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Herzlicher Empfang in Chequers. London, 5. Juni. Fast die ganze Londoner Presse widmet dem Reichskanzler und dem Reichsautzenminister, die heute in den frühen Nachmittagsstunden in London ein treffen werden, Begrützungsartikel. Der der Regierung nahestehende „Daily Herald" betrachtet den Besuch als Zeichen dafür, t>ah die Vergangenheit nun endgültig begraben sei und die englischen Beziehungen zu Deutschland von derselben Güte wie zu den anderen Mächten seien. Diese Tatsache zu unterstreichen, sei der ursprüngliche Zweck der Einladung gewesen. Der Gang der Ereignisse habe aber den Erörterungen in Chequers eine neue und ernste Be deutung gegeben. Die konservative „Times" betont, die Deutschen brächten keinen Finanzsachverständigen mit, was hinreichend beweise, dah auf keiner Seite umfassende Ver handlungen beabsichtigt seien. Die Unterhaltung in Chequers würde offen sein und zum beiderseitigen besseren Verständnis der Schwierigkeiten in beiden Ländern bei tragen. Empfang der deutschen Minister durch Macdonald und Henderson. London, 5. Juni. „Times" melden, datz Macdo nald und Henderson die Absicht haben, die deutschen Minister "auf dem Bahnhof in London zu be- grühen. In Chequers würden Brüning und Curtius nicht nur Vertreter des öffentlichen Lebens, sondern auch andere Gäste treffen, die die verschiedensten Seiten der eng lischen Oeffentlichkeit vertreten. Amerika soll sich besinnen. London, 5. Juni. Der „Daily Herald" bringt einen Artikel Uber den Besuch von Chequers, der anscheinend darauf abzielt, die Mitarbeit der Vereinigten Staaten in der Reparations- und Schuldenfrage zu gewinnen. Die Deutschen erwögen, glaubt das Blatt der Arbeiterpartei, ernstlich, ihren Gläubigern mitzuteilen, datz sie gezwungen sein würden, alle Zahlungen, und zwar sowohl der Repara tionen wie auch der Zinsen auf alle ausändischen Anleihen einstellen zu müssen, wenn Deutschland nicht dauernd von, der Zahlung eines grohen Teils der Reparationen befreit werde. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, datz alle Ban ken und Regierungen sowie auch die Vereinigten Staaten eine Zusammenarbeit versuchen sollten, um die Lage zu retten. Mellon und Hoover widersetzten sich wegen des Fehl betrages im amerikanischen Staatshaushalt und wegen der kommenden Wahlen einer Revision. Man müsse fragen, ob die Besorgnisse über die Einstellung der deutschen Zahlungen und die sich daraus ergebende neue finanzielle Krise ihren Sinn ändern oder ob eine Beteiligung Amerikas bei einer gemeinsamen Revision der Reparations- und Schuldenzahlungen möglich sei. Es sei viel zu tun, aber die Hauptsache sei, datz man einer gefähr lichen Lage offen und mutig ins Angesicht schaue, ehe man die Kontrolle über sie verliere. „vo X" fliegt nach Brasilien. Neuyork, 4. Juni. Wie aus Port Praia (Kap Verdi- sche Inseln) gemeldet wird, ist Do. X nach glattem Start nach Brasilien geflogen. Neuyork, 4. Juni. Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, hat der englische Dampfer Arlanza einen Funkspruch von der Do. X. aufgefangen, der die Standortangabe 10 Grad Nord, 22 Grad West enthält. Eine ähnliche Meldung fing der Dampfer Massilia auf. In dieser Meldung wird gleichzeitig erwähnt, datz der Flug befriedigend ver laufe. Neuyork, 4. Juni. Nach einer Meldung von der der brasilianischen Küste vorgelagerten Insel Fernando No ronha näherte sich die Do. X. der südamerikanischen Küste mit einer mittleren Stundengeschwindigkeit von 160 Meilen. „vo X" in Fernando Noronha. Berlin, 8. Juni. Nach einem hier eingegangenen Telegramm hat das Dornierflugzeug „Do. X" heute Frei tag früh 3.12 Uhr MEZ. nach glänzendem Flug programm- mätzig glatt bei Fernando Noronha (Brasilien) gewassert. Alles in bester Ordnung. Berlin, 8. Juni. Der Kommandant der „Do. X" bat an die Berliner Vertretung der Dornierwerke aus Fer nando Norönhö ein Telegramm gesandt. Er teilt mit, datz die Flugzeit 13 Stunden 16 Minuten betragen habe. An Bord sei alles wohl. Die Motoren seien glänzend ge laufen, auch alle sonstigen technischen Anlagen des Flug schiffes seien i n b e st er Ordnung. Der Nachtflug habe keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Die Navigation sei sehr gut gewesen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit habe 176 Kilometer betragen. Das Flugschiff habe beim Abflug wegen der sehr starken Dünung an den Kap Verdischen Inseln nur 61 Tonnen gegen ein amtlich zugelassenes Ab fluggewicht von 88 Tonnen gewogen. Es sei beabsichtigt, am Freitag die kurze Strecke nach Natal weiterzufliegen. An Bord hätten sich der portugiesische Admiral Coutinho, der italienische Major Brenta und die Besatzung der „Do. X" befunden. An Stelle des ausgeschiedenen amerikanischen Piloten Schildhauer sei Flügkapitän von Clausbruch vom Condor-Syndikat mitgeflogen. Das dritte Brauns-Gutachten. Die unterstützende Arbeitslosenhilfe. Berlin, 6. Juni. Das dritte Gutachten des sogenann ten Brauns-Ausschusses zur Prüfung der Arbeitslosenfrage ist heute mittag der Oeffentlichkeit übergeben worden. Es behandelt das Thema „Unterstützende Arbeits los e n h i l f e". Die Einleitung des 144/2 eng bedruckte Seiten umfassenden Schriftsatzes bringt zunächst einen knappen Ueberblick über die Entwicklung der verschiedenen Formen der Arbeitslosenhilfe und deren jetzige finanzielle Notstände. Der Ausschutz hält es nicht für ausgeschlossen, dah im laufenden Jahre eine Durchschnittszahl an Arbeits losen von 4,8 Millionen Arbeitslosen erreicht wird, und empfiehlt daher eine sehr umfassende finanzielle Fürsorge. Zur Frage, ob die Versicherung überhaupt aufrechter halten werden könne oder ob sie nicht wenigstens vorüber gehend durch eine Fürsorge ersetzt werden müsse, empfiehlt der Ausschntz, trotz aller Schwierigkeiten an der versiche- rungsmätzigen Ausgestaltung der Arbeitslosenhilfe unbe dingt sestzuhalten. Abhilfe in einem Systemwechsel zu suchen, hat die Mehrheit des Ausschusses wenigstens zur zeit nichtempfehlen können. Sie glaubt aber, die Anpassung der Krisenfürsorge an die gesteigerte Notlage befürworten zu sollen. (Dagegen vertraten zwei Mitglie der des Ausschusses die Ueberzeugung, datz das Gutachten auch grundlegend Stellung nehmen müsse zur Neuregelung der Behandlung der Ausgesteuerten). An den Voraus setzungen für den Unter st ützungsanspruch hat der Ausschuß wenige Aenderungen vorgeschlagen, be sonders will er die Anwartschaftszeit unberührt lassen. Lln den bestehenden Begriff der Arbeitsfähigkeit hält er fest, dagegen schlägt er erhebliche Aenderungen hinsichtlich der gesetzlichen Vorschriften über die Wartezei ten vor. Die regelmäßigen Wartezeiten sollen wie folgt erhöht werden. 1. Bei Arbeitslosen ohne zuschlagsberechtigte Ange hörige von 14 auf 21 Tage. 2. Mit einem bis drei zuschlagsberechtigten Angehöri gen von 7 aus 14 Tage. 3. Mit vier oder mehr zuschlagsberechtigten Ange hörigen von 3 auf 7 Tage. Bei der Wahl, entweder den Weg der Verlängerung der Wartezeit oder den einer stärkeren Senkung der Unter stützungsleistungen vorzuschlagen, glaubte sich der Ausschuß trotz aller Bedenken sür den ersteren Weg entscheiden zu sollen. Als Notmaßnahme müßte auch eine zeitweilige Senkung der Unterstützungssätze in Betracht gezogen wer den. Dieser Weg sei jedoch nur dann gangbar, wenn min destens gleichzeitig auch auf der Seite der Einnahmen der Versicherung der Notlage und den großen Opfern der Ar beitslosen Rechnung getragen wird,* denn die beträcht