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Ottendorfer Zeitung : 07.06.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191606072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160607
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160607
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-06
- Tag 1916-06-07
-
Monat
1916-06
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 07.06.1916
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Der äeutlcbe tzeelieg. Nach langem, endlosem Warten hat sich Eng lands Flotte doch noch einmal in der Nordsee gezeigt, nachdem die Ungeduld unserer braven Blaujacken ans eine harte Probe gestellt worden ist. Ihren prahlerischen Wunsch, die Ratten aus ihren Löchern anszugraben, hatten die Engländer schon selbst verleugnet, ihre Schiffe in Sicherheit gebracht, und unsere Flotte durch streifte vergeblich die Nordsee, sie fand nichts. Sie verzehrte sich in dem glühenden Wunsch, an den Feind zn kommen, und konnte ihn nicht erreichen, muffte warten, immer nur warten, während das Heer glorreiche Schlachten schlug. Welch ein Jubel, welch eine Erlösung muß es gewesen sein, als mau jetzt endlich das Gros der feindlicbeu Kampsflotte in Sicht bekam, wie bange die Erwartung, ob es nun endlich wirklich zur Abrechnung slandhalten würde. Wie im Gesecht bei der Doggerbank, so war auch - hier die Überzahl auf seilen des Feindes. Sie hat uns aber nie in diesem Kriege ge schreckt. So wird es also doch nicht ganz allein der Krieg der KapitänIeiftnantS, endlich haben die großen Brüder unseren Unterseebooten tat- kräilig Helsen dürfen. Wir wollen unseren Feind nicht verkleinern. Ehrlich hat er durch gekämpft und durchgehalten, aber er war uns nicht gewachsen. Und znm ersten Male darf unsere Hochiecffotte sich mit einem Sieg über Englands Flotte in die Bücher der Geschichte eintragen. Der Sieger von Coronell ging ihr voran. Größeres aber noch war ihr vergönnt. Wie stolz mag die Flagge des siegreichen Flottenchefs in den Heimathafen zurückgekehrt sein, wie jubelnd und befreit jeder Mann. Neu gestrafft ist der Bogen. Wir wissen nun, daß uns kein Ziel unerreichbar ist. Horns Riff, das in der amtlichen Meldung über die große Seeschlacht in der Nordsee ge nannt wird, liegt an der Südwestküste von Jüt land, während das Kattcgatt der breite Meeres- arm ist, der die Nordsee zwischen Südschweden und Jütland mit dem Skagerrak und der Ostsee verbindet. Danach hat die Schlacht also in der Nähe der Westküste von Jütland stattge- fnnden. Zu den im amtlichen Bericht aufgeführten englischen Verlusten, ist noch zu bemerken: Das Schlachtschiff „Warspite", 1913 erbaut, hatte 28 900 Tonnen Wasserverdrängung, seine Friedensbesatznng dürste etwa 1400 Mann be tragen haben. „Queen Mary" stammt ans dem Jahre 1913, die Besatzung des 27 000 Tonnen großen Kreuzers betrug 1020 Mann. „Jndesatigable" war 1907 erbaut; die Friedens- bcsatzung des 19 000 Tonnen verdrängenden Kreuzers betrug 760 Mann. Der Panzerkreuzer „Marlborough" ist 1912 erbaut, er halte 25 400 Tonnen Wasserverdrängung. Seine Friedensbesatznng betrug 1200 Mann. Linienschiff „Pommern", das auf deutscher Seite sank, stammte aus dem Jahre 1905; es besaß eine Wasserverdrängung von 13 200 Tonnen. Die Friedcnsaesatzung betrug 743 Mann. Die „Wiesbaden" gehörte zu der Slädteklasse, die etwa 3000 bis 4000 Tonnen verdrängen und etwa 400 Mann Besatzung haben. Der vermißte kleine Kreuzer „Frauen lob" (2700 Tonnen) ist bereits 14 Jahre