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Ottendorfer Zeitung : 08.03.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191603083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160308
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-03
- Tag 1916-03-08
-
Monat
1916-03
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 08.03.1916
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^abakbefteuerung. Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt, wie viel stärker alle anderen Staaten den Tabak als Steuerquelle bereits in verflossenen Fried- imd Freudenszeiten in Anspruch genommen haben als das Deutsche Reich. Zur Beleuch tung dieser Tatsache ein paar Zahlen, die hier wirklich einmal etwas beweisen. Nach der amt lichen Statistik hat im Jahre 1912 im Deutschen Reiche der Ertrag der Abgaben von Tabak 182 609 510 Mark oder 2,73 Mark auf den Kopf der Bevölkerung betragen. . Demgegenüber belief sich bereits im Jahre 1906 die Belastung mit Tabakabgaben auf den Kopf der Bevölkerung in Österreich auf 4,95 Mark, in Spanien auf 6,16 Mark, in Italien auf 4,37 Mark in Frankreich auf 7,68 Mark, in den Vereinigten Staaten von Amerika auf 3,87 Mark und in Großbritannien und Irland auf 6,28 Mark. Der Gesamtaufwand, der Bevölkerung des Deutschen Reichs für Tabakgenuß im Jahre 1912 kann mit rund 1 Milliarde Mark veranschlagt werden: hiervon beträgt der Ertrag der Tabak abgaben im genannten Jahre rund 18 °/a. Dagegen hat bereits im Jahre 1906 das Verhältnis der Belastung durch staatliche Tabak abgaben zum Aufwand der Bevölkerung für Rauchgenuß sich berechnet in Österreich auf 65°/«, in Spanien auf 70°/», in Italien auf 79°/«, in Frankreich auf 82°/°, in den Ver. Staaten von Amerika auf 22,5°/« und in Eng land auf rund 59°/«. Das sind wirklich Zahlen, angesichts derer man sich nur wundern kann, daß das steuerbedürftige Reich nicht schon früher eine von anderen Staaten so viel ausgiebiger benutzte Steuerquelle ergiebiger für sich machte. Auf zwei Wegen strebt der neue vorliegende Entwurf eine ergiebigere Ausnutzung der Be steuerungsfähigkeit des Tabaks an, zunächst durch Erhöhung der bestehenden Abgaben auf Rohtabak und Tabakerzeugnisse, dann durch die Erhebung eines Kriegsaufschlags zur Zigaretien- steuer. Hören wir, was die Begründung zu dem Gesetzentwurf im wesentlichen zur Recht fertigung dieser beiden Maßnahmen ausführt: Was die Erhöhung der bestehenden Ab gaben auf Rohtabak und Tabakerzeugnisse be trifft, so glaubten die verbünderen Regierungen zuerst eine Änderung der gegenwärtigen Be- steusrungsart für den Rohtabak nicht in Vor schlag bringen zu sollen, um den beteiligten Be trieben, die sich erst im Jahre 1909 in die Ein führung des Wertzollzuschlags finden mußten, einen Übergang in neue Verhältnisse währenddes Krieges zu ersparen. Um die trotzdem natürlich unangenehme Belastung etwas schmackhafter zu machen, wird betont, daß mit der vorge schlagenen Bemessung der Zoll- und Steuer sätze für Rohtabak zur Förderung des heimischen Tabakbaues der Zollschutz für den inländischen Tabak verstärkt werden solle. Die Erhöhung des Zollschutzes für den inländischen Tabak durch das Gesetz vom 15. Juli 1909 habe den Bedürfnissen des deutschen Tabakbaues nicht genügt. Zum Beweis dessen wird angeführt, Laß der Anteil der inländischen Erzeugung am Gesamttabakverbrauche des deutschen Zollgebiets in den Jahren 1906 bis 1909 25,9 °/o, in den Jahren 1910 bis 1913 dagegen nur 23,9 °/o be tragen hat. Besonders sucht die Begründung dem Vor wurf zu begegnen, daß es auf die „Pfeife des