Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 01.06.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191606012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160601
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-06
- Tag 1916-06-01
-
Monat
1916-06
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 01.06.1916
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Xampf c'en frieäen. Unter Zugrundelegung der Antwort des deutschen Reichskanzlers an Grey beschäftigt sich der Pariser,Demps' erneut mit Deutschlands Friedensbereitschast. Utopisten und Träumer nennt das Blatt die Förderer und Anhänger der Friedensidee in den alliierten wie in den neutralen Ländern, die so wenig den Frieden machen würden, wie eine Schwalbe den Frühling. Der deutsche Kanzler aber rechne darauf, daß ihre Zahl größer werde, und arbeite mit aller Kraft darauf hin. In Erwiderung auf die Erklä rungen des Kanzlers greift,Temps' wieder zu den gewohnten Verdrehungen und schließt mit den Worten: Möge der Kanzler sein Doppel spiel fortsetzen. Die Verbündeten haben den Zweck des Manövers erkannt und ihm ihren unerschütterlichen Entschluß entgegengesetzt, den sie nicht nur durch Erklärungen ihrer Regierungen und Staatsmänner bekräftigen. Sie setzen ihn auch auf dem Schlachtfelde und in den Kriegs werkstätten in die Tat um. Deutschland wird uns nicht mit List den Frieden aus den Händen nehmen, den es uns mit Gewalt nicht ent reißen kann. Diese Ausführungen, die den Frieden ab lehnen, werden durch die jüngsten Vorkommnisse in der Kammer unterstützt. Dort sagte der Deputierte Blanc wegen eines Verbotes von Versammlungen, in welchem er eine einseitige Stellungnahme der Regierung gegenüber ge wissen Arbeiterkreisen sehen wollte. Seine Tagesordnung wurde abgelehnt. Darauf inter pelliert Raffin-Dugeß wegen gewisser kürzlich gehaltener Reden, wie sein Vorredner, unter großem Lärm und häufig stürmisch unterbrochen; er sagte u. a.: Diese Reden sind allzu kriege risch und dienen in keiner Weise der Sache des Friedens, sind vielmehr geeignet, den Konflikt zwischen den beiden Völkern zu verlängern, die aufeinander losgestürzt sind. Diesen Worten folgte ungeheurer Lärm, Protestrufe und Forderungen sofortiger Wortentziehung. Nach einem Wort wechsel mit dem Präsidenten berichtigte Redner sich dahin, er habe nicht sagen wollen, daß Frankreich sich auf Deutschland gestürzt habe, und fuhr fort: Ich habe wiederholt behauptet, daß die Völker irregeführt und durch mehr oder minder schlechte Regierungdn an den Abgrund geführt worden sind. Zu Greys Interview übergehend, meinte Rasfin, daß es geeignet wäre, zum Frieden zu führen. Es wäre nicht notwendig, daß in gewissen alliierten Ländern gewisse Irrtümer die Ursache einer Verlängerung des Krieges würden. Lebhafte Protestrufe links, rechts uno in der Mitte veranlaßten den Präsi denten, über die Interpellation abstimmen zu lassen, die sofort verworfen wurde. Auch Ministcrpräiident Briand '^.ßerts sicht emeul. gegen die Friedensströmun; Die- > jenigen, die ihr Blut vergießen, sagte er in einer Unterredung, fordern Zeugnis von uns. Daß wir den Krieg nicht gewollt haben, macht unsere Kraft ans. Wir tragen die Stirn hoch und haben ein reines Gewissen. Keine der Herausforderungen, die die Welt seit 25 Jahren gehört hat, ist von uns ausgcgangen. Wir haben daraus mit dauerndem Suchen nach friedlichen Lösungen geantwortet. Das Wort „Frieden" ist eine Lästerung, wenn es be zeichnet, das; der Angreifer nicht bestraft werden soll, und daß Europa