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Ottendorfer Zeitung : 10.03.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191603102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160310
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-03
- Tag 1916-03-10
-
Monat
1916-03
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 10.03.1916
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Deutler LeemamisgeM. Zur Heimkehr der Möwe*. Weit über Deutschlands Grenzen hinaus wird man mit Stolz und freudiger Dankbarkeit die Mitteilung des Chefs unseres Admiralstabes aufnehmen. S. M. S. „Möwe*, deren Fahrten und Taten von den Engländern selbst mit unverhohlener Bewunderung verfolgt wurden, ist — nach einer abenteuerlichen und listenreichen Reise, über die man erst später das Nähere er fahren wird — wohlbehalten in einem deutschen Hafen eingelaufen. , Neben einer beträchtlichen Anzahl von ge fangenen Offizieren und Mannschaften bringt der tapfere Kommandant des tapfersten Schiffes Goldbarren im Betrage von einer Million Mark mit, eine Beute, die unseren Feinden gewiß be sonders schmerzlich sein wird. Zugleich wird uns die ganz erstaunliche Reihe der versenkten und in neutrale Häfen gesandten feindlichen Dampfer aufgeführt. 60 000 Registertonnen sind im ganzen der „Möwe" zum Opfer gefallen! Man könnte diese gewaltige Leistung mit der eines flinken und kühnen kleinen Hechtes im Karpfenteich vergleichen, wenn man nicht von den Betroffenen selbst erfahren hätte, wie rück sichtsvoll und menschlich bei allem Draufgänger tum das deutsche Schiff seines schweren Amtes gewaltet hat. Als von französischer Seite gemeldet wurde, daß eine „zweite Möwe" im Kanal aufgetaucht sei, konnte man diese Mitteilung noch in den Sagenkreis einbeziehen, den unsere Feinde all mählich um die ihnen unheimliche, fast phan tastische Wirksamkeit des Schiffes gewoben hatte. Nun wissen wir, daß es die einzige „Möwe" selbst war, die an den französischen und eng lischen Kreuzern vorbei, die doch so „dringende Befehle" hatten, sie zu zerstören, mit voller Maschinenkraft „westwärts", dem heimischen, rettenden Hafen zusteuerte. In aller Erinnerung ist noch, wie wir zum ersten Male von ihren Taten erfuhren. Am 1. Februar wurde aus New Jork gemeldet, daß der englische Westafrikadampser „Appam", der vermißt wurde, von einer deutschen Prisen mannschaft in die Ouarantänestation von Old Point geführt worden sei. Gleichzeitig vernahm man aber auch, daß das Kriegsschiff, dem die Mannschaft angehörte, eine ganze Reihe von anderen Dampfern aufgebracht habe und ver mutlich die Bezeichnung „Möwe* führe. Die Namen der „Appam" und der „Möwe" ver schwanden seitdem nicht mehr aus den Spalten der englischen Blätter. Immer neue Einzel heiten über die Kaperung wurden berichtet, und man hörte auch schon damals, daß verschie dene Tausend Pfund Sterling in Gold erbeutet worden seien, die wir jetzt mit vollem Recht in deutschen Mark angeben können. Gleichzeitig wurde von englicher Seite versucht, eine Ein wirkung auf Amerika auszuüben, und das deutsche Eigentumsrecht an der „Appam" a»zu- zweifeln. Es ist bekannt, daß die künstlich und zu durchsichtigem Zweck aufgebauschte Angelegen heit mit einem vollen Erfolge der deutschen Auffassung zum Abschuß kam. Die „Appam" wurde von Staatssekretär Lansing als deutsche Prise erklärt, eine Entscheidung, der sich übrigens auch englische Sachverständige anschlossen. Die