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Ottendorfer Zeitung : 05.07.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191607055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160705
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160705
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-07
- Tag 1916-07-05
-
Monat
1916-07
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 05.07.1916
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Me lange dauert äer Krieg? Immer häufiger hört man in den krieg führenden Ländern, wie auch bei den Neutralen diese Frage. Wenn man nach den Äußerungen der Staatsmänner des Vierverbandes gehen darf, kann sie indes in absehbarer Zeit noch nicht beantwortet werden. Und besonders in Frankreich, wo man am ungeduldigsten auf das Ende des fürchterlichen Ringens wartet, geben sich die leitenden Männer den Anschein, als könne die Frage nach dem Frieden noch immer nicht erörtert werden. So schreibt der,Temps^, wahrscheinlich auf Grund der Angaben leitender Personen: „Auf dem gewaltigen Kampffeld drei Brenn punkte : Verdun, Trentino und Galizien. Man muß gestehen, daß das wenig ist und daß die enge Lokalisation der Anstrengungen die mög lichen Erfolge auf beiden Seiten beschränkt. So stehen die Ereignisse in strenger und kühler Größe vor unseren Augen. Was uns an die Kehle greift und die Herzen beklemmt, das ist das Opfer an Kämpfern. Aber dieses Opfer kann nicht genügen: die entscheidende Partei sich in den Fabriken ab. Noch ist die versuchte Erziehung der Geister sucht beendigt und man stößt immer noch auf Widerstand, wenn man sagt, daß der gegen wärtige Dauer-, Koalitions- und Materialkrieg so gut und mehr ein Krieg der Regierungen wie der Armeen ist . . . Die Schlachten des Sommers 1916 können, wenn sie gut geführt werden, nützlich sein. Aber die Entscheidung können sie nicht bringen; denn es gibt unreine entscheidende Schlacht: diejenige, welche die Streitkräfte des Gegners vernichtet. Die Deut schen ersetzen ihre immer mehr schwindenden Bestände durch den Überfluß an Material. Wir werden aus der Überlegenheit unserer Zahl erst dann den entsprechenden Nutzen ziehen, wenn wir sie mit einem Material aus gerüstet haben werden, das dem deutschen gleich kommt . . . Das große Problem des Sieges ist ein Problem der Produktion ... Es ist angenehmer zu sagen, daß man an den bevor stehenden Sieg glaube; aber es ist sittlicher, die Gründe zu bekennen, aus denen man den Sieg erst in der Ferne sieht. Man muß es wiederholen, weil es die Wahrheit ist, daß die gegenwärtige intensive Bewegung auf den ver schiedene». Kriegsschauplätzen nur eine vorbe reitende Bewegung darstellen. Sobald unsere Fabrikation unsern Truppen das erforderliche Material gesichert hat, wird es sich nicht mehr um die Verteidigung Verduns oder die Er oberung von Czernowitz handeln, sondern dann kommt die große Endschlacht von Dünkirchen bis Bagdad." Die Leute im ,Temps' sind wohl kaum so naiv, daß sie annehmen könnten, die Deutschen würden die von ihnen eroberten feindlichen Ge biete, die sehr wertvolle Faustpfänder darstellen, vor dem Eintritt in Friedenserörterungen räumen. Ihre törichten Bemerkungen zielen daher wohl nur auf die politisch wenig urteilsfähige Masse, um ihr beizubriugen, der deutsche angebliche Übermut sei das andauernde Friedenshindernis. Bei der übermäßig entwickelten französischen