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Am Ausguck. Der Protest des Großfürsten. Großfürst Nikolai Michailowiisch, der Präsi dent der Kaiserlich russischen historischen Gesell schaft, hat an den spanischen Botschafter in Petersburg einen Brief gerichtet, in dem er sich bitter darüber beschwert, daß er im Gothaschen Almanach von 1916 noch immer als Ehrendoktor der Berliner Universität bezeichnet wird, obgleich er bereits bei Beginn der Feindseligkeiten das Diplom zurückgeschickt habe. Diesmal will er sich auch noch seiner deutschen Orden entledigen, die er nie mehr trage, weil sie ihn zu sehr an die „von deutschen Chefs begangenen Untaten* erinnern. In einer Schachtel fügt er die Dekorationen von Baden, Bulgarien, Hessen- Darmstadt, Mecklenburg usw. bei. Blaustift-Schmuggel. In St. Calude»sur - Bicnne stehen nach Schweizer Berichten augenblicklich elf Personen vor Gericht unter der Anklage, verbotenen Handel mit Deutschland getrieben zu haben. Die An klage stützt sich darauf, daß eine Zollbehörde im Jura in einem augenscheinlich mit Äpfeln be ladenen Wagen 9200 Kilogramm Blaustifte ent deckt hat. Der als Sachverständiger vernom mene französische Bleistiftfabrikant Gilbert stellte fest, daß die Blaustifte nur in Deutschland her gestellt worden sein können. Das ,Echo de Paris' schließt daran die betrübende Mitteilung, daß Frankreich bis vor dem Kriege vollkommen abhängig von der deutschen Bleististindustrie war, da man nur vier Fabriken mit 600 Arbeitern zählte, während allein in Nürnberg 15 Fabriken zehntausend Arbeiter beschäftigen. Infolge der langen Dauer des Krieges sind insbesondere Blaustifte in Frankreich sehr selten geworden und außerordentlich teuer, so daß der Schmuggel, wenn er geglückt wäre, sehr viel Geld eingebracht hätte. * Kamele als Pferdeersatz. Nicht nur bei uns, auch bei unseren Feinden stellt der Krieg Anforderungen, die auf mancherlei Gebieten einen neuartigen Ersatz notwendig machen. So berichten französische Blätter, daß man in Rußland an Stelle der eingezogeneu Pferde Kamele heimisch zu machen sucht. Schon heute werden in vielen Teilen Rußlands die Äcker mit Kamelen bestellt, und auch in Frank reich taucht der Vorschlag auf, dieses Beispiel nachzuahmen. Bei dieser Gelegenheit läßt der ,Gaulois' sich zu einer Äußerung hinreiben, die den farbigen Hilfsvölkern der Franzosen nicht gerade sehr schmeichelhaft erscheinen dürste. Das Blatt schreibt nämlich voll beneidenswerter Naivität: „Wir haben bereits Südseeinsulaner, Kabylen, Marokkaner, die sür uns kämpfen oder arbeiten — warum sollten wir nicht auch Kamele verwenden? . . ." Japans Undank gegen Deutschland. Die ,Deutsche Medizinische Wochenschrift' gibt den Auszug aus einem Artikel wieder, den Professor Hata, bekanntlich ein Mitarbeiter Geheimrat Ehrlichs, unter dem Titel „Japans Undank an Deutschland" in einer der größten japanischen Zeitungen (Mainichi') vor einiger Zeit veröffentlicht hat. „Das japanische Volk muß sich bewußt werden, daß Japan schnöde an Deutschland gehandelt hat. Der gebildete Japaner sieht dies auch ein und ihn muß das Schamgefühl ersticken, wenn er der Wohltaten gedenkt, die Japan von Deutschland empfangen hat. Japan hat seinen Wohltäter verraten, nach Begriffen japanischer Moral ein schweres Verbrechen. Der Einfluß Deutschlands wirkt in Japan lebendig fort. Wo wir auch Hinsehen, sehen wir in unserem Lande das fruchtbare Weiterwirken des ersten Kulturvolkes der Erde, der Deutschen. -Und gegen dieses Volk tragen wir noch die Waffen?" V oLksvpirtfckaMickes. RcichSgummisammlung des NotenKreuzeS. Einer Anregung von amtlicher Seite folgend, hat das Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz die ihm angeschlofsenen Landesvereine aufgefordert, in allen Teilen des Deutschen Reiches Gummisammlungen zu veranstalten, um vor allem an die kleinen Gummimengen heranzukommen, wie sie in jedem Haushalt vorhanden sind. Binnen kurzem werden also die Vereine vom Roten Kreuz, soweit das noch nicht geschehen ist, an die Bevölke rung herantreten mit der Bitte, Altgummi und Gummiabsälle abzuliefern. Die Ablieferung erfolgt unentgeltlich, jedoch erhält, wer Werte von 50 Pf. spendet, zur Erinnerung eine eiserne Gedenkmünze. Die Vereine verkaufen die gesammelten Mengen an dis amtlich gestellten Auskäufer zu den Höchstpreisen. Der Gesamtertrag wird den Zwecken des Roten Kreuzes, namentlich der Fürsorge für die ver wundeten, erkrankten und kricgsbeschädigten Heercs- angchörigen zugesührt. Von unä fern. Ausstellung für Soziale Fürsorge in Brüssel. Zum Besuche der Ausstellung sür Soziale Fürsorge in Brüssel sind Mitglieder mit Einführung des Sommerfahrplans der Eisenbahn erfolge. Zum Schluß spricht sich die Handelskammer gegen eine Vorverlegung der Stunden im Winter aus. Schulgeldfreiheit für Kinder gefallener Krieger. Der Rat der Stadt Meerane i. Sa. beschloß, den Kindern gefallener Kriegsteilnehmer sür die Dauer des Besuchs der Volksschulen Schulgeldfreiheit zu gewähren. Pestverseuchte englische Häfen. Die dänische Regierung hat angeordnet, daß die aus Hull kommenden Dampfer infolge verschiedener Pestfälle, die sich in dem englischen Hafen er eignet haben, angehalten werden. Besonders werden dadurch die wöchentlich aus Hull ab fahrenden Dampfer betroffen, die den Export- Verkehr zwischen Dänemark und England regeln. Sowohl die Mannschaft soll beobachtet, wie da rauf geachtet werden, daß die Krankheit nicht durch Schiffsratten übertragen wird. Gesamtansicht vor; Hutrakan. Die deutsch-bulgarische Offensive in der Dobrudscha hat mit einem schönen Erfolg begonnen, indem cs den verbündeten Truppen gelang, nach dreitägigem siegreichen Kampfe die starke rumänische Brückenkopf- defestigung von Tutrakan zu erobern. Die rumä nische Armee ist von einem schweren Schlag getroffen worden, der nicht zum mindesten wegen der geringen Entfernung von der Hauptstadt eine nicdcrdrückcnde Wirkung auf die Bevölkerung ausüben dürste, die jetzt wahrscheinlich erkennt, daß der begonnene Kampf etwas ganz anderes ist, als der einträgliche mili tärische Spaziergang im Jahre 1913. Tutrakan, eine Stadt von etwa 8000 Einwohnern, liegt an der Donau, der Mündung des- Arschis gegenüber, und besitzt ein Kloster. Die Bevölkerung besieht aus Bulgaren, Rumänen und Türken. Der Eindruck des Falles von Tutrakan wird noch verstärkt durch die Eroberung von Silistria. Damit ist das 1913 von Rumänien geraubte Gebiet wieder im Besitze der Bulgaren. des Reichsausschusses für die Kriegsbeschädigten fürsorge, darunter zahlreiche Vertreter von Ministerien der Bundesstaaten, an ihrer Spitze mehrere Minister des Innern, Angehörige der WoOishltsschuIe aus Köln und der Note-Kreuz- Dienst aus Herbesthal eingctroffen. Die Gäste besichtigten die Ausstellung und nahmen den Vortrag des Oberbürgermeisters Geib über die Organisation der Kriegsbeschädigtenfürsorge ent gegen. Ersparnisse durch die Sommerzeit! Eine ganz außerordentlich günstige Wirkung hat die Einführung der Sommerzeit auf den Verbrauch von Gas und Elektrizität für die öffentliche Be leuchtung in Dresden gehabt. Nach dein Be richt für Monat Mai, den ersten Monat unter der Sommerzeit, ist der Verbrauch an GaS für die öffentliche Beleuchtung um fast 50 000 Raum meter zurückgegangen. Die Dresdener Handels kammer hat sich auf