Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 06.02.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191602067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160206
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-02
- Tag 1916-02-06
-
Monat
1916-02
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 06.02.1916
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^aisn-rag in 8tra6burg. Straßburg i. E., Ende Januar. Wer heute durch die alten und neuen Straßen der „wunderschönen Stadt" wandert, wird von dem starken Gefühl beherrsch!, das; sich in Straß burg /ine immer stärkere siegreiche Wandlung zugunsten des Deutschtums vollzögen hat. Früher trugen an solchen Festtagen gewisse Straßburger Kreise eine geflissentliche Gleichgültigkeit zur ^SchW. Die militärischen Gebäude und die von den Altdeutschen bewohnten Viertel flaggten, hie und da zeigte sich auch eine elläffische Fahne, aber von einer allgemeinen, festlich gehobenen Stimmung, wie wir sie heute erleben, war nur wenig zu spüien. Darum erscheint uns Straß burg reicher Fahnenschmuck heute wie ein Sieg. Im Mittelpunkt der Stadt, auf dem be rühmten Kleberplatz, der schon zur Franzosenzeit die „Mes ck'armvs" war, findet der Feldgoties- dienst zur Feier des Kaiieriages statt. Von schlanken Masten, die wie Bäume den großen Vlatz umsäumen, wehen die schwarz-weiß-rolen Fahnen. Die Regimenter haben im weiten Umkreis um das hoch aufragende Kleberdenkmal Stellung genommen. Stolz und streng steht der alte General Kleber mit seinem Marschall stab da. Zu seinen Füßen, zwischen eroberten Kanonen, ist ein Feldaltar errichtet worden. Eine wundersam ernste, feierliche Stimmung weht über den alten, von Hunderten von Feld grauen besetzten Platz. Die herrlichen Barockbauten und schmalen Fachwerkhäuser, die ihn umschließen, haben sich alle reich zu dem Festtag geschmückt. Ans den Fenstern und Dachluken hängen die Fahnen und leuchten in allen Farben gegen den roten Sand stein; von Gesims zu Gesims laufen schwarz- weiß-rote Schleifen. Die mittelalterlichen Fach werkhäuser mit ihren trauten Giebeln und eigen artig schmalen Fassaden, denen jeweilig nur zwei Frontfenster zur Verfügung stehen, haben sich von der Bodenkammer bis zum Kellerloch ge putzt, und holen so an Höhe nach, was ihnen an Breite abgeht. Und über all diesem mittel alterlichen Straßburg ragt einsam, gleich einem Friedensboten mitten im Krieg, das hohe, durchgeistigte Münster. Uber dem Klebcrplatz kreisen während der Feier zwei große Flug zeuge, deren schwarze Eiserne Kreuze an den unteren Flügelflächen deutlich Hervorlieten und die ängstlichen Gemüter unter den Zuschauern beruhigen. Aber nicht nur der Kleberplatz, ganz Straß burg hat ein Festgewand angelegt. An den stillen Staden spiegeln sich die bewimpelten Häuser in den trägen Wassern. In den großen Verkehrsadern sieht man neben den reichs deutschen elsässischen Fahnen auch die öslerreichisch- itngarischen, bulgarischen und türkischen Fahnen. Wundermm ist der Blick in die Zahllosen, von den Hauptlinicn sich abzweigcnden Nebengassen, die ganz unvermittelt aus dem modernen Leben in das idyllische, mittelalterliche Straßburg führen. Hier berühren sich von Haus zu Haus die Fahnen, sodaß der Himmel fast abgesperrt wird Und ein von Farben leuchtender Lauben gang entsteht. So festlich haben wir Straßburg noch nie gesehen. Selbst die verlorenen, vom modernen Bürger schier vergessenen Gäßchen „das Himmelreichs-, das Höllseger-, das Zann- königsgäßchen" mit den alten Schankstuben „Zum roten Männel" und „Zur dicken Marie" haben ihr Bestes getan, um den Kaisertag zu ehren. Unter diesen wehenden Fahnen wandelt ein Kunterbunt von Feldgrauen, Bingern und Kindern. Und wirklich, es steckt Stimmung und Wärme in der alten, elsässischen Stadt. Das Volk geht nicht mehr gleichgültig an den reichs deutschen Farben vorbei, und die Münster glocken, die den Festtag einläutctcn, haben in vielen Herzen ein Echo gefunden. Möchten solche Tage zu Marksteinen in der Geschichte des Eli'aß werden und für alle Zeiten zum Ausdruck bringen, daß der Anschluß des Elsaß an sein großes Vaterland immer fester und bewußter geworden ist. V olksvmtl ckaMickes. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Ans Anlaß der Beschlagnahme der Web- und Wirkwaren Mer- was »Lächerlich — Mser Vorschlag."' »So mag er dir vielleicht Vorkommen; aber - nach Lage der Sache —." Der im blauen Rock kam um einen Schritt heran. Und in seiner Stimme war der rauhe, ein wenig heisere Ton seines Vaters. »Was soll das heißen? Wer will mich zwingen, die Unsiorm auszuziehen und mich hier zu vergraben?" „Weißt du, Kerlchen, zwingen* — jener sah ihm ausmerksam forschend ins Gesicht — „zwingen kann dich natürlich keiner. Co was ist schließ lich mehr oder weniger immer Sache des persön lichen Empfindens. Aber vielleicht fährt dir die lühle Überlegung rechtzeitig mit einem Donner wetter zwischen all deine andern sentimentalen Regungen." Scharrehn zog unmutig die Braunen zu- sammeu. „Tos versteh' ich nicht. Wenn du mir etwas «u sagen hast, muß du schon deutlicher sprechen." Ler Roggenthiner Albrecht war aufgestauden nnd ans Fenster getreten. Grübelnd starrte er . Waus. Nur noch vereinzelte Flocken fielen. Dafür hatte sich ein stoßweiser Wilid ausgeuracht. Hände auf den Rücken und begann nachdenklich im Zimmer auf und ab zu gehen. Endlich blieb er vor jenem stehen. »Was nun, Albrecht?" Der schob die Schultern hoch. -Den Abschied, Hans, und dann mit zengungsireue Kohl bauen. Oder dachtest du?" . Hans Scharrehn lachte kurz auf. Ein nervöses Lachen. wird bMenntkich die Notwendigkeit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit betont, die durch die«« Maß nahmen entstehen kamr. Soweit den erwerbslos werdenden Arbeitern andere Arbeitsgelegenheit nicht beschafft werden kann, muß die Erwcrbsloicnuntcr- stnyrmg der Gemeinden cmtreten. Von der Neichs- regierung werden Maßnahmen cingelestet, um den Folgen zu begegnen. Jnsbcwndere sollen für Ange stellte und Arbeiter der Textilindustrie, auch für die von der jetzigen Beschlagnahme bcnoffenen anderen Angestellten und Aibcucrn (Konfektion) erhöhte Bei- hwen aus Neichsmulctn an die Gemeinden geleistet werden. KricgSbcsoldung und Beamtengehalt. Die Kriegsbesoldung der Beamten ist bekanntlich am 1. November 1915 neu geregelt worden. Dabei sind die Besoldungen der oberen Beamten in mobilen Stellen neu festgesetzt worden. Ler Kaiser Hai jetzt Einfuhr von Frühkartoffeln wird es notwendig sein, wiederum in größerer Menge Frühkartoffeln im eigenen Lande anzubauen. Doch ist es selbstverständlich dringend wünschenswert, daß nur dort Frühkartoffeln angebaul werden, wo die natürlichen Bedingungen ihrem Gedeihen günstig sind. Die Frühkartoffel ist verhältnis mäßig anspruchsvoll, sie liebt besseren in hoher Kultur und alter Kraft stehenden warmen Boden und geschützte Lage. Kulturhistorische Funde in der Mark. Im sogenannten „Kleinen See" bei Müllrose am Oder-Spree-Kanal sanden Schiffer eine ganze Anzahl alter Gegenstände aus Zinn: Teller, Kannen, Leuchter, Becher und Tauf- > gcräte. Einige der Fundstücke sind reich graviert Das fort karaburun bei Saloniki. Das griechische Fort Karaburun liegt am Ein gang des oberen Hafens von Saloniki. Hier wurde bekanntlich vor einiger Zeil em Transporl dampfer von emem deutschen Unterseeboot tor- pedierl. Die Folge davon war, daß der Vier- verband ohne wcUercs das Fort Kmaburun unter Mißachtung der griechischen Souveränität besetzte. Jcyl ul die griechische, 200 Mann starke Besatzung nach Saloniki gewacht woiden. Das Fort selbst ist von englischen und sranzösiichen Landtruppen und englischen, sranzösiichen, russischen