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Ottendorfer Zeitung : 06.02.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191602067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160206
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-02
- Tag 1916-02-06
-
Monat
1916-02
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 06.02.1916
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Vorsorge für äie Zukunft. Es ist nicht zu leugnen, daß unter »Len Maßnahmen, die der Bundesrat bisher im Interesse der Kriegswirtschaft und der dauern den Kriegsbereitschaft getroffen hat, die Be schlagnahme der Textilwaren die weitaus be deutsamste ist. Denn es handelt sich dabei nicht um Rohstoffe, sondern um Fertigfabrikate. Ein solcher Eingriff in den Besitzstand trifft namentlich die ärmere Bevölkerung und wird von der breiten Öffentlichkeit hart empfunden werden. Die Beschlagnahme der Textil- sabrikate bezweckt eine Streckung der Rohstoffe, deren Zuinhr aus dem Ausland durch die feindlichen Absperrungsverstiche unterbunden ist. Die vorhandenen Rohstoffvorräte sind genau bekannt, und ebenso ist ziemlich genau der Wonalsbedars an Bekleidungsgegenständen für daS Heer und die Zivilbevölkerung bekannt. Di» Vorräte genügen noch für geraume Zeit, 'wer die Ungewißheit, wie lange der Krieg dmern wird, drängt dazu, schon heute für den künftigen Winter und auch noch für eine spätere ^eii vorzusorgen. Wollen wir die Gewißheit haben, daß wie wir militärisch siegreich bleiben, so auch wirt- jhastlich durchhalten, so war die Voraussetzung ,in weitschauendes Nechnungsprogramm, zumal «K sich fa nicht nur darum handelt, die Bedürf nisse unseres Heeres sicher zu stellen, sondern auch eine Gesamtwirtschast zu treiben, bei der c lle Dolksteile Berücksichtigung finden. An erster Stelle wird natürlich an den Teil gedacht werden muffen, der die schwerste Arbeit unter den schwierigsten Verhältnissen leistet: die Kämpfer fm Felde. Sodann ist für die Bekleidung der Beamten vorzusorgen. Wenn für diese Zwecke rin ausreichender Borrat geschaffen wird, dessen Auffüllung Gelegenheit bietet, die Textilindustrie ijleichmäßig, wenn auch in dünnem Fluß weiter iiu beschäftigen, so ergibt sich damit zugleich die Möglichkeit, geordnete innere Verhältnisse auf rechtzuerhalten und den Erdrosselungsversuchen mrserer Gegner einen festen Niegel vorzuschieben. Als Wirkung dieser Beschlagnahme ist eine Einschränkung und eine Erschwerung bei der Deckung des Bedarfs des Publikums zu er warten. Auch die bemittelten Kreise werden dem Ernst der Zeit Rechnung tragen und sich str ihrem Kleiderverbrauch weitgehende Sparsam- kest auserlegen müssen, eine Sparsamkeit, die Ärmer wieder — leider nicht mit dem wünschens werten Erfolg — in der Kriegszeit gefordert werden mnß. Männer und Frauen werden ihre Kleiderschränke sorgfältig prüfen und zu den alten, abgelegten Kleider zurückgreiscn müssen. Sie werden sich bewußt werden, das es heute eine Ehre ist, im abgeschabten Nocke einherzu- gehen. Kommen wir doch dadurch unseren braven Soldaten näher, die draußen im Felde in beschmutzten Kleidern ihre Pflicht tun. Für unbemittelte Leute soll eine Not nicht eintreien, da geringere Waren sofort nach der Beschlag nahme wieder freigegeben und zur Deckung des Bedarfs dieser Volkskreise durch den Herbst und Winter ausreichen werden. Es ist auch Vorsorge getroffen, daß von kaufkräftiger Seite dem Markt nicht viel Stoffe uns Fertigware entzogen werden könne, und