lichen Sanierungssummen könnten unmöglich allein an der Unterstützung der Arbeitslosen eingespart werden. Der Ausschuß hält es deshalb für eine vordringliche Aufgabe der Reichsregierung, daß sie im Rahmen eines einheitlichen Finanzplanes Einnahmequellen erschließt, die einen Ausgleich für die noch fehlenden Mittel schaffen. Der Ausschuß schlägt ferner vor, zu erwägen, ob der Reichsanstalt für den Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben, in der Arbeitslosenversicherung eine gewisse Autonomie eingeräumt werden soll. Den Ansschluß der Saisonarbeiter aus der Arbeitslosen versicherung konnte der Ausschuß nicht befürworten. Er macht dagegen folgende Vorschläge: 1. Für Arbeitnehmer mit berufsüblicher Arbeitslosig keit ist die Anwartschaft von 26 auf 30 Wochen zu ver längern. 2. Die Höchstbezugsdauer der Arbeitslosenunterstützung ist für Arbeitnehmer mit berufsüblicher Arbeitslosigkeit von 26 auf 20 Wochen herabzusetzen. 3. Die Unterstützungssätze für Arbeitnehmer mit be rufsüblicher Arbeitslosigkeit sind auf die Sätze der Krisen unterstützung herabzusetzen. Ferner schlägt der Ausschuß vor, die Hausgewerbe treibenden und Heimarbeiter grundsätzlich aus der Ver sicherung herauszunehmen, jedoch den Verwaltungsrat der Reichsanstalt zu ermächtigen, unter gewissen Voraus setzungen einzelne Kategorien einzubeziehen. Eine Aenderung der geltenden unteren Altersgrenze oder Einführung einer oberen Alters grenze lehntderAusschuß allgemein ab. Ein besonderer Abschnitt ist der K r i s e n f ü r s o r g e gewidmet. Im Hinblick auf die Verordnung vom 11. Ok tober 1930,. die die Sätze bereits beträchtlich gesenkt hat, spricht sich der Ausschuß nicht für eine weitere Senkung aus; es sei denn, daß sich eine solche automatisch aus einer Senkung der llnterstützungshöhe in der Arbeitslosenver sicherung ergeben sollte. Die nach der Verordnung be stehende Möglichkeit, zurPrüfungderindividuel- len Bedürftigkeit soll stärker als bisher ausgenützt werden. Um den Gemeinden zu helfen, schlägt der Aus schuß vor, datz das Reich auf den Gem eindean teil in der Krisenfürsorge verzichtet. Eine Beteiligung der Länder an dem Aufwand der Krisenfür sorge dagegen kann der Ausschuß nicht empfehlen. Zum Schluß ermahnt der Ausschuß, vor allem die Verwirklichung der im zweiten Teilgutachten (Arbeits beschaffung) entwickelten Gedanken nicht unversucht zu lassen. Das Gesingen eines solchen Versuches hänge nicht zuletzt auch von unserer eigenen Entschlußkraft und vom ernsten Willen aller Beteiligten ab. BW gegen FMW AWm«. Berlin, 4. Juni. Die Nachprüfung der amtlichen Stel len hat ergeben, daß tatsächlich französische Marineflug zeuge die Nordseeinseln Borkum und Norderney überflogen haben Die Flugzeuge befanden sich auf dem Wege von Kopenhagen nach den Niederlanden, wohin die Einslug- erlaubnis vorlag. Eine lleberfliegungserlaubnis für die deutschen Inseln war jedoch nicht eingeholt worden. Im Zusammenhang mit dem ständigen lleberfliegen deutschen Gebietes sowohl durch Polen wie durch .Frankreich ist vielfach die Frage aufgeworfen worden, ob die deutschen militärischen Stellen denn nicht das Recht hätten, fremde Flugzeuge, die Festungsgebiete oder wichtige militärische Stationen überfliegen, zu beschießen. Grundsätzlich besteht dieses Recht. Deutschland verfügt aber aus Grund der Be stimmungen des Diktats von Versailles nur über feststehende Abwehrgeschütze. Solche Geschütze sind zwar an den Nord seestationen, die die französischen Flugzeuge überflogen, vor handen. Es besteht aber der internationale Brauch, fremde Militärflugzeuge, die sich über verbotenem Gebiet befinden, nicht zu beschießen, sondern nur zu warnen. Man ist an amtlichen Stellen auch der Meinung, datz es die ernstesten Verwicklungen