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6 worden sind, welche geringe Transportkosten auf Walzdraht und billi ges Brennmaterial hatten: wurde den Altenaer Werken die Konkurrenz mit diesen von Tage zu Tage schwieriger, obgleich ihnen die inzwi schen erfolgte Anlage der Ruhr-Siegbahn bezüglich des Bezuges der Rohmaterialien und des Versandtes des Drahtes erhebliche Vorteile ge bracht hat. Etwa um die Mitte der fünfziger Jahre war man bei uns mit der Walzdrahtfabrikation dahin gekommen, die Produktion einer Walzstrasse von 3000 kg bei Draht von 61/2 mm als eine normale, eine solche von 3500 kg aber als eine ausserordentliche anzusehen. Der Draht hatte damals eine Länge von ca. 36 m. Unsere Walzwerke waren aber zu jener Zeit schon insofern vervollkommnet, als sie eine besondere Vorwalze und fünf bis sechs Gerüste in der Fertigwalzstrasse hatten. Mein Erstaunen war daher gross, als ich im Herbste 1855 auf eine Empfehlung des Herrn Le Play, Direktor der Bergakademie in Paris und Generalinspektor der Weltausstellungen unter dem zweiten Kaiserreiche, mich nach Belieben in dem Werke zu Fourchambault in der Nähe von Nevers aufhalten und dort sehen konnte, dass man mit einem Train von nur fünf Gerüsten in einer Linie Draht von ca. 6 mm herstellte und in der Schicht 12000 kg einsetzte, auch bis 120 m Länge walzte, allerdings aus geschweisstem, in Frischfeuern erzeugtem, Eisen. Als ich mit dieser Erfahrung nach Hagen zurückgekehrt war, wurde allerdings anfangs die Möglichkeit der Lieferung so langen Drah tes sehr in Zweifel gezogen, dann aber doch versucht und schliesslich gefunden, dass man denselben auch bei uns zu Lande herstellen könne. Von diesem Augenblicke ab vermehrte sich die Produktion unse rer Drahtstrassen zusehends auf 5, 6 und 7 t pro Schicht, teils durch grössere Geschicklichkeit der Arbeiter, teils durch grössere Einsätze im Schweissofen. Heute hat man es auf durchschnittlich 10 —12 t, ver einzelt auf 13—14 t Eisendraht von 5,5 mm aus einem Schweiss ofen, ja bei der vorteilhaftesten Einrichtung und zwei Schweissöfen auf ca. 18 t gebracht. Das ausgezeichnete und für Drahtmaterial besonders geeignete Roh eisen, welches namentlich den rheinisch-westfälischen Drahtwerken zur Verfügung steht, sowie die allmähliche Vervollkommnung der Fabrika tion des Drahtes, neben billiger Herstellung desselben, bewirkten, dass der deutsche Draht im Auslande eine immer wachsende Verwendung fand und den bislang von England etc. exportierten mehr und mehr verdrängte. So stieg denn der Export sowohl an Walzdraht, wie auch an ge zogenem Drahte und Drahtfabrikaten, in ganz ungewöhnlichem Masse, mit ihm leider auch die Zahl der Drahtwalzwerke. Wenn viele Werke 50 — 90 Prozent ihrer ohnehin auf eine enorme Höhe getriebenen Pro duktion exportierten und nur 10—50 Prozent im Inlande verkauften, so dürfte der gebrauchte Ausdruck „leider” gerechtfertigt erscheinen, da doch der Export allerhand Wechseln unterworfen ist. Ein solcher und zwar für unsere Drahtindustrie sehr empfindlicher trat denn auch zunächst mit dem 1. Juli 1882 durch die Erhöhung des Eingangszolles auf Walzdraht von 40 Kopeken pro Pud auf die enorme