morgen Gefahr läuft, aufs neue der Willkür einer Militärtaste unterworfen zu werden, die von Hochmut und Herrschsucht trunken ist. Der Friede wird aus unserem Siege hervor gehen. Der Friede muß auf das Völkerrecht begründet und von Bürgschaften gewährleistet sein, gegen die kein Land aufbegehren kann. Dieses Ideal macht die Größe unserer Aufgabe aus. Dieser Sieg kommt. Deutschland trium phiert nicht. Es scheint, daß es sich vor den Äugen der Welt mehr und mehr erniedrigt, es lebt in Furcht, Angst Md Gewissensbissen. Es iü die Macht des Ideals, welche wirkt. Das bedeutet für Deutschland den Anfang des Endes und für uns die Gewißheit, daß die Sieges- nunde bald schlagen wird. Die Verbündeten geben ihr Blut, ihre Männer und ihr Material an die gemeinsame Sache. Es will gegenüber solchen Äußerungen wenig bedeuten, wenn sich gewisse Kreise immer wieder auf Amerika berufen, wo eine starke Strömung zugunsten des Friedens vorhanden sei. Mit Recht sagt dazu der Budapester ,Pesti Hirlap': Die Frieoenspuppe, nämlich die Trustherren, die Europa beherrschen wollen, ist schön aufge putzt, aber innen hohl. Wir wollen nicht mit ihr spielen. Zum Frieden sührt nur der gerade Weg durch die Fronten unserer Feinde. Wenn es die Union ernst meint mit dem Frieden, so müßte Wilson nur dje Munitionslieferungen einstellen, oder gegen Englands Aushungerungs blockade auftreten. Er hätte sich direkt an sämt liche Kriegsteilnehmer wenden müssen. So hat es den Anschein, daß Amerika den langen Weg wählt, der zum Frieden führt, damit es in der Lage ist, inzwischen noch ruhig weiter seine Munitionsgeschäfte abzuwickeln. verschiedene Uriegsnachnchten. Die Lage bei Verdun. Die Pariser Blätter besprechen fast rückhalt los den Rückgang inderGefechts- tLtigkeit, der in der Schlacht an der Maas eingetreten ist. .Journal' schreibt: Der Angriffs tag hat nicht den Hoffnungen entsprochen, die man aus den Anstrengungen der letzten Tage geschöpft hatte. Dor allem der Verlust des Forts Douaumont ist schmerzlich wegen der großen Opfer, die gebracht worden sind, um es ' zu erobern und zu behalten. ,Echo de Paris'! sagt, daß die deutsche Offensive auf dem linken j Maasufer eine ernstliche, wenn nicht beunruhigende Wendung angenommen hat. — Die Baseler Blätter melden von der französischen Grenze: Seit Montag treffen fast täglich Ver- wundetenzüge aus dem Kampfgebiet von Ver dun in Südostfrankreich ein. Die Lazarette sind teilweise jo überfüllt, daß vielfach Not lazarette eingerichtet werden mußten. — Interessant ist die taktische Erklärung des ,Journals des Dökats', nach der der deutsche Gegenstoß die französischen Sturmkolonnen bei Douaumont auf beiden Flügeln zurückwarf, so daß das Zentrum, das bereits einige Fort schritte erzielt hatte, den Halt verlor, infolge dessen zurückweichen und den unter ungeheuren Verlusten erkauften kleinen Geländegewinn wieder aufgeben mußte. Die jüngsten Erfolge der Deutschen bewiesen, daß die deutsche Offensive gegen Verdun noch lange nicht erlahmt sei. ? General Gallieni P. General Gallieni ist in Paris ge storben. Er war einer der Männer, auf die Frankreich in Stunden tiefster und höchster Not hilfesuchend seine Augen richtete. Gros; geworden und ausgezeichnet in dem krie gerischen Kleinwesen der Kolonialkriege, fand er sich in den ungeheuren Verhältnissen des Welt krieges völlig ungeahnten Aufgaben gegenüber. Als der stürmische Vordrang der Deutschen die Franzosen für ihre Hauptstadt zittern ließ, ward ! Gallieni zum Kommandanten von Paris er- s nannt. Er sand