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fahren und getödtct, während auf dem Bahnhofe in Pirna ein Zusammen stoß mit anderen Wagen stattfand, der die Zertrümmerung von 2 Fahr zeugen zur Folge hatte. Aus den Geheimnissen der Großstadt. Kriminal-Roman von R. Meißner. (Nachdruck verboten) (Fortsetzung.) „Es handelt sich um einen Hundertmarkschein, der in einem der be- rüchtigsten Kellerlokale von jenem Krüppel, dessen Sie vorhin Erwähnung thaten, gewechselt wurde. Ein Hundertmarkschein in den Händen eines derartigen Bettlers ist immer verdächtig. Es war ein vielgebrauchter, mehrfach zusammengcflickter Kassenschein, auf dem nach mehreren andern Firmen als letzte vermerkt stand „I. G. S. Berlin", was nach Aussage des Kassirers der Firma „I. Gottwalt Söhne" dessen eigenes Vermerk ist, wie er es auf alle derartig verbrauchten Scheine zu machen gewöhnt sei. Es ist selbstverständlich, daß sich an diesen Schein allerlei Vermuhtungen knüpfen, besonders, da nach Aussage des Kassirers sich einer dieser ver brauchten Kassenscheine unter der Summa befunden hat, welche damals bei dem Morde des Commerzienraths Gottwalt geraubt worden ist." Der Pseudo-Graf wird bleich bis in die Lippen. Er streicht lang sam mit der Hand über das Gesicht und wendet sich halb ab, während er mit schmerzlichem Ausdruck sagt: „Er war mein bester Freund — schonen Sie mein Gefühl ein wenig." Als der Graf wieder draußen steht auf dem dunklen Corridor des großen, düstern Gebäudes, athmet er erleichtert aus; als er dann aber einen Blick auf die Uhr wirft — „Verdammt, hat mich der Kerl so lange aufgchalten! Da ist es wahrhaftig zu meiner Visite zu spät geworden. — Jedenfalls erwartete die Alte doch heut einen Antrag von mir, und gerade jetzt, während die Spürhunde unserer hochwohllöblichen Polizei frische Witterung bekom men haben, muß ich vermeiden, durch kleine Unvorsichtigkeiten die Auf merksamkeit auf mich zu ziehen. Es giebt ja immerhin Menschen, die es auffällig finden, wenn ein Mann um die Wittwe seines Freundes freit, noch ehe das Trauerjahr zur Hälfte um; daher wird es besser sein, noch ein paar Wochen zu warten, bis die Aufmerksamkeit wieder ein wenig ab gelenkt ist. — Heut Nachmittag bei den Damen vorzusprechen verbietet sich ja von selbst, da ich um die erhaltene Einladung weiß, und morgen? — Nun, morgen spiele ich den Schüchternen, Verzagten." * » * „Es geht nicht änderns, ich muß ihn finden, ich muß! Aber mein Gott, was muß ich nicht Alles? Es ist meine heilige Pflicht, die Un schuld des Vaters an den Tag zu bringen und wenn ich dafür zusehen müßte, wie Noth und Sorge ihren Einzug halten in unserer doch schon so bescheidenen Häuslichkeit. Wenn ich es bisher beklagt, daß meiner armen Mutter das Licht ihrer Augen genommen ist, jetzt, Gott im Himmel — jetzt danke ich Dir dafür, daß sie nicht mit anzusehen brauckt, wie von unsern werthvollen Sachen ein Stück nach dem andern ins Leihhaus wandert. Es ist frei lich kein Wunder! — mein jetziges Gehalt beträgt kaum den vierten Theil des früheren, während unsere Bedürfnisse eher gestiegen sind, da Anna nicht mehr in das Geschäft geht und daher auch nur spärlich und wenig verdient, obgleich sie die Nächte dnrch an den Stickereien sitzt. Anna! — O Gott, wie habe ich diese Schwester geliebt, und nun — nun muß ich zusehen, wie sie dahinwelkt, — von einem Ehrlosen be trogen — verlassen! Wenn ick ihn fände —" er krampft unwillkürlich die Hände zusammen, als habe er ihn dazwischen — den Ehrenräuber — Fritz hat sich so in seine Gedanken verlieft, daß er daraus empor schreckt, als der gellende Ton der Klingel an der Eingangsthür ihn aus seinen Träumereien weckt. Er ist auf seinen Streifereien in die Restauration „zum letzten Heller gerathen, aber leider zu früh gekommen. Während er nun einsam dagesessen, shat er sich in jene peinigenden Gedanken vertieft, die ihn seit langer Zeit unablässig beschäftigen. Jetzt aber muß er sie wieder auf seine Umgebung lenken. Dort torkelt in angetrunkenem