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Deutscher Reichstag. Sitzung vom Donnerstag, dem 26. Februar. Ein kommunistischer Antrag, der sich gegen die Lohn-. und Gehaltsabbaumaßnahmen in den Duisburger Stahl werken und gegen die Stillegung der Hütte Ruhrort-Mei- derich wendet, wird dem Haushaltsausschutz überwiesen. In der fortgesetzten Aussprache über den Landwirtschafts haushalt betont Abg. Weber (Staatspartei), datz die An träge seiner Fraktion unter der Voraussetzung gestellt sind, datz die bewährte Handelsvertragspolitik unverändert fort gesetzt wird. Die Staatspartei wird sich nicht dazu her geben, eine Handelspolitik mitzumachen, die den wirt schaftlichen Grundsätzen der kleinen Genfer Zollkonferenz widerspricht. Allerdings müssen die Verhandlungen ins besondere mit den europäischen Nachbarländern aus absolut loyaler Basis geführt werden. Abg. Schlange-Schöningen (Landvolk) begrüßt, die Ausführungen des Vorredners, die die Möglichkeit zu einer späteren sachlichen Auseinandersetzung über die Agrarfragen böten. Er wendet sich dann an den Minister Schiele mit den Worten: Sie sind derjenige Mann, der von der sogenannten Grünen Front auf diesen Platz gestellt worden ist. Ich bedauere aufs tiefste, datz Sie vielfach von jenen, die Sie auf diesen Platz gestellt haben, mit einem geradezu erbarmungslosen Dilettantismus angegriffen wer den. (Sehr wahr! beim Landvolk.) Man hilft der Land wirtschaft nicht dadurch, datz man den Arbeiten hier im Reichstag fernbleibt. Reichsernährungsmini st erSchiele kommt auf verschiedene in der Aussprache aufgeworfene Anregun gen und Fragen zurück. Mit Recht habe der Vorredner vor der Wiedereinführung des zollfreien Eefrierfleischkontin- gents gewarnt, die sich angesichts der Ueberproduktion an deutschem Vieh aller Art heute nicht verantworten lasse. Wenn es gelungen sei, die Schweinepreise auf eine einiger- mahen erträglichen Höhe zu halten, so nur deshalb, weil die Bahn für den Verbrauch des eigenen Produktes frei gemacht worden sei. Dem staatsparteilichen Dr. Weber widerspricht der Minister insofern, als von einer Rückstän digkeit der Viehwirtschaft in den bäuerlichen Betrieben nicht die Rede sein könne. Das Weidegebiet sei heute um 300 000 Hektar größer als 1913. (Hört^ Hört!) Der Antrag der Großeinkaufsgenossenschaft auf Einräumung eines Ver edelungsverkehrs für Flomen sei widerruflich bewilligt worden und bedeute kein Monopol für die GEE. Zwangs mittel wolle die Regierung keineswegs zur Durchführung des Generalbestellungsplanes anwenden. Sie verlasse sich da auf die landwirtschaftlichen Organisationen. Zur Sen kung der Zinslasten seien unter Führung der Reichsbank in den einzelnen Landesteilen Verhandlungen teils durch geführt, teils noch im Gange. In Ostpreußen sei der Höchst satz der Zinsen bereits auf 10 v. H. festgesetzt. Die Be stimmung, daß in Gastwirtschaften nur Roggenbrot gehal ten werden dürfe, sei durch die vielen Ausnahmen praktisch schon aufgehoben. Zu warnen sei vor einer Aufhebung des Roggenbeimischungszwanges für Weizengrotzbrot. Zu den Angriffen von deutschnationaler Seite gegen seine Politik erklärt der Minister, die Deutschnationalen hätten sich durch ihr Ausscheiden aus der Regierung wegen des Locarnover trages die Möglichkeit genommen, die gegen landwirtschaft liche Interessen verstoßenden Handelsverträge rechtzeitig anders zu gestalten. Jetzt werde er, der Minister, ange griffen, weil er diese Vertragspolitik natürlich nicht mit einem Schlage ändern könne. Wer der Landwirtschaft helfen wolle, dürfe sich nicht von dem Kampfplatz entfernen, auf den das Schicksal ihn berufen habe. Abg. Dr. Prütz (Volksnat.) verlangt eingehende Kon- trollierung der Zwischeninstanzen, die sich zwischen deh Willen des Ministers und die Landwirtschaft eingeschoben haben. Abg. Huth (Vayr. Vp.) wünscht die Zulassung von Ausnahmen bei den Vorschriften der Notverordnung über den Weizenausmahlungszwang, wenn ein dringendes Be dürfnis darnach besteht. Jede weitere Belastung des deut schen Weinbaues ist mit Entschiedenheit abzulehnen. Den Parteien der sogenannten nationalen Opposition, die sich hier vor der Verantwortung und vor der Mitarbeit drücken, werden die Bauern schon die richtige Antwort geben. Frau Abg. Dr. Weber (Ztr.) betont, daß der Land wirtschaftsminister Dr. Schiele nicht vergessen sollte, daß er auch Ernährungsminister ist. Sie setzt sich sür die Inter essen der Verbraucherschaft ein. Man sollte durch groß zügige Aufklärung der Bevölkerung die Lösung der Ernäh rungsfrage in nationalem Sinne beschleunigen. Die Red nerin befürwortet die Schaffung eines Ernährungsaus schusses. Reichsernährungsminister Schieleist von der Zweck mäßigkeit und Notwendigkeit eines derartigen Ausschusses überzeugt und macht darauf aufmerksam, datz die Vor arbeiten zu seiner Errichtung bereits begonnen haben und datz es sich jetzt nur noch darum handelt, einige Schwierig keiten mit einzelnen Ländern zu beseitigen. Nach weiteren Erörterungen schließt die Aussprache. Die Abstimmungen zum Landwirtschaftshaushalt sollen am Dienstag vorgenommen werden. Aus aller Well. " 12ÜÜV Mark aus einem Postkraftwagen verschwun den. Aus Bamberg wird gemeldet: Donnerstag früh ging aus einem Kraftwagen der Reichspost eine eiserne mas sive Geldkassette mit 12 000 Reichsmark Inhalt auf bisher unbekannte Weise verloren. Bei Ankunft des Wagens, der von Postamt am Bahnhof zum Postamt am Maxplatz fuhr, stand eine ursprünglich verschlossene Wagentür offen. Im Wagen selbst konnten Spuren von Gewaltanwendung nicht festgestellt werden Der Verdacht, daß der Wagen während der langsamen Fahrt mit einem Nachschlüssel ge öffnet und die Kassette gestohlen wurde, liegt nahe. Auf fallend ist, datz am Mittwoch vormittag sich in einer Post filiale zwei unbekannte Männer nach den Dienstgängen der Geldbriefträger und nach den Geldzustellungen zu erkun digen versuchten. * Mindestens zwei Südamerika-Zeppekin-Fahrten in diesem Jahr. Der Luftschiffbau Zeppelin gibt sein erstes Fahrtenprogramm bekannt. U. a. sind mindestens zwei Südamerikafahrten in der zweiten Hälfte des Jahres vor gesehen. Die erste Fahrt soll voraussichtlich im August statt finden. Ferner sieht das Programm Nordlandfahrten, Aegyptenfahrten, eine Ungarnfahrt, Fahrten nach Frank furt a. Main, nach Stettin, nach Düsseldorf, nach Lübeck, nach Magdeburg und nach Hannover vor. ' Die deutschen Industriellen nach Moskau abgereist. Am Donnerstag abend hat nach einer Meldung Berliner Blätter die deutsche Jndustriellen-Abordnung ihre Reise nach Moskau angetreten. Bei der Abfahrt waren Vertreter der russischen Botschaft auf dem Bahnhof anwesend. * 3 Hotels und 32 Bauernhäuser durch Lawinen zerstört. — 1 Toter. Da nach den letzten bayrischen Schnee fällen nunmehr wärmeres Wetter eingetreten ist, haben sich die Lawinenstürze in den Bergen Südtirols stark ge häuft. Besonders in der Provinz Trient wurden durch La winen große Schäden angerichtet. Zwei Hotels in Pajo und ein Hotel in Rabbi sowie 30 Bauernhäuser sind durch La winen zerstört worden. Auch in den Dolomiten gingen La winen nieder. Bei Buchenstein wurden durch eine Lawine zwei Häuser ebenfalls vollkommen zerstört. Eine Person wurde getötet, zwei weitere schwer verletzt. * 7 Dampfer im Sturm gesunken. Nach einer Exchange- Meldung aus Ästambul