Flagge der „Möwe" weht im deutschen Hafen. Ihrem Kommandanten aber und ihrer Mannschaft, die uns zeigten, daß der„Emden"- geist in unserer Marine niemals stirbt, gehören unsere Glückwünsche, gehört der nie erlöschende Dank des Vaterlandes. über den Kommandanten der „Möwe*, den Korvettenkapitän Burggraf und Graf zu Dohna- Schlodien macht das ,B. TZ noch folgende An gaben: Burggraf zu Dohna trat am 7. April 18S0 als Kadett m die Flotte. Nach seiner Beförderung zum Fähnrich zur See besuchte er die Marineschule in Kiel und wurde zu den Spezialkursen des Artillerie- und Torpedo wesens u. a. kommandiert. Am 30. September 1899 wurde er zum Leutnant zur See be fördert; als solcher fand er eine erste Dienst verwendung als Seeoffizier an Bord des Küstenpanzers „Beowulf* und des Panzer schiffes „Baden". In den Jahren 1901 und 1902 hatte Graf zu Dohna sein erstes Auslands ¬ kommando auf dem Kanonenboot „Tiger* in den Gewässern der ostasiatischen Station. Seine Beförderung zum Kapitänleutnant erfolgte an 9. Februar 1907, als er bei der II. Torpedoinspektion kommandiert war. Bei dieser war ihm als Torpedobootskommandant zum erstenmal ein selbständiges Kommando be- schieden. Für die Jahre 1908 und 1909 trat er zur Hochseeflotte über, um an Bord des Panzers „Braunschweig* Verwendung zu finden. Dann wurde er erneut nach den ostasiatischen Gewässern zum Verbände des Kreuzergeschwaders kommandiert, indem ihm das Flußkanonenboot „Tsingtau" unterstellt wurde. Mit diesem unter nahm er Seefahrten nach allen Teilen des weiten Stationsgebietes sowie auch Strom bereisungen die Riesenflüfse Chinas hinauf, um zum Schutze der deutschen Handelsinteressen zu wirken. Im Jahre 1912 kehrte er heim, war vorübergehend der zweiten Werftdivision über wiesen, und tat zuletzt — vor dem Ausbruch des Krieges — an Bord des Linienschiffes „Posen" als Navigationsoffizier Dienst. verschiedene AriegsnachrichLen. (Von der mil. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten.) „Der größte Kampf, den die Welt gesehen." Der militärische Mitarbeiter des Maasbode' schreibt: Nachdem die Deutschen schon am 24. Januar bei Nieuport mit einer lokalen Offensive eingesetzt hatten, haben weitere An griffe bei Neuville, La Folie, im Süden der Somme und an vielen anderen Plätzen statt gefunden, die allmählich wieder die ganze Auf merksamkeit nach der Westfront lenkten. Nun ist eine Offensive ergriffen, wie diese Westfront noch keine erlebt hat. Trotz aller französischen Berichte über ein frei williges Zurücknehmen der Linie und aller Tröstungen von jener Seite, daß der Feind seine Kräfte zersplittert, so daß er später nur um so leichter zu besiegen sei, sind wir der Überzeugung, daß technisch augenblicklich vor Verdun der größte Kampf tobt, den die Welt je gesehen hat. Die Vorbereitung zu dieser Schlacht hat der Technik viel mehr Kopf zerbrechen gemacht als der Angriff im Osten. Allein durch die riesenhafte Menge Artillerie, vor allem schwere Mörser, welche die Engländer und Franzosen nicht besitzen, ist es möglich ge wesen, diese Front einzudrücken. * Der Dank der französischen Nepnblik. Präsident Poincars besuchte am 1. März die Batterie in Revigny, um der Mannschaft, der es gelungen war einen Zeppelin zu treffen, zu danken und Auszeichnungen zu verteilen. Er begab sich sodann in Begleitung des Generals Joffre zu den Armeekorps, die aus beiden Seilen der Maas den Norden von Verdun ver teidigten. Er