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AmtieMM sm Däilder- UIÜ Mimiruiüe. «'»E Zu beziehen durch alle Suchyandtungen des In- u. Auslandes, sowie Postämter. Redakteur: vi-. Otto Delitsch, Professor an der Universität zu Leipzig. Der Jahrgang erscheint in zwölf Monatsheften von vier Logen, das Heft 80 Pf. Semerkungen zur nordischen Dronzeknltnr. Bon Gtto Krümmck. Ein heftiger Streit war unter den Alterthumskundigen darüber entbrannt, ob die kunstvollen Bronzcgegeustände, welche im germanischen Norden häufig gefunden werden, von den vorgeschichtlichen Bewohnern jener Länder selbst gefertigt, oder durch ein fremdes Volk eingcführt sind. Gegenwärtig jedoch dürfte die Zahl derer, welche von der autochthonen Entwickelung einer nordischen Bronzekultur überzeugt sind, sehr zusammengeschmolzen sein. Denn wie könnte man auch glauben, so fragt Hermann Genthe mit Recht, daß dieselben Völker, welche in dem zähen Bronzemetall zierliche Profile, fein geschwungene Linien und streng stilisirte Ornamente mit Stichel und Punze hergcstellt haben sollen, in der Technik der Thonarbeiten ans der untersten Stufe verblieben wären? Denn jene alten Völkerschaften verstanden es nicht, durch Schlämmen den Thon gleichmäßiger und bildsamer zu machen, noch auch die modellirten Geräthe beim Brennen vor dem Verziehen zu sichern. Ueberdies sind alle Thongefäße, welche man aus den nordischen Gräbern hervorholt, mit einfachen Strichmustern verziert, welche in ihrem Stile keine Verwandt schaft mit den geschmackvollen Bronzearbeiten verrathen. So unerfahrene Thonarbeiter können nicht selbst jene rosetten artigen Einsätze von rothem, verglastem Thone und all den emailartigen Massen, welche die bronzenen Schwertknöpfe oder Spangen und Fibeln zieren, hergestellt oder überhaupt Kunstwerke geschaffen haben, von denen Franz Maurer bemerkt hat, daß sie bei klassischen wie bei modernen Künstlern Neid erregen könnten. Gibt man dies aber zu, so knüpft sich daran die weitere Frage, von welchem Volke des vorgeschicht lichen Alterthums jene fein stilisirten Bronzewaffen und Ge räthe angefertigt, und auf welche Weise sie den alten Bewohnern des germanischen Nordens übermittelt sind. Anch hierüber gehen die Ansichten auseinander. Sven Nilsson und mit ihm viele nordische Forscher glauben in den Phöniziern die Träger dieser skandinavischen Au» allen Welttheilen. IX. Jahrg. Bronzekultur zu erkennen. In der That besuchte dieses see- kundige und technisch hochgebildete Volk in alter Zeit die Südwestspitze Englands, um das Ziun, und die Westufer Holsteins, um den Bernstein dorther den Mittelmeerländern zuzuführen. Nilsson aber geht noch weiter. Er behauptet, die Phönizier hätten sich in den Küstenstrichen des ganzen nordwestlichen Europa, in Irland sowohl wie in England, in Dänemark sowohl wie in Südschweden und Norwegen dauernd als Kolonisten niedergelassen, und die halbwilden Eingeborenen außer mit dem Ackerbau auch mit ihrem Baals kultus bekannt gemacht. Aber diese Hypothese, wir sagen es gleich, stützt sich auf keine Autorität des Alterthums, keine unzweifelhaft punischen Bauüberreste, keine Ortsnamen. Alles was Nilsson hierfür beigebracht hat, läßt sich ungezwungen anders deuten. So zunächst die merkwürdige Thatsache, daß sich in den Gräbern zweierlei Bronzeschwerter vorfinden: eine kurze aber mit reich und geschmackvoll verziertem Griff versehene Form, und eine längere, schwerere mit glattem ungeziertem Knauf. Den gewichtigen Unterschied zwischen beiden Waffenarten aber findet Nilsson darin, daß der Griff der reichverzierten kurzen Schwerter nur etwa 55 mm. mißt, während die größeren unverzierten Degen gewöhnlich einen 68 mm. langen Griff besitzen. Nur die letzten Passen, wie Nilsson versichert, in eine germanische Hand, während der kleinere Griff nur von etwa 3 Fingern einer solchen umfaßt werden kann. Daraus schließt derselbe, daß in der skandinavischen Bronzezeit zwei auch leiblich verschiedene Rassen neben einander gelebt haben, eine kleinhändige, welche die eleganten dolchartigen Schwerter, nnd eine starkhändige, welche die große mächtigere Hiebwaffe führte. Die schmalhändige Raffe soll natürlich die phönizische sein, welcher dann auch die kleinen bronzenen oder goldenen Armringe angehört haben würden, die man in den Gräbern findet, und welche gleichfalls nicht über eine moderne Frauen- 5