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1. Ottendorf-Okrillaer DoFS/w/§§6 auf dem Gelände des Gasthof zum Hirsch vom Sonnabend, 17. bis Dienstag, 2V. Aug. Von Sonnabend bis mit Dienstag LäNLÜielenbetrieV. Sonntag und Dienstag außerdem Lanr im Saale Dienstag: Grohes Brillant-Feuerwerk! Vas beliebte Ausflugs- uns viaulahrtenrieir Kleinkaliberschießstand mit automat. Scheibe jederzeit gern zur Verfügung. Fernruf 252 Syphon-Versand. Fernruf 252 liefert Lu-däeuckerei » preiswert Bermann R.i1kle. Gasthof z. schwarzen Roh Sonnabend und Sonntag Anfang 7 Uhr großer L>eide-AaK! Lange Rächt! Eintritt u. Tanz 50 Pfg. Lange Nacht! LWUMMiMWn / Das Bad der Erholung / und Lebensfreude! großer vsllrrl««»»<r gaWälienveimb. Sonntag, den 18. August StpSQtj-^SSt sportlich-schwimmerisede Veranstaltungen, allerlei Allotria Musik — Tanz im Freien. IldM ÜW MeijunH MLSLbGUZkOLG. Sonntag, den 18. August der beliebte Tanz-Abend. KMIWW Sonntag, aen August vorm. I I Uhr auf ZchiMS ivlese. Der Besitzer. Massives 2-Fam.-HauS SN ü. Höcker für rooo M, je 3 Zi., Nebengel, sof. beziehb. zu verk. Näh. Ernst Türke, Klotzsche, Königsbrückerstr. 64. Lkreu erkluriinK Die gegen Frl. Franziska Röttinger ausgesprochene Beleidigung nehme ich nm Bedauern zurück. Auguste häntrscM Mnlte U«xil»rl>n!ll« NsaäsrdeitsZescliM W. Allods, Llüdlstrnsso. Kirchennachrichten. Sonntag, den 18. August 1935. Vorm. 9 Uhr Gottesdienst. Vorm, i/i ll Uhr Kindergottesdienst. lEUkEkLco stjMl»- wie an 50kI7(UkkL.(.O Herr Schrader", sagte Fridolin und gab sich innerlich einen Ruck, „Sie sollten mich einmal nach Leipzig schicken. Ihr Geschäft / ist zwar das älteste am Platze, aber es muß l!^ / ein frischer Zug reinkommen. Sie müssen / mit der Zeit gehen, der Kundschaft was Neues bieten. Das kann man nur, wie die Zeitungen immer schreiben, wenn man auf der Leipziger Messe einkauft, weil da die Neuheiten immer zuerst gezeigt werden." Es kostete viel Mühe, Herrn Schrader „Herumzukriegen". Immer neue Einwendungen brachte er hervor: „Ich kann ja nicht einmal den Reifenden alles abkaufen." Oder: „Mein Geschäft verträgt die Spesen nicht." Vielleicht hätte Fridolins Überredungskunst auch nichts vermocht, hätte er nicht eine eifrige Bundesgenossin in Mariechen gefunden, dem blonden Töchterlein des Chefs, an die er fein Herz verloren hatte. „Vati", sagte sie, „die ganz großen Musterkollektionen können dir die Reisenden doch nicht vorlegen, und wenn Fridolin ein paar Schlager entdeckt, die wir nachher reißend abfetzen, spielen die paar Spesen gar keine Rolle. Und was Eisenharts können, können wir auch." So wurde Fridolins Reise zur Leipziger Messe beschlossene Sache, und sie wurde — nm es gleich zu sagen — sein größtes Erlebnis. „Ich binch erzählte er später, „aus dem Staunen nicht herausgekommen." Fridolins Staunen fing schon an, als er mit seiner altmodischen Reisetasche in der Hand, das Messe- ebhaftes Treiben herrschte jedem, so auch an diesem Sonnabend nachmittag in der Hauptstraße von Oberschönau. Es waren die Stunden des Einkaufs, verklärt von der Vor freude der sonntäglichen Erwartung; man begrüßte Freunde und Bekannte, plau derte oder stand vor den Schaufenstern, um die schönen Dinge zu betrachten. Nur einer war unzufrieden, das war Friedrich Wilhelm Schrader, Inhaber der Handlung von F. W. Schrader L Co. „Ich weiß gar nicht", brummte er zu feinem „jungen Mann", der im Städtchen nur unter dem klangvollen Vornamen Frido lin bekannt war, „bei uns geht es in letzter Zeit so ruhig her, die Umsätze sinken. Drüben bei Eisenharts steht die Ladentür nicht stille, und vor den Fenstern drängeln sich die Leute, als ob es wunder was zu sehen gibt." „Herr Chef", meinte Fridolin, der zwar ein wenig einfältig aussah, aber in Wirklichkeit gar nicht auf den Kopf gefallen war, „darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht. Ich glaube, ich bin dahintergekommen. Da steht nämlich bei Eisen harts seit einiger Zeit ein Schild im Fenster, daß sie auf der Leipziger Mefse eingekauft hätten und deshalb das Neueste und Preiswerteste bieten. So was zieht natürlich! Wissen Sie, Markt" las er, als er näher kam. Kurz entschlossen folgte er dem Strom der Hinabeilenden, und dann empfing er auch schon seine Feuertaufe als „Meßonkel". Aussteller drückten ihm Pro spekte in die Hand, forderten ihn auf, in ihre Koje einzutreten, ganz unverbindlich, ohne jeden Kaufzwang, und Fridolin, der bisher nur ein kleiner Verkäufer gewesen war, fühlte sich hier als Seine Majestät der Einkäufer. Mit dem Einkauf freilich beeilte er sich noch nicht. „Erst sehen", sagte er sich. „Drei Dutzend Meßpaläste soll es geben, da will ich mich erst einmal gründlich orientieren." Als er wieder ans Tageslicht kam, fiel sein Blick auf die Straße vor ihm. Himmel, war das ein Gedränge! Auf den Bürger steigen und dem Damm Menschen, nichts als Menschen, nur Schritt um Schritt kam man vorwärts. Aber es war fabelhaft interefsant. Englische, französische und spanische Laute drangen an sein Ohr, Menschen mit dunkler Hautfarbe und seltsamer Kopfbedeckung tauchten hier und da auf, das waren doch andere Gesichter, als man sie in Oberschönau zu sehen bekam: schade, daß Mariechen nicht dabei war, da hätte man zusammen staunen können. Schon die Schaufenster gaben einen Vor geschmack von dem, was man in den Meßhäusern zu sehen be kommen würde. Wundervolle Porzellangeschirre,-herrliches Kristallglas, künstlerische Bronzeplastiken waren ausgestellt. „Hätten wir bei Schrader L Cc^ schon längst aufnehmen sollen", dachte Fridolin. In einem Schaufenster führte ein Herr ein neues Spielflugzeug vor, in einem anderen zeigte ein junges Mädchen einen praktischen Haushaltungsgegenstand. Überall war Leben, war Geschäftigkeit, aber es war doch wieder nicht die Unrast des Alltags, sondern über den Menschen, ob sie nun Aussteller oder Einkäufer waren, lag so etwas wie eine festliche Stimmung, wie die Freude, an dem großen Er eignis der Messe teilzunehmen. In den Meßhäusern aber, die er gewissenhaft dnrchprüfte, fühlte er sich wie in einen Festsaal versetzt, als ihm im Städtischen Kaufhaus der aus Hunderte« von modernen Beleuchtungskörpern strömende Lichterglanz entgegenflutete. Da bot sich ihm int Petershof, in Specks Hof, im Neuen Grassi-Museum oder wo er sonst hinkam, die Schön heit deutschen Kunsthandwerks dar, das auf der Messe seinen guten Ruf und seine Lebenskraft unter Beweis stellte. Aus einem „Seh-mann" — so nennt män in Leipzig die Leute, die nm die Muster begucken, nach den Preisen fragen abzeichen stolz auf dem Rock, auf dem Leipziger Hauptbahnhof stand. So etwas hatte er wirklich noch nicht gesehen. Sechsund zwanzig Bahnsteige, einer neben dem andern. Ununterbrochen fuhren Sonderzüge ein, Menschenmafsen