kleinen Mannes" abgesehen sei. „Die vorge schlagene Begünstigung des inländischen Tabaks würde ferner den für den Massenverbrauch hauptsächlich in Betracht kommenden billigeren Zigarren, soweit zu deren Herstellung inlän discher Rohtabab mitverwendet wird, sowie dem aus inländischem Tabak hergestelltsn billigen Rauchtabak zugute kommen. ... Eine Preis erhöhung, die für den Raucher unerschwinglich Wäre und eine dauernde Schädigung des Labakgewerbes herbeiführen würde, ist nach den Aussührungen Sachverständiger bei der vor- qeschlagenen Abgabenerhöhung nicht zu erwarten. Es werden auch fernerhin wohlfeile Zigarren geliefert werden können, insbesondere wird dis Herstellung der für die westfälischen Betriebe wichtigen 10-Pfennig-Zigarre aus rein über seeischen Tabaken auch künftig möglich sein. Der billige Rauchtabak wird wegen der verhältnis- Zuf eigner LckoUe. 17s Roman von Guido Kreutzer. (Fortsetzung.) Leise trat er ein, leise zog er die Tür wieder hinter sich zu, als fürchte er, eine Schlafende zu wecken. Dann blieb »r hochatmend sekundenlang auf derselben Stelle. Las Herz schlug ihm bis zum Hals hinauf. Neben der Tür stand ein ledergepolsterter Stuhl — wie alles hier im Zimmer mit einer feinen Staubschicht überzogen. Auf den setzte er sich nieder, verharrte ganz regungslos. Nur seine Augen wanderten. Auch in diesem Zimmer dis Vorhänge dicht zusammengezogen — schwere, gelbseidene Vor hänge, die im Laufe der Zeit stark verblichen waren. Die wehrten das Tageslicht fast voll ständig ab. So lag über dem Raum nur ein zerflatterndes gebrochenes Dämmern, an das man sich erst gewöhnen mußte. Aber dann lösten sich die Umrisse der Möbel und die Um risse des ganzen Gemachs immer deutlicher, bis man alles erkannte und es nur noch wie ein leichter Schleier über dem Ganzen lag. Die blanken Altwiener Mahagonimöbel mit den zierlich geschweiften Füßen und den Be schlägen aus Goldbronze; — Der kleine Damcn- schreibtisch, der an Stelle des Aufsatzes einen vreigeteilten Kristallspiegel trng und das Staats stück deS Zimmers bildete. — Quer vor einer Nke die kleine Glasservante, hinter deren Scheiben sich kokett Terrakotten, Fayencen, Kopenhagener «d Meißener Porzellane und venezianische mäßig geringen Erhöhung der Tabaksteuer und! der Belassung des bisherigen Zollsatzes für Tabak- ; rippen nur eine mäßige Mehrbelastung erfahren. Die Kautabakherstellung ist durch die Belassung des bisherigen Zollsatzes für Tabaklaugen be günstigt und für die zur Herstellung gewisser Schnupftabake Verwendung findenden Karotten soll der Zoll verhältnismäßig weniger erhöht werden als für den Rohtabak. Die vor geschlagene Abgabenerhöhung nimmt hiernach auf den Tabakgenuß der minderbemittelten Be völkerung die gebührende Rücksicht; sie dürfte deshalb einen größeren Verbranchsrückgang und damit eine Verminderung der Arbeitsgelegenheit im Tabakgewcrbe nicht verursachen." verschiedene Uriegsnachrichten. (Von der mit. Zemurbchörde zugetassene Nachrichten.) Schwere Schläge. Die Londoner ,Daily Mail' schreibt: Die Deutschen erteilen bei Verdun schwere Schläge. So töricht, wie englische Zeitungen sie geschildert haben, sind sie keineswegs. Man sollte ihren Vorstoß mit ernsthafter Ehr furcht betrachten, da dies vielleicht das wichtigste Kriegsereignis fest der Marneschlacht ist. Man hat in England nach den Ursachen ge spürt, die Deutschland zu dem Angriff auf Verdun veranlaßten, und allerlei Theorien aufgebaut. Die Triebfeder soll gewesen sein, die Verluste von Erzerum anszugleichen. Das ist natürlich Unsinn. Erzerum war ein großer und