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Die Vorbedingung -er Gesun-ungr deutsch-französische Verständigung. London, 24. Juli. Die „Times" geht im einzelnen auf die französisch-deutschen Beziehungen ein. Den ausge zeichneten Beziehungen zwischen Brüning undLaval scheine Bedeutung beigemessen werden zu müssen, wenn sie die Grundlage zu be- dingsfreien Erörterungen werden sollen. Das Blatt weist darauf hin, datz es noch immer Sieger und Besiegte gäbe. Dieser Zustand dürfe nicht andauern. Abschließend setzt sich die „Times" erneut für eine französisch-deutsche Annäherung ein. Die Welt könne niemals Vertrauen in die Festigkeit des Friedens haben, wenn die Kriegs mentalität zwischen Deutschland und Frankreich anhalte. Diese könne nur beseitigt werden, wenn beide Parteien auf derErundlage derEleichheit bereit seien, als Ausgangspunkt der Erörterungen eine Abänderung der derzeitigen Verhältnisse zu erwägen. Die „Morningpost" meint, es sei ein Fehler, wenn man annehme, daß durch die von der Konferenz beschlossene Empfehlung Deutschland wieder saniert werden könnte. Eine Wiederholung der Krise sei unvermeidlich, wenn im nächsten Juli die Poungzahlungen wieder ausgenommen werden sollten. — Der „Daily Herald" sagt, die Krise sei nur aufgehoben, die Revision der Kriegsschuldenabkommen sei notwendig. M dM-MWe MWU Annäherung? London, 23. Juli. In eingeweihten Kreisen verlau tet, daß die Aussprache, die am Donnerstag anläß lich des Frühstücks in der deutschen Botschaft zwischen den deutschen und den französischen Ministern geführt wor den ist, eine Wendung genommen habe, die eine spätere deutsch-französische Zusammenarbeit auf der Grundlage eines wirklichen Verständnisses für die wahren Verhältnisse in Deutschland doch nicht ganz so hoffnungslos erscheinen lasse, wie das bisher der Fall war. Der Ein druck, den die Aussprache hinterließ, war jedenfalls der, daß man in den maßgebenden französischen Kreisen nun doch ernster über die Ursachen der bisherigen Fehlschläge der Versuche einer deutsch-französischen Annä- h er u n g nachzudenken bereit scheint und geneigter wird, die tatsächlichen Stimmungen und Kräfteverhältnisse so wie die Auswirkungen der bisherigen Fehlschläge in Deutsch land richtiger einzuschätzen. Die französischen Minister reisen am Freitag in demselben Zuge von London ab, den auch der Reichskanzler und der Reichsaußemninister benutzen werden. Die beiden Delegationen reisen also sicher zusammen bis nach Dover, möglicherweise auch bis nach Calais, und man nimmt an, daß sich während der Fahrt Gelegenheit zu einer Fortsetzung der Aussprache bieten wird. Möglicherweise wird übrigens auch die italienische Abordnung den gleichen Zug benutzen. Am Donnerstagabend hatte der Londoner Vertreter der Telegraphen-Union im Carltonhotel eine Unterredung mit dem französischen Ministerpräsidenten Laval, in der sich dieser über die gegenwärtige Lage aussprach: „Ich wage zu sagen", so erklärte Laval, „daß die Unterhaltungen zwischen den deutschen und den franzö sischen Ministern und besonders meine Unterhaltung mit Dr. Brüning uns zu einer Politik znsammcngcsührt hat, die, wenn sie weiter mit Klugheit und Festigkeit betrie ben wird, zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Deutschland führen kann. Es gibt keinen Kredit ohne Ver trauen und es gibt kein Vertrauen in der Welt, wenn nicht Harmonie zwischen unseren beiden große» Länder» herrscht. Hier liegt das Beil, hier liegt der Friede. Das müssen alle Nationen begreifen, mit denen uns Freund schaft verbindet. Unser Versuch ist noch nicht beendet." Vor