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Eine neue Denkschrift Briands. Genf, 17. Mai. Ein neuer französischer Vorstoß gegen das deutsch-österreichische Zollabkommen ist völlig unerwar teterweise am Sonntagvormittag erfolgt. Der französische Außenminister hat durch den Generalsekretär des Völker bundes am Sonntagvormittag sämtlichen Mitgliedern des Völkerbundes eine umfangreiche Denkschrift übermittelt. Der Inhalt der neuen Denkschrift. Genf, 17. Mai. Der wesentliche Inhalt der neuen Vri- andschen Denkschrift kann kurz folgendermaßen wiederge geben werden. Die Denkschrift untersucht im ersten Teil die Rechts frage auf Grund der Verträge von Versailles und St. Ger main und des Genfer Protokolls von 1922 und stellt fest, daß das deutsch-österreichische Zollabkommen ohne vorher gehende Zustimmung des Völkerbundsrates nicht abgeschlos sen werden dürfe. Nach Auffassung der französischen Regierung verletze das Zollabkommen jedoch die Unabhängigkeit Oester reichs, da Oesterreich jetzt nicht mehr die Freiheit habe, selbständig Handelsverträge abzuschließen. Als die wesentlichsten Ziele des Zollabkommens werden dann bezeichnet: Vereinheitlichung des deutsch-österreichi schen Gebietes, Vereinheitlichung der fiskalen Gesetzgebung, Beseitigung der Zollgrenze, gemeinsamer Abschluß von Han delsverträgen. Ein derartiges Abkommen zwischen einem schwachen und einem starken Staat beseitige außer der wirt schaftlichen auch die politische Unabhängigkeit. Die Denk schrift stellt weiter fest, daß das Abkommen Deutschland besondere ausschließliche Vorteile einräume, wodurch eine Verletzung des Genfer Protokolls von 1922 gegeben sei. Im zweiten Teil untersucht die Denkschrift die wirt ¬ schaftspolitischen Auswirkungen des Zollabkommens, das zu ernsthaften Meinungsverschiedenheiten über die An wendung der Meistbegünstigungsklausel und zur Kündigung der gegenwärtigen Handelsverträge führen müsse. Ungewöhnlich scharf wird die Auffassung bekämpft, daß das Zollabkom men eine Behebung der augenblicklichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Oesterreichs herbeiführen könne. Nach Auf fassung der französischen Regierung führe das Zollabkom men lediglich zu neuen Eruppenbildungen, die den Charak ter feindlicher, sich bekämpfender Staatenblocks einnehmen und damit die wirtschaftlichen Ereundsätze des Völkerbundes begraben würden. Im dritten Teil behandelt die Denksrchift die poli - tischen Vorgänge, die zum Abschluß des Zollabkom mens geführt haben. Der Charakter der deutsch-österreichi schen Annäherung habe Zweifel an dem rein wirt schaftlichen Charakter dieser Verein barung hervorgerufen. In den Schlußfolgerungen kommt die französische Ne gierung zu der Feststellung, daß ein offener Widerspruch zwischen den von Deutschland und Oesterreich feierlich erklärten Zielen des Abkom mens und den eingeschlagenen Verhandlungsmethoden bestehe. Die internationale öffentliche Meinung habe es nicht ver standen, warum diese Verhandlungen geheim geführt wor den seien. Der peinliche Eindruck sei entstanden, als ob man durch geheime Verhandlungen die Öffentlichkeit vor Tat sachen stellen wolle. Der Völkerbundsrat habe jetzt zu ent scheiden, ob das Zollabkommen die Unabhängigkeit Oester reichs in Frage stelle. Die Zuständigkeit des Völkerbundes sei über alle Zweifel erhaben. Rechtsruck bei den Wahlen in Oldenburg. Verluste der Sozialdemokraten und bürgerlichen Parteien. Oldenburg, 18. Mai. Bei der gestrigen Landtagswahl stellt sich das vorläufige nichtamtliche Ergebnis wie folgt Landtag 1931 Sitze Landtag 1928 Sitze Reichstag 1930 Deutsche Volkspartei 1 r'r 5 14 431 Sozialdemokraten . . . 