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Ottendorfer Zeitung : 06.01.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191601067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160106
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-01
- Tag 1916-01-06
-
Monat
1916-01
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 06.01.1916
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Aiistungen in finnlanä. In den letzten Tagen ist wiederholt von starken russischen Truppcnansammlungen in Finnland berichtet und in Verbindung damit pon besonderen Plänen Ruhlands im hohen Norden gesprochen worden. Den Schlüssel zur Enträtselung der geheimnisvollen Vorgänge in Finnland gibt vielleicht die merkwürdige amtliche Note der Petersburger Regierung, die vor einiger Zeit durch die Vierverbandspresse ging und worin es hieß, die finnischen Industriellen, die vom russischen Oberkommando zu einer „wichtigen Beratung" nach Helsingfors bemfen worden waien, hätten „begeistert" ihre Hilfe zugesagt; die finnländische Industrie sei mobili siert und Finnland selbst lege sich nun wie ein Pollmer' vor Ruhland, um dessen Hauptstadt Petersburg zu verteidigen. . . . Das mit den Industriellen war, so schreibt dazu das .Berner Tagblatt', gelogen. Genau das Gegenteil ereignete sich. Der Verlauf jener Versammlung in Helsingfors erfolgte gar nicht programmäßig, sondern es haben sich furchtbare Sturmlzenen abgespielt. Der Vertreter der russischen Regierung, Baron Rennenkampf, ent wickelte den finnischen Industriellen in kurzer Rede die Absichten des russischen Kriegs ministeriums und befahl ihnen die sofortige In angriffnahme der auszuführenden Arbeiten, ohne sich auf weitere Diskussion einzulassen. Die Be zahlung sollten nicht in barem Geldc, sondern durch „Anweisungen" erfolgen. Die über wiegende Mehrzahl der Finnländer sah sich dem Ruin gegenüber. Sie weigerten sich, die Auf träge anzunehmen, und verlangten Sicherheiten. Rennenkampf erwiderte mit Drohungen, cs kam zu furchtbaren Szenen, Wutausbrüchen gegen die russische Gewaltherrschaft und schließlich zu Tätlichkeiten. Die Regierungsvertreter ließen die Polizei holen, und 18 der finnischen Industriellen wurden verhaftet. Damit die Unruhen sich in der Bevölkerung nicht fortsetzten, wurden sofort alle Garnisonen und Stellungen verstärkt. Eine Flut kaiserlicher Beamter kam aus Petersburg, um die Durch führung des zarischen Ukases vom November vorigen Jahres betreffend die vollständige Ver schmelzung Finnlands mit Rußland zu über wachen. Väterchen hatte eben während der schweren Wochen in Polen und Galizien keine Zeit, sich um sein Sorgenkind im Norden zu kümmern. Nun man mit blutigen Köpfen nach Hause geschickt und auf Ruhepause gesetzt ist, soll aus der skandinavischen Halbinsel wenigstens ein Ersatz für das im Süden Verlorene ge schaffen werden. Die Widerspenstigkeit der sinnischen Industriellen bot den willkommenen Anlaß zu den neuen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind natürlich rein, mili tärisch. Sie haben den Zweck, den Besitz Finn lands für den Friedensschluß zu sichern. Sie haben aber während des Krieges noch einen anderen Zweck, und dieser ist ja imnrer von russischer Seite deutlich ausgesprochen worden: die bessere Verteidigung der Stadt Peter des Großen, der Ausbau der strategischen Linie vor Petersburg. Finnland besaß zu Beginn des .Krieges nur zwei feste Plätze, die Festung Sveaborg und die Festung Wiborg. Sveaborg, der finnischen Hauptstadt Helsingfors vorgelagert, ist bestimmt, diese