Volltext Seite (XML)
Aus aller Well. * Raubüberfall in Verlin-Weißensee. Aus Berlin wird gemeldet: Am Sonntag früh um 6 Uhr wurde auf eine Zweigstelle der Firma Wilhelm Goebel ein Raub überfall verübt. In einem über den Verkaufsräumen lie genden Zimmer schliefen sechs Verkäuferinnen, als plötzlich ein Mann auf der Bildfläche erschien, der sich mit Hilfe eines Nachschlüssels Einlaß in das Schlafzimmer verschafft hatte. Um nicht erkannt zu werden, hatte er vor seinem Gesicht ein weißes Taschentuch. Er zwang dann eine der Verkäuferinnen, ihn in die Verkaufsräume zu begleiten, um die Kasse zu öffnen. Die anderen Verkäuferinnen hatte er vorher eingeschlossen. Da die Tageskasse schon am Sonn abendabend abgeliefert worden war, mußte sich der Ein dringling mit Wechselgeld im Betrage von 20 bis 25 NM. begnügen. * Familientragödie in Verlin-Adlershof. Aus Berlin wird gemeldet: Eine furchtbare Familientragödie hat sich am Sonntagnachmittag in Adlershof zugetragen. Die Hausnachbarn hörten gegen 3 Uhr aus der Wohnung des Kaufmanns Gerlach einen kurzen Streit und gleich darauf mehrere Schüsse fallen. Man drang gewaltsam in die Woh nung ein und sah den Kaufmann ganz verstört mit einer Pistole in der Hand umherlaufen. Im Wohnzimmer ent deckte man dann Frau Gerlach und ihr siebenjähriges Töch terchen mit durchschossenen Schläfen tot am Boden liegend. Kaufmann Gerlach behauptete, daß seine Frau nach einem geringfügigen Streit seine Waffe aus dem Schrank geholt und zuerst ihr Töchterchen und dann sich selber erschossen habe. Er selbst sei von dem Anblick der beiden Toten völlig erschüttert worden und hätte sich ebenfalls das Leben neh men wollen. Bis zur restlosen Klärung des Vorfalles wird der Kaufmann in Polizeigewahrsam gehalten. * Für 30 000 NM. Juwelen geraubt. Bei einem Ju welier in Charlottenburg wurde am Sonntagnachmittag ein Juwelen- und Schmuckdiebstahl verübt. Dem Täter sollen nach vorläufiger Schätzung für über 30 000 RM. Wertsachen in die Hände gefallen sein. Bei dem Dieb han delt es sich um einen früheren Angestellten des Juweliers, den jetzigen Arbeitslosen Seidenberg, der 20jährige Täter konnte mit seiner Beute entkommen. * Verkehrsunglück in München. — 16 Ver letzte. Am Sonntagvormittag wurde an einer Straßen kreuzung in München ein mit mehreren Personen besetzter Omnibus der Reichspost von einem Straßenbahnwagen um geworfen. Von den Insassen des Autobusses wurden im ganzen 16 Personen verletzt, und zwar vier schwer und zwölf leichter. Der Autobus wurde so schwer beschädigt, daß er abgeschleppt werden mußte. Das aus dem beschädig ten Tank des Wagens geflossene Benzin geriet durch die Fahrlässigkeit eines Zuschauers, der eine brennende Ziga rette wegwarf, in Brand. Die plötzlich hochschlagenden Flammen konnten aber sofort von der Feuerwehr gelöscht werden. * Schwerer Verkehrsunfall. Ein Toter, eine Schwer verletzte. Aus Dortmund berichtet man: Infolge des starr ken Nebels ereignete sich am Sonntagnachmittag im Stadt teil Eichlinghofen ein schwerer Verkehrsunfall. Der Kraft wagen eines Dortmunder Kaufmanns geriet auf der Stok- kumer Straße bei dem Versuch, einem entgegenkommenden Kraftwagen auszuweichen, ins Schleudern, streifte einen Ehausseebaum und fuhr dann den Bergmann Leese und seine Frau an, die in den Straßengraben geschleudert wur den. Leese erlitt so schwere Verletzungen, daß ein herbei gerufener Arzt nur noch den Tod feststellen konnte. Die Frau wurde in besinnungslosem Zustande ins Krankenhaus gebracht und schwebt in Lebensgefahr. Der Führer des Kraftwagens blieb unverletzt und wurde vorläufig festge nommen. * Opfer einer Unvorsichtigkeit. Am Sonnabend han tierte in Heilbronn