keine Gelegenheit, als solcher der Netter Frankreichs zu werden. Er wurde > ferner auf den Posten des Kriegsministers be rufen, war aber nicht imstande, an diesem Platze die großen Dinge zu vollbringen, die man von ihm erwartete und forderte. Er verbrauchte sich auf diesem Posten so rasch wie sein Vorgänger, um einem neuen Mann Platz zu machen, dessen Erscheinen Frankreich neuen Vorwand zu neuen Hoffnungen bieten konnte. * Englische Hilfe hinter der Wront. England beschloß, nach einer Meldung des ,Comers della Sera',, einige Bataillone nicht frontdienstfähiger Eingezogener Frankreich für den Dienst hinter der Front zur Verfügung zu stellen. Eine ehrliche italienische Zeitung. Im Leitartikel verlangt die römische,Tri buna', man müsse die von allzuvielen ängstlich gemiedene Wahrheit und alle von ihr abhän genden Möglichkeiten und Probleme offen und ernst ins Auge fassen, und sagt unter anderem: Wir haben die Österreicher in einem Teil un ¬ seres GebirgSlandeS und haben einige Schlappen erlitten. Wir erinnern daran, daß Österreich, das uns diesen Schlag versetzte, im ersten Kriegs jahr während der Invasion Galiziens und der Bukowina ungeheure Verluste an Toten, Ver wundeten und Kriegsmaterial hatte. Österreich, das einer sicheren nationalen Grundlage ent behrt, voll innerer Widersprüche ist und nach Millionen zählende Feinde im eigenen Lande hat, verstand es, tiefwurzelnde Energien wieder zuerwecken. Diese setzten es instand, den Krieg mit neuer vermehrter Kraft und größerem Glück wieder aufzunehmen. Obschon es' sich um un seren Feind handelt, obschon Österreich diese auf zähem Willen beruhende Kraft zum guten Teil gegen uns richtet, wollen wir die Wahrheit an erkennen. Neue Schritte des Bierverbandes in Bukarest? Die Gesandten der Verbündeten erhielten von ihren Regierungen bereits Anweisungen für die geplantenneuen Schritte gegen über der rumänischen Regierung. Auf der russischen Gesandtschaft in Bukarest wird jetzt an der Fertigstellung einer Note gearbeitet, die von den Gesandten der Verbandsmächte namens ihrer Regierungen in übereinstimmendem Wortlaut einzeln überreicht werden soll. Das Snäe Monacos. Frankreichgegenden.BundeSgeno ssen". Dieser Krieg, oder besser gesagt, die auf ihn folgenden Friedensverhandlungen werden mancher geographischen Eigentümlichkeit auf der europäi schen Länderkarto und mancher mit einer solchen Eigentümlichkeit verbundenen monarchischen Scheinherrlichkeit ein Ende bereiten. Nach Be richten der ausländischen Presse.hat es den An schein, als besorgten bereits jetzt die Willkür- Handlungen des Vierverbandes da und dort die Vorarbeiten dazu. Zwischen Frankreich und dem kleinen, etwas übel beleumundeten Fürstentum Monaco bestand von jeher eine innige Verbindung. Nun aber haben die Franzosen verschiedenen, zum Teil sogar französischen Nach richten zufolge einen so festen Fuß in diesem Fürstentum genommen, daß man ruhig an nehmen darf, der Fürst von Monaco, der greise Alfred III., wird seine Lieblingsbeschäftigung, bekanntlich die Tiefseeforschung, nach dem Kriege nicht mehr als Fürst von Monaco, sondern als Privatmann fortsetzen. Denn Frankreich zeigt deutlich sein Bestreben, seinen Besitz der Riviera durch die Annexion von Monaco^ zu ergänzen und zu vervollständigen. Sämtliche Gesetze, die der Kriegszustand in der Riviera anzuordnen veranlaßte, fanden und finden auch ihre Anwendung im Reiche Alfred III. Gleich zu Anfang des Krieges eröffnete eine An zahl französischer Geheimpolizisten ihre Wirksam keit in Monaco und Monte