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bei mehr als 10 000 Einwohnern 8800 RM., bei 7000 bis 10 000 Einwohnern 7800 RM., bei 8000 bis 7000 Einwoh nern 6600 RM., bei 2000 bis 5000 Einwohnern 5800 RM., bei kleineren Gemeinden entsprechend niedriger. Die Be soldung der Verwaltungsbeamten darf ebenfalls bestimmte Höchstgrenzen nicht übersteigen. Landgemeinden bis 1500 Einwohner dürfen nur Assistentenstellen (bis 2700 RM.), Landgemeinden bis 3000 Einwohner nur Sekretärstellen lbis 3500 RM.) haben. Die Zahl der Beförderungsstellen sür die gehobene mittlere Verwaltungsbeamtenlaufbahn ist auf ein Sechstel der Eesamtstellenzahl begrenzt. Dienstauf- wandsentschädigungen dürfen leitenden Bürgermeistern nur noch in bezirksfreien Städten bis zu 5 Prozent des Erundgehaltes gewährt werden. Maßnahmen in der Gemeindeverwaltung. Sicherung der Haushaltsführung. Der Eemeinderat (Bezirksausschuh) erhält die Befug nisse, alle Sparmahnahmen zu treffen, die zur Erzielung des Gleichgewichts im Eemeindehaushalt (Vezirkshaushalt) erforderlich sind. Die Staatsbehörde entscheidet, wenn der Eemeinderat (Bezirksausschuß) Sparvorschläge des Bür germeisters (Amtshauptmanns) ablehnt. Gemeindeverwaltung. In Gemeinden bis zu 4000 Einwohnern werden die Eeschäfte der unteren Staatsverwaltungsbehörde auf die Amtshauptmannschaften übertragen. Die Anstellung be- rufsmähiger Bürgermeister ist nur in Gemeinden mit mehr als 1500 Einwohnern zulässig. Die Amtsdauer der berufs- Mßigen Gemeinderatsmitglieder wird bis zum 31. Dezem ber 1932 verlängert. Maßnahmen zur Sicherung einer ein heitlichen Leitung der Gemeindeverwaltung werden den verantwortlichen Bürgermeistern zur Pflicht gemacht. Das Verfahren zur Zwangsbeitreibung von Geldfor derungen gegen Gemeinden, Bezirksverbände und Schul bezirke erfährt eine Neuregelung. Die Staatsbehörde kann ^wangseinstellungen in den Haushaltplan und die Aus- Ehrung des Haushaltplans anordnen. Das Konkursver fahren wird ausgeschlossen. Das zuständige Ministerium kann die staatliche Verwaltung der Körperschaft durch einen «taatskommissar anordnen. Aus aller Wett. * Zu de» Morde» am Bülowplatz. — Ein Täter ver aastet? Ende voriger Woche wurde in Saarbrücken ein Misser Heinrich Blösser unter dem Verdacht festgenom- Een, an der Ermordung der beiden Berliner Pvlizeioffi- Siere beteiligt gewesen zu sein. Zwar ließ die erste Ver- vehr.r... g des Verhafteten Zweifel an seiner Schuld auf- Emmen, die so weit gingen, daß die Polizeidirektivn die Verhaftung eines Mittäters an den Vorgängen am Bü- Nvplak abstritt. Nunmehr steht jedoch die Beteiligung Klösers an den Vülowplatz-Krawallen kaum noch außer 'frage. Blöser hat sogar zugegeben, daß er Berlin am Zeichen Tage gegen 10 Uhr verlassen hat. Im Saargebiet kam er auf Umwegen zehn Tage später an. Bei seiner Vernehmung nm Dienstag stellte er wiederum jede Be- Migung an den Berliner Vorkommnissen in Abrede. Da Meisel an der Identität Bläsers auftraten, wurde er Mihloskvpiert und das Fingerabdruckphoto nach Berlin ^sandt. * Nene Verfehlungen bei der Schneidemühler Krimi- balpolizei. Im Zusammenhang mit der Untersuchung gegen Kriminalräte Philippi und Rossumek, die beschuldigt Zierden, Gelder aus dem staatlichen Fonds zur Ver brechenbekämpfung für sich verwendet und Urkunden be- Mgt zu haben, ist man auf schwere Verfehlungen des Kriminalkommissars Waltz, des Leiters der Spivnagcab- 'vehrstelle, gestoßen. Den Verfehlungen des Beamten ist "En ganz zufällig auf die Spur gekommen. Im Verfah ren gegen die beiden Kriminalräte Philippi und Rossumek Elite auch