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Ottendorfer Zeitung : 12.02.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-193802122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19380212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19380212
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1938
-
Monat
1938-02
- Tag 1938-02-12
-
Monat
1938-02
-
Jahr
1938
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 12.02.1938
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II. wiederum Botschafter lgspolitik. man, daß er Ueber- cacht hat. ie Unter- mbe über ebiet eng- eßlich der ise zeigen r in dem iche Vel inen wei- grund. zwischen espondent englisch en, so sei rbeit des :s Thema öden und itschlands, noch die werden. praktische der Frei- rh sie den tigten. s „Daily echtige zu frage ge- Nichtein- sei anzu- Zügen die and und olglos. e Heeres- e bolsche- ra einen wehrfeuel agebirges insgesamt Villalba uch im twährend Maschinen- Mtz und jeglicher et. — Die feind- ngslos e Kampf habe sich z u r ück- Truppen nne. Die he Menge Man hat neu Uni- der fran- haben die r franzö- ie bemüht regierung r der sich virtschaft- rchen, die ationalen lichst eine daß sich en bereit kten schon Barcelona Frechheit ruhigend die vor meinem m Grad er seine geht auf ach sechs md was n. 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Zunahme um 3 Millionen in den letzten drei Monaten. Washington, 10. Februar. Präsident Roosevelt er suchte am Donnerstag den Vundeskongreß um die sofortige Bewilligung von zusätzlichen 250 Millionen Dollars, die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verwendet werden Neue Offensive des Winters. Starke Schneefälle nach Sturm und Regen. München, 11. Februar. Nachdem den ganzen Donners tag über ein heftiger Sturm getobt hatte, der zeitweise orkanartige Formen annahm, entlud sich in den späten Abendstunden über München ein außerordentlich starkes Wintergewitter. Das um diese Jahreszeit seltene Schau spiel war von stürmischen Regenböen begleitet, die später rn starke Schneefälle übergingen. Nennenswerte Schäden sind erfreulicherweise in München nicht zu verzeichnen. Stuttgart, 10. Februar, lieber Stuttgart und weiten Kreisen Württembergs ging am Donnerstagabend zum Weiten Male innerhalb kurzer Zeit ein schweres Winter- gelvitter nieder, das von heftigen Sturmböen und einem Schneesturm begleitet war. Grellen Blitzen folgten wäh rend einer vollen Stunde außerordentliche harte Donner schläge. Starker Nordweststurm in der Nordsee. Hamburg, 10. Februar. Im Laufe des Donnerstag nachmittags ist der starke Nordwestwind zu einem Sturm über der Nordsee und den Küstengebieten angewachsen. In der Deutschen Bucht wurde gegen 17 Uhr Windstärke 9 und in den Böen sogar Stärke 10—11 gemessen. Mehrere Schiffe, die in See gehen wollten, sind in Cuxhaven vor Anker gegangen, um besseres Wetter abzuwarten. 808-Rufe eines französischen Dampfers bei Borkum. Bremerhaven, 10. Februar. Infolge des heftigen Sturms in der Deutschen Bucht strandete am Donnerstag abend ein französischer Dampfer der Reederei Chargeurs Aeunis Paris in der Nähe von Borkum. Das Schiff, dessen Name noch nicht bekannt ist, sandte SOS-Rufe aus. Ter Bergungsschlepper „Albatros" der Bugsierreedevei lief don der Station Borkum zur Hilfeleistung aus. Schiffe in Seenot. Bremen, 11. Februar. Schwerer Nordweststurm, der in der Nacht zum Freitag über die Nordsee und ganz Nord- Westdeutschland hinwegtobte, hat zahlreiche Schäden verursacht. Am Donnerstagabend wurden von dem franzö- dschen Dampfer „Baoule" (5874 Tonnen), der von Ham- d^rg mit einer Ladung Stückgut nach Frankreich unterwegs war und sich in der Nähe von Borkum befand, 808-Ruse ?»sgesandt. Der Borkumer Bergungsdampfer „Albatros", der Lotsendampfer „Emden" und das in der Nähe befind- Uche Panzerschiff „Deutschland" setzten sich sofort zu dem »uf der Nordseite der Insel Juist aufgelaufenen Dampfer »Baoule" in Marsch. Schwere Brecher fegten über das Schiff, so daß die Besatzung noch nicht gerettet werden Mute. Die deutschen Bergungsdampfer „Albatros" und »Seebär" befinden sich in der Nähe der Unfallstelle. Nördlich von Norderney ist ein Schiff unbekannter Nationalität wegen Maschinenschaden vor Anker gegangen sollen. In der Begründung dieser Forderung erklärte er, daß die dem „Amt für produktive Arbeitslosenfürsorge" zur Verfügung stehenden Mittel von 497 Millionen Dollar nicht einmal ausreichen, um die zur Zeit mit öffentlichen Arbeiten beschäftigten 1,9 Millionen Erwerbslosen bis zum 30. Juni — dem Ende des Fiskaljahres — weiter zu be schäftigen. Durch die zusätzliche Forderung soll jedoch nicht nur diesen Personen, sondern allen, die in letzter Zeit ar beitslos geworden sind, und ohne Mittel dästehen, Hilfe gebracht werden. In einem Schreiben an den Sprecher des Kongresses erklärte Roosevelt, daß während der letzten drei Monate schätzungsweise 3 Millionen Personen ihre Stellungen in der Privatwirtschaft verloren hätten. Diese Zunahme sei zur Zeit des früher bewilligten Fürsorgefonds nicht vor auszusehen gewesen, so daß jetzt mehrere 100 000 Bedürf tige um die Zuteilung von Notstandsarbeiten eingekommen seien, die mit den vorhandenen Mitteln nicht finanziert werden könnten. Die sofortige Auffüllung des Fonds zur Vermehrung der Arbeitsgelegenheiten des oben erwähnten Amtes sei daher unumgänglich notwendig. und hat um Schlepperhilfe gebeten. Der finnische Dampfer „Dagmar", der sich auf dem Wege von Emden nach Norden ham befand, hat auf der Höhe von Borkum in schwerem Sturm Anker und Kette verloren und wird nach Emden zurückkehren. Im Bremer Hafen sind zwei Barkassen ge sunken. Ein Opfer des Sturmes wurde der Motorsegler „Katharina" aus Kolmar. Der Segler schlug voll. Die Besatzung ist gerettet. Der Schiffsverkehr ist im Laufe des Freitagvormittags wieder in vollem Umfange ausgenom men worden. Die Schäden des Unwetters in Brasilien noch nicht abzu schätzen. — Langsame Wiederaufnahme des Verkehrs. Rio de Janeiro, 11. Februar. Die Sachschäden, die dre schwere Univetterkatastrophe in Brasilien angerichtet hat, sind vorläufig noch nicht abzuschätzen. Nicht nur die Bundeshauptstadt Rio de Janeiro, sondern auch zahlreiche an der Küste liegende Städte sind in starkem Maße in Mitleidenschaft gezogen Morden. Stündlich treffen hier neue Berichte über die Verheerungen ein, die den ganzen Umfang der Wetterkatastrophe deutlich werden lassen. » Fernlastzug wirft Haus und Scheune um. Die Bewohner und Fahrer unter den Trümmern. Lohr, 1v. Februar. Ein furchtbares Verkehrsunglack ereignete sich am Mittwoch spät abends in Steinbach bei Lohr. Ein aus zwei Wagen bestehender Fernlastzug aus Wittenberg fuhr am Wiesenfelder Berg mit voller Wucht gegen ein an der Straße gelegenes Wohnhaus. Der An prall war so heftig, daß das ganze Haus und eine ange baute Schneune einstürzten. Die Bewohner wurden unter den Trümmern begraben. An dem Lastzug versagten die Bremsen. Mit unge heurer Geschwindigkeit — man nimmt 110 bis 120 Stun denkilometer an — sauste der Lastzug eine zweieinhalb Kilometer lange, stark abfallende Straße hinunter, so daß eine scharfe Kurve nicht genommen werden konnte. Die Wagen rasten geradeaus und rissen den vorderen Teil des Hauses des Schneidermeisters Schuhmann glatt weg. Sie überquerten dann die Dorfstraße und fuhren in unvermin derter Geschwindigkeit in die Scheune eines Landwirtes, bis der Führerwagen vollständig und der Anhänger zur Hälfte in der Scheune unter den eingestürztcn Trümmern stecken blieben. Aus den Trümmer» des Wohnhauses wurden der um diese Zeit in seiner Werkstatt arbeitende Schneidermeister Schuhmann schwer verletzt und