alt. Die Besatzung betrug 280 Mann. verschiedene UriegMachrichten. Die Überlegenheit der Mittelmächte. Aus Rom kommen widersprechende Presse- äußcrungen über die Kriegslage. In der,Italia' stellt Mattei-Gentili fest, das; die österrei chisch e n H e e r e s b e ri ch t e mit ihren großen Gesangeneuzahlen und der genommenen Ka nonen in Italien bekannt würden und pein liches Aussehen «rächten. Er ermahnt die Italiener, nicht das Vertrauen zu verlieren, aber auch die österreichische Offensive nicht für er ledigt zu halten. Atan solle Ruhe bewahren. Das Gerede über eine große gemein same Offensive der Alliier 1 en be zeichnet er als leere Phrase; den Angriff von Heeren regele man nicht wie das Auftreten eines Balletts. Die ,Jdea Nazionale' bedauert es, daß trotz der Offensive bei Verdun, im Tren- f)exengo!cl. 8lj Nomon von H. Courths-Mahlcr. WoM-tzunq.) . k. „Ich bin au Einsamkeit gewöhnt, Mama, «nd habe ja dich. Wirklich — ich mag von Ravenau nicht fort. Aber wenn du nach Ab wechselung verlangst, so nimm, bitte, keine Nück- iicht ans mich," Krau von Sterneck schüttelte den Kopf. „Kind — nicht für mich, mir in deinem Interesse machte ich den Vorschlag. Ich glaubte, du sehntest dich nach Herbert." Jutta wandte sich ab. „Er kommt ja zu Weihnachten," sagte sie leichthin. „Ei, welch' ein vcrnünstiges kleines Bräutchen bist du!" Jutta sah die Mutter an, als wollte sie etwas erwidern, preßte dann aber die Lippen auseinander, um ihre Bemerkung zurückzuhalten. Sie setzte sich nieder und stützte den Kopf in die Hand. Dann sagte sie scheinbar ruhig: „Ich kann nun einmal nicht überschwänglich empfinden, wie es vielleicht die Bräute in Ro manen tun." Frau von Slcrncck seufzte. „Freilich, das Leben ist auch ganz anders. Die großen Gefühle sterben in unsrer nüchternen Zeit aus. Es ist ja auch friedlicher und be haglicher, wenn man in diesem Punkt nicht zu überschwänglich ist, wie du sagst. Wenn du aber nur' ein wenig froher und vergnügter wärest!" -Ich bin ein schwerfälliger Charakter, Mama. tino und bei Riga die Mittelmächte noch Zeit fänden, sich um den Balkan zu bekümmern, ihre Überlegen heit trete in dieser Allgegenwart leider deutlich zu tage. ,Popolo d'Jtalia' verlangt in einem Leit artikel, daß Italien seine Grenzen bis zum Brenner ausdehne, und erinnert die Männer der Regierung an die große Verantwortung, welche auf ihnen laste. q- Russische Entlastungsoffensive ? Während die Russen in ihren bisherigen Kämpfen an der beßarabischen Front, besonders in der Januaroffensive, ihre Angriffstätigkeit gegen die südliche Hälfte der beßarabischen Front richteten, haben sie jetzt ihre Aufmerksamkeit der nördlichen Hälfte des Kampf geländes gewidmet. Seit dem 18. Mai greift die russische Artillerie hier an, und zwar schickt sie ihr Artilleriefeuer, allerdings sehr intensiv, nur zu gewissen Zeiten des Tages und der Nacht. Angeblich soll es sich hier um die Ein leitung einer Entlastungsoffensive gegenüber der österreichisch-ungarischen Offensive in Italien handeln. Doch waren die Witterungsverhält nisse der letzten Tage einer großangelegten Offensive ungünstig. Die Russen haben sich bisher mit Ausnahme einiger kleinen Annähe rungsversuche nicht an die österreichische Front herangewagt und beschränken sich meist auf Artilleriebeschießung, die von den österreichischen Geschützen regelmäßig und mit derselben Heftig keit erwidert wird. * Dio Operationen in Mazedonien. Aus Paris wird gemeldet, daß einer Salo- nikier Depesche zufolge die Franzosen Poroj besetzten. Die .Daily Chronicle' betont in einem Leitartikel, daß es unmöglich sei zu er fahren, was wirklich in Griechenland vorgeht. Das Blatt sagt: „Wir sind durch die griechische Zensur ganz abgeschnitten. Die Zensur macht sich gegenüber den Vierverbandkorrespon denten mit. eiserner Strenge geltend. Es ist augenblicklich unmöglich, eine Nachricht aus Griechenland zu bekommen, außer in den Farben, wie das Kabinett Skuludis sie wünscht." Oeutlcker Keickstag. (Orig.