Kriminalkommissar Waltz als Zeuge verhört Werden. Dabei erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Die Staatsanwaltschaft dadurch stutzig geworden, ließ daraus- M eine Haussuchung bei Waltz vornehmen und fand eine broße Anzahl Originalakten und Abschriften von Doku- "Enten. Gegen Waltz wurde daraufhin Haftbefehl erlas- En, jedoch ist er nach einem Gutachten zweier Amtsärzte äur Zeit haftunsühig. Es muß noch festgestellt werden, Japans Vormarsch London, 23. Septbr. Wie „Daily Telegraph" aus Mukden meldet, bereiten die Japaner die vollständige Be setzung der Mandschurei mit der Begründung vor, daß dort die Ordnung anfrechterhalten werden müsse. Der Vormarsch der Japaner auf Charbin hat die chinesischen Truppen zum weiteren Rückzug veranlaßt. Tschanghsueliang hat erneute Anweisung gegeben, keinen Widerstand zu leisten. Eine starke chinesische Streitmacht hat einen Gegenan griff auf Kungtschu-Ling, das ungefähr 6V Kilometer süd lich von Tschangtschun liegt, unternommen. Die Kämpfe sind noch im Gange. Präsident Tschiangkaischek erklärte, daß die chinesische Regierung zum Kampf bereit sei, wenn der Völkerbund und der Kelloggpakt China keine Gerechtigkeit widerfahren las sen würden. Japanische Flottenoperation gegen das Jangtse-Gebiet? Moskau (über Kowno), 23. Septbr. Nach einer Mel dung der sowjetamtlichen Telegraphenagentur aus Schang hai sind am Dienstag in Nanking zwei japanische Kreuzer eingetroffen. Mehrere weitere japanische Kriegsschiffe haben Nanking passiert und sind in Richtung Hankau ab gegangen. In Schanghai selbst wird zufolge dieser Meldung mit dem Eintreffen der japanischen Flotte gerechnet. In der japanischen Konzession in Schanghai sind Maschinengewehre aufgestellt. Chinesisch-japanische Kommission? Berlin, 23. Septbr. Das japanische Kabinett stimmte nach einer Meldung Berliner Blätter aus Tokio dem Vor schlag zu, einen aus drei Japanern und drei Chinesen be stehenden gemischten Ausschuß zu ernennen, um alle schwe benden chinesisch-japanischen Fragen zu prüfen einschließ lich des gegenwärtigen Streitfalles in der Mandschurei. China lehnt ab. Tokio, 23. Septbr. Das japanische Außenministerium teilt mit, daß nach einer Mitteilung des japanischen Ge sandten aus Peking die chinesische Regierung den Vorschlag der japanischen Regierung betr. eine gemischte chinesisch-japa nische Kommission abgelehnt habe. Die chinesische Regie rung erkläre, daß irgendwelche Friedensverhandlungen nur dann stattfinden könnten, wenn die japanische Regierung sofort sämtliche Truppen, die sich auf chinesischem Staats gebiet befinden, zum Abmarsch nach Japan veranlasse. Rußland gegen den japanischen Vormarsch Moskau (über Kowno), 23. Septbr. Bei den Unter redungen mit dem japanischen Botschafter am Dienstag erklärte Außenkommissar Litwinow, daß die russische Regierung gegen einen Vormarsch der japanischen Truppen an die chinesische Estbahn sei und bat, die japanische Negie- ob Waltz die Spionageakten etwa einem Agenten des Polnischen Geheimdienstes übergeben wollte, oder ob er die Akten nur beiseite schaffte, um sie nicht zu bearbeiten zu brauchen. * Die geretteten Ozcanflieger unterwegs nach Neuhork. Am Dienstag hat der in Richtung Neuhork fahrende Dampfer „Stavangerfjord" die von dem norwegischen Dampfer „Belmoira" geretteten deutschen Ozeanfliegerauf hoher See übernommen. Die Ozeanslieger werden am Donnerstag in Neuhork erwartet. * Dampfer mit verbotener Schrottladung für Polen beschlagnahmt. Am Dienstag Wurde auf Veranlassung der Bremer Finanzbehörden der dänische Dampfer „Viebeke Maersk" nach