Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 01.12.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191612016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19161201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19161201
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-12
- Tag 1916-12-01
-
Monat
1916-12
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 01.12.1916
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Menn Rumänien unterliegt... Wie ernst augenblicklich die Stimmung in England ist, zeigt' ein Artikel des ,Fortnightly Review', in dem eS u. a. Hecht: Deutschland hasst Brot, Fleisch und andere Nahrungsmittel aus Rumänien zu gewinnen. Rumäniens Roh stoffe und gesamte Jnlanderzeugnifse würden von Deutschland „wie gewöhnlich" eingezogen werden und das Volk zu Hunderttausenden verhungern, während täglich jeder der 70 Mil lionen Deutschen ein halbes Pfund rumänisches Niehl erhalten könnte! Rumänien verbraucht etwa 6V2 Millionen Tonnen Getreide im In land und sMrt etwa 3Vs Millionen Tonnen ans. Würden die Rumänen auf halbe Ration geletzt, so wäre ihr Verbrauch etwa drei Millionen Tonnen, und für die Deutschen blieben sieven Millionen übrig, abgesehen von dem Vorrat, der noch von den vorangehenden Jahren übrig ist. Dazu hätten die Deutschen die Möglichkeit, die Getreideerzeugung durch Technik zu verdoppeln. Englands Blockade wäre in ihrer Wirkung da durch vernichtet. Deutschland gewänne auch Fleisch, Wolle, Pferde, Petroleum, dessen Ge winnung noch unendlich gesteigert werden kann; Deutschland und Österreich könnten dann un begrenzt durchhaltsn. Strategisch ist Rumänien für die Mittel mächte vor allem wichtig, weil sie für den Weg Berlin-Konstantinopel nicht allein die Ver bindung über Belgrad—Nisch—Sofia hätten, sondern daun drei Routen besähen, abgesehen von der Donau, aus der ein Kanal zur Elbe führt, so daß das Schwarze Meer zum deutsch- österreichischen See würde. Deutschland könnte Saloniki umzingeln, so das; wir die Valkan eroberung aufgeben müßten. Dann hätten die Mittelmächte nur statt der laugen rumänischen Grenze die beßarabische gegen Rußland zu halten und würden Odessa, Nikolajew, Cherson in Ruß lands fruchtbarsten Teilen bedrohen. Rußland müßte Odessa decken und vielleicht Armenien mitsamt dem Ziel der Niederzwingung der Türkei aufgeben.... Es fehlt Rumänien an Truppen für die lange Grenze, es fehlt ihm an Munition. Ruß land sollte lieber seine Westfront schwächen, als Rumänien in Stich lassen: das ergäbe nur einen Zeitverlust, Rumäniens Vernichtung würde ein dauernder Verlust bleiben. Ist der Feind völlig über die Grenze, so ist Rumänien ver loren; Bukarest als Festung ist heute ebenso nutzlos wie Lüttich und Namur. Wie Bulgarien gefangene Serben bewaffnet, so könnten die Mittelmächte 700 000 gefangene Rumänen gegen die Verbandsmüchte bewaffnen, deren Wagschals also um 1 400 000 sänke. Fechten doch 30 Mil lionen Slawen, Rumänen, Italiener gegen ihren Willen für Habsburg unter fremder Flagge. Siegt dagegen Rumänien, so kann man dorther als vom Zentrum aus Bulgarien oder Ungarn angreisen. Die 700 000 Alaun müßten nur genügend Munition erhalten. Sie könnten Konstantinopel nehmen, Bulgarien und die Türkei sestlegen, Galizien säubern, „leicht" gegen Budapest und Wien vorstoßen. Deutschlands Niederlage in Rumänien wäre ein schwererer Schlag als Verdun und würde die auf rumä nische Nahrung Hoffenden arg enttäuschen. Alles das wurde