57 536 11 67 005 15 66 148 Staatspartei . . . 8 983 1 24 711 5 13 579 Nationalsozialisten . . . 101419 19 17 457 3 76 216 Kommunisten . . . 19 389 3 8 490 1 13 933 Wirtschaftspartei Landvolk . . . 4 525 . . . 5 427 1 11 763 14 450 2 4 10 029 12 756 Lhristl.-Soz. Volksdienst .... . . . 3 000 — 1343 — 3 054 Zentrum . . . 46 295 9 39 602 9 47 733 Deutschnationale Volkspartei . . . . . 13 529 2 4 14 203 Liste Weygand . . . 5194 1 — — — Unabhängige . . . 254 — — — — - Bei der Landtagswahl 1928 gingen Deutschnationale Volkspartei und Deutsche Volkspartei zusammen, dabei er zielten sie 41113 Stimmen. Bei der Auflösung des Landtages waren die Nationalsozialisten durch 3 Abgeordnete vertreten, da je ein Deutschnationaler und ein Landvolkabgeordneter sich der Landtagsfraktion der NSDAP, ange- schlofsen hatten. AMWMWN iM UHM MM. Danzig, 17. Mai. Die heutigen Kreistagswahlen im Freistaat Danzig brachten den Nationalsozialisten, die in den bisherigen Kreistagen noch nicht vertreten waren, erhebliche Erfolge. Die für sie abgegebenen Stimmen überstiegen diejenigen der letzten Bolkstagswahlen im November 1930 in den einzelnen Wahlkreisen noch um 25 bis 50 v. H. Auch die Sozialdemokraten haben einen recht beträchtlichen Stimmenzuwachs zu Verzeichnen, wogegen die Deutschnationalen und der Block der nationalen Sammlung schwere Verluste erlitten haben. Auch das Zentrum und die Kommu nisten haben ihren bisherigen Stand nicht ganz be haupten können. Die Wahlbeteiligung schwankte zwischen 05 und 85 Prozent. Im einzelnen stellt sich das Ergebnis der Wahl wie folgt: Kreis Danziger Niederung: Zentrum 1 Mandat (bisher 1), Block der nationalen Sammlung 2 (1), Nationalsozialisten 4 (0), Kommunisten 3 (3), Deutsch ? nationale 3 (7 und ein Fischer), Sozialdemokraten 7 (7). ! Kreis Danziger Höhe: Zentrum 4 (5), Block der nationalen ! Sammlung 1 (2), Nationalsozialisten 5 (0), Kommunisten 2 (2), Deutschnationale 3 (7), Sozialdemokraten 8 (7), Polen 1 (1). Kreis Großes Werder: Zentrum 2 (3), Block der nationalen Sammlung 3 (3), Nationalsozialisten 5 (0), Kommunisten 3 (2), Deutschnationale 3 (7), Sozialdemo kraten 8 (9). Aus aller Well. * Der Schrecken des Oderbruchs verhaftet. In der Nacht zum Ostersonnabend wurde in Manschnow bei Küstrin der Amtsvorsteher Schiewe von einem Einbrecher erschossen. Als Mörder ist jetzt in einem Kino in Berlin der 27 Jahre alte Rewers aus dem Dorf Kienitz bei Küstrin festgenommen worden, wo sein Vater den Zimmer- mannsberuf ausübt. Der Verbrecher hat in der Nacht zum Sonnabend ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er Roman von Eddy Beuth. 2j (Nachdruck verboten.) „Fertig I" brüllte der Regisseur Freundlich. Und die eben probierte Szene wurde ohne weitere Unterbrechung zu seiner Zufriedenheit gedreht. Neben dem üvergewaltigen Regisseur stand ängstlich der kleine Hilfsregisseur, der für alles verantwortlich war, der die moralischen Backpfeifen von jedem einzelnen des ganzen Filmunternehmens bekam, wenn mal etwas nicht klappte Doch von ihm sprach man nur, wenn etwas schief ging, dann aber in den höchsten Tönen. „Grunert! Sie Kamel! Stehen Sie doch nicht so dämlich da! Was war bei der Lilith los? Ist sie unter wegs?" „Es meldet sich niemand tn ihrer Wohnung," sagte schuldbewußt der kleine Negisseuer, denn der dafür Ver antwortliche war ja doch nur er. „Dussel!" schrie Freundlich. „Das