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MMufferTageblatt T! für Lürgertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Dandwirtschast, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°sLnu7d'Ü^ ,ragerund DcschSstLstellcn — ! 2 2—2 nehmen ,u jeder Zeit B-. ftellung-n entgegen. Im Fall« höherer Tew al«, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Li-serung der Zeitung oderKürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke -rsolgt nur, wenn Porto betliegt. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs. Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Aeichspsennige. Mor. L:»n"chW Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 SW'LW annahm-bi-vorm.iouhr. —— Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir deine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingczvgen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen all c Vcrmtttlungsftellen entgegen. Nr. 256 — 89. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Postscheck. Dresden 2640 Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Montag, den 3. November 1930 Vertreter des deutschen Ostens beim Außenminister Berlin. Reichsaußenministcr Dr. Curtius empfing eine Abordnung des zurzeit in Berlin tagenden Gesamtvorstandes des Reichsverbandes der Heimattreuen Ost- und Westprcußcn sowie der Spitzenorganisation der Mcmcllünder im Reich In der Besprechung wurden eingehend oie besonderen Nöte und Sorgen des deutschen Ostens sowie die Ziele und Maß nahmen der Reichsregierung zur Änderung der unerträglichen Lage erörtert. Gute Beispiele. Man hat immer geglaubt, daß das Weltreich Eng land seine Minister und hohen Beamten nicht bloß aus kömmlich, sondern — etwa an deutschen Verhältnissen gemessen — sehr gut bezahle. Aber das ist ein Irrtum. Der jetzige englische Ministerpräsident Macdonald wenig stens hat beweglich geklagt darüber, daß er mit seinem Ge halt ganz und gar nicht auskomme, daß seine Dienstwoh nung ein baufälllges Haus sei, — kurz: seine Beschwerden hatten auf das Parlament einen so tiefen Eindruck ge macht, daß man ihm schleunigst das Gehalt von 100 000 auf 140 000 Mark aufbesserte. Er bekommt damit mehr als das Dreifache seines deutschen Kollegen, der jetzt bereits aus 20 Prozent seines bisherigen Gehalts verzichtet hat, gerade so wie die Minister seines Kabinetts. Infolgedessen wurden auch die „Aufwandsentschädigungen" — auf deutsch: Diäten — der Rerchstagsabgeordneten heruntergesetzt; denn der Ab geordnete erhielt und erhält als Diäten ein Viertel des Ministergehaltes, jetzt also 600 Mark monatlich gegen früher 750 Mark. Allerdings ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen, da man in einem neuen Diätengesetz diese ganze Frage von Grund aus neu regeln, dabei sich vor allen Dingen mit dem Preußischen Landtag ins Benehmen setzen will, wo die Abgeordneten dieselben Bezüge er halten wie im Reichstag. Infolgedessen ist die Gesamt summe der Aufwandsentschädigungen — die übrigens einem Steuerabzug nicht unterliegen — gegen das Vor jahr heruntergegangen, obwohl ja die Zahl der Abgeordneten um 83 gestiegen ist. Allerdings hat sich dies auf einer anderen Seite finanziell ungünstig ausge- wirkt, da für die Abgeltung der Freifahrten auf der Reichsbahn natürlich mehr bezahlt werden muß; hierfür erhält diese jetzt 1,5 Millionen. Wobei übrigens noch hinzugefügt werden darf, daß die Reichstagsabgeord neten in bestimmten Fällen „Freiflüge" in den Flugzeugen der Deutschen Lufthansa machen können, und auch hierfür ist im Haushalt des Reichstages eine bestimmte Summe Vorgesehen. Von den geplanten neuen Anbanten des Reichstages ist es allerdings ganz still geworden. Fast genau auf ein Drittel dessen, was Englands Ministerpräsident als Gehalt