nach sich ziehen müßte, wenn Deutschland dazu überginge, spionierende Flugzeuge mit militärischen Mitteln abzuwehren. Gerade diese Auffassung aber macht es der Peichsregierung zur Pflicht, alle diplomatischen Mit tel auszunutzen, um sine Wiederholung der Spionageflüge zu verhindern. une Roman von Eddy Beuth. t2) ' (Nachdruck verboten.) Moldenhauer sprach, und was er sagte, war gewichtig und laut. „Du weißt, liebe Alma" — vor dem Pro fessor duzte er sie ganz ungeniert —, „trotz deines Schicks und deines untrüglichen Geschmacks macht uns die Kon kurrenz böse Stunden. Wir müssen ganz oben bleiben, wie der; Volksmund so schön sagt, darum müssen gerade wir etwas finden) was uns so schnell keiner nachmacht." „Vielleicht einen Schönheitssalon, wo die Weiber das Schminken lernen, damit sie zu den bunten Kleidern passen," sagte Alma ironisch, denn sie fürchtete keine Kon kurrenz, außerdem arbeitete sie ja mit fremdem Gelde. „Warum keinen Schönheitssalon?" erwiderte Wolf Wolfert mit seiner müden Stimme. „Gerade das liegt in der Luft. Wenn Sie Ihrem Hause einen kleinen Salon angliederten, wo die Damen nach der anstrengenden Tor tur des-Anprobierens und Aussuchens eine Viertelstunde ruhen könnten, bei einer exquisiten, guten kleinen Kapelle, welche hinter einem Vorhang spielen müßte, außerdem den verwöhnten Frauen in Ihrem Hause, unter Ihrer Leitung, Gelegenheit gegeben wäre, all das hier zu finden, was Paris in seinen Schönheitssalons seinen Kundinnen schon lange bietet, so wäre das eine Neuheit, die wir mit dem Gelde Ihres verehrten Gönners groß aufziehen könnten. Denken Sie einmal an, meine Herrschaften, die Kundinnen würden zu Ihren entzückenden Gebilden von Hütchen und Kleidern gleich passend frisiert und aus Schlankheib durch Massage behandelt, das Gesicht nach der Farbe und Form des Kleides zurechtgemacht und unter Aufsicht eines künstlerischen Menschen richtig dressiert und hergerickstet — was meinen Sie, was wir für einen Zu- lauf haben würden! Nicht mehr Stunden, sondern Tage werden die Kundinnen in unseren Räumen zubringen. Sie werden keine Zeit mehr haben, auch andere Geschäfte zu besichtigen, sie werden alle schön sein wollen, um jeden Preis Ein paar besonders hübsche Mädels lassen wir zur Bedienung ausbilden, eine kleine, ganz vornehme Bar sorgt für einen kleinen Imbiß. Jedes große Delikatessen haus wird uns ein solches mit Wonne einrichten So haben wir den Kurfürstendamm, bas Bayerische Viertel und Wilmersdorf für uns, mehr brauchen wir nicht." „Jroßartig!" schrie Alma und klatschte in die Hände-, „das machst vu jroßartig, Professorchen! Aber wo kriegen Wir den Raum her für die Schönheitssalons und die Bar? Die Weiber lassen sich doch nicht gern in die Karten kieken." „Auch daran habe ich schon gedacht," sagte Wolf Wolfert. „Wir müssen die Bodenräume hier im Hause aufstocken und ausbauen lassen, die Vorräte an Waren, die jetzt oben liegen, müssen wir in den Kellerräumen verstauen. Dann können die Arbeitsatelcers etagenweise höher gelegt werden, so daß wir den ersten Stock für diese Zwecke frei kriegen." „Fabelhast! Fabelhaft! lind die Devise lautet: „Als Mießnick jehste rm, als Schönheit jehste raus." Was sagste zu unserm Professorchen, Richard? Das is knorke!" Etwas geniert blickte der Generalkonsul aus seine temperamentvolle Freundin. Diese jedoch war schon so bei der neuen Sache, daß sie keine Zeit batte, aus Sentiments zu achten. „Los, Kinder! Wir besehen uns sofort die sämtlichen Räume, so daß wir so bald als möglich anfangen können, denn in sechs Wochen muß die ganze Kiste stehen." Damit ergriff sie Moldenhauer am Arm den Professor am anderen und fuhr mit ibnen im Lift zur vierten Etage, um Vie Bodenräume zu besichtigen Dann aing s hinunter