316 Ehe wir das Räderwerk betrachten, sei noch kurz des Figurenbeiwerkes der Uhr gedacht. Jedesmal, bevor die Stunde schlägt, werden die beiden rechteckigen Fenster oberhalb des Zifferblattes zur Seite geschoben; und Figuren — die zwölf Apostel — bewegen sich der Reihe nach an den Fenstern vorüber. Bei der Renovierung hat man ihnen ihrem biblischen Charakter entsprechende Körperbewegungen gegeben, so hebt z. B. der heilige Petrus die Hand gegen den Himmel zum Zeichen des Schwures unerbrüchlicher Treue, der heilige Paulus nickt zustimmend mit dem Kopfe, der heilige Johannes erteilt den Segen, Thomas schüttelt zum Zeichen des Zweifels den Kopf u. s. w. Der Tod, der rechts neben dem Hauptzifferblatte steht, läutet stets, bevor die Stunde schlägt, indem er ani Glockenstrange zieht und schnell die Sanduhr umkehrt. Dabei winkt er mit dem Schädel dem neben ihm stehen den Manne, der aber mit dem Kopfe schüttelt; er ist noch nicht gewillt, der Aufforderung des Todes Folge zu leisten. Dem Tode gegenüber steht eine bewegliche Figur, die einen Geldbeutel in der Hand hält und jede Stunde Bewegungen mit der Hand und mit dem Kopfe macht. Was diese vorstellt, darüber sind die Meinungen verschie den. Am meisten verbreitet ist die Ansicht, daß ein Geizhals dargestellt werden soll. — Neben dieser Figur befindet sich ein Mann, der sich in einem Spiegel beschaut; es ist die Hoffart. Die übrigen auf dem Bilde sichtbaren Figuren waren wenigstens zum Teile beweglich. Nachdem die Uhr die böhmischen Stunden geschlagen hat, erscheint der Hahn an der kleinen über den Apostelfenstern befindlichen Oeffnung und kräht dreimal. — Der Hahn ist die jüngste Beigabe der Uhr. Der jetzige Verwalter der Uhr, Herr Ludwig Hainz, brachte ihn an. Vielleicht als Ersatz des Astrolabiums war nach der vom Professor Strnad in Prag 1891 veröffentlichten Beschreibung der Altstädter Rat hausuhr im obersten Teile der Mauer die „Hbula iimgualium «ivo plaua- tsrnm", d. i. eine Tafel der ungleichen Planetenstunden angebracht. Durch diese Tafel kann man den Regenten aller Stunden finden und bestimmen. Dabei war eine auf die Restaurierung der Uhr bezügliche Inschrift zu lesen. Zum Schutze der Zifferblätter ist ein vorspringendes Dach angeordnet. In derselben Höhe wie die Apostelfenster befand sich links und rechts je eine Sonnenuhr; denn im Grunde genommen zeigt die Uhr die wahre Sonnenzeit und wäre eigentlich nach der Sonnenuhr einzustellcn. — Andern falls könnten die Linien, welche die natürlichen Stunden bezeichnen, nicht symmetrisch zur Mittellinie verlaufen. Das Räderwerk. Fig. 141 bis 144, Taf. 11. Der Mechanismus der Uhr zerfällt in 1. Gehwerk, 2. Läutewerk, 3. Schlagwerk, 4. Zeigerwerk und 5. Kalenderscheibenwerk.