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Bor neuen innerpolMschen Kümpfen. Mit dem heutigen Tage beginnt wieder eine Woche wichtiger innerpolitischer Entscheidungen. Dem Wie der,msammentritt des A u s w ä r t i g e n - A u s s ch u s- s e s am heutigen Montag sieht man mit größtem In teresse entgegen. Des weiteren sindet heute eine er neute Besprechung zwischen Brüning und Dr. Dingeldey statt, die für die weitere Haltung der Volksvartei gegenüber der Regierung von großer Bedeutung sein wird. Seht die Bolkspartei ihren Stand punkt nicht durch, so ist mit der Möglichkeit zu rechnen, das? die Partei der Regierung Brüning die parlamen tarische Gefolgschaft für den Haushalt versagt. Anderer seits scheinen auch die Beratungen der Osthilfe zu Schwierigkeiten zwischen dem Reichs kanzler und der Sozialdemokratie zu führen. Sollte hierin zwischen preußischer Regierung und Reichsregierung keine Einigung möglich sein, so würde die parlamentarische Verabschiedung der Osthilfe in Frage gestellt sein. Den Beratungen des Kabinetts, das am Dienstag die Frage behandeln wird, kommt des halb gleichfalls große innerpolitische Bedeutung zu. Auch die Tagung des Reichslandbundes scheint dazu bei zutragen, daß die parlamentarische Lage der Negierung Brüning sich weiter verschlechtert. Die Kundgebung des Reichslandbundes wird als offene Absage an die Reichsregierung angesehen. Man rech net daher in unterrichteten Kreisen damit, daß der Reichskanzler am Dienstag im Reichstag eine Er klärung abgeben wird, in der er auf der Verabschieduna des Haushalts durch den Reichstag bis zum 31. März bestehen wird. Sollte der Reichstag der Beratung des Haushalts, der Osthilfe und der geplanten landwirt schaftlichen Maßnahmen ernsthafte Schwierigkeiten machen, so dürfte erneut mit der Verabschiedung der be absichtigten Maßnahmen auf dem Wege einer Notver ordnung gerechnet werden können. Es scheint allerdings nicht ausgeschlossen zu sein, daß in diesem Falle vorher eine Umbildung der Regierung Brüning erfolgen würde. Zusammentritt des Auswärtigen Ausschusses. Berlin, 2. Februar. Der Reichstagsausschuß für auswärtige Angelegenheiten ist heute vormittag unter dem Vorsitz des Abg. Dr. Frick sNatsoz.j zusammenge? treten. Zunächst erstattete Reichsaußenminister Dr. Cur tius einen eingehenden Bericht über die letzten Verhand lungen des Völkcrbundsrats in Genf. M zMNWN des WWMuM. Berlin, 2. Februar. Den 10. Reichslandbundtag im Zirkus Busch eröffnete der Präsident des Reichsland bundes Reichstagsabg. Lind mit kurzen Begrüßungs worten. Nach einem Vergleich mit der Zeit vor 28 Jahren, als der Bund der Landwirte im Kampfe gegen die kaiserliche Regierung wegen der Laprivischen Miß wirtschaft stand und entschieden Rückkehr zur Bismarck- schen Schutzzollpolitik forderte, betonte er, daß der Kampf heute erheblich schwerer sei als damals, denn heute sei eine Regierung am Ruder, die dem politischen Einfluß der Parteien unterstehe. Der Parlamentarismus ver hindere sachliche Arbeit. Auch die Maßnahmen, die von 1928 an unternommen wurden, seien nurTeilmaß- nahmen gewesen, denen ein durchgreifender Erfolg versagt geblieben sei. Die Regierung habe es unter lassen, unter Rücksichtnahme auf die Parteiwünsche die Forderungen des Reichslandbundes in eine der erlas senen Notverordnungen mit hineinzunehmen. Der 10. Reichslandbundtag müsse deshalb sofortige Hilfe auf den ungeschützten Gebieten fordern. Anschließend hielt der Präsident des Reichsland bundes. Graf v. Kalckreuth das Hauptreferat. Er führte unter anderem aus: Zehn Monate seien seit dem Tage der Osterbotschaft des Reichspräsidenten verflossen. Das Kabinett Brü ning habe manches für die Erhaltung der deutschen Landwirtschaft