willkommener Erfolg, aber Deutschland wurde nicht in der Weise geschwächt, wie wir es nötig hätten, ein Dutzend Preußen ist bei Erzerum gefallen, die deutsche Politik im nahen Osten hat eine Schlappe erhalten, aber seine wesentliche Kraft bleibt durch den Vorgang un geschädigt. Auch die Viertelmillion Soldaten vor Saloniki haben Deutschland nicht gesthwächt, und die Verbündeten würden jetzt vielleicht noch froh sein, wenn sie sie in Frankreich haben! könnten. Weshalb sollten wir uns bemühen, Tatsachen zu verschleiern? Die Wahrheit wird! doch wohl einfach sein, daß sic den Angriff auf f Verdun versuchten, weil sie hofften, es kriegen zu können. * ! Der Verlust Verduns, ein — Vorteil für die Franzosen. Unter der Überschrift „Und was dann?" stellt Gustav Hervö in seiner ,Vicwire' eine ganz seltsame Wahrscheinlichkeitsrechnung an, deren - Ausgangspunkt der mögliche Verlust Ver-z duns wäre. Hervö meint, Frankreich würde, nach dem Verlust von Verdun eine wesentlich verkürzte französische Front mit gesteigertem Ungestüm verteidigen und keineswegs Spuren von Mutlosigkeit zeigen. — Der ,Temps' und das ,Journal des DSbais' klammern sich an die Hoffnung, daß das zur Beförderung schwerer Geschütze höchst ungünstige Gelände südöstlich von Verdun die gegnerischen Angriffe stark behindern könnte. Immerhin sei die Aufmerksamkeit, die die französische Heeresleitung jenem Abschnitt zuwendet, seitdem die Deutschen ihren Angriff gegen die Maashöhen vorgetragen Habens durchaus gerechtfertigt. Es wird aus Loudon gemeldet, daß nach den dort eingetroffencn zu verlässigen Privalmeldungen aus Paris die französischen Verluste bei Verdun bis zum 28. Februar auf 63000 Mann geschätzt werden. * ! Die deutsche« Minen neuesten Typs. ! Einer Meldung der ,Köln. Ztg.' zufolge ist schweizerischen Blättern zu entnehmen, daß deutsche Minenleger an der engli schen Küste eine außerordentlich große Zahl von Minen neuesten Typs ausgelegt haben. In seemännischen Kreisen Englands herrscht kein Zweifel mehr, daß Deutschland den Seeminen im neuen Feldzug gegen die englische Schiffahrt einen großen Raum zugewiesen hat. Der Um stand, daß an einem Tage im Bereich der! englischen Küste vier große Dampfer auf Minen gelaufen sind, dient als Bestätigung. Die doppelte Katastrophe vor Dover hat in London größten Eindruck gemacht. Scheu vor dem Militärdienst. In der .Daily News' schreibt Nicolson, daß über 16000 Männer, deren Gesuche um Befreiung vom Milüärdienst verworfen wurden, dagegen Berufung eingelegt haben. — Lloyd George hat im Unter baust mitgeteilt, daß die Liste der vom Kriegsdienste Befreiten revidiert und die Zahl der Betriebe, deren Angestellte nicht dienstpflichtig find, beträchtlich ein geschränkt werden wird. Oie ^artoktelversorgung. Die Kartoffelverordnungen haben eins neue Vermehrung erfahren müssen, diesmal durch Maß nahmen von tief einschneidender Wichtigkeit. Der Frühjahrshöchstpreis, der vom 15. März ab gellen soll, ist im Osten auf 4,50 Mark für den Zentner festgesetzt worden, steigend von Monat zu Monat um 25 Pfennig bis zum 15. Juni. Für Frühkartoffeln ist ein Höchstpreis von 10 Mark für den Zentner festgesetzt. Die Fest setzung von Kleinhandelspreisen bleibt künftig deir Gemeinden überlassen. Sie bleiben zwar in demselben Umfang wie bisher zur Festsetzung verpflichtet. Nur wird ihnen die Höchstgrenze nicht vorgeschrieben. Gleichzeitig ist durch den Reichskanzler be stimmt worden, daß, wer der Aufforderung zur Herausgabe und Ablieferung seiner Kartoffeln nicht nachkommt, enteignet werden kann. In diesem Falle darf