geschrieben, als noch der Donauübergang zu den Plänen des Vierver- bandes gehörte. Inzwischen hat Falkenhayn fast die ganze Walachai ausgeräumt und Mackensen hat an verschiedenen Stellen die Donau überschritten. Die deutsch-bulgarischen Heere flehen vor Alexandria etwa 70 Kilometer von Bukarest. Die beiden Armeegruppen haben Fühlung miteinander genommen und rücken un aufhaltsam vor. Bald wird man es aus Eng land noch vernehmlicher hören: Wenn Rumänien unterliegt. . . verschiedene Ariegsnachrichten. Englische Rufe nach Soldaten. Die Londoner.Times' enthält einen Leit artikel über die Frage, wie man neue Soldaten bekommen könnte. Es handle sich bei der Lösung der Frage nicht darum, ob der Krieg gewonnen oder verloren werde, denn das letztere sei un denkbar, sondern darum, ob man Deutsch land im nächsten Jahre einen niederschmetternden Schlag ver setzen könne oder ob der Kampf auf unbe stimmte Zeit verlängert werden sollte. Die neuen Mannschaften müßten im nächsten Frühjahr er scheinen. Erstens hänge die Moral der Truppen davon ab, wie vollständig die neuen Truppen formationen in die Verbände ausgenommen werden könnten, und zweitens hänge der Erfolg des Feldzuges davon ab, ob man mit Sicher heit auf genau die Anzahl neuer Truppen rechnen könne, die sich beim Entwurf der Pläne als notwendig herausgestellt habe. Großfürst Nikolaus kehrt zurück. Französische Blätter verbreiten folgende russische Nachricht: Großfür st Nikolaus hat die Oberleitung über die Kaukasusarmee abgegeben, um ein wichtigeres Kom mando in Europa zu übernehmen. Der Großfürst soll bereits im Hauptquartier des Zaren eingeftoffen sein. * Die Lage auf dem Balkan. Das Amsterdamer .Allgemeen Handelsblad' nennt in seiner Kriegsübersicht die Bemerkung der,Times', die Lage in Rumänien sei nicht ernst, eine sehr merkwürdige Auffassung. Die Eroberung von Monastir, schreibt das Blatt, werde in den sranzösischen und englischen Berichten als eine glänzende Waffentat des Vicrverbandes hingestellt. Dem Einmarsch in Rumänien und der Tatsache, daß der neueste Bundesgenosse des Vierverbandes, der ausge zogen war, um bei der Verteilung Österreich- Ungarns nicht zu spät zu kommen, jetzt Gefahr läuft, von demselben Schicksal ereilt zu werden wie die andern kleinen Staaten, die von den Mittel mächten erobert wurden, soll keine große Bedeutung beizumessen sein? Das Blatt führt fort: Die Besetzung des südwestlichen Ru mäniens durch die deutsch-österreichischen Truppen ist auf jeden Fall von großem Ge wicht. Der .Grund, warum der Vierverband j das Eingreifen Rumäniens so sehnsüchtig her beiwünschte, war doch, die Verbindung zwischen den Mittelmächten und Konstantinopel abzu- jchneiden, und der Grund, warum Rumänien in den Krieg ging, war, so rasch als möglich ein möglichst großes Stück von Siebenbürgen zu besitzen. Diese beiden Absichten sind durch den Vormarsch der Mittelmächte vereitelt worden, und nun geht es um den Besitz von Rumänien. Das Ergebnis wird wohl sein, daß die Walachei für Rumänien verloren sein wird. * Die Reste der serbischen Heeresmacht. Das gewiß nicht vierverbandfeindliche .Jour nal de Geneve' schreibt über die Lage der ser bischen Bevölkerung folgendes: Von der Armee Serbiens sind nur noch Reste vorhanden und auch diese Neste werden in dauernden Kämpfen eingesetzt. Die Reserven der männlichen Bevölkerung sind noch die Kriegs- und Zivilgefangenen und die im Lande ge bliebenen Kinder, zu deren Rettung bald etwas getan