-Bcricht.) . Berlin, 2. Juni. Der Reichstag nahm am Mittwoch die Be ratung der Kriegssteuervorlagen in Angriff. Das Haus war sehr fchwach besetzt, und es folgte nur eine geringe Anzahl von Abgeordneten der allgemeinen Aussprache. Die Bewilligung einer Nachtragsforderung zum Bau einer Gesandtschaft in Sofia, die Staatssekretär v. Jagow begründete, bildete den Anfang der Sitzung. Die allgemeine Erörterung eröffnete Abg. Herold (Zentr.), der ausdrücklich betonte, daß die vorliegenden Steuern nichts an dem alten Grundsätze ändern: indirekte Steuern dem Reich, direkte den Einzelstaaten. Die Steuerbewilligung sei eine der unangenehmsten Aufgaben des Parlamentes, jeder Patriot werde daher die er zielte Einigung begrüßen. Der Reichstag gebe mehr, als die Regierung forderte; diese Opfer- Willigkeit bürge für den Sieg unserer Sache. Abg. Stollen (Soz.) vermißte in den neuen Steuern jeden schöpferischen Gedanken, und auch von der Neuorientierung sei nichs zu spüren. Die jetzige Vermögenssteuer sei kein Ersatz sür einen neuen Wehrbeitrag. Ddr Besitz müsse tief in den Beutel greifen, dann könne man ohne Belästigungssteuern auskommen. Die Verkehrsabgaben und Tabaksteuer lehne seine Fraktion ab. Abg. Wiemer (Fortschr. Vp.) bedauerte, daß sich die Sozialdemokraten der Einigung ent zogen haben, die hen größten Eindruck auf das Ausland gemacht hätte, und hielt eine großzügige Neu regelung der Finanzbeziehungen zwischen Reich und Einzelstaaten nach dem Kriege für not wendig. Auch Abg. Keinath (natl.) hielt die Bewilligung der Steuern sür ein Gebot der Stunde; seine Freunde stimmen zwar nicht mit besonderer Freudigkeit zu, aber das Gesamtbild sei immer noch erträglich. Die größere Auf gabe sei der Zeit nach dem Kriege Vorbehalten und werde dieselbe feste Entschlossenheit finden wie die vorliegende. Abg. Westarp (kons.) betonte, daß seine Partei unbedingt an dem Grundsätze festhalte, daß die direkte Besteuerung von Vermögen und Einkommen den Einzelstaaten Vorbehalten bleiben müsse; am bundesstaatlichen Charakter des Reiches dürfe nicht gerüttelt werden. Die Lasten der Einzelstaaten und Gemeinden werden nach dem Kriege weiter wachsen; deshalb aber dürfe das Reich seine Hand nicht auf die Ver mögen und Einkommen legen, wodurch der Be sitz, der eine der wesentlichsten Grundlagen wirt schaftlicher und kultureller Wohlfahrt sei, ent eignet würde. Die konservative Partei sei gegen den neuen Wchrbeitrag, weil dadurch der Grenzstein zwischen den Steuer gebieten des Reiches und der Einzelstaaten ver schoben worden wäre. Die Zustimmung der Mehrheit seiner — des Redners — Freunde zum Kompromiß bedeute keine Zustimmung zu einer künftigen Verschiebung der Besteuerungs grenze; nur der Charakter der Einmaligkeit be dinge diese Zustimmung. Die deutsche Volks wirtschaft werde alle Sieuern tragen können. Staatssekretär Dr. Helfferich ging vor nunmehr stark besetztem Hause auf die Steuer vorlagen ein und betonte, daß ein Kompromiß niemanden recht