seine Frau tot geborgen. Schuhmann wurde von der Sanitätskolonne mit dem leichtverletzten Beifahrer des Lastzuges, Otto Ludwig aus Halle an der Saale, der sich im letzten Augenblick durch Abspringen retten konnte, dem Löhrer Krankenhaus zu- gefuhrt. Der Fahrer des Lastzuges, der Besitzer Wunderlich, wurde im Führersitz von den Trümmern begraben. Aus aller Welt. * Geburtstagswünsche des Führers an den König von Aegypten. Der Führer und Reichskanzler hat dem König von Aegypten zum Geburtstag drahtlich seine Glückwünsche übermittelt. * Reichsminister Freiherr v. Nenrath verabschiedete sich am Donnerstag mit herzlichen Worten von dem engeren Kreis seiner Mitarbeiter. Sodann übergab er die Geschäfte dem Reichsminister des Auswärtigen v. Ribbentrop und stellte diesem die leitenden Beamten des Auswärtigen Amtes vor. * Der letzte reichsdeutsche evangelische Pfarrer aus Ost oberschlesien ausgewiesen. Am Dienstag ist gegen den Pastor Scholz in Lipiene, den letzten reichsdeutschen Pfarrer in Ostoberschlesien, der über 12 Jahre die evan gelische Kirchengemeinde in Lipiene leitete, der Ausweis befehl ergangen. Pastor Scholz wurde aufgefordert, bis zum 28. Februar dieses Jahres mit seiner Ehefrau, die zur Zeit schwer krank darniederliegt, das polnische Staatsgebiet zu verlassen. Auch diese Ausweisung geht gleich den vor hergegangenen mit den vom katholisch-polnischen Wojewod schaftsamt getroffenen Maßnahmen zur Entdeutschung der uniierten evangelischen Kirche Osteroberschlesiens in Zu sammenhang. * Acht Jahre Zuchthaus für eine gewissenlose Ver brecherin. Nach einer langen Verhandlung, die unter Aus schluß der Oefsentlichkeit stattfand, verurteilte das Düssel dorfer Schwurgericht die Ehefrau Elisabeth Malzkorn geb. Wiench wegen fortgesetzten gewerbsmäßigen Verbrechens gegen 8 218 des StGB. (Abtreibung), davon in zwei Fäl len in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, zu acht Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust. Die Angeklagte hatte von 1928 bis zu ihrer am 15. Mai erfolgten Ver haftung in einer ganzen Reihe von Fällen gegen Bezahlung verbotene Eingriffe gemacht. Zwei der von ihr „behandel ten" Frauen starben an den Folgen. Die Angeklagte wurde durch die Aussagen von mehr als 30 Zeugen restlos über führt. * Tödlicher Ausgang einer Zurechtweisung. Die Staatliche Kriminalpolizei, Kriminalpolizeistelle Weimar, teilt mit: Am 6. Februar wurde durch die Kriminalpolizei stelle die in Rositz bei Altenburg wohnhafte 64 Jahre alte Ehefrau Lina Denner festgenommen, weil sie dringend ver dächtig ist, den Tod ihres 57jährigen Ehemannes, des Invaliden Bernhard Denner, verschuldet zu haben. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen ergaben folgendes: Der Ehemann, der öfters betrunken nach Hause kam und da durch seiner Ehefrau häufig Aerger bereitete, wurde am 3. Februar abends von mehreren Sanitätspersonen total betrunken in die Wohnung gebracht. Er war in diesem Zustande auf der Straße liegend aufgefunden worden. Die Ehefrau hatte ihren schon am Montag betrunkenen Mann nicht abhalten können, daß er noch einmal zum Trinken fortging, lieber den Zustand des Betrunkenen war die Frau so verärgert und in Zorn geraten, daß sie den aus dem Fußboden liegenden Mann, der alles verunreinigt hatte, heftig mit dem Ausklopfer schlug. Als sie ihn später auf den Stuhl gesetzt hatte, stieß sie ihn mehrmals mit dem Kopf gegen die Wand. Seit dieser Zeit blieb er be wußtlos, fing an zu röcheln und verstarb am nächsten Tage. Die Ehefrau hat nach glaubhaften Angaben dem Manne nur einen richtigen Denkzettel geben wollen, hat aber nicht die Absicht gehabt, ihn so zu schlagen, daß er an den Folgen versterben mußte. * Albertini über Le Bourget abgestürzt. Der italie nische Flieger Albertini, der am Donnerstagvormittag Mailand verlassen hatte, um