Carlo zur Beob achtung der sich dort aushaltenden Fremden und zur Überwachung des Verhaltens der gesamten Bevölkerung. Die Wacht an der ligurischen Küste kann allein von der Armee des Fürstentums Monaco nicht besorgt werden, denn diese beträgt — 125 Mann (I). Die französischen Soldaten jedoch, die sich seit Ausbruch des Krieges in Monaco aufhalten, tun ungeniert, als befänden sie sich zu Hause, und auch andere Maßregeln deuten beinahe einwandfrei darauf hin, daß es nunmehr mit der Selbständigkeit des kleinen Fürstentums sein Ende haben wird, vorausgesetzt, daß Frankreich bei den Friedensverhandlungen diese Absicht wird durchführen können. Kommt Monaco an Frankreich, so wird es wohl diesmal — das dritte Mal — bei ihm bleiben. Schon im 17. Jahrhundert stand es unter französischer Oberhoheit, dann wieder von 1793 bis 1814. Im Pariser Vertrag vom 20. November 1815 wurde ihm seine Selb ständigkeit wieder zurückgegeben, das Schutz- Verhältnis jedoch auf Sardinien übertragen. Das Fürstentum, eine absolute Erbmonarchie mit einem aus fünf Mitgliedern bestehenden Staatsrat, hat einen Umfang von annähernd 1V- Quadratkilometern und eine Bevölkerung von nicht ganz 20000 Seelen. Früher war das Fürstentum etwas größer. Als aber im Februar 1861 Nizza an Frankreich kam, trat Mona«, gegen eine Entschädigung von vier Millionen Fran! die Gemeinden Roccabruna und Men tons ebenfalls an Frankreich ab. Damit be schränkte sich Monacos europäische Größe und „weltumspannende" Bedeutung auf Monte Carlo, das in seinen weltberühmten Spielsälen die buntgemischteste internationale Gesellschaft bei sammen sah. Es bleibt abzuwarten, ob die. französische Regierung dem Roulette und Trente-et-quarante ein Ende machen wird, oder ob sich auch nach diesem Kriege die wagemutigen Spieler in alter Weise dort wieder zusammenfinden werden. politilcbe AuiEckau. Deutschland. * Reichskanzler v. B e t h m a n n H o l l w e g, der in München eingetroffen ist, wurde in längerer Audienz vom Könige empfangen und hatte ein gehende Besprechungen mit den leitenden Staats männern. Von München begibt sich, der Kanzler nach Karlsruhe. Natürlich knüpfen sich in poli tischen Kreisen an diese Reise allerhand Ver mutungen. Es handelt sich selbstverständlich nicht um eine Höflichkeitsvisite oder eine Er widerung des Besuches des Grafen Hertling in Berlin; vielmehr ist man sich in zuverlässig unterrichteten Kreisen darüber klar, daß diese Reise, wie die vorjährige des Reichskanzlers, dem Bedürfnis entspringt, mit den süddeutschen Höfen und Ministerien in engere persönliche Fühlung zu treten wegen der Fragen, die uns alle bewegen und an denen, wie an der zu künftigen Gestaltung der elsaß-Iothrin- gischenAngelegenheit, die süddeutschen Staaten, insbesondere Bayern, besonders inter essiert sind. Naturgemäß werden bei diesem Besuch auch die verschiedensten Fragen der äußeren Politik berührt werden. Daß dafür das Bedürfnis einer persönlichen Aussprache vor- Händen ist, liegt auf der Hand. -Die neue Kreditvorlage, die dem Reichstage noch vor den Sommerferien zugehen soll, wird nach verschiedenen Blättermeldungen 12 Milliarden betragen. Es ist aber keineswegs gesagt, daß die Anleihe sofort auf gelegt werden soll. Vielmehr sind unsere Kriegs kosten durch den Betrag der früher gezeichneten Anleihen bis in den Herbst hinein sichergestellt. Da der Reichstag aber voraussichtlich bis Anfang November sich vertagt, muß er vor seinem Aus einandergehen noch weitere Mittel für die Fort setzung des Krieges bewilligen. Die