Volltext Seite (XML)
Die Mietsenkung in Sachsen. Da jetzt die Landesdurchführungsverordnung über Mietsenkung erschienen ist, ergibt sich nun ein klares Bild über die Mietsenkung in Sachsen. Bei den Altbauten, d h. den bis 1. Juli 1918 bezugsfertig gewordenen Woh nungen, tritt eine Ermäßigung von 10 Prozent derFrie - densmiete ein (nicht 10 Prozent der jetzigen Miete!). Ergeben sich Streitigkeiten über die Mietsenkung, so ent scheiden die Amtsgerichte als Mieteinigungsämter. Sind in Altbauten bauliche Veränderungen vorgenommen wor den, ohne daß dadurch neue Räume beschaffen worden sind, so hat das auf die Mietsenkung keinen Einfluß. Sind dagegen nach dem 1. Juli 1918 neue Räume geschaffen wor den, so ermäßigt sich der Mietzins ab 1. Januar nur um 8 Prozent der gesetzlichen oder der vereinbarten Miete. Schwieriger gestaltet sich die Mietsenkung bei den Neubau ten. Die Grundstückseigentümer müssen sich sofort Klar heit bei ihren Geldgebern beschaffen, ob und inwieweit eine Zinssenkung Platz greift, um daraus ersehen zu können, ob und in welchem Maße bei ihnen eine Mietsenkung vor genommen werden kann. Streitigkeiten über die Mietsen kung in Neubauten, für die Zuschüsse aus öffentlichen Mit teln gegeben worden sind, entscheiden die Stadträte, die 1931 mit der Unterverteilung der staatlichen Wohnungs baumittel betraut waren, und die Vezirksverbände. Be schwerde gegen ihre Entscheidung ist innerhalb vierzehn Tage an die Kreishauptmannschaft zulässig, die endgültig entscheidet. Bei Neubauten, die ohne öffentliche Mittel er richtet worden sind, entscheiden im Streitfälle die Amts gerichte als Mieteinigungsämter. Eine Sonderregelung gilt für die Jnflationsbauten aus der Zeit von 1918 bis 1923. Sie werden ab 1. April 1932 des Vorteils der 20pro- zentigen Senkung der Mietzinssteuer teilhaftig. Infolge dessen tritt hier eine Mietsenkung von 8 Prozent der ver einbarten Miete ein. Bei den Neubauten, wo die öffent liche Hand Miet- oder Zinszuschllsse gewährt hat, soll eben falls den Mietern eine Senkung zugute kommen. Die Reichsbestimmungen sehen vor, daß gemeinnützige Unter nehmen berechtigt und verpflichtet sein sollen, unbeschadet des Grundsatzes einer möglichst allgemeinen Mietermäßi gung eine weitgehende Angleichung der Mietzinsen ver gleichbarer Wohnungen bei ihrem Gesamtwohnungsbestand vorzunehmen. Mit Rücksicht auf die tatsächlichen Verhält nisse in Sachsen soll diese Mietangleichung bei Altbauten überhaupt nicht stattfinden. Bei den Neubauten ein schließlich der Jnflationsbauten kann von Mietangleichung abgesehen werden, wenn sich bei der Durchführung prak tische Schwierigkeiten ergeben. Wird von der Möglichkeit der Mietangleichung innerhalb der Jnflations- und der Neubauten Gebrauch gemacht, so entfällt natürlich die Ver pflichtung, bei den Jnflationsbauten die Mietsenkung von 8 Prozent vorzunehmen. Beim Altbaubesitz wird sich die Mietsenkung einfach vollziehen. Bei den Neubauten hin gegen wird es in vielen Fällen erst eingehender Klärung über die Frage der Zinssenkung bedürfen. Vielfach wird sich daher nicht vermeiden lassen, daß den Mietern zunächst nur eine vorläufige Mitteilung über den neuen Mietzins ! zugesandt werden kann. Der endgültig errechnete Miet zins soll bis 25. Januar mitgeteilt werden. Mielsteigerung bis zu 5 Prozent? Das sächsische Arbeits- und Wohlfahrtsministerium hat eine Verordnung erlassen, wonach der Vermieter, wenn in einer Gemeinde der Gesamtbetrag der zu den Betriebs kosten gehörenden öffentlichen Steuern, Gebühren und Ab gaben nach dem 1. Oktober 1931 gestiegen ist oder in Zukunft steigt, berechtigt sein soll, die Erhöhung auf die Mieter nach dem Verhältnis der Friedensmieten umzu