neuen Konferenzen. Paris, 24. Juli. Die ganze Pariser Morgenpresse ist sich darin einig, daß die in London gefaßten Beschlüsse nur eine vorläufige Lösung dar st eilen und kaum geeignet sind, der deutschen Finanzkrise eine wesentliche Hilfe zu bringen. Man unterstreicht allgemein, daß eine zweite Konferenz über kurz oder lang — man rechnet in ein bis zwei Monaten — zusammentreten wird, die sich mit den gleichen Fragen wie in London befassen müsse. Alle Blätter, selbst das „Echo de Paris" weisen immer wieder auf die guten Beziehungen hin, die sich zwischen Brüning und Laval an gebahnt hätten. Das „Echo de Paris" meint, es sei sicher, daß die Bankiersachverständigen in ihrem Bericht auch die Fragen desPoungplanes berühren würden. Frankreich werde sich dann in kurzer Zeit denselben feind lichen Plänen gegenllbersehen, die es soeben in London ausgeschaltet habe. — Das „Journal" sagt, England und Amerika hätten Deutschland an den Rand des Abgrundes getrieben, indem sie sich in Frankreich große Summen zum Zinsfuß von 3 bis 4 v. H. geborgt und dieses Geld zu Wucherzinsen weitergeliehen hätten. Der „Petit Parisien" betont, daß man bald die Besprechungen wieder aufnehmen müsse, um das Reich in den Sattel zu setzen. Nach dem „Oeuvre" werde man schon in zwei bis drei Wochen die Be handlung des gleichen Themas von London wieder auf nehmen müssen. Eine HWWng, adel MmitW für MMPW. London, 23. Juli. Bei der Beurteilung der am Donnerstag vom Foreign Office ausgegebenen amtlichen Mitteilungen legte Reichskanzler Brüning zunächst einmal Wert auf den ersten Paragraphen dieses Schriftstückes. Er betonte, hiermit habe die Konferenz aus drücklich anerkannt, daß die Kapitalzurückziehung aus Deutschland in erster Linie aus das Ausland zurückzuführen seien und daß Deutschlands Staatshaushalt und Wirtschaft in Ordnung gebracht worden wären, nachdem der Hooverplan dieses möglich gemacht habe. Die Londoner Konferenz habe n u r e i n e Zwischen lösung gebracht. Er habe eigentlich auch von vornherein nichts anderes erwartet, nachdem man sich über die Schwierigkeiten, die der Aufnahme einer internationalen langfristigen Anleihe entgegenstehen, klar geworden sei. Finanziell sei sie nicht zu erzielen gewesen. Die Verfassung Amerikas erlaube eine Garantie seitens der Regierung nicht. Der Londoner Kapitalmarkt befände sich zur Zeit nicht in der gewünschten Verfassung. Auch bereite ein Ein vernehmen zwischen Amerika und England einerseits und Frankreich andererseits Schwierigkeiten. . Die deutschen Bemühungen hätten sich daher von vorn herein eigentlich lediglich auf die Verlängerung des 100-Millionen-Dollar-Rediskontkre- dites und das Anhalten der ausländischen Kreditzurllck- ziehungen beschränkt. Brüning wies hierbei besonders auf den Einfluß hin, den die amerikanische Stellungnahme auf die günstige Lösung dieser beiden Fragen ausgeübt habe. Die Konferenz sei besonders stark von der deutschen Jndustriegarantie beeindruckt gewesen, und anscheinend böte diese die geeigneten Unterlagen für eine zukünftige Kreditaktion, die dann nicht unmittelbar an das Reich, sondern wahrscheinlich über den Weg der Eolddiskontbank nach Deutschland fließen würde. Der Kanzler brachte zum Ausdruck, daß die Vor schläge, die der Reichsbankpräsident Luther auf seiner Rundreise vor etwa 14 Tagen vorgetragen habe, im allge meinen nicht denVeifall derKonferenz gefun den hätten. Sie seien wohl auch etwas schnell entworfen und daher pressemäßig nicht genügend vorbereitet ge wesen. Die Ergebnisse der Konferenz bedeuteten daher nichts weiter als Zweck maßnahmen, aber