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Ottendorfer Zeitung : 31.10.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191610319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19161031
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19161031
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-10
- Tag 1916-10-31
-
Monat
1916-10
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 31.10.1916
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Oie neue ^äleveroränung. Die außerordentliche Knappheit an Kiise hat dem Kriegsernährungsamt Veranlassung gegeben, Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer Erhöhung der Produktion und zu einer einigermaßen ge rechten Verteilung führen sollen. Die ent sprechende Bundesratsverordnung will die beab sichtigte Erhöhung der Produktion dadurch er reichen, daß sie für eine ganze Reihe von Käse- artcn die Hcrstellerpreise und dementsprechend auch die Verkaufspreise erhöht. Bei den gesteigerten Milchproduktionskosten waren die bisherigen Käiepreise nicht mehr zn halten, wenn nicht die Gefahr bestehen sollte, daß eine große Menge — namentlich von Magermilch —, deren Verarbeitung auf Käse jetzt dringend erwünscht ist, zur Verfütterung in die Ställe gelangen sollte. Wenn die Ver wertung der Magermilch bei Verarbeitung aus Käse eine wesentlich geringere ist als bei der Verfütterung, so kann man es dem Landwirt — zumal bei ^der heutigen großen Knappheit an Futtermitteln — nicht verdenken, wenn er das eigene Erzeugnis seines Betriebes, die Mager milch, zur Auszucht und Mästung von Schweinen verwendet. Das Kriegsernährnngsamt hofft, durch die mäßig erhöhten Preise einen Anreiz zur vermehrten Herstellung von Käse zu geben. Die bisherigen Mißstände in der Derieilung des Käses hatten ihren Hauptgrund darin, daß nicht mehr der im Frieden übliche natürliche Verkehr zwischen Käsereien, Großhandel, Klein handel und Verbraucher stattfand. Die bis herige Verordnung ließ dem Hersteller die Möglichkeit, bis zu 5 Kilogramm aufwärts direkt an den Verbraucher Postpakete mit Käse zu versenden. Der Umfang dieses Postversandes war in letzter Zeit ein derartiger, daß eine ganz ungerechte und durchaus unsoziale Ver teilung des Käses stattfand, die in den meisten Fällen den wohlhabenden Kreisen zugute kam und zur Folge hatte, daß der Käse vom Laden tisch immer mehr verschwand. Es steht zu hoffen, daß das Verbot des gewerbsmäßigen Post- und Frachtversandes diesem Übel steuern wird, und daß durch dieses Verbot auch eine bessere Kontrolle über die Einhaltung der Höchstpreise erzielt werden kann. Hat die nunmehr ergriffene Maßnahme Erfolg, so wird sich eine Bewirtschaftung des Inland eises, die mit ganz außerordentlichen Schwierig keiten verbunden sein würde, erübrigen. Wenn schon eine Bewirtschaftung der Butter und der Eier auf ungeheuere Hindernisse stößt, wieviel mehr müßte eine vollständige Rationierung des Käses bei den vielen, vielen Sorten und ihren verschiedenen Preisen — zumal bei den jetzt vorhandenen geringen Mengen — Schwierig keiten begegnen. Der dritte Zweck der neuen Verordnung, der an Bedeutung den beiden ersten gewiß nicht uachsteht, verfolgt das Ziel, die Vollfettkäserei vollständig zu beseitigen und die Dreiviertel- und Halbfettkäserei auf ein denkbar geringes Maß einzuschränken. Das Kriegsernährungsamt vertritt den Standpunkt, daß alle Fettmengen, die zur Buttererzeuguna