über Paris nach London zu fliegen, stürzte, als er in Le Bourget zum Landen ansetzen wollte, etwa? außerhalb des Flugplatzes aus geringer Höhe ab. Das Flugzeug, eine zweimotorige Maschine, wurde zerstört. Der Flieger sowie der Funker und der Mechaniker blieben unverletzt. Albertini hatte die Absicht, den Ge schwindigkeitsrekord London—Cap anzugreisen. * Frankreichs Goldbestand schwindet. Der frühere fran zösische Finanzminister Rehnauld erklärte am Donnerstag in einer Rede, daß der französische Goldbestand bereits auf 407 Tonnen gesunken sei. Das Gold zum Zwecke der Landesverteidigung schmelze immer mehr zusammen. Um den erforderlichen Goldbestand von 3275 Tonnen zu errei chen, bedürfe Frankreich eines Goldzuflusses im Werte von 27 Milliarden Franks. vo« os^l.v mcttiekr. Wj «Nachdruck verboten.) „Und du?' Der Vater sah seinen Sohn spöttisch an, '-hältst du mich für so dumm — glaubst du, ich durch- Haue die ganze Geschichte nicht? Du kannst mir erzäh- was du willst, für dich dreht sich die Sache nur um °>e Frau Johanna Aber bitte sehr! Unsere Inter- Mn treffen hier zufällig und wohl das erstemal zu- Mmen. Uebrigens' — der Alte unterbrach sich — „wie Willst du mir denn das zweite Drittel in die Hand stielen?' , „Spielen ist der richtige Ausdruck, Papa!' Fritz Melle. „Der Molkenband spielt nämlich sehr hoch Me Bank wird bald gewesen sein den Rest kannst M mir überlassen.' Willi Kobbe stieß einen Pfiff aus: . „Ich sehe, du bist besser informiert als ich geglaubt Me! Na schön, das Geschäft machen wir zusammen.' lachte gemein: „Ich den Mann und du die Frau'. h Grinsend ergriff der Junge die ihm entgegengehaltene hechle des Alten und verständnisinnig blickten sich Vater und Sohn eine Weile in die Augen. ,, Das durch das große Fenster hereinsallende Nord- erfüllte Han und hell das Atelier, das dem Musiker »n der Roon als Arbeils- und Wohnraum diente. Spar- Msch eingerichtet: ein Bett — ein Schreibtisch — ein Zwgn - paar Stühle und ein mit Noten überfülltes ^gal, das Ganze einer mitleidslosen Beleuchtung preis- Weben, konnte es keine von außen angeregte sentimentale auskommen lassen. Wenn hier schöpferischer ^klsj war, dann konnte er den Funken, der Jubel °er Trauer entzündet, nur aus dem Innern heraus- lon .S" war auch von der Roons Musik. Der Hörer , nnte ihr keine Bilder lieblicher oder strenger Art unter- ^11 geistreicher Schriftsteller hatte einmal, um teÄ das aus der Sprache geborene Dichtwerk zu charak- en, den Ausspruch getan: „Ein Won gab das so gab es ein Gedicht' Molkenband hatte, diesen der U abändernd, in vorzüglicher Charakterisierung r stoonschen Musik gesagt: „Ein Ton gab den anderen — so gab es ein musikalisches Werk'. Und wer die glühende, verbissene Wut gesehen, die auf Joachim von der Roons Gesicht lag, wie er hier an seinem Schreibtisch saß, um ihn herum die noch nassen Partiturblätter, hätte kaum an ser Weltferne dieses Schaffenden zweifeln können. Seit fünf Uhr nachmittags saß er hier und bedeckte Seite um Seite mit seiner winzigen, aber klaren Notenschrift; nun war es schon tiefe Nacht. Manchmal erhob er sich und trat an das Fenster, das weit geöffnet nach oben ge schlagen war und den Blick über Dächer, Kamine und Bäume in den bestirnten Herbsthimmel freigab. Lange stand er hinausgebeugt, in die Ferne blickend — aber sein Auge sah nichts, es war ganz nach innen gekehrt, inneren Gesichten zugewandt. Die Arbeit hatte monatelang gestockt, und was im großen Wurf begonnen war, hatte sich zu keinem Ab schluß formen wollen. Aber bei jenem Spaziergang mit Frau Johanna Heuser, vor dem Bild der Botticellischen „Madonna des Magnificat' war ihm die Erleuchtung ge kommen. Er hatte sich noch am selbigen Tag den liturgi schen Text eines solchen Magnificats verschafft, den er dann selbst ins Deutsche übersetzte. Und zwanglos schloß sich