befriedige, auch die verbündeten Regierungen nicht, aber der Wille, den Reichs tag zur unbedingt notwendigen Geschlossenheit zu bringen, sei ausschlaggebend gewesen. Der Zukunft bleiben die. grundsätzlichen Fragen über lassen, wenn es keinen Feind mehr gebe. Der gesundeue Ausweg sei nicht der schlechteste. Der Wehrbeitrag war für die Regierungen unan nehmbar, da sie ihr Wort gegeben hatten, ihn nicht zu wiederholen. Was die indirekten Steuern betreffe, so seien sie so ge staltet, daß fast nur die wohlhabenden Kreise davon betroffen werden. Die Umsatzsteuer sei ein erster Versuch; ihr Ausbau könne nach den Erfahrungen der Erhebung erfolgen und sei wohl möglich. Ein großer Vorteil' sei die Steigerung des Steuerertrages, der sich nun mehr auf 640 Millionen belaufen werde. Dazu komme der Ertrag der Kriegsgewinnsteuer, der wohl eine Milliarde überschreiten dürfte. Der Staatssekretär schloß, daß das deutfche Volk mit der Annahme der Vorlagen beweisen werde, daß es kein Opfer scheue, um durchzuhalten bis zum endgültigen Sieg. Weiter sprachen sich noch die Abgg. Mertin (Deutsche Fr.) und Seyda (Pole) für die Steuern aus, während die Abgg. David (Soz.) und Bernstein (soz. Arbeilsg.), der insbe sondere auf die bessere Finanzierung des Krieges in England wicS, die Steuern ablehnten. Staatssekretär Dr. Helfferich entgegnete, daß dort die Erhöhung der direkten Steuern von einer Erhöhung der indirekten begleitet sei, bei der den Deutschen die Augen übergehen würden. So wurde z. B. die Steuer auf Zucker verfünffacht. Wenn aber der Abg. Bern stein sagte, er, der Staatssekretär, verlängere durch seine Reden den Krieg, so lasse sich das eher von den Reden von jener Seite sagen. 8 1 des Kriegsgewinnsteuergesetzes wurde angenommen, ebenso der Nest des Gesetzes. Die Sitzung vom Freitag wurde vom Präsi dent Dr. Kaempf mit einer Ansprache er öffnet, in der er-unter lebhaftem, oft stürmischem Beifalle des Hauses der Seeschlacht in der Nordsee gedachte und den tapferen Besatzungen der deutschen Schiffe den Dank des Vaterlandes aussprach. Admiral Heb binghaus ergänzte die Ansprache durch Mitteilung der englischen und deutschen Verluste, soweit diese letzteren schon bekannt waren. Das Ergebnis der Kampf- Handlung sei ein erfreulicher, bedeutender Erfolg der deutschen Streitkräfte gegenüber einem sehr viel stärkeren Gegner. Der Hauptteil der deutschen Flotte sei in die Häfen zurückgekehrt. Personal und Material habe sich glänzend bewährt, die Stimmung sei vorzüglich. Das Haus dankte mit stürmischem Beifalle und trat dann in die Verhandlungen ein. Eine Reihe von Rechnungen wuroe opne Eronerung in dritter Lesung erledigt, ebenso das Kriegs kontrollgesetz in erster und zweiter Lesung. Die Änderung des Kaligesetzcs wurde nach kurzer unwesentlicher Erörterung mit den Entschließun gen des Ausschusses in zweiter Lesung ge nehmigt. Der Haushalt der Schutzgebiete und des Neichskolonialamts wurde erledigt, nachdem der Berichterstatter Abg. Dr. Wald st ein (Fortschr. Vp.) der Schutztxuppe und der tapferen Bevölkerung von Kamerun den Gruß des Hauses entboten hatte. Außerdem hielt es Abg. Henke (Soziale Arbeitsg.) für notwendig auszusprechen, daß die Kolonialpolitik früherer Jahre der Zivilisation nicht entsprochen habe. Nunmehr trat das Haus in die zweite Be ratung des QuittungsstempKgesetzes ein, das der Ausschuß zu einer Warenumsatzsteuer um gestaltet hatte. Abg. Cohen (Soz.) meinte, der Staats sekretär hätte der Steuerkraft der minderbemit telten