Zustande der „Schwärmer" herein, den Hut auf dem Hinterkopf, den schmierigen Anzug ausgerissen, daß man das schmutzige Hemd sieht. Dazu fuchtelt er mit einem dicken Ziegenhainer in der Lust herum und gröhlt lallend eines jener zotenhaften Lieder, wie man solche in den verrufenen Straßen großer Städte zu öfteren hört. „Wo der „Schwärmer" ist, da ist der „Zierbengel" und der „lahme Wilke" nicht fern, und da wird sicher auch Holzbock nicht lange fehlen," sagt sich Fritz und verändert seine Position ein wenig, um besser beobachten zu können. Er hat ganz richtig vorausgesehen. Es dauert gar nicht lange, so ist die Gesellschaft vollzählig. Ja, es hat sich heut noch ein Fremder hin zugesunden, aus dem Fritz nicht recht etwas zu machen weiß. Er dreht ihm den Rücken zu; aber die ganze Gestalt berührt ihn eigenthümlich be kannt, obgleich er sich wohl selbst keine Rechenschaft zu geben vermag, worin dies liegt. Der Anzug, ursprünglich wohl von elegantem Schnitt, ist stark ver braucht und unfauber, und doch liegt in der Nachlässigkeit, mit der er ge tragen wird, ein fast vornehmer Zug. Das Ganze macht den Eindruck einer beabsichtigten Schaustellung. Das geradezu elegante Schuhwerk paßt schlecht zu dem zerdrückten Hut, und Fritz erinnert sich nicht, unter dieser Art von Männern jemals so weiße, wohlgepflegte, wenngleich kräftige Hände gesehen zu haben. Wenn er nur einmal einen Blick in das Ge sicht dieses „Neuen" werfen könnte; aber der wendet sich nicht ein einziges Mal um; es will Fritz fast scheinen, als vermeide er mit aller Absicht lichkeit seinen Blick. Jetzt flüsterte der Fremde, der viel und schnell trinkt, mit dem Krüppel, der ihn aus seinem gedunsenen Gesicht mit einer unverschämten Vertrau lichkeit angrinst. Er scheint ihm etwas auseinander zu setzen, womit Holz bock durchaus nicht zufrieden ist. Die Unterhaltung der Beiden wird im Flüsterton geführt, während die Andern an der Tafelrunde Lärm genug machen. Dennoch gelingt es Fritz' seinem Ohr und seiner gespannten Aufmerksamkeit, hier und da ein Wort derselben aufzufangen. „Zum Teufel, Junge, was soll ich denn nun machen?" knirrscht Holzbock. Der Fremde zuckt die Achseln. „Nun, eine andere Ausrede suchen; das ist einfach genug." „Wo soll ich denn die hernehmen?" „Nun, Dir wird's daran nicht fehlen, denke ich, alter Sünder." Dann zischeln sie wieder so leise, daß es nicht möglich ist, ein Wort zu verstehen. „Na ja, dergleichen hat man ja bisweilen schon gehört" — das ist das erste, was Fritz wieder auffängt. „Aber es bleibt dabei." — Es ist ein böser Blick, den der Krüppel bei diesen Worten zu dem Fremden em- porsendet. — „Bedenke, mein süßer Junge, daß meine Denunciation an jedem Tag« noch dieselbe Kraft und Wirkung hat. Am Verlobungstage erhalte ich das Abgemachte, Fünftausend — darunter thue ich's nicht. Wann wirst Du denn mit der Sache im Klaren sein?" „Wie kann ich das wissen," erwidert der Fremde ärgerlich, zum ersten Male laut sprechend. „Es kann Tage, es kann auch Wochen dauern. Vor allen Dingen sorge Du, daß ich auch Ruhe habe." Fritz zuckt zusammen bei dem Klange dieser Stimme; er hat sie schon so ost gehört. Was ist es nur, daß er sich gar nicht entsinnen kann, wann und wo? Und dabei steigt eine unerklärliche Angst in ihm empor, er weiß nicht weshalb, wovor — und doch schnürt sie ihm die Kehle zusammen. Gott im Himmel, wo hat er diese Stimme schon gehört? Er muß diesem Menschen dort in's Gesicht blicken, koste cs, was es wolle! — Durch eine schnelle Bewegung stößt er wie aus Versehen sein Glas vom Tisch, daß es hart auf den Fußboden fällt und klirrend zerspringt. Bei dem Geräusch fahren die Köpfe der Männer an den nächsten Tischen herum. — Fritz blickt in das Gesicht des Fremden, und — fast hätte er einen Schrei ausgestoßen — das war Graf Hankel, das war der Mann, vor dem er zurückgetreten trotz all' seiner großen Liebe, weil er ihn für würdiger gehalten, um diesen Engel in Mädchengestalt zu werben, diesen Engel, der jeden Gedanken zum