Anfrage des sächsischen Ministeriums des Innern für Einführung der dauernden Sommerzeit auch in kommenden Jahren ausgesprochen, jedoch schon vom 1. April an, da gerade im April durch bessere Aus nutzung des Tageslichts eine ganz besondere Ersparnis an Leuchtmitteln erzielt werden könne und auch der Übergang zur Sommerzeit sich leichter vollziehen werde, wenn er gleichzeitig Heftiger Ausbruch des Aetna. Fran zösische Blätter melden aus Nom außerordentlich heftige Ausbrüche des Aetna. Der Hauptkrater sei eingestürzt. In der italienischen Presse schweigt man natürlich aus begeiflichen Gründen. Das russische Alkoholverbot. Trotz des wiederholt bekannt gegebenen Alkoholverbotes werden während der großen russischen Messe in Nischnij-Nowgorod alkoholische Getränke fast ebenso offen getrunken wie vor dem Verbot. Nur kostet eine Flasche Sekt 50, eine Flasche Kognak 80 Rubel. Zeichnet die fünfte Kriegsanleihe! Grodnoer Sprudel. In Grodno wurde vor einiger Zeit von deutschen Händen nahe dem Memelstrom eine starke Quelle erbohrt, die sich als Heilquelle erwiesen hat. Sie liegt 40 Meter tief im Boden, hat eine Temperatur von 8 Grad, steigt 4 Meter über die Erdoberfläche in die Höhe und liefert ein Stahlwasser, das in der Zusammensetzung dem der Schwalbacher Heil quelle ähnelt. Wie verlautet, ist zu hoffen, daß sich in der Quelle radiumhaltige Wässer finden. Das neue Kur- und Tafelwasser wird den Namen „Grodnoer Sprudel" erhalten. Schon in diesen Tagen wird es in Grobno zum Ver kauf gelangen. Ein Gedicht des Sultans. Die türki schen Blätter veröffentlichen ein vom Sultan verfaßtes Gasei, das dem Vizegeneralissimus Enver Pascha gewidmet ist und die Heldentaten der türkischen Truppen an den Dardanellen ver herrlicht. In diesem Gedicht heißt es, daß die türkischen Soldaten mit göttlichem Beistand die ungestümen Angriffe der zwei größten Feinde des Islams zurückschlugen, die in das Herz des Islams dringen wollten, aber schließlich, ihre Schwäche erkennend, fliehen mußten. Die hand schriftliche Nachbildung der von der Hand des Sultans geschriebenen Verse wird als Nachtrag zum amtlichen Bildwerk über den Krieg er scheinen. Die Blätter heben bei dieser Gelegen heit hervor, daß der Sultan auf diese Weise die literarischen Überlieferungen seiner Vorfahren fortsetze, von denen mehrere bedeutende Dichter gewesen seien. svvvoo streikende Eisenbahner in New Uork. Der New Iorker Korrespondent ^Ler .Daily News' meldet, daß sich an dem . Eisenbahnerausstand in New Jork bis jetzt LOO 000 Mann beteiligen. 150 Meilen des Eisenbahnnetzes sind schon durch den Streik außer Betrieb gesetzt. GerickiskaUe. Halle a. S. Einem Ehepaar in dem nahe gelegenen Raßnitz waren zwei Gänse gestohlen worden. Der Verdacht fiel auf den Schmiedemeister Schiccke, doch erklärte dieser, er habe seine Gänse geschlachtet und ihm könnten daher keine zulauscn. Am zweuen Weihnachtsfeiertage speiste der 14jährige Sohn Schieckcs bei Bekannten, denen er erklärte: „Bei uns gibt es heute auch was Feines zu essen. Wir haben Gänsebraten." Als ihm erklärt wurde: „Na, ihr habt doch gar keine Gänse mehr," er widerte der Junge treuherzig: „Das ist von den gestohlenen Gänsen. L.s haben uns auch mal was gestohlen." — Wegen Diebstahls der Gänse wurde der Schmiedemcistcr Sch. trotz seines Leugnens zu einer Woche Gefängnis verurteilt. Vermischtes. Aus dem Munde eines Gegners. Der japanische General Fukuda, der an der Spitze der japanischen Militärkommission augenblicklich in Stockholm weilt, erklärte einem Mitarbeiter von,Svenska Dagbladet', daß er persönlich und als Offizier nicht anders könne, als die Tapfer keit der deutschen und