Bevölkerung die Umsatzsteuer ersparen können, die jedenfalls ein Dauergesetz werden könne. Staatssekretär Dr. Helfferich erwiderte dem Redner, daß er ja nur das Kind des Hauses adoptiert habe. Wenn der Vorredner die Ausschußfassung genau gelesen Hätte, würde er dem Hause sehr viel Zeit erspart haben. Schließlich wurde Artikel 1 angenommen. In der Einzelberatung beantragte Dr. O eitel (kons.), die vom Ausschuß mit knapper Mehrheit beschlossene Befreiung der Gas-, Waffer- und Elektrizitätsabgaben abzulehnen, da sie lediglich eine Befreiung zu gunsten der Großstädte darstelle. Das Haus beließ es indessen beim Ausschußbeschluß und genehmigte auch den Rest des Gesetzes, ohne daß es zu wesentlicher Erörterung kam. Nunmehr wurde die namentliche Abstimmung über den sozialdemokratischen Antrag auf Ab änderung des Z 1 des Kriegsgewinnsteuer gesetzes (Entrichtung einer besonderen Abgabe vom Vermögen — Kriegsvermögenszuwachssteuer — und Entrichtung eines Drittels des Wehrbei trags) vorgenommen. Der Antrag wurde mit 249 gegen 104 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Die . übrigen sozialdemokratischen Anträge wurden ebenfalls abgelehnt. Auch die Empfehlung einer Erbschaftsabgabe durch den Sozialdemokraten Brey hatte kein anderes Ergebnis, als daß das Haus den Ausschußanträgen zustimmte, nachdem Staatssekretär Dr. Helfferich be merkte, daß der gegenwärtige Augenblick der denkbar ungünstigste zur Einführung einer Erb schaftssteuer wäre. Weiter protestierte der Staats sekretär gegen die Behauptungen, daß die neuen Steuern die breiten Massen belasten. Der sozialdemokratische Antrag wurde übrigens in namentlicher Abstimmung mit 247 gegen 104 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Das ganze Gesetz wurde nach dem Kom- promißantrage angenommen. Das Haus trat dann noch in die Beratung der Tabaksteuer vorlage ein, die der Abg. Deichmann (Soz.) ablehnte. Dann vertagte sich das Haus. Politische Kunäschau. Deutschland. *Kaiser Wilhelm hat der Ostfront einen Besuch abgestattet und dabei den Feld marschall Hindenburg durch eine Ansprache ausgezeichnet. Der Monarch stattete dem Kriegs helden seinen eigenen und den Dank des Vater landes ab und sagte u. a., Hindenburg sei der Nationalheros der Deutschen geworden. *Reichskanzlerv. Bethmann Hollweg hat seine Süddeutschland-Fahrt nach München, Stuttgart, Karlsruhe und Darmstadt beendet. Die Besprechungen nahmen einen hochbefriedi genden Verlauf. * Fürst Leopold zur Lippe hat aus Anlaß seines Geburtstages eine Stiftung sür lippische Kriegsinvaliden und unversorgte Hinterbliebene.gefallener Helden ins Leben gerufen, die ihren Sitz in Detmold haben wird. und habe, wie du weißt, in letzter Zeit manches zu verwinden gehabt. Deine Lebensgeschichte hat mich sehr ergriffen und mir gezeigt, wie schwer das Leben, sein kann, Was wußte ich bisher vom Leben und seinen Kämpfen? Nun bin ich etwas aus dem Gleichgewicht gekommen. Laß mich nur erst innerlich mit alledem fertig sein, dann sollst du dich nicht mehr über mich beklagen." Frau von Sterneck stand auf und um armte sie. „Mein armes Kind, wie leid. tut es mir, daß ich dir diese Erfahrungen nicht ersparen konnte! Aber sei nur getrost! Wenn du erst mit deinem Galten in die große schöne Welt hineinkommst, wirst du schon Freude am Leben finden. Ich sehe dich schon im Geiste als ge feierten Mittelpunkt einer glänzenden Gesell- fchaft, in herrlichen Toiletten, geschmückt mit den wundervollen Familiendiamanten der