bezieht, ist jetzt auch das Gehalt des Deutschen Reichspräsidenten herunter gesetzt worden; statt der bisher 60 000 Mark erhält er nur 48 000 Mark. Ebenso sind ja die Aufwandsentschädigungen vom Reichspräsidenten über den Reichskanzler bis zum letzten Minister gleichfalls beträchtlich gekürzr worden, ferner die „Fonds zu besonderer Verwendung", über die der Reichskanzler, der Reichsaußenminister und das Kabinett verfügen. Und schließlich dürfte von diesem Schicksal auch noch der Zwei-Millionen-Fonds des Reichs präsidenten betrosfen werden, der — unter Verantwortung des Neichsfinanzministers — zu besonderen Spenden zwecks Linderung augenblicklicher Not dient; allein schon über die Hälfte dieses Fonds wird zur Unterstützung not leidender Kriegsopfer oder Kriegshinterbliebener ver wendet, und aus ihm erfolgten z. B. auch die Spenden des Reichspräsidenten anläßlich der Grubenkatastrophen. Auch der Reichskanzler verfügt über einen derartigen Sonder fonds, allerdings betrug er bisher 200 000 Mark, und man hat diesen gleichfalls um zehn Prozent heruntergesetzt. Weiter wird man den Millionenapparat derReichs- »entrale für Hei matdien st stark einschränkcn, die allmählich das Reich mit einem Netz von Vortragsorgani- sationen überzogen hatte, seit 1927 nicht mehr dem Innen ministerium, sondern der Reichskanzlei, also dem Reichs kanzler direkt, unterstand. Weiter ist sehr bemerkenswert, daß ein sechzig Jahre altes bayerisches „Reservatrecht" jetzt aufgehoben werden soll: es ist die Gesandtschaft des Reiches in München, die durch den neuen Reichshaushalt beseitigt, tatsächlich aber schon jetzt ab gebaut wird. Eigentlich heißt der Leiter dieser Gesandt schaft „Vertreter der Reichsregierung" - und hier mag vermerkt werden, daß in München auch drei deutsche Länder ihre „außerordentlichen Gesandten und bevoll- mächtigten Minister" haben, nämlich Preußen, Sachsen und Baden, und andererseits sind wieder bei Preußen 15 deutsche Länder durch derartige „Gesandte" vertreten, auch beim Reich 12 Landesvertreter akkreditiert, die aller- «"I., Au Bevollmächtigte zum Reichsrat ßsid! Ob Behörden wirklich so notwendig sind in des Verwaltungsapparates ""d Koslenersparnrs gerade von den Spitzen der Behörden in Reich gepredigt wird, scheint in den Augen des Steuerzahlers doch einigermaßen zweifelhaft zu sein, und wenn das Reich hier mit gutem Beispiel dorangeht durch Beseitigung einer solchen lnnendeutschen Gesandtschaft, dann könnten und müßten auch die Lander dem mit aller Energie nacheifern. Nr. WM UW vor dem Murat Die Gesetzentwürfe der Regierung. Der Ministerbesuch in Sachsen. Die Einbringung des Reformprogramms der Rc gierung im Reichsrat erfolgt wie bei den Deckungsvorlagen im Sommer dieses Jahres wieder in einer öffentlichen Vollsitzung des Reichsrats, die am Dienstag stattsindet. Wegen des zu erwartenden Andranges wird die Sitzung auch diesmal im Saal des Haushaltungsausschusses des Reichstages abgehalten. Auf der Tagesordnung steht als erster Punkt die Einbringung der zur Durchführung des Wirtschafts- und Finanzplans erforderlichen Gesetzent würfe durch die Rcichsregierung. Wahrscheinlich wird Reichskanzler Dr. Brüning selbst über die allgemeine Lage sprechen. Die einzelnen Entwürfe begründet Minister Dietrich. Anschließend soll eine Aussprache über den Arbeitsplan des Reichsrats zur Beratung der einzelnen Gesetzentwürfe stattfinden. Der Reichskanzler und der Reichsfinanzminister trafen in Dresden zum Besuch der sächsischen Regierung ein. In ihrer Begleitung befanden sich Staatssekretär Dr. Pünder, Ministerialdirektor Dr. Zarden, Ministerialrat Vogels und der sächsische Gesandte Dr. Gradnauer. Sie wurden auf dem Bahnhof Dresden-Neustadt von« Ministerpräsidenten Schieck, Finanzminister