ein 28 Jahre alter lediger Sattler in der Wohnung seines Freundes mit einem Kleinkaliber gewehr in so unvorsichtiger Weise, daß sich ein Schuß löste, dex die 29 Jahre alte Frau seines Freundes in den Hinter kopf traf. Die Frau war auf der Stelle tot. Mit dersel ben Waffe hat der Sattler sich sodann durch einen Schuß in die rechte Schläfe getötet. * Kriminalbeamter erschießt Kraftwagenführer. Am Sonntag früh wurde im Stadtteil Alten-Essen im Verlaufe eines Streites ein Kraftwagenführer von einem Kriminal assistenten erschossen. Der Kriminalbeamte, der in Beglei tung eines Mädchens war und von dem Kraftwagenführer zum Essener Hauptbahnhof gefahren wurde, ist nach den Aussagen seiner Begleiterin deshalb mit dem Kraftwagen führer in Streit geraten, weil dieser entgegen dem Willen der Fahrgäste in entgegengesetzter Richtung seinen Weg nahm. Nach wiederholten Aufforderungen, zu halten, habe der Kriminalbeamte sich unter Vorhalten einer Pistole als Kriminalbeamter ausgewiesen und den Kraftwagenführer zum Halten gezwungen. Die Streitigkeiten setzten sich aber fort, so daß der Kriminalbeamte, der von dem Kraftwagen führer verfolgt und tätlich angegriffen sein will, zur Waffe griff und nach Abgeben eines Schreckschusses schließlich den Autoführer tödlich verletzt hat. * Französisches Küstenwachschiff mit 13 Mann im Sturm untergegangen. Ein französisches Wachschiff für die Ueberwachung der Küstenschiffahrt ist am Sonnabend zwi schen Bizerte und Bone an der nordfranzösischen Küste mit 13 Mann Besatzung untergegangen. Das Schiff wurde am Freitag von einem kleinen Marineschlepper von Bizerte nach Bone geschleppt, als auf halbem Wege infolge der stür mischen See die Schleppleine riß und das Schiff dem Schiff der Wellen preisgegeben wurde. Der Schlepper versuchte vergeblich, sich dem losgerissenen Schiff zu nähern, was ihm aber wegen der hohen See und wegen des Tiefganges in der Nähe der Küste nicht gelang. Nach stundenlangen Be mühungen verlor der Schlepper das hilflos treibende Schiff außer Sicht und kehrte sofort nach Bizerte zurück, um dort die Hafenbehörden zu alarmieren. Hilfsschiffe wurden aus gesandt, doch rechnet man schon jetzt mit dem Verlust de Wachschiffes und seiner 13köpfigen Besatzung. * Rastelli f. Wie verlautet, ist der berühmte Jong leur Rastelli am Sonnabendabend in seinem Wohnort Ber gamo in Oberitalien an Gehirnblutung plötzlich gestorben. Rastelli, der Frau und drei Kinder hinterläßt, wäre am 19. Dezember 35 Jahre alt geworden. Er war einer der bedeutendsten Artisten der Gegenwart. Besonders in Deutschland, das seine zweite Heimat geworden war, und in Amerika feierte seine einzigartige Geschmeidigkeit Triumphe. In Dresden hat Rastelli noch vor wenigen Monaten im Zentraltheater ein großartiges Gastspiel un ter dem Thema „Fußball ist Trumpf" gegeben und dabei die Bewunderung des Dresdner Publikums für seine ge radezu geniale Jonglierkunst gesunden. * 25 Grad Frost am Kaspischen Meer. — Dampfer mit elf Mann gesunken. Am Kaspischen Meer herrscht starker Frost, der bereits 25 Grad überstieg. Die Lage der Schiff fahrt auf dem Kispischen Meer ist stark bedroht. Sechs große Fischerdampfer und neun Fischer werden vermißt. Außerdem wurden fünf Dampfer mit 80 Mann Besatzung ins Meer abgetrieben Ein großer Fischdampfer mit 110 Arbeitern wird gleichfalls vermißt. Die Regierung hat ein Fluggeschwader entsandt, um die Schiffe mit Lebensmitteln zu versorgen. Man befürchtet, daß durch die Katastrophe etwa 60 bis 80 Fischer ertrinken. Vis jetzt wurde festgestellt, daß ein kleiner Dampfer mit elf Mann Besatzung gesun ken ist. Die Glücksspinne. Roman von Felix Nen mann. Ws (Nachdruck