werden muß. Von den Neutralen und besonders von der Schweiz aus ist vielfach Hilfe gewährt worden, und es muß anerkannt werden, daß von Österreich aus den Unternehmungen des Schweizer Hilfskomitees alle Erleichterungen gewährt worden sind. Alles ist treu und gerecht verteilt worden mit Hilfe der serbischen Kom mission in Belgrad und der Vertreter des ameri kanischen Noten Kreuzes, deren Aufgabe durch die österreichischen Militärbehörden erleichtert worden ist. Jetzt können die neutralen Länder Europas nicht mehr viel Helsen, da ihre Einfuhr durch die strenge Kontrolle des Verbandes be schränkt ist und die Schweiz zum Beispiel selbst an Schwierigkeiten der Nahrungsmitielversorgung leidet. Der Widerstand des Verbandes gegen die Versorgung der Serben mit Nahrungsmitteln erscheint nicht durch militärische Rücksichten be rechtigt, und es ist unerklärlich, daß die Sym pathie, die der Verband den Serben entgegen bringen muß, in ihren Berechnungen für nichts gilt. Deutscher Aeicbstag. (Orig.-Bericht.) Berlin, 25. November. Präsident Dr. Kae m p f eröffnet die Sitzung und hält, während die Abgeordneten, die Ne- gierungsvertreter und die Besucher der Tribünen sich erheben, folgende Ansprache: In den letzten Tagen waren unser aller Blicke gerichtet auf das Kaiserschloß in Schön brunn, wo seine Majestät der Kaiser und König Franz Joseph die Augen zur letzten Ruhe ge schlossen hat. Jin jugendlichen Alter von 18 Jahren, während einer die Geister auf wühlenden Revolution, auf den Thron gelangt, schloß er seine Herrschertätigkeit mitten im Welt kriege, den das Schicksal dazu bestimmt hat, völker- umwälzend de? Geschicke der Nationen zu be einflussen. An seiner Bahre stehen die Völker der österreichisch-ungarischen Monarchie, steht das deutsche Volk zusammen mit denen des türkischen Reiches und Bulgariens, um ihre Huldigungen darzubringen, den Manen des Monarchen, der länger als ein Menschenalter- treue Bundesgenossenschast gehalten und der sein Bestes eingesetzt hat, um die Völkerstämme zu dem zu führen, um das wir kämpfen, näm lich Unabhängigkeit, Freiheit und die Ehre der Nationen. Ehre dem Andenken des dahin geschiedenen treuen Bundesgenossen, des dahin geschiedenen Monarchen! Auf der Tagesordnung stehen eine Anzahl Berichte des Ausschusses für Handel und Gewerbe, darunter ein Bericht über die Überführung der Kriegs- in dieFriedens Wirtschaft. Sämtliche Berichte werden nach den Vorschlägen des Ausschusses erledigt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Der Präsident beraumt die nächste Sitzung auf Mittwoch an, mit der Tagesordnung: Erste Lesung des Gesetzentwurfes über den vater ländischen Hilfsdienst. Abg. Gröber (Zentr.) beantragt, auch gleich die zweite Lesung auf die Tagesordnung zu setzen. Abg. Ledebour (Soz. Arbg.): Dagegen' erhebe ich im Einvernehmen mit meinen Freunden Widerspruch. Dieser Gesetzentwurf von ungeheuerlicher Wichtigkeit mußte so früh wie möglich an den Reichstag kommen und so gründlich wie möglich beraten werden. Wenn diese Vorlage Gesetzeskraft er hält, so würde sie die Arbeiterschaft des Rechts berauben, über ihre Arbeitskraft zu verfügen. Die vollkommene Knechtung würde die Folge sein. Abg. Bassermann (nat.