ebenso soll einer wilden Preissteigerung vorge- beagt werden, indem für die beschlagnahmte Ware willkürliche Preiserhöhungen ausgeschlossen werden. Sobald die den Fabrikanten und Händlern freigegebenen Mindestmengen ansge braucht sind, wird eine bereits fertige Organi sation in Kraft treten, welche für die Winter- Leider der ärmeren Bevölkerung Richtlinien aufstellt. Naturgemäß werden durch diese Maßregel die Angestellten, die Arbeiter und die Heim arbeiter der Konsektionsbranche getroffen. Die Behörden werden aber der Steuerung der Arbeitslosigkeit sofort und mit allem Nachdruck ihre ganze Aufmerksamkeit widmen. Die Kon fektion selbst hat im Kriege gut verdient und kann die ihr zugemuteten Opfer tragen. Zu nächst werden Handel und Konfektion ihre ge samte Ware mit einem Schlage zu einem amt lich festgesetzten Preise los. Alsdann wird der Konfektion alle Ware, die nicht für Militär- und B*amtenzwecke gebraucht wird, wieder freige- l geben, wozu ein« besonder« Kommission ge ¬ bildet wird. Die Maßregeln sind nicht etwa als ein Zeichen wirtschaftlicher Schwäche Deutschlands aufzufassen. Ganz im Gegenteil I Sie sind der Ausdruck selbstbewußter Kraft, die beizeiten Vorsorge wisst, um alle Maßregeln zu treffen, die geeignet sind, die auf unseren wirtschaftlichen Zusammenbruch zielenden Pläne unserer Feinde zunichte zu machen. Unsere leitenden Kreise haben im Verlaufe dieses ungeheuren Rin gens wiederholt Beweise davon geliefert, daß sie sich durch keinerlei Ereignisse überraschen lassen. Durch geeignete Gegenmaßnahmen sind noch immer den Pfeilen unserer Gegner die Spitzen abgebrochen. So ist's auch diesmal. Und wenn für den einen oder andern die Be schlagnahme der Textilwaren auch eine Un bequemlichkeit bereiten mag — die Sache will's, die große Sache Deutschlands, der wir ja alle dienen. Wer wollte da lange erwägen. Auch diese Maßregel ist ein Schritt zum end gültigen Siege. verschiedene Uriegsnachrichten. (Von der mit. Zemurbcbörde zugelaflene Nachrichten.) Englische Nckrnticrungssorgen. Nur Italien und England besitzen noch unberührte Reserven von Mann schaften. Kitchener hält nach einem unwider sprochenen Bericht l'/- Millionen Rekruten für die Kämpfe dieses Jahres für notwendig. Das Ergebnis der Werbungen Lord Derbys und des neuen Gesetzes wird aller Erwartung nach er heblich dahinter Zurückbleiben. Die Aussichten lassen daher keine allzu große Zuver sicht amkommen. Die gegenwärtigen Maß regeln können über den Sommer Hinweghelsen, aber noch vor Ende des Jahres wird sich ein großer Mangel an Truppen fühlbar machen. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder den Krieg zu beenden oder den Nahmen der Rekrutierung zu erweitern. * Die Negierung von Montenegro. Die Wiener,Neue freie Presse' veröffentlicht eine Unterredung ihres Kriegsberichterstatters mit den montenegrinischen Ministern Nadulovic und Popovic, die erklärten, daß König Nikolaus aus ihr Anraten das Land ver lassen hätte, da mit der Möglichkeit seiner Gefangennahme zu rechnen ge wesen sei. Beide Minister erklärten weiter, die in Montenegro zurückgebliebene Regierung, bestehend aus Nadulovic, Popovic und General Besovic, sei nach der Verfassung zweifel los berechtigt,Frieden zuschließen, zumal da sie mit Zustimmung des Königs und auf Grund der Bestimmungen der Verfassung die Negierung übernommen hätten. * Serbiens Nrmeercfte. Der serbische Ministerpräsident Paschitsch er klärte einem Vertreter der Londoner .Daily Mail', die Überreste der