Eitelkeit ist es kein Wunder, wenn die Schicht der Franzosen, die sich durch solche Albernheiten blenden läßt, weit bis in die besser gebildeten Kreise hineinreicht. Lächerlich ist auch die Bemerkung, es handele sich nicht um eine systematische Vernichtung der „Freiheit" Deutschlands oder eine Zerstörung seines wirtschaftlichen Lebens. Die Pläne, die in den Wirtschaftskonferenzen des Vierverbandes über die Fortführung eines Wirtschaftskrieges gegen Deutschland nach dem Kriege geschmiedet werden, und die gistgetränkten Ausbrüche fana tischer Wut im Gefühle eigener Ohnmacht in der Presse lassen genugsam erkennen, was die Mächte des Cinkreisungs- und Raubkriegbundes im Schilde führen. Jedenfalls wäre es mit der „Freiheit" wie mit dem „Wohlstände" Deutsch lands zum wenigsten für Jahrzehnte vorbei, wenn es auf die „Gnade" dieser Art Vor kämpfer für „Zivilisation" angewiesen wäre. Was einen sogenannten „dauerhaften Frie den", von dem der,Temps' spricht, betrifft, so bleibt der unmöglich, so lange in Frankreich die Gedanken der Naubkriegspolitik Ludwig XIV. noch lebendig sind. verschiedene Uriegsnachrichten. Hoffnungen und Befürchtungen. Ganz Frankreich befindet sich in einem saft fieberhaften Zustand der Erwartung. Man spricht in der Kammer, auf der Straße, im Theater nur noch von der kommenden engli sch e n O f f e n s i v e. Die Mitglieder des Par laments, die mit Briand nach seiner Rückkehr aus dem englischenHauptquartiersprechen konnten, gaben ihren Kollegen Aufschluß über die angeb lich gewaltigen Mittel, über die General Haigh verfügt, überall habe man das Bewußtsein, daß es sich um sehr bedeutende Ereignisse handele. Die gegenwärtige Tätigkeit sei nur der Anfang, doch müsse man mit Geduld die so sehnsüchtig erlvarteten Operationen abwarten. Die Blätter mahnen indessen das Publikum zu einer den Tatsachen ent sprechenden nüchternen Auffassung der Dinge und raten, sich durch die allzu hoffnungs freudige Anschauung gewisser Blätter nicht über die Schwierigkeiten der Lage täuschen zu lassen. — Der Ton der Blätter bezüglich Verduns hat sich nach der Geheimsitzung der Kammer voll ständig geändert. Heute bewundert man die musterhafte deutsche Taktik, die es verstanden hat, langsam, aber sicher die französischen Armeen abzuknappern, und sie veranlaßt hat, an den deutschen lebenden Mauern sich aufzubrauchen. Ja, unumwunden erklärt man: „Die Deutschen wollen uns bei Verdun die Entschei - dungsschlacht liefern, sie wollen hier die französischen Armeen sich verbrauchen lassen, da sie sie sür den Nerv der allgemeinen Offen sive, ebenso wie das gesamte Frankreich für die sittliche Macht des ganzen Vierverbandes halten." — Das klingt viel weniger zuversichtlich, als bisher. * Eintreffe,» eines Araberheeres in Toulon. Die spanische Zeitung ,Vanguardia' meldet von der französischen Grenze das Eintreffen eines starken Heeres, bestehend aus Arabern, in Toulon. Es soll sich um 200 000 Mann (?) handeln, dis in Tunis, Algier und Marokko seit dem Monat März ausgebildet wurden. * Entsendung eines italienischen Hilfskorps nach Frankreich? Die ,Basler Nachrichten^ melden aus Mai land, daß General Cadorna jetzt in die Ent sendung eines Hilfskorps nach Frankreich ein- gewilligt hat. Brussilowsche Art. Zum russischen Durchbruchsversuch im Raume von Luck meldet die,Köln. Ztg/: Dort ar beiteten in 36 stündigem Trommelfeuer etwa 4000 