gibt's doch einfach nicht! Da ist doch immer jemand anwesend, zum mindesten ein Verehrer. Gehen Sie nochmals zum Telephon hin Sie soll sofort kommen! Wir können nicht weiter!" Keiner ahnte, wie unangenehm dies Angebrüll Dem kleinen Hilfsregisseur gerade heute war Drüben standen die drei bildhübschen Mädels, die Ida, die Erna und die Kläre Behneken aus der Müllerstraße, die er heute zu der Filmaufnahme eingeladen hatte Er hatte im selben Hause, in dem der Vater der drei Mädels seine Destille hatte, in der die Chauffeure und die Straßenbahnschaffner zu verkehren pflegten ein möbliertes Zimmer inne Die Kneipe ging gut, immer Betrieb, immer voller Leute, denn ein paar Schritte vom Hause entfernt war die Endstation einer elektrischen Bahn und eine Autohaltestelle. Es kamen nur bessere Leute, sozusagen Stammgäste, denen aber die Mutter ihre drei Mädels ängstlich sernhielt, denn sie waren für etwas Besseres geboren Die arme blasse Frau war den ganzen Tag in der Küche beschäftigt, an welche das Schlafzimmer der drei Mädels stieß, mit gemachten Blumen und billigem Tand geschmückt, als gemeinsames Wohnzimmer gleichzeitig benutzt, wenn vorn in der Kneipe mal Ruhe war Selten betrat der Vater, der in Hemds ärmeln am Bierausschank zu walten pflegte, das Zimmer seiner Töchter, und wenn er mal kam, schimpfte er, denn er konnte das dusselige Getue, mit dem die kleine, ver härmte Frau ihre Kinder erzog, nicht leiden. Die Mutier der Mädchen stand den ganzen Tag am Herd und briet und schmorte für die Gäste. Sie war früher Herrschafts köchin gewesen und hatte in den seinen Häusern der Reichen manches gesehen und gehört, was jetzt ihren Kindern zugute kam. Nicht einen Finger rühren durften die Mädels für die Gäste, ihnen lag nur die Sauber- Haltung des kleinen Haushalts ob, und wenn sie mal was Besseres vorhatten, heimlichen Musikunterricht oder so, dann machte die Mutter auch da den Packesel und leistete neben ihren Pflichten auch diese Arbeit mit. Vater freilich durfte von all dem nichts wissen, er liebte diese Flausen nicht und wollte seine drei Töchter fürs praktische Leben erzogen haben. Aber die Ida, die Erna und die Kläre verdankten der Güte ihrer kleinen Mutter manche glückliche Feierstunde, welche diese durch doppelte Arbeit wettmachen mußte. So auch heute. In den Vormittagsstunden kamen die Kunden seltener. Vater war in die Markthalle gefahren, um einzukaufen. Der Bursche, der die Destille sauber hielt, Gläser spülte und des Abends den Kellner spielte, schlief oder fing Fliegen. Die Luft war rein. So hatte die ver härmte Frau den vereinten Bitten ihrer Kinder nicht widerstehen können, sie heute zur Filmaufnahme nach Tegel gehen zu lassen. Herr Grunert, der die Kunst im Hause verkörperte, hatte sie dazu eingeladen Die Mutter gönnte ihnen die kleine Freude. Wie lange noch konnten sie glücklich sein? Im Herbst kam die Ida in eine Fabrik, da wurde sie achtzehn Jahre. Und die zweite, die Erna, in ein Schneideratelier. Schließlich mußten sie doch auch bald verdienen und durften nicht zu Hause rumsitzen, da kam ein Mädel nur auf schlechte Gedanken. Dienen, wie die Mutter, sollte keine. Dem Vater ging es ja, Gott sei Dank, so gut, daß das nicht nötig war. Auch die Kleinste sollte höchstens im eignen Haushalt lernen, sic war ja noch so jung, erst gerade fünfzehn Jahre geworden. „Macht man, daß ihr fortkommt. bei das scheene Wetter, aber laßt Vatern nischt merken. Ich werde schonst alleene fertig." Damit steckte Mutter Behneken den Mädels ein Stullenpaket