serbischen Armee, welche durch Albanien in südlicher Richtung marschieren, haben ein gespensti sches Aussehen. Schon lange haben sie die Widerstandsfähigkeit erreicht. Jeder Tag der Verzögerung in der Zufuhr von Lebens mitteln lichtet ihre Reihen infolge von Er schöpfung, Tod durch Hunger und die noch dazukommenden Seuchen. Wenn schnelle Maßnahmen zur Hilfe getroffen werden, um die Soldaten an einen sicheren Zufluchtsort zu bringen, werde man sie von neuem a-usrüsten können, und sie würden eine tapfere Vorhut der Verbündeten in Mazedonien bilden. „Ich wie derhole", schloß Paschitsch, „daß längerer Aufent halt verhängnisvoll wäre". * Persischer Erfolg gegen die Russen. In der nächsten Umgebung von Saweh (Persien) griffen 14600 persische Krieger die russischen Kräfte an, warfen sie in die Flucht und erbeuteten einige Kanonen, 850 Gewehre, 8 Automobile sowie sehr viel Sanitätsmaterial. * Japanische rl-Doote bei Suez. Das Athener Blatt ,Embros' berichtet: An der Verteidigung des Suezkanals werden auch japanische Unterseeboote teilnehmen. Bisher schlossen sich der englischen Flotte bei Suez elf japanische V-Boote an, die als selb- ständige Abteilung umer dem Befehl eines japanischen Admirals arbeiten werden. * Mobilisierung ägyptischer Reserven. Französische Zeitungen melden aus Cairo, daß auf Ersuchen des englischen Oberkommandos der Kriegsminister dem Ministerrate eine Vor lage über die Mobilisation aller Klassen der Reserve des ägyptischen Heeres unterbreitet hat. Ausgenommen find die Regierungsbeamten. Zbrug aus Saloniki? (Die französisch-englische „Einigkei t".) Täglich versichern uns die Minister und Generale des Vierverbandes, daß der Vier verband in jeder Beziehung völlig einig sei, und daß Deutschland falsch rechne, wenn es anuehme, daß sich die geringsten Meinungsverschiedenheiten heute in dem großen Kriegsrat bemerkbar machten. Erst jüngst Hai uns wieder Ssaionow die gleiche Bot chast ver kündet. Die Dinge in Saloniki sind aber nicht sonderlich dazu angetan, diese Einigkeits- bolschaft sehr glaubhaft erscheinen zu lassen. Machte sie schon in der Presse Italiens aus der einen, und Englands, Frankreichs und Rußlands auf der anderen Seile, recht fühlbare Gegenteile bei der Niedeiwerfung Montenegros geltend, die angeblich Italien verschuldet haben soll (auch die Behandlung der italienischen Kohlennot erfolgte nicht mil den Flölenlönen der Liebe), so läßt die Saloniki-Angelegenheit doch schon recht stark an der völligen Einigkeit des Vierverbandes zweifeln. Es ist weltbekannt, daß die Engländer nicht große Ljebe sür dieses nutzlose Unternehmen auf dem Balkan haben. Die Engländer sind reine Geschästsmänner, die sich auf aussichtslose Geschäfte nicht gern einlassen. Im Gegensatz dazu betonen die Franzosen ihren ehernen Stand punkt, daß sie zwingt, auf dem Balkan eine militärische Unternehmung ins Werk zu setzen. Bei dem großen Übergewicht, daS England in den Reden der verbündeten Völker hat, konnte man annehmen, daß der Gedanke an eine Be endigung des Saloniki-Unlernehmens nicht ganz von der Hand zu weiten sei, zumal auch Italien mehrfach in energischster Form erklärt hat, daß es sich auf dem Balkan nur in Albanien sest- legen tönne. Ja, die italienischen Blätter haben auch in dieser Frage eine Sprache geführt, die den anderen Mächten des Vierverbandes wenig schmeichelhaft und wenig freundschaftlich ge klungen haben mag. Rian konnte auch jüngst bereits in der feindlichen Presse lesen, daß die Frage der