zur dritten Etage, wo die Kleinarbeiterinnen saßen, und weiter von Stube zu Stube. Alma mit dem Notizbuch ging mit dem Professor voran, klug jede Möglichkeit er wägend und Feuer und Flamme von dem neuen Ge danken. Moldenhauers Urteil war nicht so wichtig, da später seine Schecks das Ausschlaggebende bedeuteten. Somit hatte er Zeit, erst mal das Material der kleinen Nähmädels zu sichten und bei den blonden und braunen Bubiköpfchen, welche alle über irgendeine Arbeit gebeugt saßen, Umschau zu halten Bei der dunkelhaarigen Erna Behneken blieb er stehen. Sie hatte bei dem Anblick des dicken Herrn in seinen ewigen Hellen Gamaschen plötzlich lächeln müssen: er erinnerte sie an die komischste und zu gleich seltsamste Stunde ihres Lebens draußen in Tegel, wo ihm seine Freundin, die Lilith, entwischt war und man dafür die Ida entdeckt hatte. Wie lange war das her mit diesem komischen alten Herrn? Jahrelang? Gestern? Sinnend und immer noch lächelnd blickte sie ihn an, er aber wußte es plötzlich, daß er diese veilchenblauen Mädchen- äugen schon einmal irgendwo gesehen halte. Jetzt war keineswegs die Gelegenheit, der Sache auf den Grund zu geben, denn Madame Alma paßte in diesen Dingen höllisch auf, sie wußte, wie leicht es einem jungen Geschöpf werden konnte, sie außer Kurs zu setzen. Und den Mädels, du kichernd und mit verhaltenem Lachen über ven drolligen älteren Herrn ringsherum saßen, war auch nicht zu trauen. Wer weiß, was für Gedanken sie hegten. So trottete er in tiefem Sinnen hinter Wolf Wolfert und Madame die Treppe hinunter, die zum Atelier der Vorgeschrittenen führte. Sie konnten mehr, diese Damen, eine Treppe tiefer, aber sie waren dementsprechend auch bedeutend ältere Semester. Moldenhauer liebte nun einmal die Jugend über alles und er war diese Verbindung mit Madame nur eingegangen, weil er ein weitsichtiger Ge schäftsmann war, der alle Chancen mitnahm. Sie war einzig in ihrem Fach und vorbildlich in ihrem Geschmack Man konnte sich überall mit ihr sehen lassen. Daß sie ihr. Fangstricke immer dichter zog, lag in ihrem Wesen Nun war ihm aber die ganze Geschichte viel zu ernst geworden, Madame machte Ansprüche, welche ihr keineswegs zu- kamen: man mußte sich so bald als möglich aus der Affäre ziehen Und in jener Stunde, da das neue Unternehmen geboren wurde, stand bei Moldenhauer der Entschluß fest sich langsam zurückzuziehen. Er wurde langsam alt neben dieser ruhelosen älteren Dame, für welche er geradestehen mußte, wenn es sich darum handelte, ihre Pläne zu ver wirklichen. Stundenlang hielt das Auto des Generalkonsuls m der Tür, da alles bis in die kleinsten Details nochmals durchgesprochen werden mußte. Und als er endlich das Haus verlieb, um seine hämmernden Nerven zu beruhigen, die von der redseligen Alma zum Zerreißen angespannt waren, hatte er die Freude, das schöne schwarze Mädel iu Bewunderung versunken vor seinem Auto stehen zu sehen Wie verträumt stand sie da allein und der Konsul sugge rierte sich den Gedanken, daß die Kleine nur ans ihn ge wartet habe. Er trat lächelnd zu seinem Wagen Lang sam, ganz langsam, ohne ihn zu sehen, ging das Mädchen fort, der Gedächtniskirche zu, wo das brandende Leben pulsierte Moldenhauer gab seinem Chauffeur, der an dieseDinge gewöhniwar, und dementsprechend hoch bezahlt wurde, Weisung, langsam hinterher zu kommen, und folgte dem kleinen Mädel, das in dem Gewühl der Straße ver schwand. Nach längerem Suchen entdeckte er ihr keckes blaues Hütchen drüben auf der anderen Seite. Jugendlich trippelte er über den Damm der kleinen Dame nach, die nicht ahnte, daß der alte Herr ihr folgte Am Romani schen Cafö stellte er sie: „Wo hatte ich doch schon einw die Ehre, das gnädige Fräulein kennenzulernen?" (Fortsetzung folgt )