Gebet weihte, der mit ihr zusammen hing, jenen Engel, vor dem seine Seele so oft in Anbetung versunken. Wie entgeistert starrte er in das Gesicht des Grafen! Es war ja nicht möglich! — Und doch, und doch! Das war ja das Gesicht, Zug um Zug, und — er kannte dies Gesicht! Hatte er doch seinetwegen alle Schmerzen einer glühenden Eifersucht ertragen, jene hoffnungslosen Schmer zen, die der Sohn des Verbrechers dem hochgestellten Herrn gegenüber em pfinden mußte. — Und nun, da er sein Herz endlich zur Demuth zwingen wollte, zu jenem stillen Entsagen, das doch so namenlose Kämpfe bringt — nun da! — Da! O, Gott im Himmel, es kann ja nicht sein! Aber es war dennoch. Da sitzt dieser Mann, in einer Gesellschaft von Verbrechern und aller hand Lumpengesindel und scheint nicht einmal fremd zu sein in diesem Kreise. Oder ist es nur solch' eine verhängnißvolle Aehnlichkeit, die ihn ängstigt. — Sollte nicht das reine Herz eines Mädchens es vor einem so grausigen Jrrthum bewahren, einem Verbrecher seine Liebe zu sckenken? — Wenn seine Kumpane ihn nur ein einziges Mal anreden wollten! (Fortsetzung in der 2. Beilage.) Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Freitag, den 2. März Bußtag. Vorm. 8 Uhr allgemeine Beichte. 8'/2 Uhr Gottesdienst mit Predigt. Nach der Predigt Feier des heiligen Abendmahls. An den Kirchthüren wird eine Collecte für die innere Mission ein gesammelt werden. Nachm. 1 Uhr Gottesdienst mit Predigt. Text zur Vormittagspredigt: Ev. Lucas 22, 54—62. - - Nachmittagspredigt: Ev. Lucas 15, 21. Am Sonntag Oculi Vorm, halb 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt. Werdorben — Gestorben. Diese Aufschrift wäre auf manchem Grabdenkmal die richtige. Zwar nicht in dem Sinne, wie diese zwei Worte meistens angewandt werden, sondern: „Blut verdorben, deshalb gestorben". Die Grundursache der meisten Krankheiten ist schlechtes Blut, welches in einer mangelhaften Function der Nieren seine letzte Ursacke findet. Ist dieses Organ krank, so erweichen die Wände der Blutgefäße und dehnen sich aus. Dadurch scheidet das Leben des Blutes — das Eiweiß — aus, während die Un reinigkeiten, Welche die Nieren aussondern sollten, zurückbleiben, wodurch im ganzen Körper Störungen verursacht werden. Warner's Safe Cure ist das einzige, bekannte Mittel, welches hier heilkräftig wirkt. Hr. H. Steinhof in Windshausen bei Gandersheim, schreibt: „Im Auftrage des Hrn. Wilhelm Niemeyer hierselbst berichte ich über dessen Befinden, daß derselbe sich nach der ersten Flasche Warner's Safe Cure erstaunlich gebessert hat. Die Angstfieber, Athem- und Urinbeschwerden sind ver schwunden, der Appetit kommt wieder." Verkauf und Versandt nur durch Apotheken. District Haupt-Niederlage: Löwen-Apotheke in Wilsdruff. Bekunntmachllng. Von den zur Concursmasse des Herrn Gutsbesitzers Wolf in Seeligstadt bei Burkhardtswalde gehörigen Gegenständen sollen zu nächst folgende: 1 Bulle, S «Kolben, S «Kühe, II Schweine, SV Centner Heu und eine Quantität Futterstroh sowie nach Eintritt milder Witterung eine große Menge «Kartoffeln durch Herrn Ortsrichter Fiedler in Seeligstadt gegen sofortige an diesen zu entrichtende Baarzahlung aus freier Hand verkauft werden. Meißen, den 28. Februar 1888. Der Concursverwalter: Nechtsanmalt Reinhard. SchasMc, Maschen oder ungewaschen, kauft stets jedes Quantum. Anerbietungen erbeten. Freiberg i. Sachsen. NeischerLehrlings - Gesuch. Ein junger kräftiger Mensch, welcher Lust hat Kleifcher zu werden, kann unter günstigen Bedingungen zu Ostern in die Lehre treten beim Fleischermeister Ebschner in Reucoschütz. Ein Schmiedegeselle wird gesucht in der Schmiede zu Unkersdorf. — Ssedssv. — ») H^Miieii.Iiixeiilem'-SotiU i d) N'ol'kmslitsr-Sdmie. > — voruvtorrlokt erst — > Usenbattü-I'raolitdrieke hält vorräthig II. üuellcklavkvrvi. AM?" Der heutigen Gesammtauflage unseres Blattes liegt ein Prospekt der „Internationalen Maschinen-Ausstellungshalle" von^.Uödmv in Riesa a. E. bei, worauf wir besonders Aufmerksam machen.