Aufgabe des Salonikiunternehmens ganz ernsthaft erörtert worden ist. Es kommt dazu, daß tatsächlich bisher von feiten des Vier- Verbandes noch nicht das geringste geschehen ist, was den Aufwand von so viel Truppen und so viel Material rechtsertigen könnte. Trotz alledem erscheint aber die Annahme, daß England mit seinen Wünschen, von Saloniki die Truppen wegzuziehen, nicht durchgedrungen sei. Frankreich will offenbar hier einmal das letzte Wort behalten und England ist zu ge- schältslüchtig, um aus diesem Grunde einen Streit Hervorzurusen. Darauf deuten erstens einmal die weiteren Befestigungsarbeiten hin, welche der Lierverband vor Saloniki unter nimmt, um hier einen starken Stützpunkt für Weilerunlernehmungen zu schaffen. Aber auch ein anderer Umstand scheint die Annahme, daß der Vierverband sich hier zu hallen versuchen wird, zu bekräftigen. Ein ilalienisches Blatt weist nämlich schon heute darauf hin, daß felbst in der verlorenen und die erzwungene Räumung Von Saloniki sür den Viervcrband nicht eine schwere Schlappe darstellen würde. Es erklärt Weiler, daß man sich davor hüten müsse, Saloniki als den Schlüssel des Weltkrieges zu bezeichnen, um bei einer etwaigen Niederlage die Völker des Vierverbandes nicht zu sehr zu entmutigen. Nun wissen wir «ms Erfahrung, daß ähn liche Reden in diesem Kriege schon ost gehalten wurden, wenn Entscheidungen bevorstanden. Akan erinnere sich nur, wie bedeutungslos plötz lich die Festung Warschau geworden war, als ihr Fall nahe bevorstand. Dasselbe war bei Gallipoli und bei vielen anderen Unternehmungen der Fall. Nachdem diese Neigung des Vier verbandes festgestellt worden ist, wird man viel leicht in der italienischen Presse und Stimme auch einen Beweis mehr dasür erblick,rn dürfen, daß von der Hand eine Aufgabe Salonikis durch den Vierverband nicht beabsichtigt sein dürfte. .. - politische Kunälckau. Deutschland. * Anläßlich seines Geburtstages hat K aisrr Wilhelm den Sultan Mehmed V. Ghazi zum Ftzldmaischall ernannt. In einem Handschreiben bringt der Kaiser seine Bewunde rung und Anerkennung der Leistungen der türkischen Armee zum Ausdruck. Der Sultgn richtete an den Kaiser ein herzliches Dank telegramm. * Der bayerische Landtag will, wie im Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer mitgeleilt wurde, die Budgelberatungen so lange a.usfetzen, bis die Steuervorlagen im Reichstag so weit erledigt sind, daß ihre Wirkungen bei der Festsetzung der endgültigen Elatsposilionen berücksichtigt werden können. Da die Steuervorlagen im Reichstag vor Anfang April nicht durchberaten sein können, so dürste heute schon mit einer Landtagsdauer bis min destens in den Juli hinein zu rechnen sein. Österreich-Ungarn. * Der Staatssekretär des ReichsschatzamteS Dr. Helsferich wurde von Ka i se r Franz Josef in längerer Audienz empfangen. Der Monarch sprach dem deutschen Staatsmanne seine Bewunderung der deutschen Organisatiyn aus und vellieh ihm das Großkreuz des Leopold- ordens- Frankreich. * In der Kammer erklärte Ministerpräsident Briand, der Zeppelinangrtff sei als ein im Kriege unvermeidliches Miß geschick zu betrachten. Es sei unmöglich, öffentlich die zur Verteidigung von Paris er griffenen Maßnahmen im einzelnen darzulegen. Die Besprechung dieses Gegenstandes wurde sodann aus das Anerbieten des Kriegsministers Gallieni, dem Heeresausschuß Aufklärungen zu geben, vertagt. Schweiz. * Die .Berner Tagwachst teilt eine neu« Lesart mit, die jetzt in Lausanne über. das