es müsse an den Zielen festgehalten werden, datz der G e s a m t u m f a n g des deutschen Kredites im Auslande zu vermehren sei Die Konferenz habe, wie er hoffe, den Grundstein für eine Aktion von Dauer gelegt, Brüning ging dann auf dieEinladung über, einige ausländischeVankiers nachDeutsch- land zu berufen. Er habe bereits in der vergangenen Woche mit Mr. Sprague in dieser Angelegenheit Rücksprache genommen. Dabei habe sich herausgestellt, datz die kompli zierte Lage in Deutschland von nur sehr wenig Menschen im Auslande verstanden würde, besonders, nachdem durch das ausgedehnte System der kurzfristigen Kredite die Lage in Deutschland sehr unübersichtlich geworden sei. Die Mit glieder dieses Bankierausschusses würden von der deutschen Regierung ernannt. Der Reichskanzler sagte, datz zwischen diesem von der deutschen Regierung zu ernennenden Ausschutz und dem von der BIZ. zu ernennenden ein Unterschied bestehe. Es seien zwei durchaus voneinander getrennte Ausschüsse, wobei es aller dings möglich sei, datz eine Person sowohl dem einen wie dem anderen Ausschuß angehöre. Der Gedanke des von der BIZ. zu ernennenden Ausschusses entstamme dem amerika ¬ nischen Vorschlag, es sei dann gegenüber dem französischen Antrag eine Zwischenlösung in der Form gefunden worden, daß zwar die BIZ. formell den Ausschuß ernennt, datz aber die Zentralbanken die Mitglieder selbst nominieren. Brü ning bezeichnete den Ausgang der Konferenz als sehr gut. Er fand Worte des Dankes für Macdonald, durch dessen Bemühungen es gelungen sei, die Konferenz in Herzlichkeit beisammen zu halten, er dankte den Amerikanern und ganz besonders auch dem französischen Ministerpräsidenten Laval, der ausdrücklich auf die Tragweite der offenen Aussprache zwischen den deutschen und den französischen Staatsmännern hingewiesen habe. Eines der wesentlichsten Ergebnisse dieser Konferenz sei, so sagte der Reichskanzler, datz sich die internationale Finanz nunmehr mit der Lage Deutschlands dauernd zu beschästigen habe, hierzu kämen die Bemühungen, die Deutschland aus eigener Kraft machen müsse. Insofern sei die Konferenz also eine Vorbereitung für eine Dauer lösung gewesen. Nach den Ausführungen des Reichskanzlers ergriff Reichsautzenminister Dr. Curtius das Mort zu einigen kurzen Bemerkungen. Er teilt mit, daß die Sachverständigen, die über die Sachlieferungen und die Ueberleitung des Hooverplanes zu beraten habe», weiter in London bleiben und untereinander die Fragen regeln werden, soweit dies möglich ist, um dann den Ne gierungen zu berichten. Das weitere Verfahren steht noch nicht fest. Dr. Curtius betonte ferner, datz es nicht etwa zu irgendeiner politischen Vertrauenskundgebung gekommen ist. Die Konferenz hat sich, wie er hervorhob, streng auf die Fragen der Finanzen beschränkt. In kleinem Kreise habe man sich zwar auch mit anderen Fragen befaßt, aber man habe sich auf den Standpunkt gestellt, datz politische Ver trauenskundgebungen leicht zu Mißverständnissen führen könnten. Der Minister sagte: Das Entscheidende ist, daß weitere Maßnahmen unternommen werden, datz wir dauernd in Fühlung bleiben, damit der Faden nicht abreibt, der zu weiteren Konferenzen mit den anderen Staatsmännern führt. Was dies weiter bedeutet, und was aus dieser Umwälzung sich herauskristallisieren wird, ist eine Frage der Zukunft. Macdonald und Stimson sind zufrieden. London, 23. Juli. Premierminister Macdonald er klärte dem ms-Vertreter in der Downingstreet: Ich bin über die Ergebnisse der Konferenz sehr befriedigt. Ich hoffe, daß die Arbeit der sieben Mächte einen fruchtbaren