getan, aber der E r f o l q s e i i h m v e r- sagt geblieben. Ein schlechter Trost sei die Ent schuldigung mit der ungeheuren Weltagrarkrise. Trotz des sich daraus ergebenden Druckes sei es aber möglich, der deutschen Landwirtschaft rentable Preise zu sichern. Erfolge die rettende Tat nicht, dann müsse die deutsche Landwirtschaft diesem Kampfe zuerst erliegen, weil sie geschwächt sei durch Krieg, Inflation und jahrelange Mißwirtschaft und vorbelastet durch Steuern und soziale Lasten in einem Ausmaße, wie es das Ausland nicht kenne. Erliege aber die deutsche Landwirtschaft, so sei ganz Deutschland verloren. Auf dem Gebiete der Ge treideproduktion sei der Druck der Auslandsware von der Reichsregierung im ganzen mit Erfolg abgeschwächt worden. Noch einmal habe die Grüne Front die für Wieder herstellung der Rentabilität notwendigen Maßnahmen der Reichsregierung vorgelegt und in mehrtägigen Ver handlungen mit dem Reichskanzler durchberaten. Die Forderungen der Grüne» Front decken sich fast 100prozentig mit den Forderungen, die der Reichslandbund immer wieder gestellt hat. Hinter den Forderungen des Reichslandbundes steht also die gesamte Landwirtschaft mit allen Organisationen der : Grünen Front. Vier große Aufgaben müssen sofort der Lösung cnt- gcgengeführt werden, wenn nicht Deutschland rettungs los der völligen Katastrophe entgegentreiben sott: 1. Rettung der Landwirtschaft vor dem völlige» Erliege». Mit Lösung dieser Aufgabe wird auch die heute vordringlichst erscheinende Aufgabe Wiederein- ! schalt«ng der 5 Millionen Arbeitsloser in den Produk- ! tionsprozeß am meiste» gefördert werden. 2. Befreiung der deutschen Wirtschaft von den Fes- > sel» des Aoungplanes. 3. Abbau der die Hälfte des Arbeitsverdienstes des deutschen Volkes auszehrenden Ausgaben der öffentlichen Hand. i 4. Umstellung der gesamten sozialen Fürsorge aus ihrer heutigen Form, in der sie nicht nur einen Anreiz, sonder» geradezu in vielen Fälle» eine» Zwang zur Arbeitsenthaltung bedeutet. Noch sind nennenswerte Erfolge auf keinem Gebiet erzielt. Ich glaube auch nicht, daß die Regierung Brü ning in ihrer jetzigen Zusammensetzung und nach ihrer bisherigen Arbeitsmethode eine dieser Aufgaben wirk lich lösen wird. ! Der Kampf mit anderen Mitteln. ! Blutige Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten in Nagold. Stuttgart, 1 Februar. In einer kommunistischen Versammlung, zu der sich eine Anzahl Nationalsozia listen eingefunden hatte, kam es am Sonnabendabend in Nagold zu heftigen Streitigkeiten. Nachdem bereits im Saal mit Bierglüsern und Stuhlbeinen geworfen wurde, setzte sich die Schlägerei auf der Straße fort. Armeepistolen im Versammlungslokal. 28 Verletzte, 3 Schwerverletzte. Stuttgart, 2. Februar. Zu dem schweren Zusammen stoß zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten in Nagold wird noch berichtet: Die Nagolder Ortsgruppe der Kommunistischen Partei hatte unter starkem Zuzug auswärtiger Kommunisten im Saale des Gasthauses „Zur Traube" eine Versammlung abgehalten, der viele Angehörige der Nationalsozialisten beiwohnten. Nach dem der nationalsozialistische Diskussionsredner gespro chen hatte, stimmten die Nationalsozialisten ein Kampf lied an und Wollten den Saal verlassen. Die Kommu nisten antworteten mit einem Kampflied. Jede Partei wollte die andere überstimmen. Plötzlich entstand eine Schlacht, bei der n i ch t n u r m i t T i s ch - und Stuhl beinengekämpft, sondern auch v o n de nKom munisten geschossen wurde. Die Nationalsozia listen verließen den Saal mit starken Verlusten. Auf kommunistischer Seite gab es nur wenig Verletzte. Im ganzen wurden 28 Perspnen verletzt, davon drei schwer. Ein Nagolder Einwohner mußte mit