Dr. Hedrich und dem Leiter der Staatskanzlei Dr. Schettler empfangen. Vom Bahnhof begaben sich die Herren in das Gesamt ministerium, wo sie enipsangen wurden. Im Anschluß daran wurde in die sachlichen Beratungen eingetreten. * Die Besprechungen zwischen Reichs regierung und sächsischer Regierung. Dresden, 1. November. Die am Sonnabend vormittag abgchaltenen Besprechungen zwischen der Reichsregierung und der sächsischen Regierung wurden damit eingeleitet, daß Mini sterpräsident Schieck eingehend die sächsischen Schwierigkeiten und Nöte darlegte. Reichskanzler Dr. Brüning und Reichssmanz- minister Dietrich führten aus, daß es nach der Gesamtlage nur darauf ankomme, das Vertrauen des Auslandes zur deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik zu festigen. In diesem Sinne sei der Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsregierung als ein ¬ heitliches Ganzes zu würdigen. Beschlüsse wurden naturgemäß nicht gefaßt, vielmehr diente die Aussprache einem vertraulichen Gedankenaustausch über die wichtigsten Probleme dieses Reform- planes, besten Einzelberatung im Reichsrat bekanntlich für An fang nächster Woche bevorsteht. Selbstverständlich wurde hierbei auch das Reparationsproblem besprochen. Hierbei trug Minister präsident Schieck unter Bezugnahme auf den unlängst ergangenen Beschluß des sächsischen Landtags den Wunsch vor, sobald als möglich zu einer Revision «der deutschen Tributverpflichtungen zu gelangen. * Kürzungen beim Auswärtigen Amt. 4Z4 Millionen Mark Ersparnisse. Nach dem Haushaltsplan des Auswärtigen Amtes sind die fortdauernden Ausgaben für das Jahr 1931 um rund 4,4 Millionen Mark gesenkt worden. Diese durch die Finanzlage des Reiches veranlaßte Ausgabenminderung hat nur durch eine starke Kürzung der Auslandsbezüge, insbesondere der Aufwandsentschädigungen, sowie Herab setzung des Vcrheiratetenzuschlags für die Beamten im Ausland erreicht werden können. Ein Ausbau der deutschen Vertretungen im Auslands ist für das Jahr 1931 nicht vorgesehen. Demgemäß findet sich im Haushaltsplan auch nicht der Antrag des Reichs außenministers, die Gesandtschaften in den südamerika nischen Abc-Staaten in Botschaften umzuwandeln. Einschneidende Kürzungen sind bei den Fonds des Auswärtigen Amtes vorgenommen worden. Der Geheim fonds in Höhe von 4,5 Millionen Mark ist zwar un angetastet, aber der Fonds zur Pflege kultureller, humani tärer und wissenschaftlicher Beziehungen zum Auslande ist um mehr als eine halbe Million und der Fonds zur Pflege des deutschen Schulwesens im Auslande um eine Viertelmillion gekürzt worden. Unter den einmaligen Ausgaben werden nnr Mittel zur Fortführung zweier bereits begonnener Bauten an gefordert, und zwar ein Betrag zur Errichtung eines Wohn- und Kanzleigebäudes für die Gesandtschaft in Adis Abeba und für die Herricktung des Gesandtschaftsgebäudes in Wien. Die neue Krisensmsorge. Prüfung der Bedürftigkeit. Unter Aufhebung aller bisher für die Krisenunter stützung geltenden Bestimmungen hat der Reichsarbeits minister die Bestimmungen über Krisenfürsorge für Arbeits lose mit Wirkung vom 3 November ab neugeregelt, und zwar sind vom genannten Tage ab sämtliche Berufe einschl. landwirtschaftliche Angestellte, aber mit Ausnahme der übrigen Angehörigen der Landwirtschaft, der häuslichen Dienste und der Arbeitslosen unter 21 Jahren zugelassen. Di» Krisenunterstützung ist nur zu gewähren, soweit der Arbeitslose bedürftig ist. Das Einkommen des Arbeitslosen aus Gelegenheitsarbeit ist aus die Unterstützung voll anzurechnen, soweit es in einer Kalenderwoche 20 Prozent desjenigen Betrages übersteigt, den der Arbeitslose in der Kalenderwoche einschließlich der Fa milienzuschläge höchstens beziehen kann Das Einkommen der Angehörigen bleibt