Boden für weitere Zusammenarbeit gelegt hat. Staatssekretär Stimson erklärte nur kurz: „Ich bin ebenfalls vollkommen von dem Ausgang der Konferenz zufriedengestellt. Amtliche Erklärung zur SiebLN-Mächte- Konferenz London, 23. Juli. Die Sieben-Mächte-Konferenz wurde um 12.20 Uhr geschlossen, nachdem noch die hauptsächlichsten Vertreter das Wort ergriffen hatten. Nach der Schlußsitzung wurde folgende Erklä rung veröffentlicht: Die kürzlichen übermäßigen Zurückziehungen von Ka pital aus Deutschland haben eine akute finanzielle Krisis erzeugt. Diese Zurückziehungen sind verursacht worden durch einen Mangel an Vertrauen, der nicht durch die wirtschaftliche Lage des Landes gerecht fertigt ist. Um die Aufrechterhaltung der finanziellen Stabilität Deutschlands sicherzustellen, die wesentlich ist im Interesse der gesamten Welt, sind die auf der Konferenz vertretenen Regierungen bereit, zusammen zuwirken, soweit es in ihrer Macht liegt, um das Ver trauen wieder herzustellen. Die aus der Konferenz ver tretenen Regierungen sind bereit, zur Erwägung durch die Finanzinstitute in ihren Ländern folgende Vor schläge zur Erleichterung der unmittelbaren Lage an zuempfehlen: 1. Daß der Zentralbank-Kredit von 1VV Millionen Dollar, der vor kurzen: der Reichsbank unter den Auspizien der Bank für Internationale Zahlungen gewährt wnrde, bei seiner Fälligkeit für einen Zeitraum von drei Monate» erneuert wird. 2. Daß gemeinsame Maßnahmen von Finanzinstituten in den verschiedenen Ländern zwecks Aufrechterhaltung des Umfanges der Kredite getroffen werden, die sie bereits Deutschland gewährt haben. 3. Die Konferenz empfiehlt, daß die Bank für Interna tionale Zahlungen eingeladen wird, ohne Verzug eine» Ausschuß von Vertretern zu schaffen, die von den Gouver neuren der Zentralbanken ernannt sind. Der Ausschuß soll die unmittelbaren weiteren Kreditbedürfnisse Deutschlands und die Möglichkeiten der Konventierung eines Teiles der kurzfristigen Kredite in langfristige Kredite prüfen. Die Konferenz hat mit Interesse eine Mitteilung Dr. Brünings inbezug auf die gemeinsame Garantie zur Kennt nis genommen, die vor kurzem von der deutschen Industrie zur Verfügung der Golddiskontbank gestellt wurde. Die Konferenz ist der Ansicht, daß eine Garantie dieser Art es möglich machen müßte, eine gesunde Grundlage für die Wiederaufnahme der normalen Operationen des internatio nalen Kredits zu schaffen. Die Konferenz ist der Ansicht, daß, wenn diese Maßnahmen durchgcführt werden, sie eine Basis für eine darauf folgende dauerhaftere Aktion bilden werde. hMK W MW der LondNtl Msmnz. Washington, 23. Juli. Präsident Hoover veröffentlicht zum Abschluß der Londoner Konferenz eine Erklärung, in der es u. a. heißt: Die Londoner Konferenz habe den Grundstein zur Wiederkehr stabiler Ver hältnisse in Deutschland gelegt. Das Haupt problem, das vor allen das Bank- und Kreditwesen berühre, sei eher durch die freiwillige Mitarbeit der Weltbankiers zu lösen als durch die Regierungen mit ihren gegensätzlichen Interessen. Eine solche Grundlage der Zusammenarbeit bedeute Sicherheit. Das in London angenommene Programm vervollständige den bereits in Kraft getretenen Aufschub der europäischen Regierungs schulden. Die gemeinsame Wirkung des Zahlungsaufschubes und des Londoner Programms sollte dem deutschen Volke unter Mithilfe seiner Industrie, seiner Hilfsquellen und seines Mutes ermöglichen, der vorübergehenden Schwierig keiten Herr zu werden und seinen Kredit wiederherzustellen. Das Londoner Programm trage zur schnellen Erholung von der Weltdeprcssion bei durch Ueberwindung