und italienischen Landungsabteilungen besetzt worden; die Flaggen der Verbündeten und mitten unter ihnen die griechischen Farben wehen über dem Fort. Der griechische KommandaM hatte sich geweigert, daS Fürl ohne Beseht seiner Regierung zu übergeben, die Verbündeten hallen aber gcdrohl, nöligen Falles Gewalt anzuwenden. Unter solchen Umständen blieb dem griechischen Kommandanten nichts übrig, atS den Platz zu übergeben. Bestimmungen dazu genehmigt, wonach bei diesen Beamten die Besoldung in Gehalt, Wobnungsgeld- zmchuß und ' Feldzulage besteht. Gehatt und Wohnungsgtldzuschus; find als reiner Bcirag der Kricgsbcsoldung zu erachten. Gehalt und Wohmmgs- geldzuschuß sind daher vorbehaltlich des icstgesetzlcn Mindesteinkommens von 5600 Marl voll aufzurcchnen, die Fcldznlage dagegen nicht. Von unä fern. Eine Stiftung für deutsche Forschung in China. Das Konsortium für asiatische Ge schichte zu Berlin hat einen Betrag von 20 000 Mark zur geographischen Erforschung der chinesischen Provinz Schansi zur Veriügung ge stellt. Pläne dafür sind bereits in Aussicht ge nommen, müssen aber vorläufig wegen des Krieges zurückgcstellt werden. Ein fahnenflüchtiger Französling. Das Vermögen des Bezirksvertreters des Kantons Wolmünster in Lothringen, Dr. Via; v. Jaunez, der fahnenflüchtig ist, wurde unter Zwangs- verwaltnng gestellt. Biax v. Jaunez, der Sohn des vom Kaiser geadelten letzten Präsidenten des früheren Landesausschusses von Elsaß- Lothringen, Eduard v. Jaunez, war vor zehn Jahren Vertreter der Stadt Bietz im Reichstage. Obwohl Direktor der Saaigcmünder Sleingut- fabrik, verbrachte Biax v. Jaunez den größten Teil deS Jahres in Paris. Anbau von Frühkartoffeln. Wegen der infolge der kriegerischen Verhältnisse mangelnden und zeigen die Jahreszahl 1615 und Wappen, die darauf schließen lassen, daß es sich um Schmuck- und Gebrauchsgegenstäude aus adeligem Besitz handelt. Die Fundstücke stammen zweifel los aus dem Anfänge des 17. Jahrhunderts und sind wahrscheinlich während des Dreißig jährigen Krieges zum Schutz gegen feindliche Horden in den See versenkt woiden. Fleischkartcn m München. Die Ein führung der Fleischkarlen ist nach den jetzt ab- gcschlofsenen Erhebungen des Lebensmilletaus- schusses mit Sicherheit für München zu er warten. Die Entscheidung des Magistrats geht daraus aus, die Karle sofort einzuführen. Wahrscheinlich wird dann auch die Flefichkarte in ganz Bayern zur Geltung kommen. Man läßt sich dabei von der Überzeugung leiten, daß allein durch die Fleischkarle die bundesrätlichen Verordnungen über die fleischlosen Tage wirk sam unterstützt werden. Ein Erinnerungszeichen für Ersparung von Brotmarken. Um einen Anreiz zur Er sparung von Brotmarken zu geben, und gleich- zeilig denen eine öffentliche Anerkennung zuteil werden zu lassen, die sich in ihrer vater ländischen Betätigung durch Rückgabe nicht ver brauchter Brotmarken besonders ausgezeichnet haben, ist vom Kommunalverband des ersten Verwaltungsbezirkes in Weimar ein Erinne rungszeichen gestiftet worden, das diejenigen, die in der Zeit vom 1. Februar bis 15. August 1916 im Kommurralverband Brotmarken über eine Drotgewichtsmeng« von 25 Pfusd zurück- geben, mit einer Anerkennungsurkunde erhalten. Tas Erinnerungszeichen besteht aus einer mit entsprechendem Sinnbild und Aufschrift ver sehenen Brosche, die von einem Hofjuwelier in Weimar hergestellt ist. Man hegt in Weimar die Hoffnung, daß die Aussicht auf Erwerb dieser Erinnerung an die Kriegszeit unsere Hausfrauen veranlassen wird, noch mehr als bisher aus die Rückgabe nicht verbrauchter Brot marken bedacht zu sein. Der Schah in der Räucherkammer. Einen seltsamen Aufbewahrungsort für ihr Geld halte sich eine in der Ziegelstraße in Königsberg i. Pr. wohnende Rentiere ausgesucht. Aus Furcht vor Einbrechern halte sie einen Teil ihres Vermögens