zweischweren Bauchschüssen und einem Oberschenkelschuß nach Tübingen transportiert werden, wo ex hoffnungslos darniederliegt. Die Polizei fand in dem Saal sechs ge ladene Arm e e p i stolen, * Kommunistischer Ueberfall auf eine chinesische Stadt. London, 2. Februar. Wie aus Schanghai gemeldet wird, ist der bisher regierungstreue General Liminghsui zu den Kommunisten übergegangen. Seine Truppen über fielen die Stadt Lintschau, brandschatzten sie und ermor deten viele Menschen. Auch das Koumintanggebäude wurde zerstört. Die chinesische Regierung hat Truppen und Flugzeuge entsandt, um die Kommunisten zu ver treiben. Die FmimsdMWW des WM MmIlWWs. London, 2. Februar. Der Aktionsausschuß des in dischen Nationalkongresses hat beschlossen, in Friedens verhandlungen mit der englischen Regierung nur unter folgenden Bedingungen einzutreten: 1. Alle poli tischen Gefangenen werden amnestiert. 2. Alle Sonder verfügungen gegen die Kongreßorganisationen werden aufgehoben. 3. Die Aufstellung von Streikposten zur Verhinderung des Verkaufes von ausländischem Tuch. Alkohol und Rauschgiften wird gestattet, wenn sie einen friedlichen Charakter behält. 4. Während der Verhand lungen mit der Regierung wird ein Vorgehen gegen die Salzgesetze gestattet. Gandhi erklärte, daß alle Gerüchte über Spal tungen innerhalb des Aktionsausschusses nicht zutref fend wären. Solange kein Waffenstillstand mit der Re gierung zustande komme, würden die Anordnun gen für den Ungehorsa m s f eldzug nicht zurückgezogen werden und auch weiterhin m i t voller Stärke durchqefllhrt werden. Schwere Kämpfe zwischen Hindus und Mohammedaner». London, 2. Februar. Ein heftiger Kampf zwischen Hindus und Mohammedanern, bei dem ein indi scher Offizier bei lebendigem Leibe ver brannt und zahlreiche Personen getötet und verwundet wurden, hat sich in einem kleinen Dorfe in der Nähe von Rawalpindi zugetragen. Die Mohammedaner waren von dem Lehrer zu Hilfe ge rufen worden, der durch die Hindus wegen Genusses von Rindfleisch angegriffen worden war. Eie fielen in einer Stärke von mehreren hundert Mann über das Dorf her, plünderten die Läden, setzten 15 Scheunen in Brand und trieben das Vieh in den Hindutempel. Es entspann sich ein heftiger Kampf, der erst durch Poli- zeiverstürkungen beigelegt werden konnte. Oie große Liebe. Roman von Emmt Lewald. 56! «Nachdruck verboten.! Wenn es doch vorüber wäre, dachte Erik Holger. Diese Trauerboten — diese letzten Zeugen. Zu ändern ist nichts mehr — eS ist über die Kraft. Und er sah verloren zu den Christians und Frederiks empor, die so selbstbewusst ans ihren breiten Goldrahmen glanzten, und rückte nervös an dem alten Gemässen der Wand und dem großen Stich des Domes von Röskilde Dann ging er mit unruhigen Schritten verzweifelt zwischen den schweigenden Frauen auf und ab Furcht bar! Sein Land hatte verspielt. Wie er es Hatzte, dies deutsche Heer! Und Karen war so seltsam Sie sprach überhaupt nicht mehr, seit die Todesnachricht gekommen war Sie übertreibt, wie alle Frauen im ersten Schmerz, dachte Erik Holger. Sie hatte ja gar nicht zu den Müttern gehört, die so ganz eng und dicht im Leben ihrer Kinder standen. Mit triumphierendem Gefühl hatte er es doch oft genug empfunden, daß erst er, der Gatte, kam — und dann diese Kinder, die ja auch untereinander so nahe ver bunden waren, daß sie kaum einen dritten in ihrem Herzen brauchten — diese Kinder, die einzigen unvertilg-baren Zeugen jenes vergangenen Jahrzehntes, das solch plötz liches End- nahm! Warum hatten sie keine eigenen Kinder, Karen und er? Warum war das Schicksal so tückisch? Oh, man hätte dann alles so ganz anders arrangieren können. Mit sehr viel Geld wird man ja der meisten Schwierigkeiten Herr