Geschütze. Die neue Brussilowsche Art, in das Trommerfeuer die eigene vor gegangene Infanterie einzubeziehen, um einen toten Raum zu erzwingen, wurde wiederholt. Masse auf Masse wurde in des Wortes grausamster Bedeutung vorgetrieben. Ganze Bataillone krochen mit weißen Tüchern und aufgehobenen Händen an die deutschen Gräben heran und schrien den Deutschen zu, daß sie sich ergeben wollten. Das entsetzliche Ringen hatte zum ersten Male in diesem Welt kriege nicht mehr den Charakter einer modernen Schlacht. * Nufflands hoher Blutzoll. Die Hasler Nachrichten^ melden aus Peters burg: Die Misstärkriliker der führenden Zeitungen betonen wie auf ein gegebenes Zeichen, daß die russischen Offiziere durch die Bravour, mit der sie die Truppen zum Kampf führten, einen äußerst hohen Blutzoll zahlten, 70 Regimenter haben 50 bis 70 "/o ihres Osfi- ziersständes verloren, 8 Regimenter büßten sämt liche Offiziere ein. Im ,Rußkoje Slowo' wird zum erstenmal von einer Offizierskrise gesprochen. Die Studenten der Jahrgänge 1899 und 1898 sind als Offiziersschüler durch einen Erlaß des Zaren aufgefordert worden. * Was tut die Saloniki-Armee? Der ,TempS' äußert wiederum seine Unge duld über die Untätigkeit Sarrails. Er schreibt: Es ist bedauerlich, daß die Saloniki-Armee noch nichts geleistet hat. Vermutlich werden die Operationen nur aufgeschoben, denn die gegenwärtige Untätigkeit von mehreren Hunderttausend Mann läßt sich nur durch ein baldiges Vorgehen rechtfertigen. Oie neuen Habakabgaben. Vom 1. Juli ab treten die neuen Tabak abgaben in Kraft und für die seit dem 16. Mai des Jahres verzollten oder versteuerten Tabak blätter hat eine Nachverzollung oder Nach versteuerung stattzusinden zum Ausgleich des Unterschiedes zwischen den gegenwärtigen und den neuen Gewichtszöllen. Unter dem Einfluß der infolge des Krieges eingetretenen außer ordentlichen Verteuerung des Tabaks, die noch nicht zum Stillstand gekommen ist, waren bereits die Preise der Tabakerzeugnisse sehr er heblich gestiegen. Inzwischen ist den Arbeitern des Tabak gewerbes eine Lohnerhöhung von 25°/o unter Einrechnung der während des Krieges bereits gewährten Teuerungszulagen zugestanden, wo durch naturgemäß eine weitere Verteuerung der Erzeugung eingetreten ist. Und nun tritt dazu der erhöhte Gewichtszoll. Die Folge dieser verschiedenen, die Fabrika tion verteuernden Ursachen wird ein Preisauf schlag auf Zigarren von durchschnittlich min destens 50 °/o sein. Aber auch dieser Aufschlag wird nur so lange ausreichen, als noch ältere, billigere Rohtabake verarbeitet werden. Sobald ausschließlich Tabake zu den hohen Kriegs preisen und mit der neuen Belastung zur Ver arbeitung gelangen, wird der Preisaufschlag sich noch weiter erhöhen. Dabei werden die untersten Preislagen die stärkste Steigerung erfahren. Gegenwärtig wird es noch möglich sein, im Kleinhandel eine Zigarre sür 10 Pf. zu be ziehen, in absehbarer Zeit dürfte aber die 12-Pf.-Zigarre die unterste Preislage bilden. Die bisherige 10-Pf.-Zigarre kostet gegenwärtig noch 15 Pf., ihr Preis wird aber demnächst noch weiter steigen. über die Gestaltung der Kleinhandelspreise sür Zigaretten ist zwischen Fabrikanten und Händlern noch keine Einigung erzielt, obwohl der Zeitpunkt für die Erhebung des neuen Kriegsaufschlages unmittelbar bevorsteht. Die Zigarettenindnstrie, die durch die eingeführte Kontingentierung nicht in der bisherigen Weise vom Kleinhandel abhängig ist, will dreiem Ver kaufspreise vorschreiben, die ausschließlich der gewährten Rabatte dem Händler einen Nutzen Von 14 bis 20 "/o lassen, während er früher einen solchen von 35 bis 40 °/o halte. Zu einer Einigung über die Verkaufspreise ist es, wie gesagt, noch nicht gekommen. Jedenfalls wird die bisherige 1-Pf.