hielt eine Ansprache an die Kom mandanten, um ihnen für die tapfere Haltung der Truppen Zn danken. Nach Paris zurück gekehrt, nahm Poincarö an einem Ministerrat teil, in dem beschlossen wurde, in einem Tages befehl an die Truppen den Dank der Ne gierung kund zu geben für den Heldenmut, den sie an den Tag gelegt haben, in dem sie den ersten Ansturm des Feindes zurückwiesen. * Die Munitionsfrage im Vierverband. Der,Corriere della Sera' schreibt einen be deutsamen Artikel über die Munitionsfrage im Vierverband. Atan redete im vorigen Sommer Viel von. der Vermehrung der Munition und des Kriegsmaterials, um die Mittelmächte zu übertrumpfen. Jetzt, nach acht Monaten, zeigt Verdun, daß das Material Deutschlands im Verhältnis noch stärker gewachsen ist als das Frankreichs. Der Vierverband hat wieder einmal seine Aufgabe nicht erfüllt. Aber der Krieg dauere noch lange, und es sei Zeit, alles einzuholen. Auch Italien müsse ganz anders arbeiten als bisher. Man schuf ein Komitee für die Munitionserzeugung, berief es aber nach wenigen Sitzungen seit Monaten über haupt nicht mehr zusammen. Alles stocke wieder einmal. — Dieser Notschrei zeigt die ganze Ver ¬ legenheit der heutigen Lage des Vierverbandes! und beweist, daß Frankreich sich Deutschland bei! Verdun nicht gewachsen fühlt. * Fast Ä Millionen russische Gefallene im Jahre LN15. ,Dagens Nyheteü veröffentlicht einige An gaben über die russischen Verluste im Kriege bis Ende 1915. Das Blatt erhielt die Zahlen, die amtlich sind, aber nicht veröffentlicht werden, von einem durchreisenden Ausländer. Die Ge samtsumme der Gefallenen vom 1. Januar bis 31. Dezember 1915 betrug 1942 610 Mann. Von den Offizieren sind seit Beginn des Krieges 125 433 tot, darunter 277 Generale. Diese Zahl enthält allein die Todesopfer des Jahres 1915. Nickst eingerechnet sind also die außer ordentlich schweren Verluste der Russen in den Schlachten bei Tannenberg und an den ma surischen Seen und in den sich daran an schließenden Kämpfen; nicht eingerechnet sind auch die sehr zahlreichen Toten, die der letzte russische Durchbruchsversuch an derbeßarabischen Grenze gekostet hat. Wer die ungefähr IV2 Millionen Gefangenen, dis unsere Gefangenen lager bevölkern, und die in Rußland jedenfalls bedeutende Menge der dienstuntauglich ge wordenen Verwundeten hinzu rechnet, kann sich ein Bild machen, welche Einbuße an Menschen die russische Armee in diesem Kriege bisher er litten hat. Einziehung der russischen Reichswehr zweiten Aufgebots. Ein Erlaß dcs Zaren ruft in allen Gebieten Rußlands, ausgenommen der Kaukasus und das Nmurgebiet, die Jahrgänge 1916—1908 der Reichs wehr zweiten Aufgebots ein. Bulgariens Politik. Die große Rede, die der bulgarische Minister präsident Radoslawow in der Sobranje hielt, verdient besonders wegen der Schärfe Beachtung, mit der sie das Verhalten Rußlands Bulgarien gegenüber enthüllt. Bis zum 6. September — sagte Radoslawow — beschränkten wir uns darauf, strengste Neu tralität zu bewahren. Wir befanden uns zwischen zwei mächtigen Gruppen, die mit ihrem ganzen Gewicht auf uns drückten. Es war vor auszusehen, daß wir am Krieg würden Leil- nehmen müssen, um unsere Interessen zu ver teidigen, aber es stand nicht im voraus fest, an wessen Seite wir uns stellen würden. Da am 6. September ein Umschwung in den Verhältnissen eintrat, mußten wir unsere be waffnete Neutralität erklären. Ich erklärte feierlich, daß wir trotzdem