ein altes Marienlied aus dem siebzehnten Jahr hundert an. Nun ging er mit großen Schritten in dem nur mit einer Strohmatte ausgelegten Atelier auf und ab. Dann trat er an den Schreibtisch, ergriff den dort liegenden Text des Marienliedes und mit diesem in der Hand blieb er an einer vorspringenden Wand stehen, die weit ins Zimmer hineinragte und so eine Nische vom ganzen Raum absonderte. In eben dieser Nische befand sich der Flügel. An dem Mauerpfeiler, den die Wand bildete, hing die farbige Reproduktion jenes Madonnenbildes. — Er stand davor, versunken in den Anblick der Madonnengestalt, und vor seinen Augen wuchs die schon vorhandene Aehnlich- keit, die er gleich vamals festgestellt hatte, immer mehr. Johanna Heusers Züge traten ihm klar und lebensvoll daraus entgegen. Ja, so saß sie da, wenn sie spielte, den Kopf vorgeneigt, die Äugen auf das Instrument gerichtet, die Linke leicht gekrümmt auf den Celloseiten und die Rechte weit ausholend zum kräftigen Anstrich. Und was er sah, wem zu Ehren er musizierte, das war — so sehr er auch sich selbst darüber zu täuschen suchte — nicht mehr die Botticellische Madonna, war nicht mehr allein die Mutter Gottes. In seiner Seele verschmolzen Johanna und Maria zu einer begnadeten Frau. So schwebte sie vor ihm her, ob er an seinem Flügel saß oder am Schreibtisch. Und zu Füßen dieser glühend verehrten Gestalt musizierte er hingegeben, ihr zu Ehren. * Seit einigen Tagen zeigte die Börse, trotz ihrer all gemeinen Schwäche, in Bifag-Aktien eine steigende Ten denz. Die Bewegung war so stark, daß sogar einige andere Papiere verwandter Industriezweige davon profitierten. Die Aktien der Bifag, deren schlechte Geschäftslage sich seinerzeit herumgesprochen hatte, waren damals unter Pari gesunken, eine zeitlang träge liegengeblieben, um schließlich ihre einzige Bewegung noch im langsamen, aber sicheren Abgleiten auf tiefste Kursstände zu finden. Um so erstaunlicher erschien es Heuser und seinen Mitarbeitern, daß die Kurse nun plötzlich anzogen, ja an manchen Tagen ruckartig hinaufschnellten. Wenn auch kein Außenstehen der um das sorgsam gehütete Geheimnis der weit unter den Gestehungskosten liegenden Heuserschen Verkaufspreise wußte und die Börse wohl von den reichlich eingehenden Auftragsorders Wind bekommen haben mochte, so waren dennoch diese Kurssteigerungen unerklärlich. Vergeblich hatte Walter Heuser — und auch Hans Molkenband, der mehr als je dem Spiel verfallen war, in seinen lichten Augenblicken — die Ursachen dieser Käufe zu ergründen gesucht. Es ließ sich nur feststellen, daß die Kauforders aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands einliefen. Wenn ein einheitlicher Plan dahinter steckte, so war er jedenfalls meisterhaft verschleiert! Wäre nicht Hans Molkenbands Paket gewesen, das mit dem Heuserschen Aktienbesitz zwei Drittel des Gesellschaftsvermögens ans machte, so wäre die Aktienmehrheit und damit das Ver- fügungsrecht über die Fabrik wahrscheinlich schon lange in fremde Hände übergegangen. Immerhin wurden Heuser und mit ihm sein Prokurist Schober durch diese anhaltenden und undurchsichtigen Käufe etwas nervös, so daß Schober eines Tages nicht die Frage unterdrücken konnte: „Das Aktienpaket von Herrn Molkenband läuft doch keine Gefahr?' Heuser hatte allerdings darauf mit einem „Lächerlich — ganz sicher!' geantwortet, trotzdem aber hatte ihn diese Frage und der Gedanke an die Leidenschaft seines Freun des innerlich sehr beunruhigt. Sah er aber seinen guten, lieben Freund Hans, wie er sich voller Sorge, Arbeitseifer und Aufopferung um die Fabrik mühte, verflogen solche Anwandlungen von Zweifel im Nu, ja, er machte sich selbst Vorwürfe, daß er auch nur eine Sekunde lang an Hans' Treue hatte irre werden können. (Fortsetzung folgt.)
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