sind während eines außergewöhnlich schweren Sturmes im Schwarzen Meer sieben Dampfer, darunter auch ein deutscher, gesunken. " 2 Tote beim Absturz eines Militärflugzeugs in Austra lien. Bei militärischen Flugübungen stieß über dem Aus bildungsflugplatz für Reserveformationen in Seymour (Australien) bei einem Scheinangriff auf ein Militärflug geschwader ein Flugzeug gegen die Spitze eines Baumes. Es stürzte mit großer Wucht zu Boden, wo es sofort in Flam men aufging. Die beiden Insassen verbrannten bis zur Un kenntlichkeit. ' Lokomotive und Gepäckwagen in den Flutz gestürzt. — Vier Tote. Ein eigenartiges Eisenbahnunglück ereignete sich bei Mobile im Staate Alabama. Von einem Personen zug, der auf eine geöffnete Drehbrücke, gefahren war, stürz ten die Lokomotive und der Gepäckwagen in den Fluß. Da bei fanden vier Eisenbahnbeamte den Tod. Das Unglück hätte leicht größeren Umfang annehmen können, wenn der erste Personenwagen nicht am Ende der Drehbrücke hängen geblieben wäre. " Grohe Ueberschwemmungsschäden auf den Fidschi- Inseln. — lieber 1üü Tote? Die Fidschi-Inseln sind nach einer -Meldung Berliner Blätter aus Wellington in den letzten Tagen von einem Orkan heimgesucht worden, der umfangreiche Ueberschwemmungen zur Folge hatte. Im Gebiet des Flusses Ba (Insel Viti-Levu) sollen 80 Per sonen und im Gebiet des Siga Toka auf derselben Insel sogar 100 Personen ums Leben gekommen sein. Der Sturm tobte mit solcher Gewalt, datz ein Leuchtturm umgelegt wurde. Neueste Nachrichten. Haushaltsausschuh des Reichstages. Berlin, 27. Febr. Im Haushaltsausschutz des Reichs tages wurde heute der Haushalt des Auswärtigen Amtes weiterberaten. Der kommunistische Abg. Stöcker bezeichnete die Pressemeldungen, datz die Kommunisten in Verbindung mit den Separatisten ständen, als Schwindelnachrichten. Als der Redner behauptete, es hätten sich amtliche deutsche Per sönlichkeiten an Pariser Verhandlungen über ein deutsch französisches Militärbündnis beteiligt, rief Dr. Curtius: Das trifft nicht zu. Schwierigkeiten wegen der Eefrierfleischeinfuhr. Berlin, 27. Februar. Durch die infolge der Abwesen heit der Deutschnationalen möglich gewordene Annahme des sozialdemokratischen Antrages auf zollfreie Einfuhr von Gefrierfleisch im Haushaltsausschutz sind in der Regierung gewisse Schwierigkeiten entstanden, die der heimischen Land wirtschaft verhängnisvoll werden können. Der Antrag be sagt, datz. jährlich 50 000 Tonnen argentinischen Gefrier fleisches zollfrei hereinkommen sollen, um sie der minder bemittelten Bevölkerung zuzuführen. Das Reichsernäh rungsministerium setzt jedoch allen Bestrebungen auf Wie derzulassung der Gefrierfleischeinfuhr entschiedenen Wider stand entgegen, zumal das Eefrierfleischkontingent der Höhe des Einfuhrkontingents für Frischfleisch entspricht und un günstige Rückwirkungen auf die Preise für Jnlandvieh und Fleisch befürchtet werden. Saalschlacht zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten. Glogau, 27. Februar. Am Donnerstagabend fand in dem Dorfe Vrostau bei Glogau eine nationalsozialistische Versammlung statt, zu der auch die KPD. eingeladen wor den war. Kurz nach Beginn der Versammlung versuchten weitere Kommunisten in den Saal einzudringen. Es ent wickelte sich eine Schlägerei, die zu einer großen Saalschlacht ausartete. Tisch- und Stuhlbeine sowie Zaunlatten dien ten als Wurf- und Schlagwerkzeuge. Die von den Kommu nisten hart bedrängten drei Landjäger wurden durch Stahl helmleute unterstützt. Aus den Reihen der Kommunisten, die inzwischen auf die Straße zurückgedrängt worden waren, wurde scharf geschossen, worauf die Landjäger bei einem erneuten Vorstoß