neutral zu bleiben versuchten. Aber 24 Stunden später standen zwei serbische Divisionen an unseren Grenzen. Am 1. September schlug uns Sasonow vor, unsere Beziehungen zu den Mittelmachten ab zubrechen und die deutschen und österreichisch- ungarischen Offiziere, die angeblich in unserem Heere ständen, auszuweisen, anderenfalls würde Rußland mit uns abbrechen. Wir konnten uns natürlich den Befehlen eines fremden Ministers nicht unterwerfen, rind keine einzige bulgarische Regierung hätte dies getan. Alle Schritte gegen Bulgarien gingen von Sasonow aus. Automatisch folgten andere Mächte Rußland. In seiner Dumarede klagt Sasonow über die Diplomaten der anderen Ententemächte, sie hätten es verabsäumt, die Hilfe Bulgariens zu erzwingen. Man hätte in Dedeagatsch Truppen landen müssen, was Bul garien sicher beeinflußt hätte. Es scheint, daß Sasonow nicht alle unsere Erklärungen übermittelt worden sind, sonst hätte er nicht so sprechen können, denn wir hatten klar zu verstehen gegeben, daß jede derartige Besetzung die einmütige Stellungnahme der ganzen Nation zur Folge haben würde gegen den, der es wagen würde, so vorzugehen. Man verlangte von uns auch, wir sollten gegen die Türkei marschieren, wir sollten also jenen zu Hisse kommen, die uns im Jahrs 1913 beraubt hatten. Das entsprach nicht den Interessen Bulgariens, und so bat man uns schließlich auf den Weg gedrängt, den wir heute gehen. Radoilawow befaßte sich zum Schluß auch mit Befürchtungen der Opposition, daß Bul garien, als es sich zu seiner Politik von heute entschloß, besondere weitgehende Verpflichtungen auf sich genommen habe. „Nach dem Verrat, der 1913 an Bulgarien begangen worden ist* — erklärte Radoslawow —. „ist ein derartiges Mißtrauen verständlich. Aber um diese Kreise, zu beruhigen, bringe ich zur Kenntnis der ganzen bulgarischen Nation, daß alles, was wir getan haben, ausschließlich von unseren eigenen Interessen diktiert worden ist, und daß wir unseren Verbündeten gegenüber keinerlei Ver pflichtungen übernommen habeu, die diesen In teressen zuwiderlaufen. PolililedS ArmälebLU. Deutschland. * Kaiser Wilhelm hat aus Anlaß des Ablebens der Königin-Witwe von Rumänien ein in warmen Worten gehaltenes Beileids telegramm an den König gerichtet. Prinz August Wilhelm vonPreußen nimmt an dem Begräbnis der Königin im Auftrage des Kaisers teil. * In der letzten Sitzung des Beirats für Volksernährung wurde zunächst die Frage der Verteilung der Kleie und die Rege lung des Verkehrs mit Stroh erörtert. Aus führlicher besprochen wurde der Verkehr mit Saatkartoffeln und die Frage der Rationierung der Sp eise kart of fein. Daneben war Gegenstand der Verhandlungen der Verkehr mit Butter und die zweckmäßige Form ihrer Verteilung. England. *Der jetzt veröffentlichte Marinevor anschlag sieht ein Personal von 350 000 Mann vor. Das ist der einzige Aufschluß, den der Voranschlag gibt, denn für die einzelnen Dienstzweige werden wie voriges Jahr je 1000 Pfund, im ganzen 17 000 Pfund angegeben, so daß die Regierung sich also freie Hand Vor behalt. Italien. * Der Ministerpräsident Salandra hat in der Kammer einen glattenSieg davon getragen. Das Haus lehnte den Antrag der Sozialisten auf sofortige Beratung der aus wärtigen Politik mit 268 gegen 40 Stimmen ab. Dafür stimmten nur die Sozialisten. Ein Teil der Kriegsparteien enthielt sich der Ab stimmung, der andere Teil stimmte dagegen. Die Giolittianer waren geschlossen