der Erzeuger von seinen Vor räten nur den Bedarf für seine Angehörigen, Dienstboten, Arbeiter usw. und zwar 10/- Pfund für den Kopf und Tag bis zum 15. August dieses Jahres, sowie die zur Saat und zur Er haltung des Viehs bis zum 31. Mai unentbehr lichen Vorräte zurückbehalten, außerdem er mäßigt sich im Falle der Enteignung der Uber- nahmepreis gegenüber dem geltenden Höchst preis um 1,50 Mark für den Zentner. Leicknet cUe vierte Kriegs anleihe! Während in den Bedarfsgebieten der Handel bei der Verteilung der Vorräte als Lagerhalter oder als Kommissionär beschäftigt werden kann, muß in den Überschußbezirken der Absatz über die Grenze des Kommunalverbandes hinaus be hördlich geregelt und insoweit die freie Betäti gung des Handels ausgeschaltet werden. Die Regelung durch die Kommunalverbände ist im Einvernehmen mit den neuerrichteten Provinzial- Kartoffelstellen nach Weisung der Oberpräsidenten vorzunehmen, um Unstimmigkeiten und Stockungen in der Karwffellieserung nach Möglichkeit "zu vermeiden. Es wird für Erzeuger, Händler und Ver braucher gleich interessant sein, zu sehen, wie sich auf Grund aller dieser Bestimmungen die Karloffelversorgung vor und nach dem 15. März gestatten soll. Für die Zeit bis zum 15. März ergibt sich dabei für Preußen folgendes Bild: In den Provinzen Ostpreußep, Wettpreußen, Pommern und Schlesien haben bekannttich die Landwirttchaftskammern das Karloffelankaufs- geschnft organisiert, und zwar in der Weise, daß sie den freien Handel hcrangezogen und mit dem Ankauf der Kartoffeln beauftragt haben. In den übrigen Provinzen ist die Einkaufs- orgqnisation seit dem 15. Februar den Land- räien überlassen worden. Vom 15. März ab wird die Versorgung sich etwa wie folgt abspielen: Die Neichs-Kartoffel- stelle wird auf Grund der bis zum 10. März eingehenden Bedarfsanmeldungen einen Ver- teilungsplan aufstellen, der den angemeldeten Fehlbedarf auf die Überschußprovinzen umlegt. Den Uberschußprovinzen wird bis zum 15. März von der Reichs-Kartoffelstelle eine Aufstellung übersandt, aus der ersichtlich ist, wieviel der einzelne Kommunalverband an Kartoffeln zu liefern hat. Auch hier werden die Be darfsanmeldungen zunächst aus Uberschuß- verbänden derselben Provinz gedeckt. Selbständig seinen Fehlbedarf durch Ankauf zu decken, ist der Bedarfsverband nicht befugt. Um keine Stockungen in der Zuweisung von Speisekartoffeln sirr die nächste Zeit eintreten zu lassen, stellen die Provinzial-Kartoffelstellen schon jetzt in den Lberschußkreisen Kartoffelmengen sicher, über die die Reichs-Kartoffelstelle bei h meldetem Notfall sofort verfügen kann. Die hier mitgeteilten, von den Behörde« aufgestellten Grundsätze beziehen sich lediglich auf den Ankauf von Speisekartoffeln. Zum Ankauf von Fabrikkartoffeln über die gesetzlichen Höchstpreise hinaus sind Trocknereien und Stärkefabriken sowie der Verband deutscher Preßhefefabrikanten besonders ermächtigt worden. Die Bedarfsdeckung erfolgt durch freihändige« Ankauf, jedoch nur im Einvernehmen mit den zu» ständigen Landräten. Die Heeres- und Manneverwaltung endlich wird auf. Grund der von dem Reichskanzler er teilten Ermächtigung bis zum 15. März Kar toffeln freihändig einkaufen, ebenfalls unter Vermittlung der Landräte; ab 15. März ge schieht die Bedarfsdeckung für Heeres- und Marinezwecke ebenfalls durch die Reichs-Kartoffel stelle auf dem Wege der Umlegung. Für Saatkartoffeln gilt die Bundesratsver-- ordnung vom 6. Januar, wodurch die Höchst» Preise für Saatkartoffein aufgehoben worden sind. Bei den schlechten Erfahrungen, die im