-Zigarelte ganz verschwinden und an ihre Stelle tritt als billigste Sorte die 2-Pf.-Zigarette. Politische Aunälckau. Deutschland. *Ju der bayerischen Kammer der Reichsräte wurde die Frage der direkten Steuern behandelt. Dabei führte dn Re ferent, Prof. v. Schanz, aus, daß es durchaus nicht angehe, daß das Reich in den Kreis der direkten Steuern eingreife, sowohl aus wirt schaftlichen wie auch aus hochpolitischen Gründen. Der föderative Charakter des Reiches verbiete dies. Denn verlören die Bundesstaaten ihre Steuerhoheit, dann seien sie keine Bundes staaten mehr, sondern Reichsprovinzen, und eine solche Entwicklung müsse verhütet werden. — Das Haus stimmte diesen Ausführungen zu und oahm entsprechende Entschließungen an. - England. * Der Jrensührer Casement wurde des Hochverrats für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Aus dem Prozeß ist nm wenig bekannt geworden. Aus Case ments Verteidigungsrede erfuhren wir, daß Casement angeklagt war, im Sold der Deutschen zu stehen, ein Vorwurf, den Casement mit den Worten zurückwies, daß er Deutschland ärmer verlassen Habs, als er es betreten habe. Der irische Aufruhr sei nicht von Deutschland ge schürt worden. In der Tat! Der irische Auf ruhr ist weder mit deutschem Geld, noch mit anderen deutschen Mitteln hervorgerufen oder geschürt worden. Er ist das alleinige Werk Englands. Wenn das Todesurteil über Case ment vollstreckt wird, so wird der Geist der Auf lehnung in Irland dafür um so lebendiger werden. Darum muß man einstweilen be zweifeln, daß die Engländer ihrem Haß gegen den treuen Sohn Irlands so weit die Züge» schießen lassen, daß sie nicht nur das Todes urteil über ihn aussprechen, sondern es auch vollstrecken lassen. Italien. * Die letzte Kammersitzung nahm einen sehr bewegten Verlauf. Die unabhän gigen Sozialisten erhoben schwere Anklage gegen das frühere Kabinett und ihr Redner Ferri sagte u. a. mit Bezug auf Salandras Angriffe auf die italienischen Generale im Trenlino: „Wer so von unseren Generalen spricht, sollte auch den Mut haben, sie beschießen zu lassen." Darauf erhob sich im ganzen Hause großer Lärm und die Sitzung wurde unter allgemeiner Unruhe geschlossen. Schweiz. * Die schweizerischen Bahnstationen haben den Auftrag erhalten, Frachtgüter, ausge nommen Lebensmittel, zur Beförderung nach Paris und Umgebung sowie zum Transit über die Pariser Verbindungsbahnen nicht mehr anzunehmen. Balkanstaaten. *Jm Hauptguarsser der bulgarischen Armee empfing der Generalissimus Schekow die deutschenNeichstagsabgeordneten. Abends kamen die Abgeordneten in dem in mitten gewaltiger Urwälder gelegenen Nilokloster an. Im Auftrage des Zaren begrüßte der Kronprinz die Gäste vor dem Kloster, und Erz- abt Eugen, umgeben von der gesamten Geistlich keit, empfing in großem Ornat die Abge ordneten mit einer Ansprache. Abgeordneter Pfeiffer antwortete, indem er auf die große Rolle, welche das Kloster in den bulgarischen FreiheitS- kämpsen spielte, bezugnahm. Sodann geleitete die Geistlichkeit die Gäste in feierlicher Prozession in die Kirche, wo ein Gottesdienst stattsand. Kriegsereignisse. 