für Salandra. Die Abstimmung, die die Frage der Kriegs erklärung ungeklärt läßt, befriedigt die Kriegs- Parteien nicht. Salandra erklärte die ge wünschten Auskünfte über die Lage Anfang April geben zu wollen. In der Kammer wurden 150 Anfragen angemeldet. Belgien. *Nach Schweizer Blättern wird in einigen Tagen ein neues b e l g i s ch e s G rau b u ch erscheinen, das hauptsächlich von belgischen Bischöfen gesammelte Zeugenaussagen über an gebliche deutsche Greucltaten enthalten soll. Holland. * Nach verschiedenen Blättermeldungen wird in holländischen Kammerkreisen der Vorschlag der Radikalen, die Ausgaben für die holländische Mobilisation durch eine einmalige Ab gabe in Höhe von 200 Millionen Gulden zu decken, mit Entschiedenheit abgelehnt. * Die Regierung hat die Ausfuhr von Weiden- und Pappelholz ver boten. Portugal. *Die portugiesische Regierung erklärte nach französischen Blättern in Beantwortung der deutschen Protestnote, daß sie die Beschlag nahme der deutschen Handels schiffe aufrecht erhalte. — Natürlich ist damit die Angelegenheit nur vorläufig er ledigt. Zuf eigner SckoUe. 18j Roman von Guido Kreutzer. Gorgetzung.) „Darüber vermag ich leider keine präzise Auskunft zu geben, Herr Graf, da, wie ich bereits bemerkte, Herr Grona diesen Teil der Wirtschaftsführung als sein ganz persönliches Reffort betrachtet und auch zum überwiegenden Teil von seinem eignen Gutspersonal in >?ulmr halten läßt, was auf der andern Seite zweifelsohne eine erhebliche Entlastung unsrer hiesigen Arbeiter schaft bedeutet.' „Merkwürdig eigentlich," dachte der Leutnant, „wenn man Gutsinspektor ist, müßte man doch imstande sein, sozusagen aus dem Handgelenk eine einigermaßen genaue derartige Abschätzung herauszuschütteln." Ltatt dessen aber sagte er laut: „Darüber dürfen doch übrigens die Wirtschaftsbücher er schöpfende Auskunft geben." „Selbstverständlich, Herr Graf, aber sämtliche Wirtschaftsbücher befinden sich in Roggenthin und werden auch dort geführt. Aus diesem Gninde muß ich Herrn Grona jeden Sonntag- Vormittag eine genaue Wochenübersicht vorlegen." Eine leise Verstimmung schien in dieser Er klärung zu liegen. „Dann leitet also Herr Grona, obwohl Sie hier sind, Trerow sozusagen doch absolut selbständig?" „Als wäre es sein eignes Besitztum — aller dings, Herr Graf!" — Und wieder dieser selt samer Tonfall, als bedeute das alles etwas ganz Mdres, wie es den Anschein habe. Hans Scharrehn war aufgestanden und ging mit großen Schritten auf und ab. Er hatte das unklare Empfinden, als tappe er in einem Nebel herum, der so dicht war, daß er nicht die Hand vor Augen sehen konnte. Und dazu dieser eine ganz bestimmte Gedanke, dessen er sich vergebens zu erwehren suchte und der doch immer wieder kam, ein Gedanke, so wahnsinnig und so furcht bar. Aber anderseits, wenn man eins an das andre reihte — die Kenntnis, die Brigitte Steinrott von seiner pekuniären Lage hatte — die Weigerung, ihren Gewährsmann zu nennen — dann hier das alles, was der Repplin sagte und was er — verschwieg Er fühlte einen stechenden Schmerz in den Schläfen: die Nerven rebellierten, wollten nicht mehr mitmachen. Und dann hörte er wieder aui den Inspektor, der noch' einmal zu sprechen anfing. „Ich bitte zu bedenken, Herr Graf, daß meine ganzen vorhergegangenen Bemerkungen sich natürlich in keinem Falle gegen Henn Grona persönlich richten; vielmehr waren es rein sach liche Bedenken, die ich ins Feld führte. Ich