-lib.): Gegen diese Ausführungen möchte ich namens meiner poli tischen Freunde den entschiedensten Widerspruch eiulegen. Die bisherigen Vorbesprechungen haben die große Wichtigkeit der Vorlage bereits be wiesen. Es besteht kein Zweifel, daß es im vaterländischen Interesse liegt, diese Vorlage tun lichst rasch zu fördern. Der Vorschlag des Prä sidenten trifft das Richtige, ebenso der Antrag Gröber. Angesichts der hohen Wichtigkeit der Vorlage muß eine möglichst schnelle Verabschiedung erzielt werden. Dafür hat sich auch unsere Heeresleitung eingesetzt. Abg. Dr. v. Payer (Vp.): Wir teilen die Auffassungen der Abg. Gröber und Bassermann und halten es sür wahrscheinlich, daß es zweck mäßig sein wird, schon Mittwoch in die zweite Beratung einzutreten. Abg. Scheidemann (Soz.): Ich möchte bitten, es bei dem Vorschlags des Präsidenten zu belassen. Alle Parteien haben den dringenden Wunsch, über dieses Gesetz recht ausführlich zu reden. Wenn wir am Mittwoch eine zweite Lesung halten wollen, können wir das ja am Mittwoch beschließen, wenn kein Widerspruch er folgt. Wenn wir aber heute schon beschließen, die zweite Lesung auf die Tagesordnung zu setzen, so erwecken wir den Eindruck, als wollten wir die Verhandlungen überstürzen. Dazu haben wir doch keinen Anlaß. Ich möchte nicht, daß irgend jemand sagen kann, er wäre in diesem Hause vergewaltigt. Abg. Ledebour (Soz. Arbg.): Auch die Einzelberatung dieser ungeheuer wichtigen Vor lage muß gründlich erfolgen. Wird auch die zweite Lesung auf die Tagesordnung gesetzt, so würde die Einzelberatung übers Knie gebrochen werden. Sie selbst sind von der Wichtigkeit des Gesetzes überzeugt. Ihr Vorgehen ist unverant wortlich gegenüber dem Volke. Abg. Graf Westarp: Wir tragen die Ver antwortung sür unser Vorgehen, müssen aber die Veraniwortung sür das Vorgehen deS Abg. Ledebour allen denen überlassen, die zu ver hindern suchen, daß diese mutige und ent schlossene Tat zur Herbeiführung des Friedens schnell erfolgt. Abg. Frhr. v. Ga m p (Dtsch. Frakt.): Wird die zweite Lesung nicht auf die Tagesordnung gesetzt, so werden die Herren von der Sozial demokratischen Arbeitsgemeinschaft Widerspruch erheben und damit die Einigkeit des Reichstags stören. Das aber wollen wir verhindern. Wir sind in der Kommission der Verständigung selbst mit den Sozialdemokraten nicht mehr sehr fern, aber mit den Herren der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft gibt es ja keine Verständi gung. Abg. Ledebour (Soz. Arbeitsg.): Dis uns zugeschobene Verantwortung tragen wir mit gutem Gewissen. Was das Gesetz erreichen will, ist auch zu erreichen, ohne daß die Arbeiter rechtlos gemacht werden. Gegen die Stimmen der beiden sozial demokratischen Fraktionen wird beschlossen, auch die zweite Lesung der Vorlage auf die Tages ordnung zu setzen. Darauf vertagt sich das Haus. poliMcke Armäkkau. Deutschland. *Der Generalseldmarschall Prinz Leo pold von Bayern, Hindenburgs Nach folger als Oberbefehlshaber Ost, hat am 27. d. Mts. sein sechzigjähriges Militärjubiläum ge feiert. Erst im Sommer 1915, nach dem Be ginn der großen Ostoffensive, las die deutsche Öffentlichkeit den Namen des Prinzen Leopold in den Heeresberichten, hier aber auch nach wenigen Tagen sofort verknüpft mit einem großen Erfolg, der Einnahme von Warschau und der Verfolgung der Russen Lis weit über die polnische Hauptstadt hinaus in die Nokitno sümpfe. Nach der Befreiung Polens hat der Wittelsbacher Prinz treue Wacht im Osten ge halten; zuerst als Oberbefehlshaber einer Heeres gruppe, dann nach Hindenburgs Ernennung zum Generalstabschef des Feldheeres als Ober befehlshaber im Osten. *Die Kölnische Zentrumspresse hatte be schlossen, bei der kommenden