Volltext Seite (XML)
ist ausgegangen, Pittsburg kehrt wieder zur Kohle und zum Petroleum zurück!" Ein furchtbarer Schrecken packte ihn, und die Zunge, die weitere Fragen stellen wollte, klebte ihm am Gaumen und versagte ihm den Dienst. War es denn möglich? Das stolze, mit so großen Hoffnungen ins Werk gesetzte Unternehmen Adolf Suters sollte ein plötzliches, klägliches Ende genommen haben, sollte in Nichts zerstieben, wie eine bunt schillernde Seifenblase, die in der Luft zerplatzt? Als er in Dayfield ankam, richtete sich sein gesunkener Muth wieder auf. Hier schien das Naturgas noch in voller Herrschaft. Hier kräuselte sich noch von keinem der Schorn steine der häßliche schwarze Rauch in die klare Luft. Dem vom Bahnhof zu den Bureaux der Naturgas gesellschaft Eilenden fiel vielmehr die noch gesteigerte fieber hafte Thätigkeit auf. Von den Gaswerken schallte ein be täubendes Klopfen und Hämmern herüber. Waren neue Quellen eröffnet, wurden neue Leitungen gelegt? Als er in Adolf Suters Bureau trat, sah er sogleich an dem sorgenvollen Ausdruck seines Gesichts, daß etwas Außer gewöhnliches vorgefallen, daß nicht alles in Ordnung war. „Um Himmelswillen, was ist geschehen, Suter?" fragte er athemlos vor Aufregung und Spannung. DeS Freundes Antlitz erhellte sich etwas bei seinem Anblick. Aber schon in der nächsten Minute trat der sorgen volle Zug in seinen Mienen wieder hervor. Der Direktor der Pittsburg NaturalgaS Company schloß die Verbindungs thür, die in das Bureau der Angestellten führte, zog den Freund neben sich auf einen Stuhl nieder und begann: „Schwere Tage habe ich hinter mir, lieber Freund. In der Gaszufuhr ist eine plötzliche, ganz unerwartete Stockung ein getreten. Der natürliche Gasdruck erwies sich nicht mehr als stark genug, das Gas nach Pittsburg zu treiben. Wir haben sofort Pumpen angelegt und arbeiten noch Tag und Nacht daran. Hoffentlich ist damit dem Schaden abgeholfen. Das Schlimme ist, daß unsre Gegner die Stockung in unserem Betrieb auf das Unverschämteste übertreiben und die Mär von dem Älde der gesammten Naturgasindustrie überall ver breiten. Sie können sich denken, wie uns das schädigt. Eine ganze Anzahl Pittsburger Fabriken sind uns bereits untreu geworden." Fritz Hammer ließ den Kopf sinken. „Dasselbe Schicksal wie in Lincoln," sagte er muthlos, „trifft uns nun zum zweiten Mal." „Unsinn!" Adolf Suter schlug ihm mit nervöser Leb haftigkeit auf die Schulter. „Unsinn, Hammer! Diesmal sind wir stärker. Diesmal gebe ich den Kampf nicht auf. Das Pumpwerk wird seine Schuldigkeit thun, wir werden die augenblickliche Kalamität überwinden. Nur jetzt nicht den Muth sinken lassen, sondern kämpfen mit dem Aufgebot aller unsrer Kräfte! UebrigenS handelt es sich nur um die eine Gasquelle. Die Chicagoer Quellen liefern noch immer ihre t2 Millionen Kubikfuß Gas täglich. An der Leitung nach Philadelphia wird mit aller Energie gearbeitet, kein Ermatten! Wir müssen, wir werden siegen!" Von dieser frohen Ueberzeugung waren auch in der Folge alle Maßnahmen Adolf Suters diktirt. Er wollte nichts von einem wirklichen Nachlassen der Ertragsfähigkeit der natürlichen Gaslager wissen. Die Aktien der Pittsburg und der Chicago Gas Company, die in wenigen Tagen um viele Prozente gefallen waren und die nun massenhaft auf den Markt geworfen wurden, kaufte er auf, um den Ausbruch einer Panik zu verhüten. Inzwischen waren auch die Pumpwerke in Dayfield fertig gestellt, und der Erfolg schien dem muthigen Direktor der Gas Company Recht zu geben. Das Gas, 'von den Pump werken künstlich getrieben, strömte mit der früheren Kraft und Fülle nach Pittsburg. Mehrere von den untreu gewordenen Fabriken kehrten zu dem Naturgas zurück. Neuer Muth be seelte die Unternehmer und das Publikum. Die Aktien stiegen von neuem. Adolf Suter und sein Freund hatten in wenigen Tagen ein