verboten.) Bleich vor Erregung erhob sich Magnus „Es ist dein Rech«, Dinge zu verbieten, die dein Gefühl als Brant verletzen Davon kann hier nichi die Rede sein Was du über den Baier und mein Verhältnis zu Fräulein Jen sen gesagt hast, ist - ist - nun sagen wir einmal milde — ungehörig!" Sie standen einander zornflaurmend gegenüber Er wußte, daß Sybille über viel Trotz verfügte und das Emporkömmlingsblut ihr manchen Streich spielte. Die Er ziehung konnte doch nicht alles verdecken und verwischen Aber - was er heule hörte und sah, ging ihm nahe War das nur Eifersucht, dann gab es noch ein Verzeihen, oder begehrten Rücksichtslosigkeit und Rechthaberei so wild auf? Dann war es gefährlich, mit diesem Weibe zusammen- zuleben. Sie streckte die Hand gegen ihn aus. „Keine Aus flüchte! Gibst du mir dein Wort, daß die Jensens nicht mehr für dich existieren? Dein Ehrenwort als Mann?" „Komme zur Vernunft, Sybille! Ein solches Wort kann ich nicht geben, denn es wäre beschämend für mich. Nur ein Schwächling läßt sich solch ein Versprechen er pressen! Und — der bin ich nicht! Ich versichere jedoch er neut, daß unser Glück von Sigbrit Jensen nichts zu be fürchten hat. Ich weiß, was ich dir und mir schuldig bin. Aber — erniedrigen lasse ich mich nicht! Alles, was sich heute zutrug, soll vergeben sein, auch deine harten Worte, wenn du nun vernünftig wirst!" Der Ton seiner Stimme blieb nicht ohne Wirkung. Weinend sank sie in den Sessel. Da neigte er sich über sie, streichelte ihr weiches Haar und tröstete sie. Wie sie so hilflos dalag, gewann sie wieder Macht über ihn. Sie schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn stürmisch. „Ich — liebe dich ja so — es macht mich rasend, wenn ich weiß, daß eine andere " Er saß auf dem Sesselrand, ihr Haupt in seinen Arm geschmiegt Da öffnete sich die Türe, die alte Beckum trat ein, um nach den Kindern zu sehen. Einige Laute des Streites waren bis auf die Veranda gedrungen. Magnus und Sybille fuhren auseinander, aber es gelang nicht. Sy billens Schmuck hatte sich in der Krawatte festgehakt. Riesenschiffsbrand an der amerikanischen Westküste. Der brennende Dampfer „Alameda" wird im Schlepptau aus dem Hafengebiet von Seattle gebracht. Im Hafen von Seattle (Staat Washington, USA.) entstand auf dem mit Kupfer be ladenen Dampfer „Alameda" ein Feuer, das nicht gelöscht werden konnte. Haushohe grüne Flammen schlugen aus dem brennenden Schiff, das durch Schlepper aus der Gefah renzone des Hafens ins offene Meer ge bracht werden mußte, wo es ausbrannte und sank. Internationaler Selbstschutz in dem Frem denviertel von Tientsin. Eine Wache der aus Europäern und Ame rikanern gebildeten Polizeitruppe in Tientsin. Nachdem die chinesisch-japanischen Wirren zeitweilig auch auf Tientsin übergegriffen haben, ist von zahlreichen dort lebenden An gehörigen der weißen Rasse, vor allem Ame rikanern, Engländern, Franzosen und Ita lienern, eine Polizeitruppe geschaffen wor- ven, die die Konzessionsviertel vor jedem Uebergriff schützen soll. Die kleinen scharfen Krallen der Spinne hafteten un lösbar.Mit roten Wangen, etwas beschämt, versuchten sie frcizukommen. Die Mutter lachte. „Sonnenschein nach dem Gewitter? So ist es recht!" Sie nestelte das Hindernis los. — Sybillens Augen glänzten. „Tie Glücksspinne! Sie hält dich fest, Magnus, sie läßt dich nicht! Sie ist unser Schicksal! Und wenn es auch nur Ersatz ist — ich vertraue ihrer Kraft!" Er wurde noch ein fröhlicher Abend. Zu Ostens größtem Leidwesen blieb man zum Abendbrot, und das Herz drehte sich ihm im Leibe herum, wenn er sah, wie die schöne Beckum ihren Bräutigam mit den Augen ver schlang und uinwarb. — Um ihn kümmerte sie