Reichstags- Ersatzwahl für den verstorbenen sozial demokratischen Abgeordneten Hofrichter Wahl- enthaltung zu üben, falls die Kölner Sozial demokratie einen Kandidaten aufstelle, der allen Anforderungen der Kriegsnotwendigkeiten, soweit sie an den Reichstag herantreten, gerecht wird. Diese Voraussetzungen sind nunmehr durch den Beschluß des sozialdemokratischen Vereins für die beiden Kölner Wahlkreise erfüllt. Als Kandidat wurde der politische Redakteur der .Rheinischen Zeitung' Meerfeld gewühlt, der seit 16 Jahren der Redaktion dieses Blattes zugehört und als entschiedener Verfechter der Mehrheitspolitik der sozialdemokratischen Partei anzusprechen ist. Griechenland. * Der ehrgeizige Venizelos hat nun seinen Hochverrat gekrönt, indem er Bul garien den Krieg erklärt hat. Zu gleich aber hat der kleine Gernegroß von Salo niki auch Deutschland mir einer Kriegs erklärung bedacht, weil es Schiffe torpediert hat, die griechische Streitkräfte nach Saloniki transportierten. Wir befinden uns nun mit einem Teil Griechenlands im Kriege. Ob Venizelos die verfahrene Saloniki-Expedition retten wird? Niemand glaubt daran. — In zwischen hat der Vierverband der Athener Ne gierung ein Ultimatum zur Ablieferung der ge samten Munition gestellt. Auch dieser Gewaltakt wird das Unternehmen nicht retten. hinnerk, äer ^neckt. 19j Roman von Bruno Wagener. <FoNietzunr>.) Und Hinnerk senkte unter der Wucht des Beweises den Kopf. Nein, er zweifelte selbst nicht mehr daran; das sonderbare Wesen seiner Mutter ihm gegenüber und ihre verworrenen Worte über die Strümpfe, an die sie gar nicht mehr gedacht hatte, waren ihm eine volle Be stätigung. Trotzdem fragte er: „Hat denn «och jemand außer dem Krischan etwas ge sehen?" Gesine nickte. Sie selbst war gerade im Garien gewesen, als Frau Meyer mit scheuer Gebärde aus der Altenteilerkate gekommen war; und der Anbauer Kleinjohann war ihr be gegnet, als er eben das Geld abgeliefert hatte. Da sah Hinnerk ein, daß alle Hoffnung ver loren war. „Ihr sollt alles wiederhaben — ganz ge wiß, alles sollt Ihr wiedcrhaben," murmelte er und griff nach seinem Hute, der auf dem Stuhle neben ihm lag. „Du willst noch heute abend hin zu ihr?" fragte Gesine. „Das laß nur' bleiben, sie wird das Geld ja wohl auch morgen herausgeben. Es ist Zeit zum Schlafengehen." Mechanisch erfüllte er heute abend seine Obliegenheiten, sah nach den Pferden und dem Vieh und prüfte die Pflugschars, mit der morgen die Äcker sür die kommende Frühjahrsbestellung gepflügt werden sollten. Dann ging er auf seine Kammer. Vergessen waren alle frohen! Zukunftsvläne. Eine dumpfe Niedergeschlagen-" Heft lag auf dem jungen Knecht und hüllte ihm die Welt in graue Schleier. Er hatte sich vor den Tisch ain Fenster gesetzt und das Gesicht auf beide Arme gelegt rind weinte heiße Tränen vor Zorn und tiefer Scham. 16. Am folgenden Morgen schickte Hinnerk den Jungknecht allein zum Pflügen hinaus und sagte ihm, daß er später nachkommen würde. Dann ging er mit großen Schritten durchs Dorf. In der Kate traf er die Mutter nicht an, so früh ging sie sonst nicht auf Arbeit. Aber einerlei, das Geld mußte er wiederhaben um jeden Preis. Er begann die armselige Wohnung zu durchsuchen. Das war keine umständliche Arbeit, denn es waren nur zwei kleine Räume und die Küche und darüber ein niedriger Boden. Er kehrte das Unterste zu oberst; im Schranke suchte er zuerst und in dem Küchengeschirr, in den Wäschestücken und im Bette; nichts ließ er