legen. Den Prozentsatz (von der Friedensmiete gerechnet) hat die Gemeindebehörde allgemein zu bestimmen. Die Er höhung darf 5ProzentderFriedensmiete nicht übersteigen. Diese Bestimmungen haben sich — nach Ansicht der Regierung — als notwendig erwiesen, um Un billigkeiten in Einzelfällen ausgleichen zu können. In zahl reichen Gemeinden sind in den letzten Jahren bestehende Gebühren, wie Wasserzins, Grubenräumungskosten usw., wesentlich erhöht oder neue Gebühren, für Straßenreini gung, Feuerschutz, Kanalisation usw. eingeführt worden, ohne daß der damit belastete Vermieter eine Ausgleichungs möglichkeit gehabt hätte. Alle größeren deutschen Länder außer Sachsen haben in den letzten Jahren hieraus die Folgerung gezogen und die Bestimmungen über die Be triebskosten geändert. Preußen hat sogar die seit 1. Oktober 1927 erfolgten Erhöhungen für umlagefähig erklärt. Sach sen nimmt davon Abstand, eine gleiche Bestimmung für die Vergangenheit zu treffen, um eine Mehrbelastung der Mie ter zu vermeiden. Nur in den Fällen, in denen in Zu kunft eine derartige Erhöhung erfolgt, soll ein Ausgleich zwischen Vermieter und Mieter stattfinden. Die Regierung nimmt an, daß schon das Vorhandensein der neuen Bestim mungen dazu führen wird, daß Eemeindebeschlüsse auf Er höhung bezw .Neueinsührung derartiger Gebühren im all gemeinen nicht gefaßt werden, so daß nur in Aus nahmefällen die Verordnung praktische Bedeutung gewinnen wird. Es kommt hinzu, daß die Bemühungen auf Senkung der Preise voraussichtlich bewirken werden, daß die Eemeindegebühren in zahlreichen Gemeinden nicht nur nicht erhöht, sondern ermäßigt werden. Senkung der Mietzinssteuer. Das sächsische Eesamtministerium hat eine Verordnung erlassen, wonach ab 1. April 1932 die Mietzinssteuer in allen Stufen um 20 Prozent allgemein gesenkt wird. Infolge der Steuersenkung, die die Reichsnotverordnung vom 6. Okto ber vorgeschrieben hat, erhöht sich der Hausbesitzeranteil an der gesetzlichen Miete im gleichen Umfang, in dem die Miet zinssteuer gesenkt wird. Dies ist durch die am 1. Janyar 1932 eintretende Erhöhung des Zinssatzes für die Aufwer- tungshypotheken gerechtfertigt. Dieser Zinssatz war ur sprünglich auf 7,5 Prozent erhöht, ist jedoch jetzt auf 6 Pro zent festgesetzt worden. Die Zinserhöhung beträgt für den Grundeigentümer also nur noch 1 Prozent gegenüber dem bisherigen Zinssatz von 5 Prozent. Aus dem Betrag, um den infolge der Steuersenkung der Hausbesitzeranteil er höht wird, soll der Grundstückseigentümer die Zinserhöhung für Aufwertungshypotheken decken. Ohne die Steuersenkung würde er für die Zinserhöhung keine Deckung in der gesetz lichen Miete gefunden haben. Durch die Senkung der Miet zinssteuer um 20 Prozent ist der Betrag, der den Eigen tümern in der Miete zur Verzinsung aufgewerteter Hypo theken und des Eigenkapitals zu belassen ist, abgegolten. MieLsteuerslundungen werden erlassen. Das sächsische Gesamtministerium hat bestimmt, daß die Stundungen, die den Hausbesitzern bis zum 31. Mürz 1932 auf Grund der Verordnung des Finanzministeriums Uber Aufwertungssteuer-Teilstundung vom 30. März 1928 ge währt worden sind, in Erlaß umgewandelt werden, und daß auch für die Zeit nach dem 31. März 1932 dem Eigentümer die Mietzinssteuer auf Antrag teilweise zu erlassen ist. Hier bei soll der Umfang des Erlasses nach den in der Teilstun dungsverordnung angegebenen, um 20 Prozent gekürzten Sätzen des Nutzungswertes bemessen werden. Hierdurch wird erreicht, daß dem Vermieter auch in Zukunft neben der Herabsetzung der Mietzinssteuer um 20 Prozent, die ihm durch die Verordnung von 1928 gewährte Vergünstigung weiter belassen wird Die Durchführung Die Reichsregierung