25. Juni. Französische Angriffe gegen die nach Eroberung der Feste Thiaumont und des Dorfes Fleury neu bezogenen Stellungen werden abgewiesen. — Die Heeresgruppe Lin- singen trägt den Angriff gegen die Russen Weiler vor. — Die Österreicher stürmen bei Holatyn - Grn. die Höhen nördlich der Lipa. Eines ihrer Unterseeboote versenkt in der Otranto-Straße den italienischen Hilfskreuzer „Cittä. di Messina" und den ihn begleitenden Zerstörer „Fourche". 26. Juni. Starke französische Angriffe rechts der Maas werden abgewiesen. Erfolgreich« Kämpfe der Armee Linsingen westlich Sokul und bei Zaturcy, die erste Stellung der Russen wird in Breite von drei Kilometern einge nommen. Die Front der Österreicher zwischen Brenta und Etsch wird, unbemerkt und u«» belästigt vom Feinde, stellenweise verkürzt. 27. Juni. Französische Angriffe westlich Thiau mont und südwestlich Vaux bleiben erfolglos. Südwestlich Sokul stürmen die Truppen der Armee Linsingen russische Linien und weisen feindliche Gegenangriffe ab. 28. Juni. Angriffe der Franzosen auf das Dorf Fleury werden unter ganz außerordentliche« Verlusten abgewiesen. Truppen der Armee Linsingen nehmen das Dorf Liniewka nnd die südlich des Dorfes liegenden russischen Stellungen. 29. Juni. Südöstlich von Ljubtscha, östlich, des Niemen, wird ein feindlicher Stützpunkt ge stürmt. Englische Vorstöße und Gasangriff« bleiben erfolglos. Eine lHge. tj Roman von Ludwig Rohmann. VorNitzung.) „Siehst du," rief Paul lebhaft, „dieselbe Empfindung, die ich Habel" Manders schüttelte den Kopf. „Der Konkurs ist aber doch da und Ihr Later selblt hat ihn angemeldet." „Allerdings," entgegnete Horst eifrig, „aber das ist kein Beweis gegen meine Behauptung. Ich finoe es begreiflich, daß er sein eigenes Vermögen an seine Aufgabe setzte; auch das gebe ich zu, daß er bis zu einem gewissen Grade sich über die Sachlage und über seine Kräfte hinwegtäuschte, aber wohlgemerkt — nur bis zu einem gewissen Grade, nie bis zu dem Über maß, daß er gedankenlos das Vermögen anderer in Mitleidenschaft gezogen hätte." „Aber der Konkurs," warf Manders wieder ein. „Jawohl, der Konkurs und selbst das Er schütternde seines Todes," rief Horst mit wach sendem Eifer, „die passen eben beide nicht zum Wesen unseres Vaters. Ich gestehe, daß ich für meine Behauptung im Augenblick nichts anderes anzuführen habe, als mein Gefühl; aber ich glaube doch mit aller Kraft daran, daß dieses Gefühl nicht trügt und Paul sagt ja, daß es ihm nicht anders ergeht. Wir stehen vor etwas Unfaßbarem, vielleicht vor einer Kette von Rät seln, zu denen ich den Schlüssel nicht finden kann — noch nicht. Aber so lange ich nicht durch unwiderlegliche Tatsachen gezwungen werde, zu glauben, daß mein Later — gerade heraus gesagt — nicht der Ehrenmann war, für den ich mein Leben lang ihn gehalten, so lange werde ich auch glauben, daß wir alle die Opfer be sonderer Umstände geworden sind, die der Auf klärung dringend bedürfen." Paul eilte auf den älteren Brnder zu und schüttelte ihm die Hand. „Ich bin glücklich darüber, daß wir uns doch zusammenfinden!" rief er erregt. Dann wandte er sich wieder zu Manders. „Gestatten Sie die Frage, Herr Lehrer — ist der angefangene Brief an den Konkursver walter wirklich absolut inhaltslos? Es wäre doch immerhin möglich, daß Papa gerade diesen Mann über die Ursachen des