der Kommunisten ebenfalls von der Schußwaffe Gebrauch machten. Ein Kommunist erhielt da bei einen Schuß durch beide Oberschenkel; vier bis fünf Na tionalsozialisten und ebenso viele Kommunisten wurden ver wundet. Auch drei Landjäger haben Verletzungen davon getragen. Kommunistische Unruhen in Sonderburg. Kopenhagen, 27. Februar. In Sonderburg (Nordschles wig) haben am Donnerstagnachmittag kommunistische Un ruhen stattgefunden. Trotzdem von seiten des Magistrats kommunistische Umzüge und Versammlungen verboten waren, versammelten sich einige hundert Kommunisten, die mit Flaschen, Steinen usw. bewaffnet waren, und drangen gegen das Rathaus und die Polizei, die dieses schützte, vor. Es kam zu erheblichen Zusammenstößen, wobei die Polizei mit dem Knüppel vorging. Erst am späten Abend konnte die Ruhe wiederhergestellt werden. Kein russisches Holz für Londoner Neubauten. London, 27. Februar. Die Proteste gegen die Einfuhr russischen Holzes hat den Vauausschutz des Londoner Graf schaftsrates veranlaßt, die Verwendung russischen Holzes -ei allen städtischen Bauten zu verbieten. Aufträge auf Lieferung von Holz sollen jetzt in Vritisch-Columbien ge tätigt werden, soweit dies möglich ist, während weitere Holzlieferungen durch Skandinavien bezogen werden sollen. Bisher wurden, wie die „Morningpost" berichtet, rund 20 v. H. des Bauholzes für die städtischen Hausbauten aus Rußland bezogen. Die Verfügung soll sofort in Kraft treten. Der Ausschuß hat bereits einen Kontrakt über 2500 Stan- darts kanadischen Holzes abgeschlossen. Variete. Roman eines seltsamen Lebens von Felix Neumann. uy «Nachdruck verboten.» Um den jugendlichen Mund würde bald ein Zug von Weltverachtung liegen. Und Vic Augen, die jeden« zum Unheil zu gereichen schienen, de. in ihnen zu lesen verstand, büßten ihren Glanz ein, wenn sie in die Tiefen eines ruhelosen Wanderlebens schauten. Die Vorstellung war zu Ende Die Menge strömte Hinans Mit gepreßter Stimme sprach sie: „Ich glaube, daß ich anfange, Ihnen lästig zu erscheinen! Sie denken: Wie kommt diese arrogante Person aus dem Dollarlande dazu, in mein Geschick einzugreifen!" Sie hob abwehrend die Hand, als Fritz eine Ent gegnung machen wollte, „Ach — wir wollen uns nichts vorgaukeln, Sie haben ja recht!" Mary griff nach ihrer Brokatlasche, die aus der Brüstung lag. „Sie sind gewiß für diesen Abend eingeladen. Sie werden Ihren Erfolg feiern und meine Gedanken werden neidlos bei Ihnen sein." Sendrezki erhob sich: „Herr Adolfi lud mich tnS Spiegelzimmer der Alhambra ein Nur ein Kreis von Freunden." Da lächelte Mary: „Ach — sieh da! Ein Zufall? Auch zu mir sprach Frau Adolfi von dieser Zusammen kunft. Ist es Ihnen unangenehm, wenn wir uns Ihnen anschließen?" „Es ist mir eine besondere Freude, gnädiges Fräulein!" Als die Damen mit ihrer Begleitung den im ersten Stock gelegenen, mit venezianischen Spiegeln geschmückten kleinen Saal betraten, waren dort etwa zwanzig Per sonen versammelt. Alle zum engeren Bekanntenkreis des Direktors gehörend. Adolsi begrüßte die Ankömmlinge. Einige Vorstellungen, dann sprach der Gastgeber mit lauter Stimme: „Und hier Herr Fritz Sendrezft, unser „Perwand lungswunder", soweit er den Herrschaften noch nicht be kannt ist." Der Künstler teilte Händedrücke aus, hörte Namen, die an seinem Ohr vorüberschwirrten, ohne haftenzu- vleiben, und war froh, als er an einem Tischchen einen Platz zugewiesen erhielt. Ein Herr neben ihm schob ihm ein Glas Seki zu, vas er auf einen Zug leerte. Die Strapazen dieses ganzen Tages mit seinen Auf regungen waren fast zuviel für ihn. Da kam ihm diese Labung wie Medizin vor. Mary hatte man an einer anderen Tafel