Durchfahrt des Kaiser-Wilhelm-Kanals im Holtenauer Binnenhafen durch die Zollfahndungsstelle Kiel beschlagnahmt, weil er eine verbotene Ladung Schrott für den polnischen Hafen Gdingen an Bord hatte. Bekannt lich hat Deutschland seit dem Versailler Frieden die Schrott ausfuhr verboten, da der Schrott hochwertiges Material zur Herstellung von Eisen und Stahl bedeutet, zumal Deutschland keine eigenen Erzeisenlager mehr hat. Nur ausnahmsweise können Abweichungen durch den Reichs kommissar zur Ausfuhr zugelassen werden. So hatte auch eine Eisensirma in Essen eine Ausfuhrbewilligung sür in der Mandschurei. rung sofort in Kenntnis zu setzen. Ein militärischer Vor stoß gegen die japanische Ostbahn sei nach russischer Mei nung durchaus unzulässig und unerwünscht. Es sind heute weitere Mitteilungen in dieser Angelegenheit zu erwarten. Völkerbund und chinesisch-japanischer Konflikt. Sondertagung in Madrid. Genf, 23. Septbr. Der in der gestrigen Nacht vom Präsidenten des Völkerbundsrates gemeinsam mit den Großmächten an die japanische und chinesische Regierung gerichtete telegraphische Appell, der jetzt offiziell bekannt gegeben wird, gibt den Inhalt der gestrigen Entschließung des Völkerbundsrates in den drei Punkten wieder und weist darauf hin, daß der amerikanischen Regierung die Protokolle der Ratssitzung und das gesamte Dokumenten material übermittelt worden sind. Der telegraphische Ap pell schließt mit dem Ausdruck der festen Ueberzeugung, daß die beiden Negierungen alle Maßnahmen ergreifen wer den, um irgendwelche Handlungen zu verhindern, die zu einer Erschwerung der Lage führen könnten und einer friedlichen Regelung vorgreifen würden. In dem Tele gramm an die chinesische und japanische Regierung weist der Präsident des Rates ferner darauf hin, daß unverzüg lich mit den Vertretern der beiden Regierungen in Genf Beratungen über die Durchführung des Vorschlages der Zurückziehung der Trup pen beginnen würden. Zu diesen Verhandlungen seien die Vertreter von Deutschland, England, Frankreich und Italien zugezogen worden. Eine neue Sitzung des Rates zur weiteren Behandlung des chinesisch-japanischen Konfliktes ist vorläufig noch nicht einberufen worden. Sollte bis zum Abschluß der Völker- bundsversammlung eine weitere Behandlung des Konflik tes im Rat nicht möglich sein, so ist vorläufig eine außer ordentliche Tagung des Rates in Madrid in Aussicht genommen, in der die Ratsmächte durch ihre Madrider Botschafter vertreten sein sollen. Der japanische Generalkonsul in Charbin bittet um Schutz. Peking, 23. Septbr. Der japanischen Gesandtschaft ist ein Telegramm des japanischen Generalkonsuls in Charbin zugegangen, in dem dieser im Zusammenhang mit den Bombenanschlägen gegen das Generalkonsulat und gegen japanische Banken um Entsendung von japanischen Trup pen der japanischen Kolonie bittet. In Charbin wohnen etwa 14 000 Japaner. In einer Meldung der chinesischen Presse-Agentur wird behauptet, daß japanische Truppen bereits nach Charbin unterwegs seien. Ein Eebietsstreifen zwischen der chine sischen Ostbahn und der Grenze der Südmandschurei sei von den Japanern kampflos besetzt worden. — Eine Bestätigung dieser Meldung von japanischer Seite liegt noch nicht vor. deutschen Schrott nach Schweden und Spanien erteilt be kommen. Da der Schrott aber nach Polen ausgeführt Wurde, dürfte hier ein schwerer Mißbrauch mit der er teilten Ausfuhrbewilligung getrieben worden sein. Die Zollbehörden sind der Ansicht, daß diese verbotene Schrott- nnsfuhr bereits seit drei Jahren im Gange sei. * Winters Einzug. München, 23. September. In