zu schützen, sowie einen durch den finnischen Busen vorstoßenden Angreifer ab zuhalten. Beide Festungen sollen den Land weg von Finnland auf St. Petersburg zu sperren. Nach russischer Ansicht werden die Deutschen plötzlich einmal ihre maritime Übermacht in den baltischen Gewässern dazu benutzen, um ent weder sich St. Petersburgs zu bemächtigen, oder eine Scheinunternehmung gegen St. Petersburg in Szene zu setzen?' um starke russische Kräfte vom Hauptkriegsschauplatz fernzuhalten, oder gegen die russischen rückwärtigen Verbindungen zu wirken, oder endlich sich der wichtigsten Häfen an der baltischen Küste zu bemächtigen. In den der russischen Regierung feindselig gegen- überftehenden Bewohnern Finnlands würden sso immer noch der russische Gedankengang) die gelandeten deutschen Truppen unter Umständen eine wesentliche Unterstützung finden. Also muß Finnland zerstört werden. Die russischen Rüstungen in Finnland haben jedenfalls, wie man sieht, einen lediglich defensiven Charakter, genau wie in Beßarabien, und die kleinen Bluffs, die damit gelegentlich in der Dierver- baudspresse versucht .werden, um Deutschland vor einer neuen „Dampfwalze" bange zn machen, werden kaum verlangen. Auch in anderen neutralen Blättern be schäftigt man sich lebhaft mit den Rüstungen in Finnland. Im allgemeinen aber kommt man zu denselben Ergebnissen, wie das ,Berner Tagblatt'. Wir in Deutschland brauchen uns den Kopf nicht zu zerbrechen, was Rußland be absichtigt. Was es auch immer sei, wir sind bereit und gerüstet. verschiedene Urkgsnachrichten. (Von der mit. Jenwrbekörde zugelassene Nachrichten) Frankreichs Jahresbilanz. Wenig zuversichtliche Betrachtungen stellt das französische Blatt .Bataille' au. Es schreibt: Die Lage sei nach einem Krieg von 17 Mo naten höchst sonderbar. Auf der einen Seite eine Mächtegruppe, die sich als Sieger auf- spiele, aber den Frieden nicht erzwingen könne, auf der andern der Verband, der nur nach einem Sieg die Waffen niederlegen wolle. Das Jahr 1915 habe diesen Sieg freilich nicht gebracht, ja er scheine nicht einmal in erreichbarer Nähe zn sein. Die Bilanz stelle sich, wenigstens dem Augenschein nach, nicht Zugunsten des Ver bandes, und die Feinde könnten Erfolge ver zeichnen. Das verflossene Jahr habe die Über legenheit der Angreifer nicht über den Haufen geworfen, das Verhältnis der Kräfte verschiebe sich zwar zugunsten des Verbandes, aber viel langsamer, als man berechnet habe. Jetzt sei die Zeit der Wünsche; man müsse nur wünschen, daß in Zukunft dem Lande alle trügerischen Hoffnungen auf eine Erschöpfung Deutschlands erspart würden, dis zu einer bitteren Enttäu schung führten. * Deutschlands nächstes Kuiegsziel. Die russischen Militärkritiker zerbrechen sich nach Berichten dänischer Blätter den Kopf, welches wohl das nächste Kriegszie! der Deut schen sein werde, und kommen dabei fast aus nahmslos zu der Ansicht, daß die deutsche Heeresleitung jetzt zunächst die Westfront zu erledigen versuchen werde. Nur Menschikow meint in der ,Nowojs Wremja', daß die Deutschen den nächsten entscheidenden Schlag auf der Ostfront schlagen werden, wes halb die Russen stets auf der Hut sein müßten. * Russische Stimmen über Gallipoli. Die Räumung Gallipolis durch die Eng länder hat in Nutzland einen niederschmetternden Eindruck gemacht. Die Artikel dec Blätter darüber weisen zahlreiche weiße Zensurflecken auf. Viele Zeitungen sind ganz zum Schweigen ge bracht worden. Nur die Mrschewisa Wjedomosti' begrüßt das Verhalten der Engländer und die Überführung