Regierung erhält dadurch freie Hand. DaS ist auch in sofern von besonderem Vorteil, als sie über den Zeitpunkt, zu dem sie die neue Anleihe heraus geben will, rechtzeitig verfügen kann und nicht zu warten braucht, bis die bisher ausgestellten zu Ende gehen. Österreich-Ungar». * Nach endgültiger Feststellung haben die Zeichnungen auf dis v ierte österreichische Kriegsanleihe 4442 Millionen Kronen ergeben, von denen 2 314 350 000 Kronen auf die vierzigjährige, 5V, °/o. amortisierbare Staats anleihe und 2127 659000 Kronen auf am 1. Juni 1923 rückzahlbare Staatsschatz scheine entfallen. Die Zeichnungen der Armee im Felde sind in diesen Beträgen noch nicht enthalten. England. - Die Note der amerikanischen Regierung, in der gegen die B e.h a n d - lung der neutralen Post durch England und Frankreich Beschwerde geführt wird, ist in London veröffentlicht worden. Sie kennzeichnet die Handlungsweise der Verbündeten als eine ungesetzliche und eigenmächtige Methode, durch die neutrale Schiffe ge zwungen werden, englische oder französische Häfen anzulaufen, um dort ihre Post beschlag nahmen zu lassen. Ferner wird über den un ersetzlichen Verlust wichtiger Poststücke und über die wiederholten Verspätungen in der Beförde rung der Post Klage geführt. Nur eine gründ liche Änderung dieser Politik könue die Ne gierung der Ver. Staaten zufriedenstellen. f)exengo!ä. Roman von tz. Courths-Mahler (Fortsetzung.) Frau von Sterneck lachte höhnisch auf, und dieses Lachen tat Jutta fast körperlich weh. „Nun, für Ihre mangelhafte Wachsamkeit sind Sie hinlänglich bestraft, denn der Lohn, den man Ihnen dafür bot, mich von Ravenan fern zuhalten, ist Ihnen entgangen. Meine Tochter hat es vorgezogen, sich selbst den Verlobten zu wählen. Dis Zeiten, da man Frauen als Sklavinnen verkaufte, sind vorbei." Götz wandte sich mit einer ruhig vornehmen Gebärde von ihr. ab und Jutta zu. „Gnädige Komtesse, ich bin hierhergekommen, um ein Ehrenwort einzulösen, das ich ihrem verstorbenen Großvater gab. Unabhängig von anderen Ereignissen unterziehe ich mich der Er füllung dieser Verpflichtung. Ihr Herr Groß vater trug mir auf, mit allen Mitteln zu ver hindern, daß die geschiedene Gattin seines Sohnes sich Ihnen nähere. Sollte sie dennoch bis zu Ihnen dringen, dann wünschte er, daß Sie die ganze Wahrheit über Ihre Mutter er fahren sollten. Ich Lin jetzt nur noch ver pflichtet, Ihnen hinterlassene Dokumente Ihres Großvaters auszuliefern. Ich kenne den ge heimen Ort, wo sie liegen, und bitte Sie, mich m das Arbeitszimmer des Grafen Navenau zu begleiten, damit ich vor Ihren Augen die Schrift stücke ihrem Versteck entnehmen und Ihnen über geben kann." Jutta erhob sich unschlüssig. Götz Gerlachhaüsens maßvolle Haltung blieb nicht »bne Eindruck.auf sie. r Ihre Mitter war ebenfalls ausgestanden und legte lächelnd den Arm um ihre Schultern. „Komm Kind, gehen wir hinüber, um uns zu überzeugen, daß uns Herr von Gerlachhausen ein romantisches Märchen erzählt hat." „Gnädige Frau — bedenken Sie, bitte, daß ich als Mann eine Beschimpfung von einer Dame wehrlos über mich ergehen lassen muß." „Aber bitte, Herr von Gerlachhausen — ich will mich gern von der Wahrheit Ihrer Worte überzeugen lassen." Die beiden Damen und Götz begaben sich nun in das Arbeitszimmer des verstorbenen Grafen. Herbert blieb ruhig auf seinem be quemen Sessel und sah ihnen mit ironischem Lächeln nach. Als dis Herrschaften eintraten, war Jettchen Wohlgemut gerade dabei, frische Spitzenstores unter den Damastvorhängen anzubringen. Noch ehe sie