entstiegen ihnen, drängten durch die Sperre, füllten den riesigen Querbahnsteig, die zwei weitgespannten Vorhallen, rissen ihn mit auf die von Autos und Straßenbahnen wimmelnden Straßen. Es war ver wirrend. Plötzlich und unversehens befand sich Fridolin an einer Stelle, wo viele Menschen Stufen Hinabstiegen und dann gleichsam unter der Erde verschwanden. „Untergrundmeßhalle Draußen auf dem Gelände am Völkerschlachtdenkmal hatte Fridolin, um nichts zu versäumen, noch die Baumesse besucht und die riesige Halle für Betriebsbedarf. „Da ist noch manche», was wir später auch einmal aufnehmen müssen." Aber dann war er nach drei Tagen Herumlausens nach Hause gefahren- An den Füßen merkte er zwar die Anstrengung, aber wa» machte das aus, wenn man erfüllt ist von all den Eindrücken, wenn man sich wie ein ganz neuer Mensch vorkommt, der uw überhaupt erst weiß, was es heißt, im Geschäftsleben auf de Höhe zu sein. Herr Schrader hatte zwar zuerst ein bedenkliches siAms gemacht, als Fridolin ihm von seinen Einkäufen beuchten- Aber als dann die Waren kamen und später die KmrdMM nach sich zogen, da hatte er Fridolin auf die Schulter geklopi und gesagt: „Fridolin, Ihre Reise zur . 11 Leipziger Messe war doch eine glatt« zende Idee." Selbstverständlich ver- säumteFridolinittZukunstkeineMesse, aber er fuhr dann nicht mehr allein, sondern zusammen mit Mariechen, die inzwischen seine Frau geworden war. und sich nicht zu Bestellungen entschließen — wurde Fridolin bald zu einem „Kauf"-mann. Wenn dann der Fabrikant vor ihm stand mit dem Orderbuch und dem zum Schreiben ge zückten Bleistift und Fridolin sagte: „Bitte notieren Sie", dann klang das ganz anders als das „Was ist gefällig?", das er hinter Schraders Ladentisch zu den Oberschönauer Bürgern und Bürgerinnen sagen mußte. Aber die würden in ein paar Wochen schon Augen machen, wenn erst die „Schlager", die er in Leipzig bestellt hat, eingetroffen wären. Das Dauer bügeleifen mit den doppelten Bügelflächen', die abwechselnd erhitzt werden, der Topsheberin Zangenform, der „Eier- koch", mit dem man Eier ohne Schale kochen kann, die nicht tropfende Untertasse, die biegsame Bürste mit Gummi rücken — da würden sich die Oberschönauer Hausfrauen gewiß drum reißen. Und erst zu Weihnachten die fabelhaften Geschenkartikel, Schreibtischgarnituren aus Buntpapier, dazu hochmoderne Bnefpapiere, entzückende deutsche Volkskunstarbeiten und dann die Damenhandtaschen! „Gnädige Frau", würde el sagen, „dieses Gedicht von einer Damentasche habe ich selbst auf der Messe eingekauft. Echt imitiert Teju-Eidechse. Wal dabei, wie ein Holländer zwei Gros mit einem Schlage be stellte." Das wird diesmal ein blendendes Weihnachtsgeschäft werden, zumal Fridolin auch ein paar richtige Schlager in Spielwaren für die Kleinen und Kleinsten und Spiele für die Großen nicht vergessen hatte. Und auch Schraders Laden würde ein anderes Aussehen be kommen. Fridolin war nämlich auf der Reichswerbemesse ge wesen. „Herr Schrader und Fräulein Mariechen", sagte el später immer wieder, „das war ja nun etwas ganz Groß artiges. Diese Lichtreklamen, dieses Gezappel von beweglichen Reklamefiguren, da konnte man so richtig sehen, was Reklame ist. Und da hab' ich denn für unser Geschäft auch so eine Figur und einige von den neuen Leuchtröhren gekauft, da werden die Leute Tag und Nacht vor unserem Laden stehenbleiben."