der hauptsäch lichsten mitteleuropäischen Krisenelemente. Die Welt sei den Delegierten, die an der Londoner Konferenz teilgenom men hätten, zu Dank verpflichtet. Die Konferenz habe einen schönen Geist der Versöhnlichkeit und der gegenseitigen Rück sichtnahme gezeigt, was auf die Wiederherstellung stabiler Verhältnisse wohltuend wirken werde. Präsident Hoover übermittelte gleichzeitig Stimson und Mellon seine persönlichen Glückwünsche zu der erfolg reichen Mitwirkung an der Londoner Konferenz. P Landgraf bleibe hart! Die Industrie- und Handelskammer Dresden hat i" ihrer Eesamtsitzung vom 21. Juli einmütig folgende Ent schließung gefaßt und der Neichsregierung telegraphisch übermittelt: Der Herr Reichskanzler hat es seither abgelehnt, die Gewährung ausländischer Hilfe zur Erleichterung unserer schweren Wirtschasts- und Finanznot durch das Zugeständ nis von politischen oder anderen, über das rein Finanztech nische hinausgehenden Bedingungen zu erkaufen. Im vollen Bewußtsein der unendlich schweren Opfer, die die Durch haltung dieses Standpunktes allen Kreisen des deutschen Volkes, insbesondere den von ihr vertretenen Wirtschasts- kreisen, auferlegen wird, fordert die Industrie- und Han delskammer Dresden die Neichsregierung eindringlich auf, unbeugsam fest zu bleiben. Es gilt jetzt für Deutschland, sei» Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, um die vor ihm lie genden schweren Zukunftsaufgaben meistern zu können. Auch die Wirtschaft kann nur in einem freien Staate und einen« sein Geschick selbst bestimmenden Volke ihrer Aufgabe ge recht werden. Wie an ihre Angehörigen, richtet die Kam mer auch an alle anderen Volksgenossen die Mahnung, die aus dieser Schicksalsverbundenheit sich ergebenden Fol gen für die Lebenshaltung jedes einzelnen auf sich z» nehmen. M WWW m dm HMM MGU Haag, 23. Juli. An« Nachmittag setzte Prof. Dr. K a u s- mann seine Ausführungen fort. Gegenüber der von Frank reich erhobenen Beschwerde verfassungsrechtlicher Art gegen die Regelung der Kündigung des Zollabkommens, soweit diese Oesterreich betrifft, erklärte Professor Kaufmann, daß diese Beschwerde nicht von Bedeutung für die Frage sei, ob das Abkommen die Unabhängigkeit Oesterreichs verletze. Prof. Kaufmann erklärte unter anderem weiter, datz das gegenseitige Vertrauen, das Oesterreich und Deutsch land ineinander setzten, keine Verletzung der Unabhängig keit darstelle. Es sei nicht anzunehmen, daß nach drei Jah ren die österreichische Volkswirtschaft so von Deutschland ab hängig geworden sein würde, daß eine Kündigung der Zoll union unmöglich wäre. Sicher würde die Zollunion eine An passung der österreichischen Wirtschaft an die deutsche zur Folge haben. Sie sei jedoch nötig für Oesterreich, das sein Absatzgebiet in Ungarn verloren habe. Man habe aus gerechnet, daß nach drei Jahren der Güteraustausch zwischen Deutschland und Oesterreich um eine Milliarde Mark ge stiegen sein würde. Sicher werde die Zollunion auch zur Bildung von Kartellen zwischen deutschen und österreichi schen Unternehmungen führen. Es sei aber nicht einzu - sehen, warum das Frankreich nervös mache. Gegenüber dem tschechoslowakischen Standpunkt, daß eine deutsch-österreichische politische Einheit unabwendbare Folge der Zollunion sein werde, erklärte Prof. Kaufmann unter Hinweis auf Luxemburg, Monaco, Liechtenstein und and- dere kleinere Staaten, daß eine Zollunion noch nie zu poli tischer Einheit geführt habe. Zum Schluß stellte Prof. Kauf mann fest, daß Oesterreich ein Recht darauf habe, diese Aeußerung seiner Unabhängigkeit respektiert zu sehen.