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Belagerungszustand in Schantung. Moskau, 20. September. Nach einer russischen Meldung aus Schanghai hat die Nankingregierung den Belagerungs zustand in der Schantung-Provinz verhängt. Alle chinesi schen Truppen sind an der Eisenbahnlinie konzentriert, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Mehrere Tausend Ja paner verlassen in Zügen die Schantung-Provinz nach Ja pan. Nach einer weiteren Meldung sollen in Korea weitere japanische Truppen mobil gemacht werden, für den Fall einer Vergrößerung der militärischen Aktion in der Nord mandschurei. Mehrere japanische Kriegsschiffe sind aus Wön- san nach den chinesischen Häfen ausgelaufen. DMmtmM WM in Wtin. Stettin, 20. September. Der zweite Tag des Deutsch nationalen Parteitages war, nachdem am Vormittag ein katholischer und ein evangelischer Gottesdienst abgehalten worden war, mit einer großen Kundgebung in der Stettiner Messehalle ausgefüllt. Der riesige Raum, mit den Farben des alten Reiches und den rot-blauen Farben der Stadt Stettin ausgeschmückt, konnte die Menge der Teil nehmer kaum aufnehmen. Die ständischen und Jugend organisationen der Partei, darunter besonders die deutsch nationalen Arbeitervereine, waren in geschlossenem Zuge mit zahlreichen Fahnen und Bannern unter Marschmusik mehrerer Kapellen anmarschiert. Stürmisch begrüßt eröff nete der Parteiführer Hugenberg die Kundgebung des Parteitages mit ihrer kurzen Begrüßungsansprache. Ge heimrat Hugenberg begrüßte die Tausende als die große Heerschau deutscher Kraft und nationalen Willens. Er gedachte der seit dem Kasseler Parteitag verstorbenen her vorragenden Parteimitglieder. Der Parteivorsitzende be grüßte sodann den Prinzen Oskar von Preußen und teilte der Versammlung mit, daß erandenKaiser in Doorn folgendes' Telegramm gerichtet habe: „Ew. Majestät gedenken in alter Treue die zum Reichsparteitag in Stettin versammelten Tausende deutschnationaler Män ner und Frauen." Der Vorsitzende des Pommerschen Landesverbandes der Partei, v. Zitze w i tz (Groß-Gansen), hielt darauf eine Begrüßungsansprache, in der er unter anderem ausführte: In einer Stunde größter deutscher Not, in der alle Merk male dieser Not im Daseinskampf des preußischen Ostens ihren augenfälligsten Ausdruck finden, hat die Deutschnatio nale Volkspartei ihren Reichsparteitag zu uns nach Pom mern einberufen und damit dem Parteitag das Leitwort gegeben: „Der Kampf um den deutschen Osten". Hier im Osten ist die offene Wunde, an der unser Volk seelisch und wirtschaftlich schwer krankt. Wir wissen, daß Deutschland ohne den preußischen Osten nicht leben kann. Wir wissen, daß Deutschland ebenso wenig mit dem heutigen Osten zu leben vermag. An dem System des heutigen Staates stirbt nn gefährdeten Erenzlandraum des preußischen Ostens die Bodenständigkeit. Mit der Bodenständigkeit stirbt die Wehrhaftigkeit und mit der Wehrhaftigkeit stirbt der wlaübe an Leben und Aufgaben unseres Volkes. Nur wenn es gelingt, die Oder-Linie nicht nur zu halten, son dern sie zum Ausfalltor deutschen Ausdehnungswillens auszubauen, wird im preußischen Grenzlandraum die deutsche Zukunft begründet liegen. Oder und Rhein sind heute die Schicksalsströme Deutschlands geworden. Darauf nahm zu dem Thema „Der deutsche Osten" der preußische Landtagsabgeordnete v. Rohr das Wort. In der Aussprache über das Thema „Der deutsche Osten" hob Reichstagsabgeordneter Wilhelm Schmidt Frankfurt a. d. Oder), der Führer des Deutschnationalen Reichsverbandes Vaterländischer Arbeitervereine, hervor, daß seit Beginn der Führung Hugenbergs die Deutsch- vationale Volkspartei wieder eine Jugend in ihren Reihen habe, den Hauptteil dieser