frei gemacht werden können, unter allen Umständen dem Käse ent zogen werden müssen, damit sie den Haus haltungen zu Koch- und Schmelzzwecken zur Verfügung gestellt werden können. Dort werden sie am meisten entbehrt und besser angewendet, als wenn sie im Fettkäse, dessen Genuß in jetziger Zeit geradezu einen Luxus darstellt, ver zehrt werden. Eine noch weitere Herabsetzung der Fett grenze, wie sie im Entwurf vorgesehen ist, war teils Ms technischen Gründen unmöglich, teils wegen der erforderlichen Rücksichten auf die Eigenart der Weichkäsereien untunlich. Der allgemeine Wunsch des Handels, daß. schon durch die Bundesratsverordnung Zuschläge für den Großhandel festgesetzt werden möchten, und daß es nicht wie bisher den Landeszentral behörden überlassen bleiben solle, je nach Be dürfnis in den einzelnen Landesteilen diese Zuschläge festzusetzen, hat in der Verordnung ebenfalls Berücksichtigung gefunden und zwar in einer Weise, die voraussichtlich die Handelskreise befriedigen wird. Das Kriegsernährungsamt erhofft demnach von der Verordnung, daß der legitime Groß- und Kleinhandel, der vor Kriegs ausbruch in durchaus angemessener Weise den Verkehr zwischen Hersteller und Verbraucher ver mittelt hat, nicht nur seine gewohnte Friedens arbeit, zu der ihm seine Fachkenntnisse zur Ver fügung standen, wieder ausnehmcn kann, sondern auch, daß er die ihm unbedingt zu gönnende Existenz wiederfinde. Wenn auch bei der großen Schwierigkeit der ganzen Sache zweifellos durch die neue Ver ordnung eine restlose Lösung, die alle Teile be friedigt,' nicht erreicht sein wird, zumal das Ver bot des Postversandes einen recht empfindlichen Eingriff in liebgewordene Handelsbeziehungen mit sich bringt, so sieht doch zu hoffen, daß wenigstens in allen denjenigen Punkten, die bis dahin zu allgemeiner Klage Anlaß gaben, eine wesentliche Besserung in dem Verkehr mit Käse emtreien wird. verschiedene MeHMüchrWen. Dis Generaloffensive gescheitert. In einem eingehenden Artikel über die strategische Lage schreibt der Berner,Bund': „Ein allgemeiner Überblick über die Kriegslage muß heute zur Erkenntnis führen, daß die Kraft, die von den Verbandsmächten seit dem Juni entfaltet wird, sich im Osten beträchtlich abgeschwächt hat, im Westen nur sehr langsam Früchte zeitigt, au der südwestliche» Front, also zwischen Etsch und Jsonzo, auch heute nur untergeordnet wirkt und auf dem Balkan trotz des Eintritts Rumäniens in den Krieg und der Offensivveisuche Sarrails gelähmt ist. Damit ist nicht gesagt, daß die Mittelmächte die Ober hand gewonnen hätten, wohl aber sestgestellt, daß diese während eines halben Jahres den gewaltigsten Anstrengungen und dem schärfsten konzentrischen Druck zu widerstehen vermochten und nebenher Zeit und Kraft sanden, dem neuen Feind angriffsweise zu begegnen und den im allgemeinen Stellungskrieg erstarrten Feldzug gerade dort in beweglicher Operation aufzu nehmen, wo eine schwerwiegende Entscheidung herbeigeführt werden kann, nachdem es vis jetzt keiner der beiden Kriegsparteien gelungen ist, die gegnerischen Heereskräste vernichtend zu schlagen. Daraus ergibt sich die große Be deutung des Balkans und des Balkanfeldzuges." Kaffer« in den Schützengräben. Nach dem südafrikanischen Blatt ,Bourger' sind die 10 000 Kaffern, die die südafrika nische Regierung nach England angeblich zur Arbeit in den Häfen entsandt hat, zum größten Teil an die Front