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6m Iakr dnterleeboot-k^rieg. Am 18. Februar 1916 ist es ein Jahr her gewesen, das; der denkwürdige Unterseeboot- Krieg gegen England seinen Anfang nahm. Schon am 4. Februar 1915 erschien die Be- kauulmachung des Chefs des Admiralstabes unserer Marine, in der die bedeutsame Er- weiier^ung des Kampfes angekündigt wurde. Es wurden darin die Gewässer rings uni England und Irland einschließlich des gesamten englischen Kanals als Kriegsgebiet erklärt, wie England das Gebiet zwischen Schottland und Norwegen als Kriegsgebiet erklärt hatte. Um der Schiff fahrt noch ausgiebig Zeit zu lassen, die not wendigen Folgerungen aus dem Beginn des Unterseeboot-Krieges zu ziehen, wurde in dieser Bekanntmachung der 18. Februar als Beginn des O-Bootkrieges bezeichnet. Von diesem Tage an sollte jedes in diesem Kricgsgebiet angetroffene feindliche Kauffahrtei schiff zerstört werden. Da durch den von der englischen Regierung am 31. Januar angeord neten Mißbrauch neutraler Flaggen und Ab zeichen auch neutrale Schiffe im Kriegsgebiet Gefahr laufen mußten, so wurden sie in dieser Bekanntmachung vor Benutzung des Kriegs gebietes gewarnt. Als ungefährdet wurde die Schiffahrt nördlich um die Shetlandsinseln, in dem östlichen Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen Breite entlang der niederländischen Küste bezeichnet. Das Gebiet, das der neutralen Schiffahrt offen gehalten wurde, gewährt demgemäß einen beträchtlichen Spielraum. Die Gründe für die Eröffnung des Unterseebootkrieges sind bekannt genug. England hat seit Beginn des Krieges trotz aller frommen und scheinheiligen Erklärungen, an de» Bestimmungen der Londoner Seekriegs rechts-Konferenz festhalten zu wollen, doch einen Handelskrieg gegen uns eröffnet, der allen Völkerrechtsgesetzen Hohn spricht und die Rechte der Neutralen aufs tiefste verletzt. Diesem Ge bühren gegenüber, das die Aushungerung Deutschlands zum ZAe hatte, mußten besondere Maßnahmen platzgMfen, die geeignet waren, England empfindlich zu schädigen. Unsere Unter- seeboolwaffe, die sich seit den ersten Tagen des Krieges bereits glänzend im Kampfe gegen England bewährt hatte, schien das geeignete Mittel zur Durchführung des verschärften Kampfes zu sein. Die Folgezeit erwies, daß der am 18. Fe bruar eröffnete Unterseebootkrieg von größter Wirkung auf den englischen Handel war. Je größer die Anzahl der versenkten Schiffe wurde, desto höher wurden die Frachtsätze, desto größer die Preissteigerung aller Waren und die Teue rung, desto mehr wuchsen die Prämien für die Versicherungen der Schiffe. Die wichtigste Folge des Unterseebootkrieges war aber der stets wachsende „Mangel an Schiffsraum", der bereits zu einer nationalen Not Englands ge worden ist. Dieses Jahr des Unterseeboots krieges zeitigte noch eine Reihe schöner Erfolge, die weitab von diesem Gebiet des Krieges im * Mittelmeer und vor den Dardanellen errungen worden sind. Diese Erfolge haben aber mit dem am 18. Februar 1915 erklärten Untersee bootkrieg nur insofern einen Zusammenhang, als sie Von der gleichen Waffe errungen wurden. Die letzten Tage des ersten Jahres des Unterseebootkrieges haben aber Gelegenheit ge geben, unsern V-Booten noch die Durchführung^ einer erweiterten Aufgabe zu übertragen. Es handelt sich um die verschärfte Behandlung der „bewaffneten Handelsschiffe" durch unsere Unter seeboote. Man weiß aus den Erörterungen der jüngsten Tage, welche Verstöße gegen die Ge setze des Völkerrechtes durch die bewaffneten Handelsschiffe Englands infolge der Auffindung eines Geheimbefehls aufgedeckt wurden, in dem den Führern der „friedlichen" Handelsschiffe aufgetragen wurde, die Waffen nicht nur zur Verteidigung, sondern auch zum Angriff gegen deutsche Unterseeboote zu benutzen. Diese Maß nahme wurde durch Anordnung einer ver schärften Behausung dieser Handelsschiffe von feiten unserer C-Boote beantwortet. Der Erfolg uuierer H-Boote ist am besten ans dem Haß zu erkennen, den die Engländer gerade dieser deutschen Waffe entgegenbringen. ! Denn sie wissen, daß sie in ihnen einen höchst, gefährlichen Gegner besitzen. Verschiedene UriegsnachrichLen. (Von der mit. Zcnsurbebörde zugetanem Nachrichten), i „Deutschland verhungert." Das amtliche englische Lügenbureau Reuter