von der Leiter herunterkommen konnte, war Götz an den Schreibtisch getreten und drückte nun auf die verborgene Feder. Die Tür zu dem Geheimfach sprang auf. Ohne hinein zusehen, sagte er zu Jutta: „Bitte, gnädige Komtesse wollen Sie die Dokumente an sich nehmen!" Jutta faßte hinein, zog aber die Hand rasch zurück. Jhk Gesicht war bleich bis in die Lippen. „Das Fach ist leeb — bitte, überzeugen Sie sich," bemerkte , sie tonlos. „Das begreife ich nicht," murmelte er. Frau von Sterneck lacbte. „Vielleicht hat Graf Navenau sich eines Besseren besonnen und die Papiere vernichiet. Vielleicht bat sie auch der Spukgeist des Schlosses auf geheimnisvolle Weise entführt, weil er nicht leiden wollte, daß man die Gattin des letzten Navenau mit unverdienter Schwäch bedeckte," sagte sie, hart und laut. Bei ihren letzten Worten war Jettchen Wohlgemut wie vom Schlage getroffen zu sammengeknickt. Das Kästchen mit Stecknadel entfiel ihren zitternden Händen. Sie sah im Geist wieder die unheimliche Gestalt, die in jener Gewitternacht genau auf dieselbe Weise wie Herr von Gerlachhausen den Schreibtisch an der Seite geöffnet hatte. Hastig bückte sie sich nach den Stecknadeln, um den Ausdruck ihres Gesichtes zu verbergen. Es war ihr plötzlich, als ginge ihr ein großes Licht auf. Ihr Erlebnis in jener Nacht erschien ihr in einer ganz anderen Beleuchtung. Einen forschenden Seitenblick auf Frau von Sternecks hohe Gestalt werfend, verließ sie schnell das Zimmer und lehnte sich in der Halle fassungslos an eine Wand. „Wenn ich nur wüßte, welches Schriftstück da fehlt — wenn ich mir das nur erklären könnte," dachte sie und grübelte darüber weiter. Seit sie erfahren, daß Frau von Sterneck Juttas Mutter sei, hatte sich ihre Abneigung gegen diese noch bedeutend verstärkt. Im Zimmer stand Götz noch immer vor den beiden Frauen. Gwendolines Hohn berührte ihn nicht. Aber das Jutta nun der Willkür dieser Frau preisgegeben war, bekümmerte ihn sehr. Er erkannte nun die. Fäden, die das junge Mädchen umstrickten, war aber machtlos, „sie zu,befreien. '' Jutta hatte ihn groß und ernst angeschaut. Sie haben sich überzeugt, Herr von Gerlach- Hausen, daß das Fach leer ist. Vielleicht sah mein Großvater doch in letzter Stunde ein, daß er meiner armen Mutter unrecht getan," sagte sie ruhig. Sie wollte nicht, daß er eine Niederlage erleide oder gar der Lüge bezichtigt werde. Etwas in ihr sprach trotz allem zu seinen Gunsten und rüttelte an ihrer bisherigen An nahme, er könne verächtlich gehandelt haben. Sie glaubte ihm auch, daß er von dem Vorhanden sein der Dokumente überzeugt gewesen. Götz verbeugte sich vor ihr. „Jedenfalls habe ich gesehen daß Graf Navenau die Dokumente in diesem Fach aus bewahrte. Wo sie geblieben sind, weiß ich so wenig wie Sie." „Sie können auch trotzdem ganz ruhig sein, Herr von Gerlachhausen. Mein« Tochter ha: aus meinem eigenen Munde erfahren, mit welch häßlichem Verdacht mich Graf Navenau gekränkt hat. Bei ihr habe ich gottlob nicht um Glauben betteln müssen, weil sie nicht vorn Haß verblendet war," erklärte Frau von Sterneck stolz. Götz richtete einen schmerzlichen Blick auf Jutta. „Meine Mission ist hier zu Ende, Komtesse Jutta. Ich bitte, mich verabschieden zu dürfen. Leben Sie wohl — und werden Sie glücklich." Sie zuckte zusammen. Das war ein Ab schied für immer. Götz, das fühlte sie, würde nicht wiederkommen. Ihr war, als sei alles Licht aus der Welt verschwunden, als müsse üe Wie ein furchtsames Kind seinen Ar»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)