerade an diesem Totensonntag. Vom frühen Morgen an, ja, schon am Sonn abend zuvor wanderten die Dresdner in dun kelgekleideten Scharen zu stillen Hügeln. Dun kelgekleidet und warm verpackt, denn der Win ter hatte ja seine Visitenkarte eben abgegeben. Leer lag die Elbe, als wir, vom Gottesacker kommend, wieder in die Altstadt hinüberschrit ten. Es baden keine Dampfschiffe mehr am Ufer, vereinsamt liegt das Fahrkartenhäuschen, an dem wir im Sommer manchmal Schlange standen. Dieser Tage verspürten wir, von draußen ins Warme kommend, zum erstenmal wieder Dribbeln" in den Fingerspitzen, oh, wie das gemein zwickt! Und der Kalender, der einst so prall und wohlgenährt in das Jahr 1936 hineinmarschierte, er hat eine so sehr schlanke Taille gekriegt. Denn schon stürzt Ser neue Großangriff der Kalender über uns her. Kalender, überall Kalender mit der Jahreszahl 1937 bescheinigen uns unerbitt lich, Saß wir, falls wir ein Bauen wären, wie der einen Jahresring angesctzt hätten. „Schon wieder ein Jahr!!" sagen wehmutsvoll die Frauen. Ja, liebe Damen, Kalender für Frauen, nach denen sie jedes Jahr jünger wer den, sind leider noch immer nicht erfunden worden! Dafür kann man jetzt in England elektrisch älter werden. Dort bringt eine Firma diese Weihnachten einen Wandkalender aus den Markt, der wie eine Uhr aufgezogen wird, und zwar monatlich einmal, und dann jeden Tag selbsttätig das Datum auswechselt. Das wäre auch bei uns was für Leute, die chronisch vergessen, den Kalenöerzettel abzu- reitzen und sich dann mit der Begründung rausschwindeln, dem Glücklichen schlage kein Minütchen! Ter Schmus erübrigt sich, nach dem die Technik heutzutage so unbestreitbar auf der Höhe ist! Nicht ganz auf der Höhe sind jedoch manch mal die lieben Mitmenschen, wenn man sie fragt: Wieviel Einwohner hat -eine Stadt? Die ulkigsten Zahlen kriegt man da kalt- lüchelnd an den Grützespeicher gepfeffert. Wenn der eine dir Dresdens Einwohnerzahl harm los mit 20 0V0 angibt und der andere tollkühn von zwei Millionen faselt, so ist das keine Uebertreibung von mir, sondern — bitte schön!! — alles schon öagewesen! Also knüp pelt mal die werten Ohren auf und vernehmet in Andacht, was die Dresdner Statistik des Oktober meldet. Da finden sich u. a. sehr inter essante Zahlen über den Fremdenverkehr, den Stand der Erwerbslosigkeit, Heiraten, Bevöl- kerungszu- und -abgang durch Geburt und Sterben; ferner entnimmt man den sehr auf schlußreichen Zusammenstellungen, daß Dres den gegenwärtig 636 476 Einwohner hat. Siehst du, davon bist du einer! Wenn du nun außer dem auch noch jung geblieben bist und mit dei ner Zeit gehen willst, dann solltest du dich nicht damit begnügen, nur ein Zgffcrchen d>^'- stattlichen Zahl zu sein, sondern solltest mal nach unserer Jugend umsehen, die b-st' ist, auf dieser Zahl weiterzuwachsen! Sich mal die Schülerarbeiten-Ausstelluuge« an, die jetzt im Anschluß an die elte'' N'-^rrichtsbesuche in den Schulen viel " ' werden. Aus diesen Kind'"--'^' Basteleien spricht doch ein o- ' '' G.ist als früher bei uns. die wir mehr o. minder an die Schablone gebunden waren. Uns wäre es kaum gut bekommen, eine „eigene Auffassung" von den Dingen zu haben, ge schweige denn zu wagen, die auch noch zum Ausdruck zu bringen! Eine Sache künstlerisch zu sehen und zu gestalten, Zeitereignisse mit kindlichen (dabei oft erstaunlich reifen!) Mit teln festzuhalten, sind di« Ziele des jetzigen Zeichenunterrichts, von deren Erreichung die Schulausstellungen beredtes Zeugnis ablegen. Auf gleichen Wegen geht auch der Werkunter richt. Luft und Liebe zur Sache atmen alle diese Kinderarbeiten, das macht Freude! Und: Freude tanken ist doch soo wichtig! Gründlich besorgte das ein bnnter Abend -es Tierschutzvereins im Dreikaiserhof, der getragen war von Liebe und Verständnis für das Tier und von fröh licher Laune der Menschen. Ein kleines DhLaterstücklein von Haustieren ließ diese zur Geisterstunde von ihren Erfahrungen mit den Menschen berichten, entzückende Tiergeschichten wurden vorgelesen, Tierfilme zeigten uns un sere besten Freunde auf der Leinwand, und dankbar gedachte man des dritten Jahrestages der neuen Tierschutzgesetzgebung unserer Re gierung. Nun höre ich schon ein Vögelein singen — nein, viele! Domspatze« zwitschern! ^ie Regensburger Sängerbuben, die am "rcitag im Bereinshaussaal ihr Kon- nein, sie zwitschern nicht, sie singen Ze! Und es ist das letztemal für 'ir sie hören werden, gehen die mit dem neuen Jahre doch zu- ße Konzertfahrt nach Süd- vir uns daher noch einmal "östlichen Lieder Vorsingen, .me Zeit kmvonflattern! K.
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