gekommen, wo sie in den Laufgräben arbeiten, aber auch als „Waffen brüder" sich auf den europäischen Kriegsschau plätzen befinden. — EAäuterung überflüssig! Bestürzung in Paris. Zur Lage in Rumänien schreibt das Pariser ,Petit Journal': Die Russen und die Rumänen sind durch die Plötzlichkeit und Heftig keit der Angriffe Mackensens über rascht worden. Dieser ließ den Russen und Rumänen nicht Zeit, Verstärkungen heranzuziehen, er hat mit kühnem Schlag einen Erfolg errungen. An anderer Stelle sagt dasselbe Blatt: Wenn es auch sicher ist, daß die russische Mitarbeit für Rumänien nunmehr eingesetzt hat, so ist es doch wahrscheinlich, daß die Russen noch nicht das leisten, was man erwarten muß. Dazu Lraüchen sie Zeit. Im übrigen haben die rumänischen Truppen an den Grenzpässen nicht die Aufgabe, den Einmarsch des Feindes über ein oder zwei Pässe um jeden Preis zu verhindern, sie sollen nur für die russisch-rumänische Armee Zeit zum Manövrieren gewinnen. * Italien warnt. Der Mailänder ,Corners della Sera' weist auf die schwere Gefahr hin, die dem Vier verband in Rumänien droht. Das Blatt wendet sich gegen die beim Vierverband sich bemerkbar machende Absicht, Rumänien als nebensächlichen Kriegsschauplatz hinzustellen. Rumäniens Untergang würde für die Verbündeten schwere Folgen haben. Ruß land hülle besser getan, sofort größere militärische Hilse nach Rumänien zu senden, statt die letzte Offensive in Wolhynien zu versuchen, welche zum größten Teil wegen des Muuitionsmangels fehlgeschlagen sei. Engländer und Franzosen müßten den Rumänen -Material senden. Italien könne unglücklicherweise Rumänien direkt nicht helfen. Bulgarischs Beute m Constantza. Der Sofiaer Korrespondent der .Kölnischen Volkszeitung' meldet: Dis Verfolgung der ge schlagenen Russen und Rumänien dauert mit ungeschwächter Energie an. Ungeheure Vorräte an Kriegsmaterial und L e b e n s m i tt el n wurden erbeutet. In Conitantza konnte der Feind nur 'ein einziges Ölreservoir in Brand stecken. Die übrigen sind unversehrt. Sie stellen ein Wert von vielen Millionen dar. Deutscher AeiedstAg. (Orig.-Berich!.) Berlin, 27. Oktober. In der Sitzung der am Donnerstag wieder zusammengetretenen Vollversammlung wurde der Antrag des Hauptausschusses verhandelt, auch während der Vertagung des Reichstages das Recht zu haben, zur Beratung auswärtiger An gelegenheiten zusammentreten zu können. Abg. Gröber (Zentr.) eröffnete die Be sprechung und betonte die Notwendigkeit, den Reichstag dauernd über die auswärtige Politik auf dem Laufenden zu erhalten. Da der Haus haltsausschuß die Geldbewilligung vorzunehmen habe, so sei er auch der geeignetste Ort für die Beratung auswärtiger Angelegenheiten. Der Staatssekretär des Auswärtigen von Jagow bezeichnete es als begreiflich, daß das Parlament den Wunsch nach einer dauernden Kühlung mit der Reichs regierung habe und wiederholte seine Erklärung im Aus schuß, daß die Regierung bereit sei, dem Wunsche des Reichstages nachzukommen. Staatssekretär Dr. Helfferich ergänzte diese Ausführungen durch die Darlegung staats rechtlicher Gesichtspunkte und stellte sich dem konservativen Antrags sympathisch gegenüber, der die Einberufung des Ausschusses auf dem ver fassungsmäßigen Wege Vorbehalten werde. Abg. Gradnauer (soz.) bezeichnete den Ausschußantrag als einen ersten schüchternen Versuch, ein bemerkenswertes Zeichen der Zeit, das das Ansehen des Reichstages