vergangenen Jahre mit den Ausnahmebestim mungen für Saalkartoffeln gemacht sind — die Höchstpreisbestimmungen wurden dadurch viel fach umgangen —, sind in dieser Verordnung scharfe Kontrollbestimmungen vorgesehen. Die. Landräte haben sich bezüglich des Einkaufs und Handels von Saatkartoffelu in ihren Kreisen eine scharfe Aufsicht zu sichern, und mit aller Schärfe da einzugreifen, wo der Handel mit Saatkartoffeln etwa zum Zwecke der Umgehung der Höchstpreisbestimmungen für Speisekartoffeln benutzt werden sollte. Politische Kunälcbau. Deutschland. * In Ergänzung der bisheriges scharfen Bestimmungen gegen Kartoffel erzeuger, die es auf die Enteignung an kommen lassen, hat der Bundesrat beschlossen, daß bei der Enteignung von Kartoffeln der nach den bestehenden Gesetzesvorschriften festzu setzende Ubernahmepreis von 30 Bk. für die Tonne zu kürzen sei. * Der sächsifcheKultusmini st er er klärte am Mittwoch in der Zweiten Kammer, künftig Würden auch sozialdemokratische Jugend vereine eine Staatsunterstützung zur Ertüchti gung der Jugend erhalten. *Nach einer Verordnung des badischen Mi nisteriums des Innern darf künftig in Wirtschaften zu einer Mahlzeit nur noch ein Fleisch - gang verabfolgt werden. Die Darreichung von Schlachtplatten ist verboten. Hausschlachtungen sind nur noch mit Genehmigung des Bürger meisters zulässig. Die Zahl der herzustellenden Wurstsorten wird beschränkt. Württemberg führt ab 9. Bkärz Vutterkarten ein, die an dis Brot karteninhaber ausgegeben werden und zum Bezug von 125 Gramm Butler wöchentlich berechtigen. Österreich-Ungarn. * In Gorni Milauovar (Serbien) wurde der erste Kreistag unter der ö st er reich isch-ungarische u Verwaltung abgehallen. In der Tagung waren über 100 Ab gesandte aller von den österreichisch-ungarischen Truppen besetzten Kreise Serbiens versammelt. Oberstleutnant Baumann eröffnete den Kreistag, welcher verschiedene Fragen der Verpflegung und Verwaltung verhandelte. Den erwählten Ge meindevorstehern wurde auf dem Kreistag durch Handschlag das Gelöbnis abgenommen und das Ernennungsdekret übergeben. Der Kreistag sandte an den Militärgouverneur Grafen Salis- Sewis ein Ergebenheilsielegramm, welches dieser beantwortete. Bei der Festtafel brachte der Archimandrit Makarija einen Trinkspruch auf Kaiser Franz Josef aus. Italien. *DieKammer ist ohne eine Regie rungserklärung eröffnet worden. Auf Veranlassung des Sozialisten Bissolati kam cs zu einer stürmischen Kundgebung für Frankreich. Einzelne Abgeordnete riefen: „Nieder mit Deutschland!" Am Regierungstisch blieb man stumm. Die Sozialisten erklärten sich abermals gegen den Krieg. Prunkgläser präsentierten. — Und drüben in dem Erker, gerade ihm gegenüber, da war der Lieb lingsplatz der Mutter gewesen. Da stand der Nähtisch mit dem hochlehnigen Polstersessel davor. Auch die niedrige tuchüberzogene Fußbank war noch vorhanden, auf der er als kleiner Knirps so manches liebe Mal gesessen hatte. Wie lange das schon 'alles her war, und wie deutlich doch die Erinnerung zurückkam! Fast schreckhaft deutlich; gerade so, als hahe die Zeit vor diesem kleinen Zimmerchen haltgemacht, in dem so viel bitteres Herzleid und so viel schmach voll verratenes Vertrauen von einer einsamen, müden Frau durchgekämpft worden war. Heiß schoß es dem Ulan in die Augen. „Verflixte Sentimentalität!" — Er krampfte die Zähne aufeinander und konnte doch nicht wehren, daß es sich wie ein feuchter, flirrender Nebel vor seinen Blick legte. So saß er — minutenlang — in trübes Sinnen verloren. Und jetzt glaubte er auch eine Erklärung für manches