und eine Kirfchentüte in den Arm und hielt einen Augenblick bei der Arbeit inne, um den drei schmucken Fräuleins nachzuschauen, die mit ihren lichten Sommerfähnchen, die schlanken Beine in indianerfarbencn Florstrümpsen, untergefaßt, glückselig über den Hof trippelten Es war der einsamen Frau da in der dunklen war früher in Fürsorgeerziehung und ist wegen Einbruchs, Körperverletzung usw. bereits 13mal vorbestraft. Er führte ein unstetes Leben, hielt sich bald zu Hause auf, bald streifte er in der Gegend umher oder machte Abstecher nach Berlin. Ein Rucksack, den er am Tatort in Mansch now zurückgelassen hatte, führte auf seine Spur. Bei seiner Vernehmung gab er zu, noch etwa neun bis zehn weitere Einbrüche ausgeführt zu haben. * Schnelle Sühne für politische Ausschreitungen. Aus Sonneburg (Thüringen) wird gemeldet: Der anläßlich einer Freiheitskundgebung veranstaltete Festzug der NSDAP, wurde von Kommunisten erheblich belästigt. Entgegen der Vorschrift ihrer Leitung sprangen SA.-Leute aus dem Zuge heraus und ließen sich in eine Schlägerei mit Kommunisten ein. Bei dieser Gelegenheit wurden auch Unbeteiligte verletzt, u. a. erhielt ein Unbeteiligter einen Messerstich in den Unterleib und wurde schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Im Rathaus trat daraufhin um 19 Uhr ein Schnellgericht zusammen. Fünf Kommunisten wurden wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und auf Grund der Notverordnung wegen der Ausschreitungen bei poli tischen Kundgebungen zu 15 Monaten Gefängnis und 10 Wochen Haft verurteilt. Zwei Nationalsozialisten aus Nürnberg erhielten je fünf Monate Gefängnis. Sie hatten sich an einer Schlägerei beteiligt und zwei Kriminalbeamte in Zivil verprügelt. * Die Beisetzung Gunther Plüschows. Die Beisetzung der beiden verunglückten Feuerland-Flieger Gunther Plü schow und Ernst Dreblow am Sonnabend auf dem Lichten felder Park-Friedhof gestaltete sich zu einer erhebenden Trauerfeier. Nach der Rede des ev. Feldprobstes der Armee und Marine, Pfarrer v. Schlegel, ergriffen die Vertreter der Verbände das Wort. Der Reichspräsident hatte sein Gedenken in einer prachtvollen Kranzspende zum Ausdruck gebracht. Die Urnen wurden von Fliegerkame raden unter Trommelwirbel zur Urnenstätte getragen, während einige Flugzeuge aus der Luft den toten Flie gern die letzten Grüße entboten. * Verleihung des „Deutschen Ringes". Bei dem Fest akt anläßlich der Jahrestagung des Deutschen Auslands instituts wurden Geheimrat Dr. Karl Duisberg (Lever kusen), Dr. Hermann Meyer (Leipzig) und Dr. Ferdinand Thun (Wyomissing, Pennsylvanien) der „Deutsche Ring" verliehen. * Die Nahmentarifverhandlungen in Arbeit Nordwest vertagt. Die Rahmentarifverhandlungen für die nordwest liche Gruppe der Eisen- und Stahlindustrie wurden am Frei tagvormittag fortgesetzt und nach mehrstündiger Dauer auf Montag, den 18. Mai, vertagt. * Ein Tobsüchtiger bedroht seine Frau und seine Kinder. Eine Schreckensszene ereignete sich am Sonn abendmorgen in Berlin im Hause Ilsenburger Straße Nr. 37. Dort hatte der Ehemann Friedrich Roß, der be reits früher in einer Irrenanstalt untergebracht worden war, einen Tobsuchtsanfall erlitten. Er bedrohte seine Frau und seine zwei Kinder mit einem Schlachtmesser. Der Frau gelang es, sich und die Kinder in ein Zimmer einzuschließen, worauf Noß die Tür einzustoßen versuchte. Der Frau ge lang es, durch Hilfeschreie Polizeibeamte herbeizurufen. Es kamen zunächst zwei, später insgesamt vier Polizeibeamte in die Wohnung und