bis zu 20 Mark in der Kalenderwoche von der An rechnung frei. Der Betrag von 20 Mark erhöht sich für jede Person, die der Arbeitslose auf Grund einer familienrecht lichen Unterhaltspflicht ganz oder überwiegend unterhält, um je weitere 10 Mark. Die Dauer der Krisenfürsorge beträgt nur noch 32 Wochen. Unter allen Umständen sind die Krisenunterstützungs empfänger zu einer Arbeitsleistung verpflichtet und ein Berufsschutz kommt unter keinen Umständen in Frage. AmiMuW Stimm sür RepMiMseMng. Eine Untersuchung des Reparationsproblems durch Marcus Mädler, den Leiter der Forschungsab teilung des Instituts für internationale Finanzwirtfchaft, veröffentlicht das angesehenste Newyorker Handelsblatt. Der Verfasser geht von der Feststellung aus, daß Deutsch land bis Ende 1928 die Zahlungen ausschließlich durch Ausländsanleihen bestritten hat. Seitdem sehe sich das Reich gezwungen, den Export zu erweitern und den Im port gewaltsam niedrig zu halten, was die Lebenshaltung der Volksmassen herabgesetzt habe, gleichzeitig aber ver hängnisvoll auf die Wirtschaftslage ganz Europas zurück wirke. Hinzu komme, daß die Reparationszahlungen größtenteils Amerika und Frankreich zuflössen, Ländern also, die eine enorme ungenutzte Kaufkraft zu verzeichnen hätten. Ein Moratorium könne nur vorübergehend Er leichterung schaffen, da ja die Schuldner bei der Wieder aufnahme der Vollzahluugen die gleichen unüberwind lichen Schwierigkeiten vorfänden. Der Vorsitzende des Ausschusses für Bank- und Währungswesen des Repräsentantenhauses, Mac Fadden, spricht in einer Newyorker Zeitschrift die Befürchtung aus, daß eine etwaige Nichterfüllung der deutschen Repara tionsleistungen zu kriegerischen Verwicklungen in Europa führen könnte. Amerika müsse sich fragen, ob es lieber seine Schuldenforderungen aufgeben oder die Alliierten bei der Eintreibung der Zahlungen unterstützen solle. Er glaube, daß Amerika in nicht allzu ferner Zeit gezwungen sein werde, die Revision der Schuldenabkommen inAngriff zil nehmen. Dr. Schacht sür einen „finanziellen Völkerbund". Vor den Studenten der Universität in Minneapolis behandelte der frühere Reichsbankpräsident Dr. Schacht die Weltkrise. Dabei unterstrich er erneut, das; allein eine Herabsetzung der Reparationslasten den Druck, der auf der Weltwirtschaft liege, beseitigen könne. Er setzte sich für die Schaffung eines „finanziellen Völkerbundes" ein, dessen Aufgabe es wäre, brachliegende Kapitalien zur Steigerung des allgemeinen Wohlstandes und der Lebens haltung sowie zur Besserung des internationalen Arbeits marktes anzulegen. * Jie Welt leidet unter den Tributen. „Cvrriere della Sera" fordert Revision des Hvungplanes. N 0 m, 2. November. Unter der Ueberschrist „Kriegsschulden und Reparationsfrage" tritt der Mailänder „Cvrriere della Sera" für eine weitgehende Revision des Avungplanes ein- Die Illusion, die der Poungplan hervorgerufen habe, sei, so führt das Blatt aus, von kurzer Dauer gewesen. Die wirtschaftlichen und poli tischen Faktoren haben eine Lage geschaffen, die mehr als je mit aller Deutlichkeit die Belastung aus den Friedensverträgen als den hauptsäch lichsten Stvrungsfaktor für Wirtschaft und Politik erkennen lasse. Diese Erkenntnis sei in raschem Wachsen. Wenn auch die Entwicklung des neuen Ringens, das Deutschland auf sich genom men habe, noch nicht vvrauszusehen sei, so dürfe man doch an nehmen, daß durch diesen neuen Kampf die Lenker der Staaten dazu veranlaßt werden, das Problem von höherer Warte als bis her zu betrachten. Im Poungplan sei alles ausgeklügelt und ab gewogen worden. Trotzdem habe man das Gefühl, daß etwas nicht in Ordnung sei, daß nicht nur Deutschland, sondern die Welt unter diesem ung:- heuerlichen System von Schulden und Guthaben leid .