ganz Südbayern ist ein Wnitereinbruch erfolgt, wie er in diesem Ausmaß im Sep tember seit vielen Jahren nicht mehr erlebt wurde. Im bayrischen Allgäu schneit es seit 24 Stunden fast ununter brochen. Selbst im Flachland fällt der Schnee in dichten Flocken. Füssen hatte heute früh eine Schneehöhe von 5 bis 6 Zentimetern. In den Bergen liegt der Schnee bis zu einem Meter hoch. Starke Schneeverwehungen führten zu schweren Verkehrsstörungen. Auf der Arlbergstraße mußte ein Auto aus dem Schnee geschaufelt werden. Das Wild lief scharen weise zu Tal. Der Schaden für die Landwirtschaft ist groß. Das Vieh, das noch auf der Weide ist, findet nichts mehr zu fressen, lieber Oberstdorf und Umgebung ging ein Gewitter nieder, das von heftigen Hagelböen begleitet war. Auch München hat heute seinen ersten Schnee gehabt. Das winter liche Bild in der Stadt war jedoch nicht von Bestand. das Geheimnis des Äaubtierhauses. Roman von Lisa Passon. H (Nachdruck verboten.) Die Dame in dem brandfarbenen Pelz umfaßte krampfhaft das Handgelenk ihrer Freundin, die über rascht flüsterte: „Ah, er ist nicht mehr jung?" Frau Bogdanowa wollte Lee unter einem Über schwang an Höflichkeit in einen Sessel nötigen, aber er blieb stehen, Rosita wurde ihm zugeführt. „Nehmen Sie den Hut ab, liebes Kind," sagte Lee, als stände er allein mit ihr und wäre nicht rings von Neugierigen Blicken umlagert, „ich will Ihre Augen sehen." Rosita hob ihm das Gesicht entgegen Augen voll Un schuld und Jugend, dachte Lee. „Es ist gut," sagte er; -das Auto wartet draußen. Setzen Sie sich neben den Chauffeur. Ihre Sachen lassen Sie nachschicken." „Sie haben das recht gemacht," wandte er sich an die Bogdanowa, „ich kann keine raffinierten Gesichter ver tagen." Und im Abgehen: „Ich sehe, Sie haben da nette Neuerwerbungen. Schicken Sie mir eine Kollektion ins Haus." Eilig folgte ihm die Dame im prunkenden Pelz mit >hrer Freundin. Sie wollte Lee einsteigen sehen, aber das Auto rückte schon an. Mit zusammengepreßten Lippen wandte sie sich ab, Tränen standen ihr in den Augen. „Nicht einen Blick hätte er für mich," stieß sie heraus, -,nicht einen Blick!" Zweites Kapitel. Rosita hatte sich darauf vorbereitet, in die zweite Klasse des Oberlyzeums ausgenommen zu werden. Nur um ihre erkrankte Mutter unterstützen zu können, hatte sie ulles aufgegeben und die Hausstellung bei Lee über nommen. Ich werde jede Nacht arbeiten, dachte das Kind und versuchte, mit diesem Vorsatz die Angst vor dem Neuen, das nun an es heranirat, zu unterdrücken. Der Chauffeur hatte Rosita eine Decke übergeworfen, das Auto war fortgeschnellt, ohne daß sie das Ziel der 6ahrt kannte. Sie wußte nur, daß es in die Nähe der Grenze ging und daß Lees Schloß weit weg von jeder Bahnstation lag. Man hatte ihr viel zugetragen über diesen Mann, als hieß, sie wolle zu ihm, man hatte sie gewarnt und zurüüzuhalten versucht, ohne daß man ihm auf ihre genauen Fragen etwas Böses nachsagen konnte. Es schien aber, daß man fast gewünscht hätte, es tun zu können. Sobald das Auto das Weichbild der Stadl verließ, schlug der Chauffeur ein unheimlich schnelles Tempo an, das von dem steten Aufheulen der Hupe begleitet war. Nichts war zu sehen als trübverwischte Lichter der Ort schaften, die man durchjagte, hin und wieder ein stumpf aufblinkender Schienenstrang, der sich zu drehen schien. Die Fahrt tobte ins Ungewisse. Das leichte Zittern des Wagens teilte sich Rosita mit. Bangigkeit erwürgte sie fast. Manchmal stieg der Wagen, manchmal fiel er. Zwei Stunden mochten vergangen sein, er fuhr jetzt langsamer, die