Ravenaus. Hast du je etwas Schöneres gesehen als diesen Schmuck?" Ich habe ihn noch nie gesehen." Frau von Sterneck schüttelte verwundert den Kopf. „Du hast ihn noch nie gesehen? Wer Jutta, du bist wirklich ein seltsames Mädchen. Besitzest die herrlichsten Steine, um die dich jede Frau glänzend beneiden würde, und siehst sie dir nicht einmal an! Das müssen wir gleich nachholen. Geh' Kind, hole den Schmuck, ich sehe ihn mir auch gern wieder an. Alte Erinnerungen an eine glückliche schöne Zeit, da mich dein Vater liebend damit schmückte, werden in mir geweckt. Da war ein Diadem von Smaragden und Brillanten^ das konnte er in meinem Haar nicht- genug bewundern. Geh', Jutta hole es. Die Zett - wird uns beim Be trachten schnell genug vergehen." ' Jutta erhob sich bereitwillig, um der Mutter eine Freude zu machen,, und begab sich in das Arbeitszimmer des Großvaters. Als sie den Schlüssel zum Wandschrank, den sie an einer Kette um den Hals trug, hervorholte, gedachte sie der Stunde, als ihr der Großvater diesen Schlüssel überreichte, und der Woret, die er da bei gesprochen: „Versprich mir, so lange ich lebe, die Kassette nicht zu öffnen — außer wenn ich dir selbst die Erlaubnis dazu gebe." .Langsam schloß sie den Schrank auf, nahm die Kassette heraus und stellte sie behutsam auf den Tisch. Wie spielend glitt dann ihre Hand über den Deckel, um zu ermitteln, ob der Verschluß sich leicht öffne. Kaum hatte sie die kleine Rosette berührt, da sprang der Deckel zurück. Ver wundert gewahrte sie den Brief, der oben in der Kassette lag. „Für meins herzlich geliebte Enkelin Jutta," stand in des Großvaters charakteristischer Hand- fchrist darauf. Das junge Mädchen fuhr er schrocken zusammen und starrte mit großen Augen auf diese Worte. So schrieb er auf den Brief, er, der sie nach dem Ausspruch ihrer.Mutter gehaßt haben sollte? - Hastig barg sie das Schreiben in der Tasche ihres Kleides, um es später zu lesen. Instinktiv war diese Bewegung, vom Moment eingegeben, sie kennzeichnete aber die Art, wie sie im Innern zu ihrer Mutter stand. Ganz selbst verständlich erschien es ihr, daß der Anhalt nicht geeignet sei, ihn der Mutter mitzuteilen. Schnell warf sie den Deckel der Kassette zu und trug sie, nachdem sie auch den. Schrank verschlossen, aus dem Gemache. Auf ihren Wangen lag ein leises Not und ihre Augen blickten lebhafter. Ihre Mutter betrachtete sie lächelnd. „Du siehst aus, als hättest du schon einen Blick in diese Schatulle geworfen.", Jutta errötete noch mehr. „Nur flüchtig," erwiderte sie leise. „Desto gründlicher wollen wir das nun tun. Komm, setze dich hierher. . Ich will dir die ein zelnen Stücke so gruppieren, daß sie gut zur Geltung kommen." Sie öffnete die Kassette und legte ein Stück des Schmuckes nach dem anderen auf ein Deckchen aus mattgelbem Samt, das oben über den Schmuck gebreitet gewesen. Das eine und andere Stück befestigte sie an ihrer Toilette, um die Wirkung vor dem Spiegel zu erproben, und das Diadem, von dem sie gesprochen, drückte sie sich ins Haar. „Ah —' es sieht im schwarzen Haar nicht annähernd so schön aus, als in meinem Gold blond. Wirklich, Kind, mein Haar war meine größte Schönheit. Aber ich habe es um deinet willen gern geopfert. Sieh nur, welches Feuer die Steine ausstrahlen! Herrlich, wundervoll!" Sie drehte sich nach allen Seiten, und Jutta mußte gestehen, nie etwas Schöneres gesehen zu haben. Gwendoline löste endlich das Diadem aus
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