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unbedingte Berücksichtigung der schlecht bezahlten Eisen- ! bahner verlangt. Die örtlichen Organisationen im Bereich beider Bezirke haben sofort alle erforderlichen Maßnahmen für die Schlagkraft der Organisation zu treffen. Tagungen und Kongresse. Tagung der kaufmännischen und technischen Ange stellten in Freital. Die Vertreter der Ortsgruppen des Gewerkschaftsbundes der Angestellten im Bezirk Dresden sind zu einer Sitzung, die am Sonntag, dem 22. März, in Freital stattfindet, zusammengerufen worden. Sie werden dort zu den politischen und sozialpolitischen Tagesfragen Stellung nehmen. Die günstige Entwicklung, die der GDA. inl letzten Jahre gerade im Dresdner Bezirk genommen hat, läßt erwarten, daß die Beteiligung sehr stark sein wird. Der stellvertretende Bundesvorsteher, Herr Max Rössiger, Berlin, wird an dieser wichtigen Tagung das Referat halten. Aus aller Well. * Schwere kommunistische Ausschreitungen in Plauen. Bei einer kommunistischen Demonstration vor dem Rat haus in Nauen kam es am Dienstag abend zu schweren Zusammenstößen zwischen Kommunisten und der Polizei. Dabei wurden der Polizeimeister Chilla durch einen Messer stich in den Hals und drei weitere Beamte durch Stein- Würfe schwer verletzt. Die Polizei machte daraufhin von der Schußwaffe Gebrauch, wobei drei Personen verletzt wurden. Die Polizei nahm mehrere Verhaftungen vor. In den späten Abendstunden wurde die Polizei erneut an gegriffen, so daß sie zur Räumung der Straßen mit dem Gummiknüppel schreiten mußte. * Großseuer in Berlin. Im Eoerz-Werk der Zeiß-Jkon- Aktiengesellschaft in Berlin-Zehlendorf ist am Dienstag mittag ein Feuer ausgebrochen, das sich in kurzer Zeit über die gewaltigen Lagerräume ausdehnte und großen Schaden anrichtete. Die Belegschaft von 750 Mann fand den Flucht weg über die Treppe abgeschnitten. Sie gelangte durch die Notausgänge ins Freie, lieber die Entstehung des Groß- feuers konnten keine genauen Feststellungen mehr gemacht werden, doch nimmt man an, daß der Brand durch Selbst entzündung verursacht worden ist. Menschenleben sind bei dem Feuer nicht zu Schaden gekommen. Der Fabrikations betrieb erleidet keine Unterbrechung. * Die Unterlassungsklage Colossers gegen Drewitz ab gewiesen. Die 8. Zivilkammer am Landgericht Berlin III unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Dr. Crohne hat sich heute mit der Entscheidung einer Klage zu befassen, die Abgeordneter Colosser gegen den Parteivorsitzenden Drewitz angestrengt hat. Er fordert die Unterlassung einer Reihe von Behauptungen, die gegen ihn infolge der bekannten Auseinandersetzungen innerhalb der Wirtschaftspartei ver öffentlicht worden sind. Gegenüber den Ausführungen des klägerischen Anwalts beantragte der Vertreter des Be klagten, die Klage in vollem Umfange abzuweisen. Herr Colosser sei aus der Partei ausgeschlossen worden. Darüber hätten sich die Parteizeitungen sachlich ausgelassen. Der Fall Colosser sei für die Wirtschaftspartei erledigt. Es bestehe gar keine Gefahr mehr der Wiederholung jener Behaup tungen. Außerdem werde in der Klage gar nicht genau ge sagt, welche Behauptungen unterlassen werden sollten. Nach ziemlich scharfen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien, bei denen auch Colosser selbst das Wort ergriff, wurde die Klage vom Gericht aus prozessualen Gründen zurückgewiesen, da sie einer ausreichenden Grundlage ent behrt. * Kommunistisches Volksbegehren in Braunschweig. Der braunschweigischen Staatsregierung ist ein kommu nistischer Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens aus unverzügliche Auflösung des Braunschweigischen Landtages zugegangen. In dem Begleitschreiben wird ersucht, von der Beibringung der nach den Bestimmungen erforderlichen 2000 Unterschriften Abstand zu nehmen, da nach dem Aus gang der Wahlen vom 14. September 1930 und vom 1. März 1931 glaubhaft nachgewiesen sei, daß bestimmt 2000 Wahlberechtigte den Antrag unterstützen. Eine Be gründung ist dem Antrag nicht beigegeben. * Verbrccherverein stürmt ein Lokal. Nachts gegen 3 Uhr versuchten in Berlin etwa 30 Personen, Mitglieder eines sogenannten Ringvereins, ein Lokal in Moabit zu demolieren. Hinzukommende Polizeibeamte wurden von ihnen bedrängt und umzingelt, so daß die Beamten.sich genötigt sahen, einige Schreckschüsse abzugeben. Um die Festnahme der Rädelsführer zu ermöglichen, mußten die Beamten auch vom Gummiknüppel Gebrauch machen, zumal einzelne Personen bereits in das Lokal eingedrungen waren und Scheiben eingeschlagen hatten. Insgesamt würden schließlich elf Personen zwangsgestellt und vorläufig der Abteilung la des Polizeipräsidiums eingeliefert, da das betreffende Lokal auch als Treffpunkt von KPD.-Ange- hörigen benutzt wird. * Der ungesicherte Bahnübergang. Der Personenzug 71 Münster—Hamburg fuhr gestern morgen beim Uebergang der Provinziallandstraße Bremen—Osnabrück bei Stems horn auf einen Lastkraftwagenzug auf, der gerade die Gleise kreuzte. Die Schranke war nicht geschlossen. Die Lokomotive erfaßte den Zugwagen und schleifte ihn eine Strecke von 20 Meter mit. Von den drei auf dem Wagen befindlichen Personen wurden ein Mann getötet und zwei schwer verletzt. Sie erlitten auch Brandwunden, da der Benzintank explodierte. * Folgen des Flaschenmißbrauchs. Kinder in Evers winkel untersuchten leere Selterswasserflaschen auf Reste und tranken auch daraus. Hernach verspürte ein Knabe heftige Schmerzen. Er hatte Salzsäure getrunken, die sich in einer der leeren Flaschen befunden hatte. Die inneren Verletzungen des Kindes sind lebensgefährlich. — Schwere innere Verletzungen trug ein 23jähriger Tagelöhner in Langenaltheim davon, der versehentlich aus einer Flasche getrunken hatte, die Essigessenz enthielt. Der Mann wurde ins Krankenhaus gebracht. * Snowden operiert. Eine an dem Schatzkanzler Snow den vollzogene Blasenoperation verlief erfolgreich. Der Patient überstand die Operation gut. * Mord und Selbstmord. Aus Aussig wird gemeldet: Der 46 Jahre alte Arbeiter Wenzel Wawra hat in einem Anfall von Wahnsinn seine 36 Jahre alte Wirtschafterin Stefanie Fiala, die ihn am Selbstmord verhindern wollte, ermordet, indem er ihr mit einem Rasiermesser den Kopf vom Rumpfe trennte. Dann schnitt er sich selbst den Hals durch und fand den Tod durch Verblutung. Die elfjährige Tochter der beiden Toten war Zeuge der Bluttat. * Der Philadelphia—Neuhork-Expretz entgleist. Der Philadelphia—Neuyork-Expreß ist bei Bristol in Penn sylvania entgleist. Mehrere Passagiere sind schwer ver letzt, einige Wagen den Bahndamm herabgestürzt. Kunst und Wissenschaft. Festvorstellung statt Presseball. Bekanntlich hat der Be zirksverein Dresden im Landesverband Sächsische Presse in diesem Jahre mit Rücksicht auf den Ernst der wirtschaftlichen Lage auf die Veranstaltung eines Presseballs verzichtet. An dessen Stelle soll eine künstlerische Veranstaltung von Rang zugunsten der Wohlfahrtseinrichtungen des Verban des treten. Durch das freundliche Entgegenkommen der Dresdner Vertretung der Rotterbühnen (Direktor Curt Lerch) konnte für diesen Zweck eine Festvorstellung im Cen traltheater gewählt werden: die Erstaufführung der „Fledermaus" von