unberührt. Es war alles umsonst. Schließlich stürzte er den Aschenkasten neben dem Herd um; da fiel ein Taler heraus und rollte in eine Ecke. Er hob ihn auf; die Münze zeigte einen Frauen kopf im Gepräge. Aber wie er auch juchte, er sand nichts außer dem einen Taler. Seufzend gab er die Arbeit auf. Da wurde die Tür geöffnet, und die Mutter trat ein. Sie mußte sich mit der Hand am Türpfosten halten, als sie sich plötzlich dem Hinnerk gegenübersah. Die Knie schlotterten ihr, und sie Lot das bejammernswerte Bild vollendeter Laltlosiakeit. Ihre Lwven beweateu sich, als wollte sie sprechen, aber es kam kein Ton aus ihrer Kehle. Nur ein entsetzensvoller Blick heftete sich auf den Sohn, der als Ankläger vor ihr stand. „Guten Tag, Mutter," sagte er barsch und bemühte sich, ruhig zu bleiben. „Ich will das Geld haben, das du gestern gestohlen hast. Du wirst es mir sofort herausgeben." „Das Geld?" fragte sie mit einem scheuen Blicke nach dem Herde. „Was für Geld meinst du? Ich habe kein Geld." Da verließ ihn die mühsam erkämpfte Fassung. „Du lügst!" schrie er laut. „Du lügst, Mutter I Ich weiß alles, und ich gehe nicht von hier, bis du mir das Geld gegeben hast. Ich habe es Gesine Siemers versprochen. Auf Heller und Pfennig soll sie es wisderhaben — die ganzen hundertundfünfzehn Mark! Hast du mich verstanden?" Sie starrte ihn an, als begriffe sie ihn nicht, was er wollte. „Hundertundsünfzehn Mark! Und die soll ich gestohlen haben?" Nein! Nein! Ich- habe sie nicht. Und wenn sie ge stohlen sind, muß das ein andrer getan haben. Ich schwöre dir's, wahrhaftig — ich habe sie nicht. Auf der Stelle will ich tot sein, wenn ich das Geld gestohlen habe — auf der Stelle will ich tot sein!" Er herrschte sie an, und seine Stimme klang' wie das heisere Brüllen eines wilden Tieres. „Schweig still, Mutter! Du lästerst Gott im Himmel! Du hättest das Geld nicht gestohlen? Und ehe du kamst, hat es auf dem Tisch ge legen. Als du gingst, war es sort, und die Strümpfe laaen statt des Geldes da. Und Lu hattest zu mir gesagt, du wärest gar nicht auf dem Hofe gewesen. Das war schon eine Lüge; und jetzt wird weitergelogen. Aber ich sage dir, ich gehe nicht von der Stelle, wenn du das Geld nicht herausgibst." ' Er packte sie mit beiden Händen. an den Schultern und rüttelte sie. Da sank sie heulend vor ihm in die Knie. Er ließ sie los. „Ich könnte fast vergessen, daß du meine Mutter bist!" sagte er ingrimmig. „Willst du denn ins Zucht haus wandxrn? Du weißt doch, was dir be vorfleht, wenn sie dich anzeigen. Nur wenn du das Geld herausgibst, wollen sie dich laufen lassen. Also heraus damit! Ich habe leine Zeit, darauf zu warten!" Sie wand sich vor ihm auf der Erde. „Ich hab's nicht!" jammerte sie. „Nicht ungerührt habe ich's." Hinnerk hielt seiner Mutter den Taler, an dem noch die Asche klebte, vors Gesicht. „Wie kamst du zu dem Taler?" fuhr er sie an. Er sah, wie sie angstvoll nach dem Aschenkasten blickte, der umgestürzt neben dem Herde lag. „Wie kommst du zu dem Taler, den ich in der Asche fand?" Sie wimmerte leise wie ein getretener Hund. „Das Geld habe ich mir gespart, ganz all mählich, die ganzen Jahre, um euch was zu schenken — dir und der Liese — wenn Ihr Hochzeit macht." Er warf den Taler wütend auf den Tisch. „Dein Sündengeld brauchen wir nicht! lind Hochzeit mit der Liese? Die wird sich bedanken, einen Mann zu heiraten, dessen Mutter ius Zuchlhaus kommt."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)