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Bald wetteiferten nun die reicheren Städte und ließen ost von fremden Uhrmachern im Verein mit heimischen Gelehrten solche Werke bauen. So entstand die Uhr des Münsters zu Straßburg, die der Rathäuser in Prag, Olmütz und Lübeck. Wie schön auch die Werke ausgedacht waren, die all zu große Menge ihrer Teile, die schwache Ausführung des Gestelles und unsichere Ausstellung machte sie zu einer Quelle beständiger, nicht eben dankbarer Arbeit und je nach gewisser Zeit mußte der hochweise Rat tief in den Stadtsäckel greifen, um gründliche Reparaturen vornehmen zu lassen. Bei diesen wurden die Werke meist durch neue Zuthaten noch mehr belastet, denn die Gelehrten, welche den astronomischen Teil der Uhr dem inzwischen erreichten Stand der Wissenschaft entsprechend ändern ließen, versäumten nicht, ihren Namen durch Zuthateu der Nachwelt zu erhalten. — Das ist menschlich, für die Uhren war es jedoch nicht sonderlich vorteilhaft. Man wurde endlich der teuren Reparaturen so müde, daß man die Lust verlor und vielerorts die ehrwürdigen Denkmale des Fleißes unserer Vorfahren verfallen ließ. Erst die Neuzeit denkt in diesem Punkte besser und da ihr die mechanischen Hilfsmittel in reichlichem Maße zu Gebote stehen, kann sie die alten Kunstuhrcn zu neuem dauernden Leben erwecken. Die Ganggenauigkeit der Uhren war, selbst wenn sie nur Schlagwerk halten, eine geringe. Beim Schwengel im Vereine mit dem Spindelgang bildete eine tägliche Abweichung von '/2 bis ^4 Stunde keine Absonderlich keit und erst Galliläis Erfindung des Pendels brachte eine Wandlung. Er soll 1593 in der Kirche die Schwingungen der an längeren und der an kürzeren Schnüren hängenden Lampen beobachtet haben und knüpfte daran weitere wissenschaftliche Betrachtnngen, welche ihn schließlich auch dahin führten, daß das fchwingendc Pendel zur Regulierung der Uhren wohl zu verwenden sei. Galliläi, welcher später erblindete, brachte das Pendel nicht mehr in Ver bindung mit dem Uhrwerke, sein Sohn Vincenz soll aber 1649 dies gethan haben. Vor einigen Jahren erschien in einem Fachblatte die Mitteilung, daß die Uhr aufgesunden worden sei; ja sogar ihre Abbildung wurde gebracht. Gleichzeitig hat man auch mehrfach Pendel zu Zeitmessungen, jedoch nicht in Verbindung mit einem Uhrwerke, verwendet. Ein Pendel, ohne Uhrwerk, das 39 Schwingungen in der Minute machte, wurde bereits am 1l. August 1654 von Hevel bei Beobach tung einer Sonnenfinsternis benutzt und Monton, Prediger und Astro nom in Lyon wandte es 1659 bis 1661 an, um den Durchmesser der Sonne zn finden. Zwischen der Benutzung eines einzelnen frei schwingenden Pendels zur Zeitmessung und seinem Gebrauch als Regulator der Uhren ist jedoch noch ein weiter Schritt. Galliläi hat, wie schon erwähnt, denselben zuerst unternommen oder besser unternehmen lassen, das Verdienst, das Pendel als verläßlichsten Regu lator für die Uhren bezeichnet zu haben, gebührt indes Huyghens^). Galliläi war in dem Jrrtume befangen, daß die großen und kleinen Schwingungen des Pendels isochron seien, also je in derselben Zeit erfolgen, während Huyghens an Uhrwerken bemerkte, daß das Pendel zu einer größeren *) Christian Huyghens igeboren am 14. April 1629 in Haag, gestorben da selbst am 5. Juni 1695).