Bubenstück der Herabholung der Fahne von dem deutschen Konsulat gegeben werde. Hunziker sei schon vor der Denton- stralion mil Geld und dem nöligen Platz, ver sehen worden. Als dann der Streich glückte und die Polizei einichreiten mußte, sei Hunziker im Automobil nach Genf befördert und von dort in einem Motorboot an das savoyische Urer übergeietzt worden. Also organisierter Über fall, organisierte Flucht. *Der Bundesrat hat eine Musterung derNichtmilitärpslichtigen angeorvnet, der sich alle Schweizer Bürger vom 16. bis zum 60. Lebensjahr zu unterwerfen haben, die im Gebrauch einer Schußwaffe ausgebildet sind oder einem Schützenverein angehören oder sonst mit dem Gebrauch einer Schußwaffe vertraut sind. Die Altersklassen 1883 bis 1893 werden allgemein gemustert. Balkanstaaten. *,Petit Parisien' berichtet aus Petersburg, daß in dortigen militärischen und politftchen Kreisen die Rückkehr des früheren rumäni schen Ministerpräsidenten Carp nach Buka rest und sein sofortiger Empfang beim König viel besprochen werde. Man sage, Carp habe in Wien von Osterreich-Ungarn Land- abtret ungen in Transsylvanien und der Bukowina verlangt und versucht, Österreich- Ungarn von der Notwendigkeit, Rumänien Zu geständnisse zu machen, zu überzeugen. Kuf eigner LcdoUe. 4 Roman von Guido Kreutzer. tFortletzung.) „t ihren starrenden Lanzen und Schwerkern den Schild des Eigenmenschen entgegen und wehrte sich mannhaft. Zwang ein trotziges fächeln auf sein Gesicht und schirmte die Frau an seiner Seite. Aber es schwirrten auch Pfeile um ihn, federleicht und ungefährlich, die ihn nicht töteten, nur streiften, kaum die Haut ritzten; und doch so schmerzten. Weil sie in das >üft der höhnenden Ironie, des beißenden Spottes und der dünkelhaften Uberhebung ge raucht waren. Und da räumte er das Schlacht- teld, er — ein Scharrehn! Verlor den Acut und die Freudigkeit, noch länger für die Frau zu sieden. 'Warf Schild und Schwert beiseite und ging zu seinen Staudesgeuossen über. Wurde wieder Schablone und zum Verräter an seinem eignen Weibe. Er hatte den Traum des Eigenmenschen ausgeträumt; und mit dem Erwachen kam die Ernüchterung. Langsam, un merklich fast; aber unaufhaltsam. Nicht einmal der Hans, der in jener Zeit geboren wurde, vermochte es, die beiden Gatten einander wieder näher zu bringen. So er weiterte sich denn der Niß immer mehr und mehr, bis er zu einer breiten Kluft wurde, über die keiner der beiden mehr versuchte, eine Brücke gegenseitiger Verständigung zu schlagen. Ter Graf fühlte sich auf Trerbw und an der Seite seiner Frau unbehaglich, ohne zu bedenken, daß er selbst sie erst zu dem gemacht hatte, was sie letzt war; ein Menschenkind, in dessen Innerem alles zermürbt und zerbrochen war. Und so stichle er denn das, was er in ihr mit brutaler Faust niedergeschlagen hatte, anderswo. Wurde der heimatfremde Gesellschaftsmensch, der moderne Zigeuner, der die innere Leers und Hohlheit seines Herzens auSzusüllen suchte durch rauschende Vergnügungen und galante Abenteuer. Aber wie das immer fo ist: der, den es am meisten angeht, erfährt gewöhnlich am letzten davon. Die Gräfin hatte bisher keine Ahnung von dem Treiben ihres Mannes gehabt. Und wenn ihr auch seine immer länger währende Abwesenheit von Trerow auffiel — sie fragte nie nach den Gründen. Dazu war sie zu fein fühlend und wohl auch zu scheu. Nur im stillen — da grübelte sie und bangte sich um ihn; suchte tausend Nolhelser für sein unstätes Leben auszustellen. Weil ihr die Erklärung