versuchten, Rotz, der sich nun noch mit einem Seitengewehr bewaffnet hatte, zu entwaffnen. Bei dem Handgemenge erlitten zwei Beamte erhebliche Stich wunden an den Armen. Darauf gab ein Polizeibeamter einen Schutz auf Rotz ab, der diesen an der Hüfte verletzte. Nun gelang es den Beamten, den Tobenden zu überwäl tigen, der in einem Kraftwagen einem Krankenhause zu geführt wurde. * Zwei Obergefreite wegen kommunistischer Propa ganda verhaftet. Von zuständiger Berliner Stelle wird mitgeteilt: Wegen eines Versuches, kommunistische Zer setzung in die Truppen zu tragen, wurden in Hannover zwei Obergesreite einer Fahreskadron festgenommen und der Staatsanwaltschaft übergeben. * Dampfcrzusammenstoß bei Nowgorod. — Zwei Tote. In der Nähe von Nowgorod stießen aus dem Fluß Wol- chowo zwei Dampfer zusammen. Der Dampfer „Smelyj" wurde dabei so schwer beschädigt, daß er in kurzer Zeit sank. Zwei Matrosen ertranken. Die übrige Besatzung konnte gerettet werden. Der Kapitän des gesunkenen Dampfers, auf dessen Verschulden der Zusammenstoß zurück- zusühren sein soll, wurde von der OGPU. verhaftet. Küche plötzlich, als wenn die liebe Sonne den düsteren Hof und die verräucherte Küche vergolde, so hell war es um die drei blutjungen Geschöpfe. „Laust man zu, Kinder! Freut euch man ans scheene Wetter! Wer weiß, wie lange noch?" rief sie ihnen nach. Sie nickten und lachten der Mutter zu, und der blonde, der braune und der schwarze Bubikopf flogen immer wieder herum, bis sie im Flur des Vorderhauses ver schwanden. Untergefaßt schlenderten sie alle drei durch die Müller straße, erwiderten lächelnd jeden bewundernden Blick, denn als echte Berliner Mädchen wußten sie die Blicke der Männer zu deuten. Aber sie taten nichts, als sich ihrer jungen Schönheit zu freuen. Kein Arg war in ihren jungen Seelen, nur aufs Leben hungrig waren sie alle drei wie die jungen Spatzen in der lauen Sommerlust. In der Tegeler Chaussee, die sandig und staubig vor ihnen lag, nahmen sie ihre Hüte ab und liefen nun wie die Kinder, so schnell es ging, ihrem Ziele zu, um ja nichts zu versäumen von dem, was ihrer wartete. Welches Mädelchen träumt nicht vom Film und von seinen Helden! Nun sollten sie alle diese Herrlichkeiten ganz in der Nähe betrachten dürfen, in der freien Natur, unter Gottes blitzblauem Himmel und nicht im stickigen Kino, wo die Männer Mützen trugen und die Frauen bunte Tücher um die Schultern. Selten nur verirrte sich der Glanz der großen Stadt in diese Arbeitergegend, wo die hohen Mietkasernen schon die Sonnenstrahlen abfingen, ehe sie in die düsteren Zimmer eindringen konnten. Wie schön mußte das Leben sein, märchenhaft und strahlend, für die, die dabeisein durften. Von dieser herrlichen Welt sollten sie heute ein Zipfelchen zu sehen bekommen, da draußen im Park von Tegel. Nun standen sie alle vrei und schauten mit großen, erstaunten Augen in das andere Leben hinein. Film, Flimmer und Flitter, wie herrlich! Dort die schöne Dame mir dem Hund „Wie steif sie geht," dachte Ida, „das würde ich besser machen. Und das feine Kleid, die Lack- schuhchen! Ob sie wohl sehr reich ist?" Die drei Mädels schubsten, drängelten und pufften, um ja nichts zu versäumen von all dem Herrlichen, das sich um sic herum abspielte. Alle drei schwärmten für den armen kleinen Hilfsregisseur, der da angeschrien und her- untergemacht wurde, mit der ganzen Andacht ihrer Ju gend, als ahnten sie, daß durch seine Hände ihre Schick salsfäden sich heimlich mit denen da drüben verwoben. (Fortsetzung folgt.)