bin heute kein jünger Mensch mehr und habe im Laufe der Jahre Erfahrungen genug gesammelt, um in Herrn Grona einen geradezu vorbildlichen Landwirt zu schätzen. Nur meine ich — Pardon, Herr Graf — aber ich bin natürlich auch über das intime Freundschaftsverhältnis zwischen Ihnen beiden informiert. Und da ist es ja erklärlich, daß Herr Grona aus übergroßer Fürsorge und aus dem Bestreben heraus, Trerow während Ihrer Abwesenheit auf eine möglichst respektable Höhe zu bringen wenigstens wäre das doch vielleicht so eine Art von Erklärung . . .* Und der Ulan besaß nicht mehr genug Spann kraft, um zu erkennen, daß hinter diesen ganzen gewundenen Redereien klipp und klar eine glatte Anklage steckte. Er sagte sich auch nicht: Woher weiß der Mann, was ich denke? Er stand nur starr und steif aufgerichtet und mar terte sein Hirn und fügte Glied an Glied, bis die Kette geschlossen war. Eine ihm selbst fremde unnatürliche Starrheit bannte alles, was noch bis vor wenigen Minuten wild und zügellos in seiner Brust getobt hatte. Jetzt war das still geworden. Ganz still. Nur eine fahle Blässe überzog sein Gesicht. Er dachte einen Augenblick an Vergeltung. Äug' in Äug' — zwanzig Schritt Distanz — die Pistole in der Faust... bis die große Abrechnung zu Ende war. Aber er schob nur stumpf die Schultern hoch. Was sollte ihm das nützen ? Wenn das Leben etwas zertrat — der Tod leimte es ja doch nicht wieder zusammen. Und dann war der andre auch kein Gegner, dem nian gleich auf gleich gegenüberstand. Dem Freunde erst die Braut abjagen und sich dann auf schmutzigen Schleichwegen noch an dessen väterliches Erbe heranpürschen wie ein Wilderer an den feisten Platzhirsch — pfui! Da wäre eine persönliche Revanche zur Lächerlichkeit herab gesunken . . . Herr Repplin hatte sich vorhin gleichfalls er hoben, als der junge Offizier aufgesprungen war. Jetzt stand er noch immer leicht gegen den Tisch gelehnt, die Augen etwas gesenkt, und schien darauf zu warten, ob Näheres noch verlangt werde. Hans Scharrehn musterte ihn ein paar Sekunden prüfend. „Uber die Ersrägniffe meiner Brauerei in Hohen-Buchen sind Sie wohl auch nicht imstande, mir genaue Auskünfte zu geben?" fragte er schließlich in geschäftsmäßig kühlem Tone. Der Inspektor nahm wieder seine etwas offizielle Haltung an. „Ich müßte mich dabei auf rein persönliche Vermutungen beschränken, Herr Graf. Zahlen mäßige Ausweise stehen mir leider nicht zur Verfügung, da Herr Grona mir über den Ertrag der Brennerei niemals irgendwelche Mitteilungen gemacht hat." „Und Ihre private Ansicht?" „Ist zu meinem lebhaften Bedauern keine allzu optimistische. Aus eben diesem Grunde hätte cs ja auch eher meinen Beifall gefunden, wenn das vorerwähnte, ziemlich bedeutende Areal gänzlich brach liegengeblieben wäre. Herr Grona baute darauf lediglich Kartoffeln an, weil er auf einen sehr bedeutenden Branntweinabsatz zu rechnen schien. Sollte sich diese Berechnung nun aber nicht als stichhaltig erweisen, dann, Herr Graf, gewinnt jene Behauptung Berechtigung, die ich vorhin aufstellte: daß es besser gewesen wäre, das betreffende Land ein Jahr hindurch gänzlich außer Kultur zu setzen." Der Ulan atmete tief. „Ich dauke Ihnen. Für den Moment habe ich mich über alles unterrichtet, was mich inte ressierte." Der Beamte trat einen Schritt zurück. „Wenn der Herr Graf keinen weiteren Be fehl für mich haben..."
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