dasür fehlte. Und dann erhielt sie mitten in dieses Grübeln hinein einen Brief. Anonym. Mit offenbar verstellter Handschrift. In Berlin auf gegeben. Und der Verfasser dieses Brieses schrieb ihr kurz und brutal: „Ihr Mann be trügt sie systematisch. Er ist Habitus an ver schiedenen unsrer hiesigen Trikottheater. Seien Sie auf der Hut. Und wenn ich Ihnen einen guten Nat geben darf, Frau Gräfin, so ist es der: Schlagen Sie Ihre Nebenbuhlerin mit ihren eigenen Waffen. Gehen Sie bei irgend einer Lebedame in die Lehre, sehen Sie ihr die Mätzchen und Kunststücke ab. Und — Sie werden den Grafen wieder an sich fesseln." Liese jäh über sie bereinbreLenLe Wahrheit war für die stille blaffe Frau ein vernichtender Schlag. Im innersten Winkel ihres Hebens hatte sie sich doch immer noch einen Attar errichtet, auf dem sie dem Maune opferte, den sie geliebt hatte — so rein und so rückhaltslos, wie nur eine Frau lieben kann. Und nun dieses Grinsende, Höhnende: „Ihr Mann betrügt sie systematisch!" — — Ein Jahr schleppte sie sich noch hin, bis sie endlich, gebrochen an Leib und Seele, still erlosch. „Es sollen wohl Berge weichen und und Hüge! hinfallen. Aber meine Gnade soll nicht von dir weichen — spricht der Herr, dein Erbarmer!" Und Hans Scharrehn sah mit scheuen Augen zu dem alten Manne hinüber, der wie ein be geisterter Verkünder des Prophetentums der ewigen Liebe und Verzeihung vor ihm stand. Es dauerte Sekunden, bis er sich aus seinen Sinnen wieder in die Gegenwart zurückfand. Erst nach der Beisetzung der Leiche, als er an der Seite seines Freundes Albrecht Grona, der die Königliche Domäne Noggenthin gepachtet halte, die lange Allee zum Schlosse hinunler ging — erst da regte sich wieder das Leben in ihm. Wie mit erwachenden Augen sah er um sich. In feierlichem Zuge pilgerten ihm die Pappeln entgegen, deren schnecüberladene Aste wie dünne bepuderte Anne aussahen. Und wenn man scharf aufpaßle, konnte man zwischen all dem wirbelnden Flockengiwirr bereits das Trerower Schloß er kennen, das mit seinen breit ausgeladenden Seitenflügeln und der lange» Mitteliront io stutzig von seiner kleinen Anhöhe herab in die Lande sah. Trutzig und herrisch, wie der Wahlspruch der Scharrehns, das „mmguLm tleetM niemals sich beugen! Das stand mit großen ungefügen Lettern ein gehauen über dem massigen Backsteinaufbau deS Mittelportals; und darunter das Wappen: di« weiße Eule im schwarzgelb geteilten Felde; dem ersten Scharrehn vom Kaiser Siegmund verliehen nach der Schlacht bei Böhmisch-Brod, in der die Hussiten vernichtend aufs Haupt geschlagen wurden. Jener Heinrich Maximilian Scharrehn hatte da mals mit seinen drei Neitfähnlein eine ent scheidende Macke gegen die irregulären Utra quistenhorden geritten. So zu lesen in dem Adelsbrief, der als unschätzbares Familiendoku ment sich vom Vater auf den Sohn vererbt hatte und noch heute hoch in Ehren gehalten wurde. Tor Roggenthiner Albrecht schob seinen Arm unter den des Freunds. „«Es ist Dir doch recht, Hans, wenn ich Dich noch ein wenig hcimsuche. Wir haben so manches miteinander zu besprechen." Der Ulan atmete tief aus. .Was fragst Du erst lwch?" ' 3. In dem mit gediegener Pracht erngerrchtelM Arbeitszimmer des Trerower Schlosses setzte sich Albrecht Grona in einen bequemen Sessel, schlug die Beine übereinander und steckte sich eine Zigarre an. Der andere betrachtete diese umständliche» > Vorbereitungen auimelksam: darr» legte er dis
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