Johann Strauß, die in der Bearbeitung und Inszenierung Mar Reinhardts in hervorragender Be setzung am Sonnabend, dem 21. März, abends 8 Uhr, statt findet. Im zweiten Akt wird an diesem Abend ein heiteres Festkonzert mit hervorragenden Dresdner Solisten einge legt. Der gute Zweck sowie die Wahl des Werkes werben für diese Veranstaltung. Vormerkungen für diesen Abend, der ein großes gesellschaftliches Ereignis zu werden ver spricht, werden an der Kasse des Centraltheaters entgegen genommen. Neueste Nachrichten. Ein 73-Millionen-Ueberbrückungskredit für Berlin. io. März. Wie der „Berliner Lokalanzeiger" meldet, hat ein unter Führung des Deutschen Bank, der Preußischen Seehandlung und verschiedener anderer Grup pen stehendes Konsortium am Dienstag der Stadt Berlin einen Ueberbrückungskredit von 73 Millionen Reichsmark zur Verfügung gestellt. Die Verzinsung betragen 7^2 v. H. Die Gewährung dieses Kredites sei davon abhängig gemacht, daß sich die Stadt innerhalb weniger Wochen darüber zu entscheiden habe, ob sie dem Anleiheprojekt zustimme. Von feiten des Magistrates wird hierzu mitgeteilt, daß Variete. Roman eines seltsamen Lebens von Felix Neumann. 32j «Nachdruck verboten.) Der Diener brachte ein Schreibzeug herbei. Und während der Professor in dem Bande las und überlegte, was er seiner einstigen Patientin mit auf den Lebensweg geben sollte, fragte Ellen Sendrezki: „Wollen Sie uns nicht heule abend eine Probe Ihrer Kunst geben? Manchmal ist so ein bißchen Tingel-Tangel im Leben auch ganz amüsant." Fritz sah der Geigerin fest in die Augen. Halblaut, damit Gottorp das Gespräch nicht höre, sprach er: „Wie soll ich diese Äußerung verstehen, gnädiges Fräulein? Ihr hohes Können will ich gewiß nicht schmälern, aber - auch beim „Tingel-Tangel" gibt es beachtenswerte Leistungen. Jeder soll sich so betätigen, wie es ihm die Begabung vorschreibt." Und in den Blick des jungen Mannes trat etwas Abweisendes, Stolzes. „Hüten aber soll man sich vor den Gauklern aus der Uebensbühne!" Salten räusperte sich verlegen und bemühte sich um die frische Sektflasche. Die Nordy kniff die Lippen zusammen Dieser junge Mensch hatte ihr eben in feiner Weise seine Abneigung zu verstehen gegeben. Gewiß - sie vernachlässigte diesen Gast. Sie ging über Sendrezki zur Tagesordnung über, weil ihre Huldi gungen für den Professor sie ganz in Anspruch nahmen Sonst lagen ihr alle Männer zu Füßen. Wie kam es, daß dieser Knabe ihren Reizen nicht nur widerstand, sondern ihr sogar feindlich gesinnt war? Gottorps Fedei flog über das Papier. Ellen schwankte, ob sie etwas erwidern und vielleicht gar eine Auseinandersetzung herbeiführen solle, die ganz sinnlos war Warum diesen Abend stören? Sie wendete sich auf dem Sessel seitwärts, so daß sie Fritz fast den Rücken kehrte. Hastig trank sie ihr Glas aus und reichte es dem Fmpresario „Bitte!" Bon dem ganzen Zwischenfall hatte der Professor ins bemerkt Nun blickte er auf und las: Der Mensch ist schwach und nur die Kunst ist groß! Sie sieht beherrschend über aller Fehle Wirft dir das Leben Schmerz in deinen Schoß, So ist die Kunst der wahre Arzt der Seele! Er verneigte sich leicht und reichte der Nordy das Buch. Die richtete die großen Augen, in denen die Sekt- teufelchen sprühten, auf Gottorp. „Haben — Sie — das — selbst gedichtet?" Der Professor zuckte die Achseln. „Dichten nennen Sie das? Ich habe mich lediglich bemüht, meine Gedanken in gebundene Form zu kleiden." Ellen breitete die Arme aus und ries: „Sie sind — nein, Professorchen — Sie sind einzig!" Dann sprang sie auf und reckte theatralisch die Hand gegen Salten „Ans Klavier, Sklave! Wir wollen tanzen!" Sie kniite lief vor Gottorp: „Edmund — ich fordere Sie zum Reigen! Damenwahl —I" Schon klang die Weise eines Tangos durch den Raum. Der Professor erhob sich und reichte seiner Partnerin den Arm. Mit blassen Wangen sah Fritz diesem Überfall zu Es war klar, die Nordy ging mil fliegenden Fahnen aus ihr Ziel zu, den Arzr, der ihren Körper heilte, auch seelisch für sich zu gewinnen Und das Ganze geschah aus so seine, wenn auch freie Ari, daß kein Mann von Gefühl und Temperament sich diesem Reiz zu entziehen vermochte. Salten spielte und musterte lächelnd das schöne Paar Langsam erhob sich Sendrezki. Niemand beachtete ihn, als er zur Tür ging und sie lautlos hinter sich schloß. Draußen im Vestibül griff er nach seinen Sachen und schritt hastig die Stufen hinab. Im Garten warf er noch einen Blick zurück. Man folgte ihm nichl. Durch die herunlergelassenen Vorhänge klangen wie Spott die Akkorde des Flügels. Das schmiedeeiserne Tor siel ins Schloß. Er stand allein im Nachtwind auf der einsamen Zehlendorfer Straße. Fröstelnd schlug er den Kragen des Maniels hoch. Wohin? In der Ferne bellte ein Auto. Er schlug den Weg ein, der mutmaßlich zum Bahn- bös führte ein offizielles Angebot zurzeit noch nicht vorliege. Trotz dem dürfte an der Tatsache als solche nicht zu zweifeln sein. Englische Stimme für Revision des Young- Plan e s. London, 18. März. Auf der Jahreshauptversammlung der britisch-deutschen Wirtschaftsvereinigung äußerte sich der Vorsitzende Waag zuversichtlich über die Entwicklung in Deutschland und sprach sich für die Notwendigkeit einer Revision des Young-Planes aus. Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag zusammengetreten. Wien, 18. März. Heute vormittag trat unter dem Vorsitz des Präsidenten Tilgner der 6. Mitteleuropäische Wirtschaftstag zusammen. An der Tagung nehmen ungefähr LOO Vertreter aus allen Staaten Europas teil. Präsident Tilgung hob in seiner Eröffnungsansprache hervor, daß der Wille, die zersplitterten Wirtschaftskräfte wieder zusam- menzusassen, seit der Schaffung des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages in Breslau mächtige Impulse erhalten habe. Bundespräsident Miklas wies auf ein Wort hin, daß ein Staatsmann anläßlich eines der jüngsten Besuche in Wien geprägt hat: „Hier in Wien schlägt der Puls Mittel europas, hier werde den Männern der Wirtschaft eine wert volle und sichere Diagnose ermöglicht, und die Entscheidung erleichert, welche Maßnahmen notwendig erscheinen, um eine den Naturgegebenheiten Mitteleuropas entsprechende Wirtschaft wieder aufzurichten. Nur noch 17 Personen von der „Wiking" vermißt. London, 18. März. Die von St. Johns auf Neufund land ausgesandten Hilssdampfer haben nunmehr das Wrack des Dampfers „Wiking" erreicht. Sie haben in dem Wrack des Schiffes einen Filmsachverständigen sowie zwei Ame rikaner noch am Leben aufgefunden. Es werden somit noch 17 Personen vermißt. England will weitere Luftschiffe bauen. London,' 18. März. Weitere Veröffentlichungen des „Daily Herald" aus dem amtlichen Bericht über das Un glück des „R. 101" besagen, daß die englischen Versuche mit Luftschiffen weiter fortgesetzt werden könnten. Die Fort setzung der weiteren Versuche würden in erster Linie von den Kosten abhängen. Dem Luftsahrtministerium lägen bereits Pläne für ein Luftschiff vor, das zweimal su groß sei wie „R. 101". Ein Sachverständiger für Luftschiffe habe erklärt, daß das neue Luftschiff mit Heliumgas aus gerüstet werde. Sowohl Deutschland wie Amerika setzten ihre Lauftschiffbautätigkeit fort und hätten sich durch