der Truppen nach Saloniki und erklärt, es sei klüger, auf dem Balkan eine einzige starke Front bei Saloniki zu schaffen, als die Kraft auf mehrere schwache Balkanfronten zu verteilen. Der ,Nußkoje Slowo' schreibt offen, die Räumung der Dar danellen habe in Rußland einen schmerz lichen, sogar niederschmetternden Eindruck gemacht. Es würde einen voll ständigen Zusammenbruch des Dardanellcn- unternehmens bedeuten, und die vielen schweren Opfer würden umsonst gebracht sein, wenn nicht die Hoffnung bestände, daß das Unternehmen unter aussichtsvolleren Verhältnissen wieder aus genommen werden könnte. * Die Kämpfe auf Gallipoli. Der Londoner ,Daily Telegraph' meldet von den Dardanellen: Seit kurzem werden die eng lischen Stellungen auf der südlichen Spitze Gallipolis jeden Tag regelmäßig mit stark explosiven Geschossen und von sechszölligen Batterien Lombardiert, und zwar manchmal von drei Seiten aus. Besonders die Stellungen bei Dar laufende Feuilleton wirb durch folgende Erzählung unterbrochen. Inspektor Meganäts Aorb. 1) Humoreske von Fritz Gantze r.*) Eigentlich war Inspektor Wiegandt schon über das Älter hinaus, in welchem man sich der Gefahr aussetzt, Körbe zu erhalten. Aber es gibt ein Sprichwort, in dem gesagt wird, daß selbst das Aller vor einer Dummheit nicht schützt. Und da selbstverständlich solche Sprichwörter nicht vergessen werden dürfen, muß es hin und wieder einmal einen Menschen geben, der die in ihnen enthaltene Lebenswahrheit durch ein neues Bei spiel erhärtet. Jitspektor Fritz Wiegandt war auf dem Gute Kölpin der gefürchtete Herrscher. Das war eine Tatsache, die von der Mamsell Stine an, bis hinab zum letzten Gänsejungen nicht geleugnet wurden. Erstand dem umfangreichenWirtschasts- betriebe beinahe zwanzig Jahre vor. Der fast immer auf Reisen befindliche Besitzer kümmerte sich so gut wie gar nicht um die Bewirtschaftung, sondern überließ die Verwaltung des Gutes dem goldtreuen Wieg." dt. Und der regierte in Kölpin wie ein kleiner Fürst. Wehe, wenn jemand seine Anordnungen nichl auf das genauste erfüllte! Um so verwunderlicher und als noch nie da gewesen wurde es daher vierzehn Tage vor Weihnachten auf ganz Kölpin bemerkt, daß In spektor Wiegandt seit einiger Zeit nicht mehr der alte war. Er befahl heute das Gegenteil von dein, was er gestern besohlen hatte, ging mit lüwcltchngler Nachdruck wird Versotal. nachdenklichem Gesicht und gesenktem Kopf über den Gutshof, schimpfte und wetterte fast gar nicht mehr und — was am meisten auffiel — er war am Abend selten zu Hause. Mamsell Stine legte sich infolgedessen bald aufs Spionieren und hatte nach drei Tagen schon heraus, daß Wiegandt seine Abende im Förster hause verlebte. Da sie nun wußte, daß dem verwitweten Förster eine entfernte Verwandte seit kurzem die Wirtschaft führte, folgerte sie als ganz selbstverständlich, daß der lose Amor das Herz des Inspektors mit seinen PfeUen verwundet hatte. Und Mamsell Stine hatte nicht unrecht. In spektor Wiegandt war verliebt, verliebt trotz seiner vierzig Jahre. Verliebter konnte ein Pri maner nicht sein. Hatte sich nun im Laufe der Jahre in seinem Herzen eine solche Menge Liebe aufgehäuft, oder war einzig und allein die kleine, niedliche Verwandte des Försters, Eva Larsen, daran schuld, das sei dahingestellt. Jedenfalls trug sich Wiegandt ernsthaft mit dem Gedanken, Eva Larsen zu freien und das Ersparte langer Jahre zu benutzen, um ein kleines Pachgut zu übernehmest. Und dieser Vorsatz war so unum stößlich fest für ihn geworden, daß er die achtzehn Lenze