stärken werde. Die Vollversammlungen dürfen aber nicht noch mehr in den Hintergrund treten. Abg. Haußmann (Förtsch. Vp.) bemerkte, daß ein Eingriff in die Verwaltung nicht beab sichtigt sei. Abg. Dr. Stresemann (natl.) verlangte eine Stärkung der Befugnisse des Reichstags. Vor allen Dingen solle die Regierung Parla mentsunterstaatssekretäre ernennen. Den kon servativen Antrag lehnte der Redner ab, weil er sich nur auf die Kriegszeit beschränke. Abg. Kreth (kons.) begründete den Antrag seiner Partei, der den einzig möglichen Ausweg biete, besonders bei einem Schluß des Reichs tages. Die Forderung einer engen Verbindung mit der Regierung sei ganz berechtigt. Die konservative Partei könne den Schritt zur parlamentarischen Regierung nicht mit machen, besonders auch nicht das Ber- tagungsrecht des Kaisers einschränken. Jeden falls aber wolle das in den Schützengräben kämpfende Volk nichts von einer parlamentari schen Regierung wissen: der Krieg habe gezeigt, daß das alte Treueverhältnis zwischen Fürst und Volk das gleiche sei. Staatssekretär Dr. Helfferich ging auf einige Ausführungen der Vorredner berichti gend ein. Der weiteren kurzen Erörterung folgte das Haus nur mit geringer Teilnahme, uud die Aussprache schloß, da niemand mehr zum Wort gemeldet war. Die Sitzung vom Freitag wurde mit einer Reihs von kleinen Anfragen eingeleitet. II. a. bat Abg. Keinath (natl.) um Auslegung der Begriffe „Gegenstände des tägliche» Bedarfs" und des notwendigen Lebeusbedarfs. Direktor Müller erwiderte, daß das Reichsgericht am 12. Mai 1916 die Auslegung gegeben habe, daß nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch andere Gegenstände des täglichen Bedarfs ge troffen werden, jedoch müßten es solche Gegen stände sein, durch die die Bedürfnisse der Ge samtheit des Volkes besriedigt würden. .Ob diese Auslegung genügende Klarheit schaffe, bleibe abzuwarten. Die Anfrage des Abg. Bassermann (natl.) über die Beschlagnahme deutschen Eigentums m Portugal wurde dahin beant wortet, daß zu Vergeltungsmaßregeln geschritten worden sei. Das Haus wandte sich nunmehr dem Antrags des Geschästsordnungsausschusses zu, die Ge nehmigung zur Einleitung von Strafverfahren gegen dis Abgg. Liebknecht und Rühle zu ver sagen. Das Haus stimmte dem zu. Weiter lag ein Antrag Bernstein (soz. Arbg.) vor, das Strafverfahren gegen den Abg. Liebknecht ein- Zustellen. Der Ausschuß beantragte, den Antrag abzulehnen. Nach kurzer Erörterung stimmte das Haus dem Vorschläge des Ausschusses zu. Es folgte die Beratung des neuen 12 Milliardenkredits. Schatzsekretär Graf Roedern gab einen Überblick über die gesamte Finanzlage. Die Kriegsanleihen seien Volksanleihen im wahrsten Sinne des Wortes. Die auch jetzt wieder zu beobachtende Zunahme der Sparkassengut haben zeugt von der intensiven Arbeit im Deutschen Reiche, die besonders von Frauen ge leistet werde. Während England zum Zinsfuß von 6 gehen mußte, könne Deutschland un verändert bei 5 üi> bleiben. Gewiß verkenne niemand die Schwierigkeit unserer Lage, aber Deutschland sei das am besten finanzierte Land. Der Staatssekretär bat um Annahme des Nach trags. Abg. Dr. Spahn (Zentr.) erklärte die Zu stimmung wohl aller Parteien des Hauses und schlug sofortige Erledigung vor. Abg. Ebert (Soz.) erklärte namens seiner Fraktion deren Zustimmung angesichts der Lage, die eine Hoffnung auf baldigen Frieden leider nicht biet». Aber im Hinblick