im Leben des Vaters gefunden zu haben, das er bisher nicht begreifen konnte und das sich auch mit allen vernunftgemäßen Betrachtungen nicht hinwegphilosophieren ließ. Denn daß der es nach dem Tode seiner Frau die ganzen Jahre hindurch ärger getrieben als je zuvor — das war wohl nicht so sehr Leichtsinn gewesen, als vielmehr der Wunsch nach einer Betäubung der unermüdlich mahnenden Stimme des Gewissens, die sich oftmals wohl kaum im tollsten Wirbel bacchantisch rasender Lebenslust zum Schweigen bringen ließ. Und damit giuü's dann langsam, aber sicher bergab. So ergab sich folgerichtig eins aus dem andern. Und ein Todvcrbrechen von jener Art, wie es der Vater damals an seiner Frau begangen^ das war wie eine schwärende Wunde, fraß immer weiter um sich, warf sich auf die edelsten Teile, unterminierte den ganzen Organismus und kam erst zum Stillstand mit dem letzten Atemzug. — Die göttliche Gerechtigkeit und der Fluch der Vergeltung, dem sich noch kein Lebender ent zogen und der auch diesmal erbarmungslos das Strafgericht vollzogen hatte. „Ihr führt ins Leben uns hinein —" Ein Grübeln war in die Augen des jungen Offiziers gekommen. Langsam, fast zögernd, stand er auf, verließ das Zimmer wieder und schloß es sorgfältig hinter sich ab. Schwer strich er sich mehrmals über die Stirn, als müsse er quälende Gedanken verscheuchen. Und nur allmählich, während er den Weg durch die Zimmerflucht zurückging, gewann sein Körper die alte soldatische Straffheit wieder . . . Er mußte die Viertelstunde ziemlich stark überschritten haben, denn das Frühstück, das er im Speisesaal Vorsand, war schon fast kalt ge worden. Trotzdem aß er es und sah sich dabei aufmerksam um. Die Stores vor den großen Spiegelfenstern waren zurückgezogen. In breiten Strömen flutete die warme Sommersonne herein. Man hatte augenscheinlich in aller Eile die Be züge von den Möbeln genommen. Trotzdem war es reichlich ungemütlich in dem riesenhaften Bankettsaal. Hans Scharrehu kam sich an seinem Tisch fast vor, als säße er mitten im Weltmeer auf einer verlorenen Insel. Uber dem gebahnten Parkettfußboden spielten huschende Sonnenlichter. Die Wände waren bis Mannshöhe mit nachge dunkelten, beinahe schwarzen Eichenbohlen ver kleidet. Und darüber, auf der stahlfarbenen ausgeblaßten Seidentapete, hingen die Ahnen der Grafen von Scharrehn. Alle in Lebensgröße gemalt, alle in den gleichen Rahmen; Bild an Bild in regelmäßigen Abständen, die wieder von starken Gehörngruppen oder auch hin und wieder schweren Elch- und Nothirschgeweihen ausgefüllt wurden. Neben jenem berühmten Maximilian Heinrich, dem erste« des Namens, noch manch andrer, der sich seines Geschlechts würdig erwiesen. Der Leutnant war aufgestanden und ging langsam an den Wänden entlang, musterte sie einzeln, als nehme er über sie Revue ab. Er kannte die Lebensgeschichte aller, die da aus ihren prunkenden Goldrahmen neugierig auf ihn heruntersahen, als wollten sie sich vergewissern, was denn nun eigentlich aus ihm geworden sei in all dan Jahren, da man sich nicht mehr ge sehen hatte. „Komische Idee von mir!" dachte Hans Scharrehn und versuchte zu lächeln. Wer er wollte nichts Rechtes werden. Das war ganz merkwürdig. Und unwillkürlich straffte er sich ein wenig zusammen und zog die kurze Ulanka herunter. Man mußte doch in Ehren bestehen vor diesen alten Herren, die gleichfalls alle irgendeine Uniform trugen — manche in der Reihe sogar noch im Küraß, Kettenpanzer und dem flachen Stahlhelm mit dem hochgeschlagene« Klappvisier .. .
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