in Banknoten und Silber in einer schon lange nicht mehr benutzten Räucherkammer aufbcwahrt. Sie halte ihren Schatz gut mit Papier und altem Zeug versteckt und glaubte ihn wohlgeborgen. In ihrer Abwesenheit kamen andere Hausbewohner aus den Gedanken, den Näucherichornslein züm Milchern zu benutzen. Das nichtsahnende Dienstmädchen der Rentiere hatte dagegen nichts einzuwenden, so daß beim Anzünden des Feuers der ausbewahrte Betnrz vollständig verbrannte; nur 35 Mark in Silber- geld wurden nach dem Verlöschen des FeurrS vorgesunden. Fünfzig Dampfer eingefroren. Im Hafen von Archangelsk liegen nach dänischen Btätiermeldungcn über 50 Schiffe eingesroren, größtenteils englische und russische. Ferner liegen in Archangelsk zwei moderne kanadische Eisbrecher; aber niemand ist dort, der sie richtig zu benutzen versteht. Außerdem liegen in den einzelnen Häsen der offenen Murman-Küste 20 bis 30 Schiffe, die daraus Watten, nach Ar changelsk einsahren zu können, wozu jedoch geringe Aussicht besteht. — Im Sommer soll der Hasen von Archangelsk bedeutend erweitert werden. 6oläene Morte. Allzu straff gespannt, zerbricht der Vogen. Schiller. Arbeit macht daS Leben süß, Macht es nie zur Last, Der nur hat Bekümmernis, Der die Arbeit haßt. Burmann. Umsonst bist du von edler Glut entbrannt, Hast du nicht sounenKllr-dem-Zitt-rrkmmt. UHIand. Eericktskalle. Berlin. Wegen Betruges halte sich die Frau Hedwig Goltz, geb. Berndt, wegen Beihilfe die Frau Ida Lick vor Gericht zu veraniworten. Ein Färberccbefitzer war heiraiSluslig und kam zu seinem Pech aut der Angcklaglen Goltz in Verbindung, dir er für eine sehr begetnenSwene Partie hielt. Frau G. redete ihm vor, daß sie für ihr Kind 27 000 Taler auS Amerika erhalten werde, aus derselben Quelle würden ihr auch 52 000 Taler zufließcn,- außerdem erbalte sie von einer Tante aus Amerika 3000 Mark jährlich. Sie zeigte auch einmal eine An Urkunde, wonach sie noch mehr Geld bekäme, und fügte hinzu, daß ihre „Tame aus Amerika" ihr dieses bringen würde. Meiner S. verlobte sich mit der G. und opserte ihr nach und nach mehrere lausend Mark. Eines Tages erschien die zweite An geklagte aui der Bildfläche und wurde als die „Tante aus Amerika" vorgestellt. Er hat zu spät eingcsehen, daß er düpiert worden. Die zweite An geklagte wurde srcigesprochen, die Angeklagte Goltz zu einer Woche Gesängnis verurteilt. Gotha. Wegen Betruges in 17 Fällen hatte sich der 65 jährige, in Berlin geborene Porträt maler Eugen Bödlen vor der hiesigen Strafkammer zu verantworten. Der Angeklagte, der einst bessere Tage gesehen hat, weilte in der Zeil von August bis Oktober 1915 in Leipzig, Gera, Jena, Erfurt, Gotha und Eisenach. Er juchte die wohlhabenden Familien aui, um sie zur Anfertigung von Porträts ihrer Angehörigen zu veranlassen. Dabei verstand er daS Mitleid der Leute zu erregen und erschwin delte, wenn cS möglich war, kleinere und größer« Beträge. Bei seinen Hochstapeleien pflegte er sich meist alS „Proicffor Steiner aus Leipzig" vorzu- slellen. Der auS der UnleriuchungShalt vorgeftihrt« Angeklagte war in allen Fällen geständig; er wurde zu mSgeiaml einem Jahr drei Monaten Gefängnis verurteilt. fuhr, in wirbelnder Hatz über den Gutshof. Dir beiden Flügel einer Scheimentkr waren aüfgerissen und schwangen kreischend in den Angeln hin und her. Ein Knecht kam mit einem Pferde, das er kurz am Zügel hielt. Albrecht Grona verfolgte ihn mit den Augen, bis er im Stall verschwand. Dann wandte er sich in daS Zimmer zurück. „Du bist über deine Vermögenslage wohl nicht genügend unterrichtet? — Natürlich I — Denn dein Vater hat gegen alle geschäftlichen Angelegenheiten nnd was damit zusammenhing, eine unüberwindliche Abneigung; Empfindungen, die er wahrscheinlich auch bei dir als vorhanden voraussetzte. Und da er — wie übrigens jeder hier in der Gegend — auch noch