Eva Larsens im Gegensatz zu seinem Schwabenalter nicht erwog und zweitens das Ausgeben seiner langjährigen Stellung plötzlich als ein großes Glück ansah und darauf wartete, wie auf eine Erlösung. Noch wußte Eva Larsen nicht, welche Gefühle Inspektor Wiegandt für sie hegte; denn er halte bisher nur die Rolle des schüchternen und schmach tenden Jünglings gespielt, der zwar in jedem Adribaba seien dem feindlichen Feuer stark aus gesetzt. Unter den ungünstigen klimatischen Verhältnissen haben die. englischen Truppenschwer zu leiden. Seit Wochen herrschen furchtbare Stürme vor Gallipoli. Unter solchen Verhältnissen läßt die Unterstützung der Flotte viel zu wünschen übrig. -- Italiens Tätigkeit in Albanien. Nach der Turiner ,Stampa' haben die häufigen Beratungen zwischen dem Minister des Äußern Sonnino und dem Kriegsminister Zupelli eine außerordentliche Bedeutung. Sie betreffen die Operationen Italiens in Albanien für die Ver sorgung der Serben mit Lebens mitteln und Munition. Die bedeu tende Kraftanstrengung, welche Italien dabei entwickle, sei Ursache, daß Griechenland das Vorgehen Italiens mit Mißtrauen betrachte und sich veranlaßt gesehen habe, in Rom um Auf klärung zu ersuchen. Gleichzeitig sei Italien ge zwungen, mit größter Aufmerksamkeit das Vor gehen der Österreicher und Bulgaren in Albanien zn beobachten. Die nächsten Tage würden zweifellos wichtige Ereignisse auf dem Balkan zeitigen. * Der bedrohte Besitz Ägyptens. Aus Kairo wird gemeldet: Am 25. De zember wurden in der Nähe von Marsa-Matruh 3000 Mann trip o litanischer Truppen von Engländern angegriffen und unter einem Verlust von 200 Toten in die Flucht ge schlagen. Das Artilleriefeuer der Schiffe unter stützte den Angriff. Offensichtlich soll diese eng lische Siegesnachricht den üblen Eindruck ver wischen, den die Räumung von Solum in Eng land gemacht hat. Vie Mrtsckaftsgememsi^aft. Aufgaben der Zukunft. In der .Deutschen Wirtschaftszeitung' ver öffentlicht Professor Dr. Apt einen Aufsatz über die mitteleuropäische Wirtschaftsgemeinschaft, in welchem er den Gedanken einer engeren wirt schaftlichen Annäherung mit Österreich-Ungarn erörtert. Nach einer Würdigung der Be strebungen der mitteleuropäischen Wuischafts- verbände fährt er fort: So wertvoll indes auch private Mitarbeit sein mag, so ist doch in dieser Frage kein Fort schritt zu erzielen, wenn nicht die Vertreter der beteiligten Regierungen so schnell wie möglich in ernste Verhandlungen über die beste Form des Zusammenschlusses eintreten. Nur den Re gierungen steht das authentische Material zu Gebote nnd die Möglichkeit, weiteres authen tisches Material zu beschaffen. Aus den Re- gierungsvelhandlungen wird sich ein Überblick darüber gewinnen lassen, welch beste Form des Zusammenschlusses möglich ist. Und erst wenn dieses Ergebnis dieser Regierungsverhandlungen der -Öffentlichkeit unterbreitet ist, wird es möglich sein, in bestimmter Weise dazu Stellung zu nehmen. Diese Verhandlungen sollten aber noch mitten im Kriege erfolgen, da nur während des Krieges die Gemüter gewillt sind, große umgestaltende Ideen zu verwirklichen nnd Interessengegensätze zu überbrücken. In Österreich-Ungarn scheint man aus dem besten Wege zu sein, die Bedenken gegen einen engeren wirtschaftlichen Zusammenschluß zu überbrücken. Auch in Deutschland sollte man dis gebotene Hand ergreifen. Mit Recht hat Professor Alfred Weber darauf hingewiesen, daß wir für die Erweiterung unserer Aus wirkungssphären in der Welt in erster Linie an die Bedingungen anknüpfen müssen, in