Jugend stelle die deutschnatio nale Arbeiterschaft. Dann nahm Frau Klitzing das Wort. Der Bundeskanzler des Stahlhelm, Major a. D. Wag ner, überbrachte hierauf die Grütze des erkrankten ersten Bundesführers Seldte. , Dann hielt stürmisch begrüßt Geheimrat Hugenberg mne großangelegte Rede, die oft von stürmischem Beifall unterbrochen wurde, der sich am Schluß zu minutenlangen Ovationen steigerte. Auf eine Aussprache über die Rede des Parteivorsitzenden wurde verzichtet. — Nach dem ge meinsamen Gesang des Deutschlandliedes erklärte Dr. Hugenberg die Kundgebung und damit den Zehnten Reichsparteitag der Deutschnationalen Volkspartei für ge schlossen. Aus Hugenbergs Programm-Rede. Geheimrat Dr. Hugenberg stellte an den Anfang seiner Ausführungen zur inneren Lage den Satz: In Deutschland ist ein innere Umschwung der Machtverhält nisse eingetreten, der künstlich und verfassungswidrig nie dergehalten wird — sonst hätten wir längst in Preußen und im Reich eine Negierung der nationalen Opposition. Es ist, so fuhr er fort, in den letzten Wochen viel davon geredet worden, ob das Zentrum die Rechte, insbesondere die Deutschnationale Volkspartei, an der Regierung be teiligen wolle oder nicht. In dieser Fragestellung liegt eine gewisse Ueberheblichkeit. Man könnte auch sagen: wird, wenn endlich auf der Grundlage des Programms der natio nalen Rettung und der Ausmerzung der marxistischen Machteinflüsse die unvermeidliche Folgerung aus Stim mung und Bedürfnis des Volkes gezogen wird, das Zen trum auf der Seite der Regierung oder der marxistischen Opposition sein? Auf dem Poungplan hat sich die Zen trumsdiktatur aufgebaut. Man hat nun unter Lüge und Verdrehung behauptet, die Deutschnationale Volkspartei und insbesondere Herr Hugenberg hätten in kritischer Stunde die positive Mitarbeit versagt und trügen dadurch eine Mitschuld, ja die Schuld daran, daß alles so gekommen sei. Es gibt keine größere Fälschung! Auf der ehrlichen Grundlage der Freiheitsbewegung und des Kampfes gegen die Sozialdemokratie hätte man mit uns stets ein Kabinett bilden können. Lediglich vor dem Experiment einer die Sozialdemokratie ablösenden mittelparteilich - bürgerlichen Regierung zur Durchjührung des Poungplans habe ich ge warnt. Aus dieser Warnung vor einer heute als falsch er wiesenen Politik hat man die „grundsätzliche Ablehnung positiver Mitarbeit" gemacht. Wir stoßen in dieser kritischen Stunde keine Hand zurück, die sich uns zu wirklich ehrlicher Zusammen arbeit anbietet. Wir kennen in der Politik keine grund sätzlichen Feindschaften. Wir, die wir die Mehrheit des deutschen Volkes bil den, wir berufen uns heute auf Verfassung und Parla ment und halten den Herrn Reichspräsidenten ay dem Schwure fest, den er geleistet hat! Wir wollen seinen ge schichtlichen Namen und seine Rolle als Vorkämpfer des nationalen Deutschland rein und klar erhalten. Wir legen feierlich Verwahrung gegen das ein,, was die Regierungen aus den Notverordnungen des Reichspräsidenten hinter seinem Rücken gemacht haben. Wären wir nicht strafwürdige Narren, wenn wir dies Kabinett nicht bekämpften oder uns gar irgendwie an sei ner Arbeit beteiligten? Nur ein nationales Deutschland ist heute noch fähig, den Bolschewismus niederzuringen und ein Regiment der Ordnung aufzurichten! Es kann nnr eine Antwort geben: diese Art von Regiment durch das von uns gewünschte zu ersetzen! Das ist nicht „Parteistandpunkt", sondern es ist die Voraussetzung deutscher Gesundung. Wer aus den Reihen der nationalen Opposition oder ihrer An hängsel in Zeiten, da die gegenwärtige Regierung Hilfe suchen wird, Minister werden öder ihr sonst beistehen sollte, der ist abtrünnig und Feind. Wenn höchste