Zusammenbruchs aufklären wollte, dem in der Ordnung des Nach lasses vielleicht manches Befremdliche aufstoßen kann?" Manders überlegte. „Es stand nicht viel darin," sagte er dann nachdenklich, „nur so viel geht daraus hervor, daß Ihr Herr Vater in Frankfurt eine schwere Enttäuschung erlebte, über die er wohl nicht fort kommen konnte " Horst lachte bitter auf. „Die alte Erfahrung von den guten Freunden in der Not. Aber das wäre nichts besonderes." „Natürlich nicht," meinte Paul. „Aber sagten Sie nicht, Herr Lehrer, er habe anscheinend über die Enttäuschung nichtsortkommen können? Dann müßte sie aber doch von besonderer Art gewesen sein." Manders sah den jungen Mann ganz ver blüfft an. .In der Tat," saate er sinnend, .wenn iS mir den Brief recht ins Gedächtnis zurück rufe " Er stand auf und ging nachdenklich auf und ab. „Es ist doch merkwürdig:" fuhrerfort, „Wieman gedankenlos auch üb»r wichtige Dinge hinweg gehen kann! Der Brief ist ja, wie gesagt, nur kurz und durch die Einschaltungen und Strei chungen äußerst unklar geworden; aber trotzdem kann man schließlich ohne Zwang aus den An deutungen folgern, daß Ihr Vater einen seiner Freunde um Rückzahlung eines Darlehens an gegangen habe und daß er abgewiesen worden sei " „Herr Lehrer!" Die Brüder stürmten auf Manders ein. „Herrgott," rief Horst in großer Erregung, „das wäre aber doch des Rätsels Lösung " „Nun, nun," wehrte Manders, „wir wollen nicht vorschnell Schlüsse ziehen. Meine Folgerung hat ja vielleicht etwas für sich, aber ich weiß darum noch lange nicht, ob sie auch richtig ist. Ich habe den Brief im Zustand höchster seelischer Erregung gelesen — wie leicht ist da eine Täuschung möglich!" „Der Brief!" rief Paul. „Wir müssen den Brief haben!" „Den hat das Gericht heute früh an sich genommen," erklärte Manders, „aber eine Ab schrift wird ja leicht zu erlangen sein. „So müssen wir schleunigst darum bitten. Wer vor allem müßte man auch festzustellen suchen, wer etwa dieser Freund gewesen sein könnte. Vielleicht haben Sie auch da eine Ver mutung. Herr Lehrer " . „Um Gotteswillen l Ich habe keine; aber ich würde doch auch auf bloße Vermutungen hin unmöglich Namen nennen können." „Natürlich!" Horst reichte, Manders die Hand. „Paul hat das auch garnicht so ge meint."— Eine Viertelstunde später, als die drei wieder unten im Wohnzimmer mit der Lehrer frau und Inge zusammen saßen, wurde" di« Hausglocke heftig gezogen. Frau Mandvis ging hinaus und gleich darauf kam sie mit einem Telegramm wieder herein, das an Horst ge richtet war. Horst erbrach es und sprang auf. „Da lies I" sagte er zu Paul. Paul nahm das Papier an sich und laS laut: „Lese eben die Todesnachricht. Bin tief er schüttert, denn Ihr Vater war mir der liebste Freund. An der Größe des eigenen Verlustes kann ich die Größe Ihres Unglücks ermessen. Ihnen wird unendlich viel mit dem Heimge gangenen begraben werden. Wäre ich nicht leidend, so käme ich selbst zur Beerdigung. Stelle mich aber Ihnen und Ihren Geschwistern unbedingt mit Rat und Tat zur Verfügung. Berg." Die Brüder sahen sich schweigend an, und Manders stand auf. „Sie denken doch nicht etwa " Horst setzte sich wieder. „Ich weiß nicht," sagte er langsam. „Es wäre natürlich töricht, wollte ich lediglich durch mein Gefühl mich in einen Verdacht hinein- dränaen lassen, sür den ich wirkliche Anhalts-
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