bestimmt u. a.: A r t i k e l 2. Herabzusetzen ist auch ein Zinssatz, der nicht durch eine Zahl bestimmt, sondern nach einem Maßstab (z. B. Neichsbankdiskont) zu errechnen ist, soweit sich dabei für einen nach dem 31. Dezember 1931 liegenden Zeitraum ein Zinssatz von mehr als 6 v. H. ergibt. Artikel 3. (1) Nicht als Zinsen gelten Zuschläge, die ein Schuldner wegen Verzugs oder wegen Nichtbewirkung von Nebenleistungen zu zahlen hat, auch wenn sie als Zinsen (z. B. Verzugs- oder Strafzinsen) bezeichnet sind. (2) Nicht als Zinsen gelten ferner solche Zuschläge zu festen Zinsen, die für den Fall eines bestimmten Ee- jchäftsergebnisses des Schuldners zu leisten sind. Artikels (1) Nichtig ist eine vor dem 9. Dezember 1931 getrof fene Vereinbarung oder Satzungsbestimmung, a) wonach für den Fall einer gesetzlichen Zinsherab setzung auf diese verzichtet wird, b) wonach für den Fall einer gesetzlichen Zinsherab setzung die Hauptforderung fällig oder vorzei tig kündbar wird oder mit einem Aufgeld zurückzu zahlen ist, c) wonach die Hauptforderung fällig oder vorzeitig künd bar wird oder mit einem Aufgeld zurückzuzahlen ist, wenn eine Vereinbarung nach a) gesetzlich für nichtig erklärt werden sollte. (2) Eine Nichtigkeit nach Abs. 1 berührt nicht die Gül tigkeit der übrigen Teile der Vereinbarung oder Satzung. A r t i k e l 5. (1) Der Herabsetzung unterliegt auch der Zinssatz einer Forderung (Hypothek) oder Grundschuld, der in der Zeit vom 9. bis zum 31. Dezember 1931 verein bart worden ist. Die Herabsetzung tritt nicht ein, wenn die Beteiligten die durch die Notverordnung vorgesehene Zins herabsetzung ausschließen wollten. Artikel 6. Der Zinsherabsetzung unterliegt auch eine Forderung (Hypothek) oder Grundschuld, die erst n a ch d e m 31. D e - zember 1931 entsteht, zu deren Begründung sich der Gläubiger aber vor dem 1. Januar 1932 ver pflichtet hat. A r t i k e l 7. (1) Der Zinsherabsetzung nach 8 2 Abs. 1 der Not verordnung unterliegen auch solche Forderungen (Hypo theken) und Erundschulden, die für unbestimmte Zeit begründet sind und deren Fälligkeit von einer Kündigung abhängt, wenn die Kündigung nicht für einen Zeitpunkt ausgesprochen worden ist, der innerhalb eines Jahres seit dem Entstehen der Forderung (Hypothek) oder Erundschuld liegt. (2) Der Zinsherabsetzung nach 8 2 Abs. 1 der Notver- . -er Zinssenkung, ordnung unterliegen nicht Forderungen (Hypotheken) und Erundschulden, deren Fälligkeit durch Stundung hinaus- geschoben worden ist, wenn die am 1. Januar 1932 laufende Stundungsfrist weniger als ein Jahr beträgt. Artikels Der Zinsherabsetzung unterliegen, ohne daß es auf die Fülligkeit ankommt, Forderungen nicht, die entstanden sind a) im Rahmen eines bankmäßigen Personalkre ditgeschäftes, b) daraus, daß Kreditinstitute Vorschüsse auf Dar lehen gegeben haben, die langfristig ausgenommen werden sollten (Z w i s ch e n k r e d i t e), c) aus Darlehen und Vorauszahlungen, die auf Ver sicherungsscheine gewährt worden sind, ck) aus Darlehen, die aus Gefälligkeit oder sonst unter Umständen gegeben worden sind, aus denen zu ent nehmen ist, daß eine langfristige Kreditgewährung nicht beabsichtigt war. Artikel 10. (1) Ist ein Verwaltungskostenbeitrag (8 2 Abs. 2 der Notverordnung) nicht besonders vereinbart, so gelten höch stens ein Halbes, bei Forderungen (Hypotheken) oder Erundschulden von nicht mehr als fünfzehntausend Mark höchstens drei Viertel vom Hundert der Forderung (Hypo thek) oder Erundschuld als Verwaltungskostenbeitrag. (2) Sind an einer Kreditgewährung hintereinander mehrere Kreditinstitute beteiligt, so darf als Verwaltungs kostenbeitrag insgesamt kein höherer Beitrag bestimmt wer den, als je einem