auf die Be strebungen der Feinde, Deutschland zu zer trümmern, sei eine Fortführung des Krieges un ausbleiblich notwendig. Abg. Bernstein (Soz. Arbg.) erging sich weitschweifig über die Verschuldung der Völker und über Friedensziele und wurde vom Präsi denten mehrfach zur Sache gerufen. Schließlich erklärte er im Namen seiner Fraktion, daß sie die Kredite ablehne. In der Abstimmung wurde der Kredit in allen drei Lesungen unter lebhaftem Beifall gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft angenommen. Das Haus nahm sodann die Abstimmungen über die Anträge betr. Beratung auswärtiger Angelegenheiten während der Vertagung des Reichstages vor. Der konservative Antrag wurde gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Die Abstimmung über den Ausschußantrag war eine namentliche. Sie ergab die Annahme mit 302 gegen 31 Stimmen. Schließlich wurde noch das Gesetz über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere einem Ausschuß von 14 Mitgliedern überwiesen. Abg. Dr. Stresemann (natl.) erstattete den Bericht über die Ausschußverhandlungen betreffend die Schutzhaft während des Kriegs zustandes. Abg. Dr. Landsberg (Soz.) wünschte die Behandlung des Gegenstandes in einem be sonderen Ausschuß. Auch der Abg. Groeber (Zentr.) hielt einen größeren Rechtsschutz gegen über der Schutzhaft für notwendig. ' Dann vertagte sich das Haus. Mnnerk, äer knecht. 7j Roman von Bruno Wäg c n er. Worgetzunga Er nickte, befriedigt. „Schöne Tiere und gut imstande." Hinnerk wurde feuerrot. Jedes Lob der Tiere nahm er für eigenes Lob. Er war stolz auf die schönen Gäule, als ob sie ihm gehörten. Der Hamburger Herr streifte ihn mit leisem Lächeln. „Kavallerist gewesen?" fragte er. „Noch nicht, Herr — erst im Herbst." Nun fuhr er wieder denselben Weg, den er noch vor wenigen Stunden gefahren war. Wo Johan» Siemers seinen Rausch ausgeschlafen batte, lag jetzt das Gepäck des fremden Herrn. Der hatte sich selbst neben dem Knecht auf den Bock gesetzt, um von dort aus die Landschaft Lesser mustern zu können. „Verstehen Sie was von der Jagd?" fragte er, als sie lossnhren. „Nein, Herr. Als Junge bin ich wohl mal als Treiber mitgewesen, uitd den Hernr Amts- Vorsteher, der früher die Jagd gepachtet hatte, habe ich wohl mal zur Pirsch auf Rehböcke ge fahren — aber sonst." „Na, das genügt mir," sagte der Herr lachend. „Dann wissen Sie ja einen Hasen von einer Katze und einen Fasan von einer Krähe zn unterscheiden. Kennen Sie auch mein Jagdrevier?" „Gewiß, Herr." „Ach so, ich muß mich wohl vorstellen? Volkhardt heiße ich — Andreas Volkhaidt, und Maler bin ich." Hinnerk fuhr in freudigem Schrecke zu sammen und streifte den neben ihm Sitzenden mit einem raschen Blicks. Das war alio ein Maler! Er hatte noch nie einen richtigen Maler gesehen. Volkhardt Wen die Überraschung des jungen Menschen nicht zu bemerken. „Und Sie heißen?" fragte er kurz. „Heinrich Meyer." „Und sind Kutscher beim Gastwirt Mahnke?" „Nein, ich bin Knecht beim Doppelhufner Rickmann." „Da haben Sie wohl viel zu tun? Oder können Sie sich heute abend frei machen und mir meinen Jagdbezirk zeigen?" „Ich glaube, Frau Rickmann wird es er lauben." „Gut, fragen Sie, ob sie es erlaubt. Ich habe mir die Jagd noch gar nicht angesehen. Ein Freund hat sie für mich gepachtet, wäh rend ich auf Reisen war. Taugt die Jagd etwas?" „O ja, Herr Volkhardt, Hasen und Hühner sind hier die Menge, Rehböcke