Not und Krisis kommen und der Bolschewismus auflodert — wohlgemerkt: wir wollen diese Katastrophe nicht, wir sind nicht schuld daran. Keine Hand, so rief Geheimrat Hugenberg zum Schluß aus, soll sich zum Schutze dieser Regierung und die ses marxistischen Systems erheben! Es wäre Verblendung, wenn die Negierung wieder — wie Ebert 1919 — auf die Opfer der nationalen Jugend rechnete, aus Freiwillige, die man vorschickt, um sie dann in den Kerker zu werfen. Es darf nicht nochmals Vorkommen, daß dieses System durch nationale Kräfte gerettet wird! Laßt uns feststehen — dann klammert sich alles an uns und unser Deutschland steigt wieder aufwärts! Deutschnationale Entschließung zur preußischen Not verordnung. Stettin, 19. September. Der deutschnationale P a r t e i v o r st a n d, der am Freitagabend bis in die Nachtstunden tagte, faßte eine Entschließung, in der er sich anfs schärfste gegen jeden Versuch der Regierung wendet, aus dem Verordnungswege das Wahlrecht zum Reichstag oder zu einem der Länderparla mente abzuändern. Verfassungsmäßig habe über solche Aenderungen allein die ordnungsmäßige Gesetzgebung zu entscheiden. Die Versuche einer Landesregierung, wie jetzt der preußischen, unter Berufung auf eine verfassungsrecht lich anfechtbare Notverordnung der Reichsregierung, das Wahlrecht des Landtages und damit ihre staatsrechtliche Grundlage selbstherrlich abzuändern, seien mit der Ver fassung nicht zu vereinbaren. Die Deutschnationale Volks partei lege gegen dieses Vorgehen um so schärfere Verwah rung ein, als die derzeitige Regierung in Anbetracht der heutigen potlitischen Einstellung der preußischen Wähler schaft die moralische Pflicht habe, schleunigst abzutreten und alle Entscheidungen einschneidender Natur einer Regierung zu überlassen, die nach Landtagsneuwahl dem Willen der Wähler entsprechend gebildet sei. Aus aller Well. * Ein Reichswehrangehöriger im Saargebiet verschol len. Der Obergefreite Ernst Walk eines Reichswehrbatail lons in Würzburg hatte drei Wochen seines Urlaubs bei seinen in Zweibrücken wohnenden Eltern zugebracht. Vor seiner Rückkehr zum Truppenteil wollte er Verwandte in Saarbrücken besuchen. Er ist aber weder nach Saarbrücken noch wieder zu seiner Garnison zurückgekehrt. Es wird ver mutet, daß Walk entweder Fremdenlegionswerbern in die Hände gefallen oder aber durch ein Verbrechen zu Tode ge kommen ist. * Wieder ein Flugzeug abgestürzt. Zwischen Banau und Hennersdorf im Kreis Frankenstein stürzte am Sonn abend der Breslauer Eindecker v 2022, ein Sportübungs slugzeug, mit zwei Insassen ab. Die Maschine geriet in der Luft in Brand und der Führer versuchte eine Notlandung vorzunehmen. Bevor das Flugzeug aufsetzte, sprang der eine Insasse ab; er verunglückte tödlich. Das Flugzeug zer schellte bei der Landung. Der Führer, Diplomingenieur Werner Badke aus Breslau, blieb unverletzt.. * Doppelselbstmord. Die Polizeipressestelle Düsseldorf teilt mit: Am Sonntag gegen 18 Uhr sind auf den Rhein wiesen in der Nähe von Zons eine männliche und eine weibliche Leiche aufgefunden worden, die Kopfschüsse auf wiesen. Es handelt sich um einen 38jährigen Mann und eine 28jährige Frau. Nach den bisherigen Feststellungen liegt Doppelselbstmord vor. Aus den bei den Toten vor gefundenen Papieren läßt sich nur ersehen, daß der Mann aus Duisburg und die Frau aus Oberschlesien stammt. Die Namen der Toten konnten noch nicht festgestellt wer den. Anscheinend handelt es sich um ein Liebespaar. * Eine Spur des Korutaler Attentäters? Auf dem Volksfest in Crailsheim wurde von einem Polizeiwacht meister ein Mann sestgenommen, auf den die Beschrei bung des Korntaler Attentäters ungefähr zutrifft. Wäh rend der Vernehmung