unter- gebrachl. Lebhaft ging vas Gespräch hin und her. Run erst fand Fritz Zeit, seine unmittelbare Um gebung zu mustern. Die Gesichter waren ihm teilweise aus der Sonn- tagsgesellschast bekannt. Ein Herr wandte sich ihm zu und reichte gleichzeitig eine Platte mit Kaviarbrötchen. „Ich habe Sie heute abend bewundert, Herr Sendrezki!" Ter blickte auf und musterte den Nachbar. Eine vornehme, sehr gepflegte Erscheinung. Schmales, intelligentes Gesicht, ein fein gestutzter blonder Spitzbart. Alter etwa fünfunddreißig Jahre. „Ich wollte es nicht glauben, daß Sie zum erstenmal in Berlin aufträten. Freilich — in wem die Begabung steckt, bedarf keiner langen Schulung." Fritz errötete unter dem freundlich prüfenden Blick des Herrn und dankte mit einiger Verlegenheit. Da trat Adolfi an den Tisch und legte leicht vertrau lich Vie Hand auf die Schulter des Sendrezki Fremden. Und zu dem Jüngling: „Da haben Sie eine inter essante Bekanntschaft gemacht, mein lieber Freund Dieser Meister ist der jüngste Professor, den Berlin bisher sah. Darf ich noch einmal vorstellen: Professor Edmund Gottorp, einer unserer ersten Frauenärzte und berühmter Psychiater. Für uns Männer hat er nicht viel übrig, aber — den Frauen, denen sieht er bis au? den Grund der Seele. Das ist sein Berus. Die können ihm nichts vormachen. Darum ist er auch wohl bis heute Jung geselle geblieben, obgleich ihm alles Weibliche zu Füßen liegt." Frohes Gelächter erscholl in der Runde und auch Doktor Gottorp stimmte mit ein. „Direktorchen, machen Sic mich nicht schlechter als ich bin. Herr Sendrezki bekommt ja sonst Angst vor mir." Der blickte mit großen Äugen zu dem Arzt hinüber. „Ach — gehört Ihnen die berühmte Frauenklinik in Zehlendorf? Und auch das Sanatorium?" Der Professor nickte: „Woher wissen Sie das? Sie sind doch, wie ich Hörle, fremd in Berlin." „Als meine Muller sehr leidend war. wurde ihr der Nal gegeben, sie solle zu Ihnen nach Berlin fahren Es fehllen ihr die Mittel und - es - war - wohl — auch schon zu spät Wenige Wochen daraus starb sie." Teilnahmsvoll fragte der Doktor: „Sie stehen allein in der Welt?" „Ja!" Gottorp wiegle vas Haupt „Oh - ein solcher Kamps ist schwer! Und - war um wählten Sie gerade diesen Beruf?" Er lächelte und strich sich Uber die Stirn: „Aber — was frage ich so törichl! Bei Ihrer Begabung!" Und es wurde, nachdem Vie erste Befangenheit über wunden war, ein schöner Abend Die Gruppen an den Tischen wechselten und Fritz hatte Gelegenheit, einflußreiche und internationale Per sönlichkeiten kennenzulernen Bei diesem fröhlichen Durcheinander kreuzte Sen drezki mehr als einmal Gottorps Weg. Und jedesmal bemerkte Fritz, wie dieses klugen Mannes Augen forschend und voller Teilnahme aus ihm ruhten Aus diesem Blick sprach: Ich möchte dich näher kennenlernen, ich habe den Wunsch, dein Leben, das gewiß nicht über Rosen ging, in seinen Einzelheiten zu ergründen Und es war ein eigentümlicher Umstand, daß der junge Künstler seinem neuen Bekannten das gleiche Emp finden entgegenbrachte. Fritz Sendrezki spürte ein seltsames Gefühl, wenn Professor Gottorp zu ihm hinüberschaute. Er stand wie unter einem Bann, der aber nichts Beklemmendes, Un heimliches an sich hatte. Er wurde an seinen Vater in jüngeren Jahren erinnert Wie lange war vas her, als seine Hand das Kinn seines Kindes zu sich emporhob und ihm prüfend in die Augen blickte? Das war damals, als die erste hoffnungslose Liebe das jugendliche Herz aufwühlte und des Paters Auge diesen Zustand, so sehr er auch verheimlicht wurde, erkannte. Auch dieser Professor hatte etwas in seinem Blick, das an mahnende, eindringliche Güte erinnerte. «Fortsetzung folgt >