österreichisch-ungarischen Soldaten und die Standhaftigkeit dieser Nationen zu bewundern. Der jüngste Kriegsberichterstatter der Gegenwart. Der jüngste aller Berichterstatter des Weltkrieges ist der 13 jährige Robert Veditz, der Sohn des Handelsattaches der amerikani schen Gesandtschaft in Paris. Wie die Pariser Blätter melden, wurde der kleine Amerikaner von den amerikanischen Jugendzeitschriften ,Boy' und »American Boy' beauftragt, ihnen regel mäßige Berichte über den Weltkrieg zu senden. Hierzu wird bemerkt, daß der kleine Veditz in der amerikanischen Jugendwehr die „Stellung" eines Unteroffiziers einnimmt, was ihn an scheinend besonders zur Kriegsberichterstattung befähigen soll. Er hat durch Vermittlung der französischen Negierung allen Formationen der französischen Jugendwehr Besuche abgestattet und wurde auch in den Lazaretten und den Kriegs werkstätten ganz wie ein „Großer" militärisch empfangen. Die Franzosen sind natürlich be geistert in ihrem Lande den jüngsten aller Kriegsberichterstatter zu haben, und zeichneten ihn bereits durch vier Kriegsmedaillen aus . . . Der Tod im dunkeln London. Die Verdunkelung Londons, die aus Angst vor den Zeppelinangriffen jetzt noch sehr erhöht werden wird, hat bereits zahlreiche Opfer gefordert, und die Unglücksfälle häufen sich, bei denen Leute des Nachts in den völlig lichtlosen Straßen Londons von Gefährten überfahren werden oder fehltreten und sich die Beine brechen. Bei einer der letzten Verhandlungen über einen derartigen Todesfall erklärten die Polizeibeamten, es sei eben ein gefährliches Beginnen, wenn man sich jetzt nächtlicherweile auf die Straßen wage, und allen Vorsichtigen sei dringend davon abzu Lisher nur durch ein Neigen des Hauptes be teiligt hatte. „Es ist ein seltener Anblick, der sich mir so unvermutet bietet. Die junge Herrin der Wald burg ohne ihr Gefolge von treuen Vasallen," sagte er mit einem leisen Anflug von Ironie. Wie er erwartet hatte, belebte sich Renates Gesicht. Ihre Lippen zuckten und die Augen flammten auf. „So selten ist der Anblick keineswegs, Herr Baron. Ich pflege fast jeden Morgen allein aus zureiten." Er verneigte sich artig. „Jedenfalls wird er mir das erste Mal zn- teil. So oft ich Ihnen sonst begegnete, waren Sie von einer Schar von Verehrern umgeben." Sie zuckte die Achseln. Der herbe Zug, den er m letzter Zeit so oft mit Interesse bei ihr be obachtet hatte, erschien um ihren Mund. „Wahrlich nicht immer meinen Wünschen ent sprechend, sagte sie kalt. Er lächelte wie im Zweifel. Ihr Wesen reizte ihn jetzt immer. Er hatte kein Wort ver gessen von der damals erlauschten Unterhaltung. Und ein unbewußter Drang war in ihm, sie zu zwingen, sich zu zeigen, wie sie wirklich war. „Jedenfalls ist doch wenigstens einer da runter, dessen Begleitung Ihnen immer angenehm sein dürste. Ich meine den, der eines Tages mit der kleinen Hand beglückt wird, die Wotans Zügel führt." Sie fühlte, wie ihr unter seinem Blick das Blut in die Wangen stieg, und lächelte verächtlich. „Vielleicht irren Sie sich doch, Herr Baron. Ich habe nämjsich die Absicht, ledig zu bleiben." Er sah sie seltsam an und lächelte. „Das glaube ich nicht." Sie richtete sich jäh und stolz im Sattel empor. „Sie dürfen es ruhig glauben. Ich hasse und verabscheue sie alle, diese Männer." Und in ein verbissenes Weh ausbrechend, fuhr sie leidenschaftlich fort: „Was wollen sie denn alle von mir, diese Vasallen nnd Verehrer, wie Sie sie nennen? Mein Geld, wenn es hoch kommt, meine Schönheit. Was wissen sie sonst von mir? Nichts — denn ich habe noch keinem gezeigt, was ich bin." Er hatte sich an einen Baumstamm gelehnt und sah forschend in ihr