nicht im ent ferntesten an seinen Tod dachte, so hat er wohl die Klarlegung seiner Verhältnisse dir gegenüber auf eine spätere Zeit verschoben." Er streifte die Asche seiner Zigarre ab mit einer Bedächtigkeit, als wolle er Zeit gewinnen. „Wer konnte auch ahnen, daß er, der es seinem Körper Jahre, um Jahre zumutcn durfte, die Nacht zum Tage zu machen und zum Bei spiel nach einer durchspielten Nacht eine große Autotourenfahrt mftznmachen, wie es ähnlich doch oft genug geschah" — er drohte den Faden zu verlieren und setzte darum schnell hinzu: „ich meine, da war doch gar nicht voranszuiehen, daß dieser Hüne plötzlich in lustiger Gesellschaft den Herzschlag bekommt, tot vom Stuhl sinkt und nicht einmal mehr Kraft genug besitzt, den Sektkelch aus der Hand zu stellen, den er im Fallen mit sich reißt und dessen Scherben ihm noch das Gesicht verletzen." Der Ulan hatte sich in eine» Sessel gesetzt, der neben dem Kamin stand. „Fast genau zehn Jahre nach dem Tode meiner Mutter," fügte er versonnen, als schließe er eine lange Gedanlenreihe ab. Der andere nickte. „Ja — und nun sollst Du seine Hinter lassenschaft antreten, ohne überhaupt zu wissen, wie groO diese ist oder— noch ist. Ich will sie Dir kurz skizzieren, wozu vor allen Dingen die Bemerkung gehört, daß Du nicht — wie Du bisher als ganz selbstverständlich annahmst — der Sohn eines reichen Großgrundbesitzers bist." Um Scharrehns Mund lag ein müder Zug. „Mein Vater hat in dem letzten JalMehnt, as§ er Witwer war, viel verschwendet — ich bin ungefähr unterrichtet, Albrecht. Aber die paar hundert Mark, die ich im Monat als Zuschuß brauchte, werden trotzdem wohl noch übrig sein." Albrecht Grona verließ seinen Fensterplatz und kam langsam, fast widerwillig in das Zimmer zurück, lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Bücherschrank, und als er jetzt wieder sprach, war es, als wäge er jedes Wort vorsichtig ab. „Schau mal, Kerlchen" — lavierte er vor sichtig — „das in Deinem Falle genau so, als wenn Du zum Beispiel in Paalzow beim Bahn hofswirt vorfäbrst und Dir ein Tulpchen Grog geben läßt. Trinkst Du ein Schlückchen nach dem andern nnd läßt nicht immer nachsüllen, dann ist die Buddel bald leer. Anders ist hier in Trerow auch nicht gewesen. Dein Vater hat sein ihm zugemesscnes Dimmelcheu Schnaps eben auch auf einen Hieb hinunlergestürzt. Ist drauf los geprescht, wie ein Überläufer, den die Bremse» stechen. Ja, stehst Du — wenn daS ein Jungchen macht, dem der Hemdzipfel noch aus den Hosen knecht oder solch aufgeblasener Großstadtmensch, der's nicht anders versteht, dann sag ich mir: der lann's nicht besser, und wo der Gehirnkasten leer ist, da kann Wan nicht mehr verlängere. Aber Dein Vater? Ich will ihm nicht noch im Tode Vorhaltungen machen, wo selbst im Leben nichts genützt hat. Trotzdem sag ich Dir: es ist eine - Sünde und Schande was er auS dem schönen Gütchen gemacht hat. Dreitausend preußische Morgen Weizenboden, wo man bei Regen nicht hundert Schritt weit kommt, ohne seine Stiebel in dem öligen Lehm stecken zu lassen. Aber wenn er mir auf seinem Sterbebett die Klitsche, wie sie jetzt ist, hätt' schenken wollen — so wahr ich vor dir stehe, HanS — ich hält' mich verzweifelt dagegen ge wehrt." Der Man zog leise die Brauen zusammen. Nnd sekundenlang fühlte er sich mit dem Toten fast solidarisch — als müsse er den alten Namen verteidigen. »Ich habe mit meinem Vater in zu kühlen Beziehungen gestanden und verstehe auch von der Landwirtschaft nicht genug, um mich mit dir in eine Erörterung darüber einznlässen," lehnte er ab. „Ich will dir sogar zugeben, daß manches hier hätte anders sein können. Er mag ein schlechter Landwirt gewesen sein. Wer schließlich ist das doch auch noch lange nicht der Anfang uuü das End«. 1 «4» « (Fortsetzung folgte
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)