denen uns die Natur eine Vorzugsstellung vor allen anderen europäischen Nationen gewährt hat, also eben an unsere zentrale kontinentale Lage in Europa. Diese weist in erster Linie auf den kontinentalen Weg nach Südosten über den Balkan und Kleinasien. Der Krieg hat durch das Bündnis mit Österreich-Ungarn, Bulgarien rind der Türkei schon die Umrisse des Körpers vorgebildet, auf dessen Ausbau danach unsere künftige Weltstellung ruhen muß. Ter englische Aushungerungsplan hat uns gezeigt, von welch großem VorteU es ist, wenn alle zur Er- Fältchen des Herzens die Liebe kiloweise aufge speichert mit sich herumträgt, der aber „et nich von sich geben könnt". So freute sich Eva zwar jeden Abend auf das Kommen des Inspektors; denn sie belustigte sich als Großstadtkind über seine urwüchsige Sprechweise und seine etwas un gehobelten Manieren. Aber sie dachte nicht im entferntesten daran, daß „Onkel Wiegandt", wie sie ihn nannte, wenn sie mit dem Förster über ihn sprach, mit Freielsabsichten in das Förster haus kam. WiegandtzögerteundzögertemitseinerWerbung. Er halte „Bangebüchsen an", d. h. es fehlte ihm an dem nötigen Mut. — Wer jetzt endlich wollte er Eva Larsen seine Liebe gestehen. Da er aber wußte, daß er eins wohlgesetzte Rede nicht über seine Lippen bringen würde, beschloß er, Eva schriftlich von seiner Liebe in Kenntnis zu setzen. Und dies wiederum sollte nicht ans dem Wege geschehen, den man gewöhnlich ein schlägt, wenn man einem anderen schriftlich etwas mitteilt, sondern er kam auf den Einfall, Eva ein Gedicht zu schreiben, in dem er sinnig und minnig, gleich einem Troubadour, seine Liebe zum Ausdruck bringen würde. Und dies Gedicht wollte er ihr persönlich mit einem Glückwunsch an ihrem morgigen Geburtstag überreichen. Diesen Gedan kengang hatte Inspektor Wiegandt in der „Schummerstunde" glücklich ausgesponnen und dabei seine lange Pfeife geschmaucht. Nun erhob er sich aus seinem Sorgenstuhl in der Ofenecke, zündete die Lampe an und setzte sich an seinen altmodischen Sekretär. Nach langem Grübeln schrieb er die erste Verszeile: „Eva hat noch keinen Alaun." nährung, Bekleidung Md VerteMgMg nösigM Rohstoffe und Fabrikate im eigenen Länder gebiet erzeugr werden können. Darum haben auch wir in Deutschland alle Veranlassung, an der Verwirklichung der Parole Antwerpen—Bagdad mitzuhelfen. Und nicht zuletzt: Amerika ist durch diesen Weltkrieg wirt schaftlich außerordentlich erstarkt, und wenn die Bestrebungen zu wirtschaftlichem Zusammen schluß von den Verhältnissen Amerikas ihren Ausgang genommen haben, so zeigt es gerade der Weltkrieg, wie richtig dieser Gesichtspunkt war. Um aber Amerika gegenüber handels politisch auftreten zu können, brauchen wir ein zugleich größeres, einheitliches Wirtschaftsgebiet, als wir eS zurzeit besitzen. So drängt alles dazu, die Schaffung der mitteleuropäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht auf die lange Bank zu schieben. Politische Rundschau. Deutschland. * Die Bundesratsverordnung über die eiser nen Groschen wird jetzt vom Reichskanzler amtlich veröffentlicht. Es geht daraus hervor, daß Zehnpfennigstücks aus Eisen bis zur Höhs von zehn Millionen Mark hergestellt werden sollen. Die eisernen Zehnpfennigstücke werden zu 280 Stück aus einem Kilogramm aufgebracht. Sie sind spätestens zwei Jahre nach Friedens- schluß außer Kurs zu setzen. Belgien. * Wie französische Blätter aus Le Havre er fahren, wird Belgien dem Londoner Vertrage nicht bei treten. Belgien sei in den Krieg eingelreten, um seine Neutralität zu