durch den Beamten zog der Ver haftete plötzlich eine Pistole aus der Tasche und gab auf den Wachtmeister einen Schuß ab; glücklicherweise ohne ihn zu treffen und ergriff dann die Flucht. Aus den ihn verfolgenden Landjäger schoß der Fliehende auch einige Male. Die Schüsse verfehlten aber ebenfalls das Ziel. Der Täter entkam auf dem Volksfest und konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. Ob es sich bei ihm tatsächlich um den Korntaler Attentäter handelt, steht noch nicht einwandfret fest. * Mutter und Geschwister ermordet. Der 18jährige Mühlenbesitzerssohn Georg Klein aus Troitschendorf stellte sich der Görlitzer Kriminalpolizei mit der Selbstbezich tigung, seine Mutter und seine beiden Geschwister, einen neun Jahre alten Knaben und ein neunjähriges Mädchen, ein Zwillingspaar, mit der Axt erschlagen zu haben. Die polizeilichen Nachforschungen ergaben die Richtigkeit der Angaben. Die Mutter des Täters wurde in der Stube, der Knabe im Keller und das Mädchen auf dem Haus boden erschlagen aufgefunden. Die Tat ist bereits in der Nacht zum vergangenen Dienstag geschehen. Da der junge Mann den Nachbarsleuten erzählte, daß seine Mutter und Geschwister nach dem Rheinland zu einer Beerdigung gefahren seien, wurde kein Verdacht geschöpft. * Blutige Familientragödie. Am Freitagmorgen er eignete sich in Siemianowitz eine blutige Familientragödie. Der Ingenieur Pellar schoß aus bisher unbekannter Ur sache auf seine Frau und seinen elfjährigen Sohn und brachte sich selbst einen Schuß bei, der jedoch nicht töd lich wirkte. Frau und Kind sind tot. Der Schwerverletzte wurde ins Knappschaftslazarett eingeliefert. Pellar lebte in geregelten Verhältnissen und erfreute sich bei der Be legschaft allgemeiner Beliebtheit. Nas Geheimnis des Äaubtierhauses. Roman von Lisa Passon. y (Nachdruck verboten.) Erstes Kapitel < Für fünf Uhr war Rosita bestellt. Um halb fünf schon stand sie vor Warwara Bogdanowas Modesalon in der Regenteustraßc Hier schütteten luxuriöse Schau fenster farbige Lichtströme in den schon Stunden währen den rieselnden Regen. Um sich die Wartezeit zu verkürzen und eine Ablenkung sür ihre Aufregung zu finden, trat Rosita vor das Schau- senster und verfolgte das laufende Band einer Licht reklame, die aus dem Parkett vor den Auslagen ange bracht war. Wort für Wort eilte an ihren Augen vor bei. Ein Stern trennte die kurzen Sätze. Wenn der nächste Satz mit einem G anfängt, dachte Rosita in kindlichem Aberglauben, habe ich Glück. „Ge sellschaftskleider, Abendumhänge nach neuesten Pariser Modellen," las sie halblaut und lächelte mit einem kleinen Aufatmen. Als um drei viertel fünf ein Auto vorfuhr, schlüpfte sie eilig hinter einer aussteigenden Dame in Frau Bog danowas Salon. Dieser Salon, den die russische Emigrantin durch Ver kauf ihrer wertvollen Schmucksachen hatte einrichten kön nen, war ganz mit kanadischer Birke getäfelt, künstlerische Schnitzereien gliederten die Wandflächen, unter den Teppichen, die den Boden bedeckten, gab es Sammelstücke, denen die renommiertesten Antiquitätenhändler nach sagten. Die Bogdanowa hatte nicht nur die eleganteste Kundschaft heranzuziehen verstanden, es trafen sich bei ihren allwöchentlichen FünfuhNees, bei denen ausgewählt schöne Mannequins ihre neuesten Modelle vorführten, auch Berühmtheiten der Stadt, Kunstkritiker, Maler, Bildhauer, Schriftsteller. Der Salon war auch heute stark besucht. Rosita, von diesem Luxus bedrückt durch ihre ärmliche Kleidung, blieb schüchtern neben der Tür stehen. Sie scheute sich, in den Bereich der Spiegel zu treten, die von allen Seiten elegante Frauen, schimmernde Brokatmäntel, aufblitzende Schmuckstücke reflektierten Die Bogdanowa selbst