können Sie auch ein paar schießen, und Hirsche wechseln vom Mecklenburgischen ab und zu herüber." „Freut mich, das zu hören, denn ich hab's nicht recht glauben wollen. Teuer genug habt ihr eure Gemeindejagd jedenfalls verpachtet — besonders für einen, dem's weniger ums Schießen zu tun ist." Hinnerk sah ihn von der Seite an. Volk hardt lachte. „Das können Sie nicht ver stehen? Ist aber doch so. Ich bin kein passio nierter Jäger. Was habe ich davon, wenn ich so ein armes Stück Wild zur Strecke bringe? Natürlich, abgeschossen muß werden, schon damit der Wildschaden, nicht zu groß wird. Aber der Hauptgenuß ist das Herumstrerfen in.Ler freien Gottesnatur, bei jedem Wetter und , bei jeder Beleuchtung. Und schön ist es hier, das sehe ich schon." Er machte eine weite Bewegung mit dem Arme. „Wie der Horizont sich dehnt — und die Luft so voll von Licht und Glanz — und nirgendwo Gleichförmigkeit. Ihr wißt ja gar nicht, die' ihr alle Tage hier herumlaust, wie schön ihr es habt!" Da hielt Hinnerk plötzlich die Pferde an. Einen Augenblick zauderte er. Dann sagte er rasch: „Wenn Sie mal eine Minute absteigen wollen, dann zeige ich Ihnen gleich das Schönste." Volkhardt sah ihn erstaunt an. „Nanu? Da bin ich aber neugierig I" Hinnerk hatte schon die Pferde abgesträngt und die Zügel um den hölzernen Pfosten des Gattertors geschlungen, das auf eine Koppel führte. Dann schritt er dem Fremden voran. Und nun standen sie auf seinem Lieblingsplatz, und aus der Ferns schimmerten ihnen noch klarer als neulich vor dem Gewitter die Türme Lübecks entgegen. 6. Im Hause war alles still. Um neun Uhr pflegte man zu Bett zu gehen, denn ein ganzer Tag voll Arbeit macht müde. Nun ruhten sie alle. Leisen Schrittes kam jemand die Treppe herunter und verbarg das Licht der Laterne mit Ler Hand. Diana, die braun und weiß gefleckte Hühnerhündin, die neben der Flurtür aus ihrer Strohmatte lag, erhob mürrisch den Kopf und fließ die Luft mit kurzem Blaff aus. Dann schloß sie wieder die Augen; sie hatte mit Nase und Ohr erkannt, wer durch das nächtlich stille Haus schlich. Jetzt wurde die niedrige Tür neben der Küche leise geöffnet. Gesine Rickmann trat ins Freie hinaus. Vorsichtig schloß sie die Pforte hinter sich. Nun stand sie im Garten und sog den süßen Duft des Goldlacks ein, der an der Hinter seite des Hauses üppig wucherte. Der Garten war taghell überflutet vom Lichte des Mondes, der bereits einen schmalen Streifen von seiner vollen Scheibe eingebüßt hatte. Das junge Mädchen eilte mit raschem Fuße zwischen den niedrigen Stachelbeerhecken dem tieferen Schatten zu, den eine Grupps hoher Bäume weiter ab seits am Hause bot. Hier senkte sich der Weg und mündete in eine einfache Treppe von Brettern, die in Stufen in den Boden eingelassen waren. Am Fuße der Treppe führte ein schmaler Holz steg in einen See hinaus. Das war eins jener lauschigen Fleckchen Erde, wie man sie im Herzogtum Lauenburg zuweilen antrifft — schön, ohne Größe der Natur, lieblich durch den Zauber der traulichen Einfach heit, des friedvollen Einklangs, zu dem der ruhige Wasserspiegel mit dem düstern Schatten der Bäume, dem Grün der saftigen Wiesen sich vereinigt. Tief eingebettet in eine Mulde lag der langgestreckte See, auf den das Dorf von der Höhe des Userrandes heiabAickte, während jenseits hoher Buchenwald den saust ansteigenden Hang bekleidete.
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