sich über haupt nicht mehr, und der alte Tiburtius machte die Sache wieder gut, indem er dem Gast ein Glas nach dem anderen einschänkte, bis der Baron nicht mehr wußte, ob er nun eigentlich in Gnadenfrei oder in der Villa Seestern am Tische saß. 8. Kapitel. Am Abend des Tages, da man die Anna Hatzek schlicht und ohne weitschweifige Formalitäten in die kühle Erde bettete, saß der Pfarrer mit seinem Freunde, dem Justiz rat, beim Abendbrot in seiner Klause. Der geistliche Herr erhob sich, stellte die lange Pfeife fort und holte etwas aus dem Schrank, das er dann feierlich vor sich niederlegte. „Höre mal, Heinz, ich möchte von dir, dem Juristen, heute einen Nat erbitten!" Der Justizrat lachte, trank dem Freunde zu und sagte: „Man immer zu! Ich tu's sogar umsonst!" Der Pfarrer rückte das Käpplein und sprach: „Ich bin Seelsorger, du ein Mann des Bürgerlichen Gesetz buches. Es könnte doch sein, daß wir in diesem Falle ver schiedener Ansicht sind. Drum höre zu!" Und er erzählte von dem Vermächtnis der Hatzek und reichte dann den Schmuck dem Gaste über den Tisch. „Was soll ich nun tun? Mein Gewissen schreibt mir vor, den letzten Wunsch der Toten unbedingt zu erfüllen! Indes — wie urteilst du über die Sache?" Der Justizrat beäugte das Bernsteinherz und wiegte bewundernd das Haupt mit der weißen Mähne. „Donnerwetter, das ist eine superbe Sache. Ich spreche hier weniger von dem Effektivwert, der auch schon hoch sein mag, als vielmehr von der wundervollen Arbeit und der Originalität! Wo mag das Mädel den Schmuck nur herhaben?" „Nach dem Lebenswandel der Toten zu schließen, ist es wohl ein Geschenk der vielen — hm Bräutigams, die sie besaß. Daß sie selbst das Kleinod entwendete oder unrechtmäßig erwarb, glaube ich nicht. Nach der Art, wie sie starb, wie sie noch an die Mutter dachte, war sie Wohl ein leichtfertiges Ding, aber noch keine der Schlechtesten. Bin ich nun berechtigt, den Schmuck zu verkaufen und das Geld der Frau zu senden?" Der Justizrat zuckte die Achseln. „Hat sie Anhang, den man nach dem Erwerb der Spinne fragen könnte?" „Nein — nur der Kerl, der sie erschlug, stand zuletzt mit ihr in Verbindung!" „Dann haben nach meiner Ansicht Nachforschungen kaum einen Zweck. Der Geselle wird sich hüten, den Schleier zu lüften. Womöglich lügt er noch, die Sache sei ihm gestohlen, und das Ende der Geschichte ist, daß man ihm, wenn er dereinst das Zuchthaus verläßt, das Ding hier als Eigentum aushändigen muß. Die Gerechtigkeit geht da zuweilen merkwürdige Wege. Nee — du bist Geistlicher und kein Kriminalkommissar. Erfülle den Wunsch der Toten!" Der Pfarrer goß die Gläser voll. „Ich bin fremd in solchen Dingen. Wie soll ich den Schmuck zu Geld machen? Die Goldankaufstellen, die in letzter Zeit wie Pilze aus der Erde schossen, bereichern sich auf unerhörte Weise. Auch verstehe ich nicht viel von den: Wert. Man haut mich übers Ohr. Könntest du nicht — — —" „Aber natürlich. Die Inhaber der großen Firma Schwarzkopf und Wagner sind mir gut bekannt, weil ich ihr Nechtsbeistand bin. Ich werde sie aufklüren, um was es sich handelt, und dafür sorgen, daß ein angemessener Preis gezahlt wird. Mit dem Nachlaß einer Toten soll nicht irgendein Goldschieber sein schmutziges Geschäft machen!" Und er nahm das Herz an sich. Am Mittag des nächsten Tages trat der Justizrat in den großen Laden von Schwarzkopf und Wagner und wurde von dem ersten Geschäftsinhaber begrüßt. „Nun, was bringen Sie uns — hoffentlich keinen Prozeß!" Da kramte der alte Herr seinen Schatz aus und zeigte ihn. „Nee — mein Bester! Die Juristerei habe ich dieses Rial zu Hause gelassen, aber das hier ist auch eine Sensation!" (Fortsetzung solgt.)