verteidigen. Es möchte nichts tun, was da gegen verstoßen könnte. Norwegen» * Eine Ausstellung der Kriegsverluste der norwegischen Handelsmarine bis zum 27. Dezember ergibt 50 Dampfer vex-, loren und vier für gute Prisen erklärt. Diese 54 Dampfer mit zusammen 94 400 Tonnen er gibt nach Wzug von vier Prisendampfern- die von den Befrachtern vergütet werden, einen Nettoverlust von 87 000 Tonnen und einen Nettoverlust von Segelschiffen von 21600 Tonnen, so daß der Gesamtverlust sich auf 108 600 Tonnen im Wert von 47 Mill. Kronen beläuft. Ruhland. * Nach verschiedenen Blätiermeldungen hat die Regierung angeordnet, daß keine ge richtliche Verf o lgung gegen die höheren Verwaltungsbeamten Moskaus eingeleitet werden soll, die beschuldigt werden, die Moskauer Deutschenhetze im Mai begünstigt zu haben. Alle Ansprüche auf Schadenersatz des vom Pöbel angerichielsn Schadens sollen privat und außergerichtlich erledigt werden. Balkanftaate«. * Der ehemalige rumänische Ministerpräsident Peter Carp hielt im Verlaufe der Adrsß- debatte im Senat eine bedeutungsvolle Rede, in der er u. a. ausführte: „Der wahre Grund für den K r i e g ist bei Frankreich die Wiedcrerwerbung der verlorenen Provinzen: bei England liegt der Grund darin, daß eS eine deutsche Machtentfaliung gesehen hat, die sich in dem Worte des Deutschen Kaisers ausdrückt, daß Deutschlands Zukunft aus dem Wasser liegt. Rußland aber will Konstantinopel, die Darda nellen. Wir haben seit je das Wohlwollen Deutschlands erfahren. Danach müssen wir unsere Politik einrichten." Asien. * Die chinesische Regierung steht den Ereignissen in de» Provinzen Junnan sind Kwangsi keineswegs ratlos gegenüber. Der chinesische General TrankUn, einer der fähigsten Heerführer, ist mit 50 000 Mann Truppen in Eilmärschen aufgebrochen, um die wichtigsten strategischen Punkte der ausständischen Provinzen zu besetzen und die Bewegung mit Gewalt zu unterdrücken. In chinesischen Regstrungskreisen wird behauptet, daß nach neueren Feststellungen die Aufständischen bereits seit Monaten mit Munition und Gewehren aus Japau versehen wurden. j Nein, das gefiel ihm nicht. Er strich die ' Zeile wieder aus, grübelte von neuem, wobei er ' die Spitze seines Federhaltes fast zerkaute, und schrieb endlich: „In Kölpin gibt's einen Mann." Und da er gleich darauf einen Reim dazu fand, schrieb er darunter: „Dem man gut vertrauen kann." Das war nun zwar ein Selbstlob. Wer Wiegandt bedachte, daß es nichts schaden könnte, wenn man sich herausstrich. So ließ er's stehen und hatte nach weiteren fünf Minuten unter den beiden ersten Verszeile» zwei neue zu stehe», die er in der Erkenntnis zu Papier gebracht hatte, daß nun der andere Teil Lesungen werden mußte. Mit vielem Stolz las er: „Und im Forsthaus gibt's ein Mädchen, Findest dran nicht ein Untätchen." So, das ging. Er deklamierte die ersten vier Zeilen mit viel Würde. Aber weiter kam er nicht. Er grübelte eins halbe Stünde lang, le»tr den Federhalter hin und zog verschiedene alte Kalender zu Rate, um aus den Gepichten, die in ihnen standen, neuen Stoff zu schöpfen, aber er sand nichts Passendes und warf sich wieder auf das eigene Schaffen. Als es ochr schlug, stand glücklich die zweite Strophe d«. Sie lgutette: „Und den Mann auf Gut Kölpin Zieht es zu dem Mädchen hin. Möchte gerne freien sie, Aber 's geht nicht ohne sie." Die letzte Zeile enthielt unstreitig eine fies« sinnige Wahrheit, wenngleich die Wiederholung des „sie" nicht Leu Regeln der Dichtkunst ent-
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