Wege schienen schlecht zu sein. „Es ist eine Verrücktheit, hier überhaupt mit dem Auto zu fahren!" schimpfte der Chauffeur, dessen Stimme Rosita jetzt zum ersten Male hörte. „Wo sind wir?" wagte Rosita zu fragen. „Wo sind wir, wo sind wir — das ist doch immer dasselbe hier. Bei Tage würden Sie auch nicht viel mehr sehen. Braune Hügelrücken, öde Heide, Sumpf. Sie können sich freuen, wenn Sie zur Abwechslung mal ein Schaf blöken hören." „Wo liegt das Schloß?" „Haha, Schloß! Sie denken, so was mutz an einem Fluß, einem See liegen, Wald, Bäume haben . . . Hab' ich auch gedacht. Unser Herr sucht sich eins aus, wo Sie sich begraben lassen können. Die Bäume können Sie zählen. Wasser haben Sie genug, aber in einem Sumps. Sonst haben Sie nichts als viel Regen und Wind. Wenn Sie spazierengehen wollen, Fräulein, passen Sie auf, daß Sie nicht versinken. Hinter dem Schloß ist ein Schwamm voll Wasser. Wege gibt's da überhaupt nicht mehr. Ein paar Steine haben sie da und dort hingelegt, damit man nicht geradeswegs in den Sumpf läuft." „Und die Heide?" „Die Heide — was ist da schon groß! Wenn sie blüht, hat ste'n paar Farben — aber jetzt: braun, braun. Und die Hügel ringsum braun. Was Sie nur sehen: braun. Fräuleinchen, das wird einem bald zuviel, wenn man immer in Städten gewesen ist." Ein hartes Klopfen an die Scheibe erschreckte Rosita. „Sprechen soll man auch nicht," murrte der Chauffeur. Rosita wagte eine Wendung des Kopfes. Das Wageninnere war stockfinster. „Warum hat er kein Licht?" flüsterte sie, aber der Chauffeur hörte sie nicht. Lee rupfte nervös an seinen Fingern. Es war eine verrückte Idee gewesen, wegen dieses jungen Dinges da vorn zweimal diesen Weg zu machen. Man hätte sich irgendeine durch die Bogdanowa zuschicken lassen sollen. Aber er war nun einmal so empfindlich gegen Gesichter, daß er sich davor nur retten konnte, indem er sein Personal selbst aussuchte. Und besonders in diesem Falle. Schließ lich mutz man doch an einem Menschen Freude haben, wenn man nur Männer und eine karge Wirtschafterin um sich hatte. Ja? Mutzte man? Ich mache mich lächer lich und bekomme Dumme-Jungen-Phantasien, ärgerte sich Lee. „Halten!" schrie er in das Sprachrohr. Der Wagen bremste, stand mit zitternden Flanken. „Ich gehe zu Futz weiter!" rief Lee aussteigend. „Übergeben Sie das Mädchen Frau Welker." „Werden Sie nicht fehlgehen, Herr?" Lee untersuchte flüchtig, ob seine Taschenlampe funk tionierte. Dicht am Fahrweg stand eine Hütte aus rohen Felsblöcken. „Ich weiß, wo ich bin," antwortete er und schritt vom Wege ab. Das Auto wurde vom Nebel verschluckt. Nach ein paar Sekunden hörte Lee nichts mehr als das Brausen des Windes. Ein eiskalter Nordost durch peitschte ihn bis auf die Haut. Schwarze, winddurchheulte Verlassenheit! Trostlose Einförmigkeit! — An einen schrägliegenden Block gelehnt, versuchte Lee mit den Augen die Finsternis zu durch dringen. Ein dünner Strahl wanderte aus seiner Taschenlampe im Kreise. Als die Nebeltücher, stürmische Segel, einen Augenblick auseinanderrissen, sah er neben sich dürres Geäst in die Luft starren. Er tastete danach, fühlte sich weiter. Wurzeln nach Wurzeln ritzten seine Hände. Eine ganze Schonung junger, kränklicher Nadel hölzer lag hingemäht, geisterhaft ragten die zerrupften Häupter, sie stießen mit den Wurzeln der nachfolgenden Baumreihen zusammen. Lee hob die Stirn in den Wind, er lachte in den Wind. „Zerstören!" sagte er. Er neigte sich wieder, seine Hand strich über den rauhen Boden: „Du läßt dich nicht wirtlicher machen als du bist," murmelte er. (Fortsetzung folgt.)