Drittel vom Hundert der Forderung (Hypothek) oder Grundschuld für ein beteiligtes Institut entspricht; bei Forderungen (Hypotheken) oder Erundschul den von nicht mehr als fünfzehntausend Mark tritt an die Stelle eines Drittels vom Hundert ein Halbes vom Hun dert. Artikel 11. Soweit in einem Zinssatz ein Zuschlag enthalten ist zur Tilgung eines Zusatzdarlehens, das dem Schuldner von dem Kreditinstitut (8 2 Abs. 2 der Notverordnung, Artikel 9) zur Deckung der Eeldbeschaffungskosten aus eigenen Mit teln gewährt worden ist (Disagiodarlehen), wird der Zuschlag nicht gekürzt. Artikel 14. Der Gläubiger einer Forderung (Hypothek) oder Erundschuld, deren Fälligkeitsbedingungen nach 8 4 Ab satz 1 der Notverordnung verändert werden kann, auch wenn dies nicht vereinbart ist, ohne Einhaltung einer Kündi gungsfrist vorzeitig kündigen, wenn der Schuldner länger als einen Monat mit einer Zinszahlung im Ver züge ist. Artikel 16. (1) 8 6 Abs. 1 der Notverordnung gilt nicht für Schuldverschreibungen, die vor dem 9. Dezember 1931 zum amtlichen Handel an einer deutsch enBörse zugelassen worden sind. (2) 8 6 Abs. 1 der Notverordnung gilt ferner nicht für die Lieferung von Schuldverschreibungen, die vor dem 9. Dezember 1931 verkauft worden sind. Der Aussteller der Schuldverschreibungen hat der Aufsichtsbehörde oder ober sten Landesbehörde (8 10 Abs. 4) solche Verkäufe bis zum 15. Januar 1932 anzuzeigen. Artikel 17. (1) Als im Ausland begeben (8 7 Abs. 1 der Not verordnung) gelten Schuldverschreibungen, die von inlän dischen Schuldnern ausgestellt worden find und entweder auf ausländische Zahlungsmittel lauten oder ausschließlich für den Absatz und Handel im Ausland bestimmt waren. Waren die Zinesn einer Schuldverschreibung vom Steuer abzug vom Kapitalertrag befreit worden, so wird im Zwei fel vermutet, daß die Schuldverschreibung im Ausland be geben war. Schuldverschreibungen, die züm amtlichen Han del an einer deutschen Börse zugelassen sind, gelten jedoch in keinem Fall als im Ausland begeben. (2) Den im Ausland begebenen Schuldverschreibungen stehen im Ausland aufgenommene Anleihen sowie solche anleiheähnlichen Finanzierungen gleich, die im Aus land durchgeführt worden sind. Dies gilt nicht für Finan zierungen, die auf Grund aufgekaufter Forderungen (Hy potheken) oder Grundschulden im Auslande durchgeführt worden sind. Artikel 18. Ist bei mehreren inländischen Forderungen (Hypo theken) oder Grundschulden eines Kreditinstituts nicht un terscheidbar, welche Forderungen (Hypotheken) oder Grund schulden der Deckung einer Schuldverschreibung oder Anleihe (Artikel 17) dienen, so unterbleibt die Herabsetzung des Zinssatzes aller inländischen Forderungen (Hypothe ken) oder Grundschulden so weit, wie es notwendig ist, um eine Deckung für die Schuldverschreibung oder Anleihe auf rechtzuerhalten. Artikel 22. (1) Von der Befugnis nach 8 10 der Notverordnung kann ein Schuldner nur bis zum 31. Dezember 1933 Ge brauch machen. (2) Ein Schuldner, der von seiner Befugnis zur Hin gabe von Schuldverschreibungen Gebrauch zu machen beab sichtigt, hat dies spätestens zwei Monate vor Fälligkeit dem Kreditinstitut mitzuteilen. Artikel 25. Rechtsnachteile, dis an eine pünktliche Zahlung geknüpft sind, treten nicht ein, wenn bis zum 1. Juli 1932 fällige Zins- und Tilgungsbeträge infolge eines nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhenden Irrtums über die Höhe der nach der Notverordnung und den zu. ihrer Durchführung oder Ergänzung erlassenen Verordnungen geschuldeten Beträge unvollständig gezahlt werden Artikel 26. Diese Verordnung tritt, soweit sie Vorschriften des 8 4 der Notverordnung durchführt oder ergänzt, Mit Wirkung vom 9. Dezember 