das Unglück des „R. 101" in keiner Weise beeinflussen lassen. Zur Niederlage der Regierung Macdonald bei den Ab stimmungen betr. des Sonderwahlrechts der englischen Universitäten. London, 18. März. Nach der Niederlage der Regie rung Macdonald über die Abschaffung des Sonderwahl rechtes der englischen Universitäten verlautet in unterrich teten Kreisen, daß die Beziehungen der Liberalen zur Ar beiterpartei einer grundlegnden Neuordnung unterzogen werden würden. Der rechte Flügel der Liberalen hielt eine Sitzung ab und entschied sich endgültig gegen eine Unter stützung der Regierung. Die Lage hat zu allerhand Gerüch ten geführt. So heißt es, daß Lloyd George möglicherweise in die Regierung eintreten werde, um den durch den Tod Vernon Hartshorn freigewordenen Posten eines Ministers für die Arbeitslosigkeit zu übernehmen. Das Weingartner-Konzert in Paris gestattet. Paris, 18. März. Der Pariser Polizeipräsident, der am Dienstag eine Unterredung mit den beiden Direktoren des Konzertsaales hatte, in dem Weingartner zwei Kon zerte geben sollte, veröffentlicht eine amtliche Verlaut barung, in der es heißt, daß die französische Regierung keinerlei Einwendungen gegen die Abhaltung dieser Kon zerte mache, die sie außerdem nie verboten habe. Der Polizeipräsident sei außerdem davon überzeugt, daß das Pariser Publikum, das nunmehr über den Fall Weingart ner genauer unterrichtet sei, ihm einen freundlichen Emp fang bereiten werde. Sturm im Schwarzen Meer. Moskau, 18. März. Nach einem Bericht der Tele- graphen-Agentur der Sowjet-Union aus Sewastopol wütet über dem Schwarzen Meer ein schwerer Sturm. Am Diens tag wurde Windstärke 11 gemessen. Mehrere Schiffe wurden vom Anker gerissen und treiben im offenen Meer. Drei Dampfer befinden sich in sinkendem Zustande. Man fürchtet um das Schicksal der Besatzung und der Passagiere, da der Sturm die Rettung unmöglich macht. Vielleicht begegnete er auch unterwegs einem Wagen, der ihn nach Berlin brachte. Kaller Dunst lag herbstlich über der Erde. Er kroch durch die Kleidung und preßte sich Wie eine Klammer um des Jünglings Herz. Hastig schritt er aus. Nur möglichst viel Raum legen zwischen sich und dieses Haus! Gewiß — er benahm sich taktlos. Ohne Abschied davonzugehen. Kein Wort des Dankes an den freundlichen Gastgeber! Er spürte, daß es nun vorbei war mit der Freund schaft, ganz vorbei. Sein Handeln stand unter einem Zwang, er hätte es nicht länger ausgehalten, dieses Liebeswerben der Nordy mit anzusehen. So erblickte er den einzigen Ausweg darin, daß — er ging. Ein Wanderer kam, er wies ihm die Richtung nach der Wannseebahn. Und als er sein Ziel in der Ferne sah, fing es an zu regnen Eintönig, traumhaft. Und die Tropfen sangen eine wehmütige Melodie von Enttäuschung und dem Gebot des Verzichtens. Neuntes Kapitel. Die Alhambra erwachte aus ihrem Tagesschlaf und bereitete sich auf den Abend vor Es war sieben. An den drei Kassen im Vestibül schoben die Damen die Milchglasscheiben hoch, denn draußen standen schon die Leute Schlange, die nach den billigen, so rasch ver griffenen Plätzen begehrten Im Saal flammten die ersten Lichter auf. Im Orchesterraum, der noch im Halbdunkel lag, kramte irgendein Mensch in Notenstößen und verteilte sie. Auch hinter der Bühne regte sich langsam Leben. Am I5 Oktober hatte das Programm einige Änderun gen erfahren Tie großen Nummern blieben, aber einige Darbietun gen waren durch Neuengagements ersetzt worden. Von fern her hörte man abgerissenes Hundegebell. Tom Riding mit seinen vier Pudeln erprobte noch einmal die Zuverlässigkeit seiner Truppe. (Fortsetzung folgt.)