Vermögen gewonnen. Die Röhrenleitung nach Philadelphia wurde mit ostentativem Eifer betrieben. Adolf Suter wollte den Leuten zeigen, daß er sich durch den kleinen, unvorhergesehenen Zwischenfall nicht im geringsten habe er schrecken und in der Ausführung seiner kühnen, weit aus schauenden Pläne beirren lassen. Aber der Aufschwung der Gasindustrie war nur ein momentaner, und der neue Erfolg war nur ein trügerischer gewesen. Wieder begannen Stockungen einzutreten, wieder wurde die Gaszufuhr eine unregelmäßige, und die Fabriken mußten entweder ihren Betrieb unterbrechen oder mit Kohlen aushelfen. Aergerlich und der wiederholten Störungen müde, bestellten die meisten Fabriken das Naturgas endgültig ab und kehrten reumüthig zu der im Stich gelassenen Kohle zurück. Die „schwarzen Diamanten" kamen wieder zu Ehren, und über Pittsburg legte sich wie ehemals ein fast undurchdring licher Nebel von schwarzen, erstickenden Rauchwolken. Die „Rauchstadt" führte wieder mit Recht ihren alten, bekannten Namen. Adolf Suter ließ sich auch durch dieses neue Unglück nicht beugen. Mochte denn die Gasquelle bei Dayfield zum Teufel gehen, es waren ihrer noch andere genug, und er dachte nicht daran, das großartige Projekt aufzugeben, Phila delphia, Boston und zuletzt New York mit Naturgas von Pennsylvania und Ohio aus zu versorgen. Das Schlimme war freilich, daß die Kohlen-Konkurrenz die neue Kalamität in einer unerhörten Weise ausbeutete, indem sie durch den ihnen ergebenen Theil der Presse mit schamloser Ueber- treibung verkünden ließ, daß die Naturgasindustrie zu Ende sei und die Gesellschaften in der Auflösung begriffen seien. Adolf Suter ließ demgegenüber durch die von ihm beeinflußten Blätter schreiben, daß die Gasindustrie im Gegentheil auf dem Höhepunkt ihrer Entwickelung angekommen sei. Die großartige Leitung nach den Metropolen des Ostens fei ihrer Vollendung nahe. Verhindern konnte er freilich nicht, daß die Panik einen weiteren Umfang annahm und die Papiere der Natur gas-Aktiengesellschaften von Tag zu Tag mehr herabgiugen. Er mußte seine und des Freundes letzte Mittel zusammen raffen, um die von ihm begründete Aktiengesellschaft über Wasser zu halten und die Arbeiten der Nöhrculeitung nach Philadelphia in Gang zu erhalten. (Schluß folgt.) Girre Str-crfpveöigt. (Zu dem Bilde S. 1.) „Junge, Junge, was bist Du für ein Taugenichts! Diesen schönen Apfelzweig vom Baume zu schlagen! Nimm Dich in acht, daß ich Dir nicht einmal derb Deinen Hosenboden mit ungebrannter Holzafche bearbeite!" Geknickt und zerknirscht hört der Bub die Strafpredigt an und gelobt inbrünstig Besserung. Wie lange wird sie vorhalten!? Jugend hat eben keine Tugend. Z)crs Wovgengeöet. (Zu deni Bilde S. 4.) Von den Minarets, jenen hohen Thürmen, welche gewöhnlich neben, aber auch oft über dem Portale der- Moscheen angebracht sind, ertönt fünfmal des Tages der Ruf des Mueddin von einem Altan aus, um die Gläubigen zum Gebet auszurufen. Fünfmal, fordert der Koran, soll der Gläubige am Tage beten, und der Mohammedaner, der die Stimme des Mahners vernimmt, wird nicht versäumen, das Gesicht nach Osten gewendet, seine Andacht zu verrichten. Auf der Terrasse mancher Häuser sind besondere Altane angebracht, auf denen der Gläubige regelmäßig fünfmal des Tages sein Gebet zum Himmel sendet: einen solchen Moment er faßt unser Bild, das Werk des berühmten OrientmalerZ A. Bida. ScHLecHke Witze. (Za dem Bilde S. b.) Unser Gemälde „Schlechte Witze" ist ein echter „Hugo Kauff mann". Schlagende Wahrheit in der Darstellung seiner Stoffe, die er meist den unteren Kreisen der städtischen und ländlichen Bevölkerung entnimmt, charakterisirt diesen Künstler. Seine seltene Gestaltungskraft, unterstützt von feiner Beobachtung und gesundem Humor, verleiht seinen Arbeiten eine Frische und Lebendigkeit von unmittelbarer Wirkung.