1931, im übrigen mit Wirkung vom 1. Januar 1932 in Kraft. Die MWWvtW dA MWWz!m. Eine Mahnung zu internationaler Zusammenarbeit. Reichskanzler Brüning hat dem Chefredakteur des Transozean-Nachrichtenbureaus die folgende Weih nachtsbotschaft übergeben: „Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind! Kaum jemals hat die Menschheit dringender als jetzt auf die Erfüllung dieser frohen Botschaft gehofft. Die Sturmflut der Krise hat die Völker der ganzen Welt erfaßt. Die Verwirrung, in die Krieg und Nachkriegszeit sie gestürzt haben, hat in dem bald zu Ende gehenden Jahr die wirt schaftliche, finanzielle und soziale Not überall bedrohlich anwachsen, lassen. Allzu hoch ist schließlich der Preis gewor den, den die Völker für den Irrglauben zahlen müssen, daß jeder für sich allein die Krise lösen könne. Aber immer stärker setzt sich jetzt die Erkenntnis durch, daß kein Land durch den Niedergang des anderen gewinnen kann, und daß eine Rettung aus dem drohenden Zusammenbruch aller nur in der Aufrichtung einer Interessengemeinschaft zu er blicken ist. An Stelle isolierter Betrachtung muß der Blick gerichtet werden auf das gemeinsame Weltproblem. Dazu gehört der Wille zu internationaler Zusammenarbeit, die Be reitschaft zu weitschauender Friedens- und Verstän digungspolitik. Groß ist die Verantwortung der Staatsführung, wenn historische Augenblicke nicht benutzt werden, Augenblicke, in denen Möglichkeiten gegeben sind, dem weiterrollenden Un heil Halt zu gebieten und Europa und die Welt wieder der Gesundung und dem Frieden entgegenzuführen. Ueberwin- dung und Ausrottung des internationalen Mißverstehend und Mißtrauens, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung für alle sind Voraussetzung für dis Erreichung dieses Zieles. Deutschland ist seit Jahren diesen Weg gegangen. Es hat im Interesse des Friedens die schmerzlichsten Opfer auf sich ge nommen. Glaube, Liebe und Hoffnung, die Inbegriffe des weihnachtlichen Festes müssen erst wieder in die Herzen der Völker zurückfinden, wenn uns die Erfüllung seiner Ver heißung zuteil werden soll!" Kurze Regierungsferien. Berlin, 28. Dezember. Reichskanzler Brüning hat am Sonntagabend Berlin verlassen, um sich einen kurzen Erholungsurlaub bis nach Neujahr zu gönnen. Ebenso sind die Minister Dietrich und Groener nicht in Berlin anwesend. Bei den Neujahrsempfängen dürfte voraussicht lich R e i ch s p o st m i n i st e r Schätzel als der älteste in Berlin anwesende Minister die Reichsregierung vertreten. Während der Feiertage haben die Mitglieder des Kabinetts den neuen Baseler Bericht, der inzwischen auch amtlich der Reichsregierung übergeben worden ist, studiert. Eine Kabinettsitzung darüber ist jedoch vorläufig nicht vor gesehen. Das Schwergewicht der Arbeit der Reichsregie rung wird erst nach Neujahr in der Vorbereitung der be vorstehenden Negierungskonferenz liegen. Am Silvesterabend 21.30 Uhr wird, wie bereits be richtet, Reichspräsident v. Hindenburg im Rundfunk eine Ansprache an das deutsche Volk richten. Die Neujahrsempfänge werden sich in der überlieferten Weise vollziehen. Der Doyen des diplo matischen Korps ist wiederum der apostolische Nuntius. Erstmalig werden am Nsujahrstage 11 Uhr die Hal loren (Hallische Salzbrüderschaft) in ihren besonderen ge schmackvollen Trachten vom Reichspräsidenten empfangen werden. Vor dem Kriege waren die Halloren stets am Neujahrstage vom Kaiser empfangen worden. An diesen Empfang werden sich dis üblichen Neujahrswünsche des diplomatischen Korps mit Ansprachen des Doyen und des Reichspräsidenten anschließen, daran ein Empfang der Reichsregierung und der übrigen Reichs- und Staatsbehör den beim Reichspräsidenten.