pries gerade einen Schirm an, den sie mit spitzen Fingern hielt, ein Kunstwerk von einem Schirm mit einem Kopf aus Elfenbein, reich mit Amethyste» eingelegt. In Vitrinen waren auserlesene Kunstgegenstände zur Schau gestellt, kostbare Handspiegel, Puderdöschen, Tabatieren, alte Uhren, echte Bronzen, Bernstein und Elfenbein schnitzereien, meist Antiquitäten Verloren blieben Rositas Augen an einem zarten Kleid aus altrosa Chinaseide hängen. Sie schreckte zu sammen, als eine der Verkäuferinnen sie nach ihren Wünschen fragte. „Ich bin bestellt," sagte sie leise, „ich soll hier abge holt werden." Dienstfertig und strahlend eilte sie dem Millionär entgegen In der Tat hatte sie die Bogdanowa, die für ihre bevorzugte Kundschaft mitunter unentgeltlich Vermitt lung erstklassigen Personals übernahm, wofür sie eine besonders glückliche Hand zu haben vorgab, in dieser be sonderen Absicht zu sich kommen lassen. „Ah, Sie sind die Kleine, die zu dem Millionär soll," meinte das Fräulein neugierig und musterte sie. „Sie sind hübscher als Ihre Vorgängerin. Graue Augen, schwarze Haare — aber ebenso jung. Das ist wohl Ihre erste Stellung? Wissen Sie," fuhr sie vertraulich fort, „die andere ist nur drei Wochen geblieben, Sie . . „Sophie, was stehen Sie hier heruni, allonK, Sie wer den gebraucht!" unterbrach Warwara Bogdanowa. Sie war eine mittelgroße, bewegliche Dame mit starken Zügen und einem deutlichen Barlanflug aus dec Ober lippe. „Also, meine Kleine, ich habe nnr ein paar Minu ten Zeit. Ihre Mutter ist Sehrerswitwe? Sie wollen Geld verdienen, das ist recht Es macht nichts, daß Sie als Zimmermädchen anfangen. Ihr Herr ist steinreich, und es wird später eine Reklame für Sie sein, bei Lee gedient zu haben. Ich bin sroh, daß man Sie mir empfohlen hat, denn Herr Lee sieht gern etwas Hübsches um sich. Aber nun machen Sie mir keine Schande. — Sophie, holen Sie den zurückgehängten Mantel!" ries sie der gerade Vorbeigehenden zu. „So. Sie müssen ein bißchen nett aussehen!" Und ehe es Rosita sich versah, steckte sie in einem neuen Mantel aus einfarbigem guten Tuch. „Ich kann ihn nicht bezahlen," stammelte sie. „Lassen Sie nur. Ich habe da" — sie zeigte auf eine Vitrine — „eine kleine Kostbarkeit für Ihren Herrn, die es mir wieder einbringen wird." Rosita fühlte ihr Herz schlagen vor Freude und so versunken war sie in ihr Glück, daß sie nicht merkte, wie die Herren voll Wohlgefallen und Vergnügen die Blicke aus ihr verweilen ließen Eine junge Dame in brandfarbenem, goldüber- stäubtem Pelz erkundigte sich bei der Bogdanowa. „Oh, die hat Glück!" meinte sie nach deren Auskunft, und ihrer Freundin flüsterte sie hastig zu. „Lee wird heute erwartet. Ich habe es mir gedacht. Du weißt es doch, er geht nur bei schlechtem Wetter aus. Er ist ja ein halber Engländer, eigentlich Schotte, also muß er auch seinen Spleen haben. — Sieh ihn an, da kommt er gerade." Das Stimmengewirr ringsum wurde gedämpfter, man achtete überhaupt nicht aus das was man sagte, und redete nur, um nicht allzu ausfällig zu machen, daß man beobachtete. Es war gut, daß hier viele Spiegel standen, so brauchte man sich nicht einnial nmzudrehen, um Lee zu sehen. Die Bogdanowa merkte das Interesse nnd war begeistert Welche Reklame für ihr Geschäft! Dienstfertig und strahlend eilte sie dem Millionär entgegen, der durch seine Absonderlichkeiten ein willkommener Gegenstand des Gesellschaftsklatsches war. Lee stand in der Tür, hochgewachscn, ganz in Schwarz. Die Brauen lagen in einer seltsam harten Schwingung über den dunklen Augen, dunkel war auch die Häut, der keinerlei Nöte Wärme gab „Ein Fürst der Hölle! Wahrhaftig!" bemerkte mit spöttischem Pathos ein Herr. (Fortsetzung folgt.)