Man hätte dann diese Kinder erster Ehe noch aus schließlicher auf dem Lande leben lassen können. Sie wollten ja nichts anderes als das. Sie waren ja stets am zufriedensten in dem weißen Schloß Sörelund zwischen den berühmten Baumaüceu über dem See, der alle Herr lichkeiten blendend und getreu widerspiegelte. Er war durchaus dafür, daß man sie nach ihrem Ge schmack leben ließ, der ja so ganz seinen Wünschen ent sprach. Er wollte ja diese Kinder gar nicht — er wollte die Mutter nur Mochten sie Familiensimpelei betreiben «it der armen Verwandtschaft von der Insel Möen, den vier Holgers, die ebensowenig Geld hatten, wie er — Erik Holger — ohne seine Heirat gehabt haben würde. Sie hatten ja so sonderbare, fast spartanische Ideale! Man hatte sie förmlich mit Gewalt in das Getriebe der Ha..,-,tadt und des Hofes bringen, sie mühsam zurecbt- stutzen müssen, um die großen Partien auch wirklich zu reptäjentieren, die sie tatsächlich waren. Lernen und Les und Sonntagsschulen gründen für Dorfkinder, das waren so dieses schönen Mädchens von ihm unbcgriffene Ideale! Und nun standen sie und warteten aus ihn. Un dann dieser ewige junge Theologe, an dem sie so merkwürdig hingen! Wie verzweifelt waren sie gewesen als man ihn fortschicken mußte, weil es bei all dem Deutschenhatz ringsum einfach nicht mehr ging! Selbst Karen hatte das zuletzt eingesehen; so wertvoll er auch geschäftlich für sie gewesen war. Run kämpfte dieser Doktor Gärtner auf der anderen Seite wie sein geliebter Zögling, jeder für seine Heimat. Das waren so die Konstellationen, die sich ergaben, wenn man deutsche Hauslehrer überhaupt geduldet hatte. Er sah zu seiner Stieftochter hinüber. Niemals ahnte er, was in ihr vorging. Sie war schweigsam, höflich, in nichts zu radeln. Sie war seltsam kalt gegen alle Be werber. Hohe Stellungen imponierten ihr nicht. Wer dem Stiefvater wünschenswert erschien, den lehnte sie kalt lächelnd ab. Sie war schon vierundzwanzig Jahre, sie schien einen geheimen Plan zu haben, gewiß eine ganz miserable Partie! Sie war undurchdringlich Er machte Aufsehen, wenn er mit den beiden schlanke« blonden Frauen in eine Gesellschaft kam Und das war es, was Erik Holger am stärksten genoß. Nur wenn der Stiefsohn dabei war, dem die dänische Uniform so glänzend stand, der so viele Blicke aus sich zog, wie gerade die Abwehren den, Gleichgültigen es so besonders tun, dann war seine Stimmung dabin Immer waren diese Kinder wie die Gegenpartei Wie Verschworene irgendwie Der bittere Tropfen in seinem Becher Un. nun war die Schwester allein. Der grausam Schlag hatte sie getroffen — sie jammerte nicht und klagte nicht Wie mir erloschenen Augen war sie auf ihr Zimmer gegangen als die Nachricht kam. und nun lehnte sie schwei gend am Fenster und starrte auf des Öresundes graublaue Linie Es war, als sei alles um sie versunken, als wisse sie von nichts als ihrem Schmerz. Und mit einem Male trat ein sehr blasser junger Offizier über die Schwelle, den Arm in der Binde, „der arme Holger", mit den feinen, schmalen Zügen des kaum Genesenden. Und die beiden Frauen gingen auf ihn zu Und mit dem halben Schuldbewußtsein des Überlebenden, den der Zufall verschonte, stand er da und sagte all die armen Worte, die unzureichenden die aber dennoch wohlzntun vermögen, weil es ja doch zureichende nicht gibt. Das junge Mädchen war wie aufgeschreckt ans ihre« schweren Schweigen. Sie war wie eine andere, seit der Frennd erschien, so, als habe sie ganz vergesse», daß da noch Menschen im Zimmer waren. Und ste drä»g<e den mühsam Schreitenden zum Lehnstuhl am Kamin. Sie nahm seine beiden Hände in ihre warm« Rechte und beugte sich dicht über ryn wie über eine« nahim Berirauten. tKortsehim« folgt-