schönes, herbes Gesicht. Sein Blick brachte sie zur Besinnung. Sie schloß mit jähem Schreck die Lippen und sah mit düsteren Augen in das dunkle Grün der Buchen. Letzingen wandte den Blick nicht von ihr. Etwas in ihrem Gesicht griff ihm ans Herz. Und plötzlich war es ihm, als hörte er sie sprechen: Wenn ich einen lieben könnte, der müßte wie von Stahl sein. Aufrecht und un beugsam müßte er meinen Willen unterjochen. Es kam ihm zum Bewußtsein, wie oft er seit jener Stunde, da er diese Worte von ihr hörte, daran harte denken müssen. Und zugleich er wachte ein unklarer Wunsch in ihm, ein Ver langen, dies schöne, herbe Geschöpf zur Weich heit und Hingabe zu zwingen. Langsam trat er näher, seine Augen groß rind fest auf sie richtend. Und als ob der Blick Gewalt über sie hätte, so wandle sie ihm ihre Augen wieder zu. „Aber mich haben Sie jetzt einen Blick in Ihr Wesen tun lassen, der mir viel verrät. Ich habe scharfe Augen. Und beinahe könnte mich das, was ich sah, reizen, mich Ihren Bewerbern anzuschließen." Sie zuckte leise zusammen. Noch vor kurzem hätte sie bei seinen Worten triumphiert und ver sucht, ihn gleich den andern mit ihren Ko ketterien zu verwirren. Das wäre ja eine Ge legenheit, ihn zu demütigen, wie sie sich immer gewünscht hatte. Aber jetzt lag es wie ein Bann auf ihrer Seele. Wie gelähmt fühlte sie sich unter seinem Blick. Sie wehrte sich und suchte diesen Bann mit Gewalt abzuschütteln. Spöttisch und hart lachte sie auf. Aber ihre Lippen zuckten. Wie im verhaltenen Weh preßten sie sich aufeinander und der herbe Ausdruck vertiefte sich etwas. Noch einmal lachte sie spöttisch auf. „Die Mühe können Sie sich ersparen, Daron Letzingen. Sie ist umsonst," sagte sie höhnisch. Er hatte sie unverwandt betrachtet. Nun trat er ganz dicht an das Pferd heran und ließ langsam seine schmale rassige Hand über die Mähne gleiten. Dabei trat ein stählerner Glanz in seine Augen. „Vielleicht doch nicht," erwiderte er langsam. Etwas in diesen Worten jagte ihr stürmisch das Blut zum Herzen, aber sie warf stolz den Kopf zurück. „Es gibt kein „vielleicht" in diesem Punkte," sagte sie schroff. Er änderte seine Haltung nicht. Nur sein Blick saugte sich gleichsam seft an dem schönen eigenwilligen Frauenantlitz. Seine sonst so kalten Augen leuchteten auf und bekamen einen Ausdruck, daß Renate ein Schauer über den Kopf flog. „Was ich will — setze ich durch," sagte er halblaut. Eine eiserne Energie lag in diele» halblauten Worten. Sie erbebte leise. Ihr war zumute, alS schwebe sie einen Moment haltlos in der Luft. Bleich wurde ihr Gesicht, und der Atem kam ihr schwer aus der Brust. Und doch durchzuckte sie zugleich ein Gefühl jäher heißer Wonne. Aber nur einen Moment — dann wehrte sie sich wild gegen diese Empfindung. Wie eine lähmende Angst kam es über sie und klar empfand sie nur eins: Daß er sie demütigen wollte mit seiner Überlegenheit. Der Wunsch, ihm das heimzuzahlen, brannte in ihr. Sie zwang sich zu einem heiseren, spöttischen Lachen. „Ei — wie stolz das klingt. Nur schade, daß Ihre Worte einige Zweifel in mir erwecken. Sie mögen ein sehr willensstarker Mann sein, Herr Baron — aber auch ich kann sehr kräftig „wollen", das glauben Sie mir." „Sie werden willenlos sein wie andere Frauen, wenn Sie lieben," sagte er ruhig, als konstatiere er eine unumstößliche Tatsache. Sie funkelte ihn zornig an mit ihren großen, dunklen Augen. „Wenn ich liebe! — Ich werde aber nicht lieben. Jedenfalls ist mir der Mann, den ich lieben könnte, bisher noch nicht begegnet. Wahr scheinlich existiert er nicht. Ich bin viel zu kalt und herzlos, um Liebe empfinden zu können." — Sw, (Fortsetzung folgt.)