verbreitet den Bericht eines unbedeutenden dänischen Blattes, indem es ausführt: Die Arbeiterzeitung ,Folkets Avis' veröffentlicht den Brief eines Geschäftsmannes, der eben von einer sechsmonatigen Rundreise aus Deutschland zurückgekehrt ist. Er schildert die V e r h L l t - nisse in Deutschland als ver zweifelter denn die Lage in Paris im Jahre 1870. Der Schreiber erklärt, da von überzeugt zu sein, daß es jetzt in ganz Deutsch land keine lebende Katze, keinen lebenden Hund gebe, da alle aufgegessen seien. Tierliebhaber, die versuchten, ihre Lieblinge zu verbergen, würden von ihren Nachbarn verraten und be straft. Störche, Schwalben, Stare, und alle Arten wilder Vögel seien systematisch erlegt worden, die Folgen werden sich im kommenden Frühjahr in Skandinavien fühlbar machen. Alle Seevögel sind schon lange ausgerottet. Der Schreiber besuchte alle größeren Städte, aber in größeren Gasthöfen wurde er oft zum Aufbruch genötigt, weil die Inhaber sich weigerten, ihm irgendwelche Nah rung zu gewähren. — Wenn naive Leute in England den Unsinn glauben, so kann man ihnen die harmlose Freude gönnen. * Frankreichs Kriegskosten. Der französische Staat wird vom 1. August 1914 bis zum 30.Juni 1916 rund Itth^Mil- liarden Frank K r i e g s k o st e ist haben. Rechnet man die Summe hinzu, die an Vor schüssen an Rußland, Belgien, Serbien, Italien und Montenegro gezahlt werden mußten und die unter besonderem Titeln im Staatshaushalt offen oder verschleiert erscheine», so kann man es den französischen Staatsmännern nachfühlen, daß sie den — Sieg in tausend Ängsten her beisehnen. Wenn aber, wie zu erwarten ist, mit phantastischen Summen die endgültige Niederlage bezahlt ist, dann ist Frankreich auf 100 Jahre verarmt. * Vorzeitige Freude. Die italienischen Blätter äußern die aller größte Genugtuung darüber, daß jetzt alle Jahresklassen unverheirateter Engländer aufgeboten werden, und auf dieses Ereignis setzen sie die höchste Hoff nung. Das ,Giornale d'Jtalia' atmet ordentlich auf, indem es schreibt: Was bisher als Traum erschien, ist nunmehr zur Tatsache geworden. Für den Vierverband beginnt erst jetzt der eigentliche Krieg. Die Zentralmächte werden sich an der ehernen Front der Verbündeten die Köpfe einrennen. Der Niedergang der Zentral mächte lasse sich nicht mehr verbergen, während der Vierverband jetzt seine höchste Macht erreicht habe, und darum den endgültigen Sieg davon- tragen werde. * Der Druck auf Griechenland. Wie die ,Südsl. Korr.' griechischen Blättern entnimmt, steigerte der Vierverband seinen Druck auf Griechenland in den letzten Tagen noch mehr. So haben englisch-französische Truppen abteilungen alleOrtschaften umSalo - niki nach versteckten Waffen durchsucht. Einige Griechen, bei denen alte, unbrauchbare Gewehre gefunden wurden, sind verhaftet worden. Auf der von den Vierverbandstruppen besetzten Insel Milos herrscht unter der griechischen Bevölkerung schwer st e Hungersnot, da Milos von jeder Zufuhr abgeschnitten ist. Epi demische Krankheiten raffen die Bevölkerung da hin. Die Stimmung wurde schließlich derartig, daß ein Aufstand auszubrechen drohte. Erst auf die sehr bestimmte Forderung der griechischen Regierung wurde die Einfuhr kleiner Mengen von Mehl und Zucker gestattet. Griechische Truppen verlassen Saloniki. Die bis jetzt in Saloniki in Garnison befindliche griechische Kavalleriebrigade hat wegen Schwierig keiten bei der Verpflegung die Stadt verlassen. Ein Regiment unter dem Befehl des Prinzen Andreff ist nach Athen aufgebrochen. * Die Einnahme von Erzermu. Mit großer Übermacht haben die Russen die Grcnzfestung Erzerum eingenommen. — Erzerum ist dis. Hauptstadt des gleichnamigen asiatischen Verwaltungsbezirks in 'Türkisch-Armenien und gilt als Grenzfestung gegen Russisch-Kaukasien. Es steht zu erwarten, daß die Russen diesen Sieg als ein besonderes Ereignis von weittragender Bedeutung ausposau nen werden. Die Annahme jedoch, daß sie mit dieser Festung den „S chlüssel zu K lein- asien" in Händen hätten, ist durchaus irrig. Stadt und Festung haben durchaus nur örtliche Bedeutung. Die Türken werden die Stadt wiedernehmen, wenn ihre Zeit gekommen sein wird. Valona — eine festung? Die italienischen Blätter, deren steigende Be sorgnis um das Schicksal der in Albanien wei lenden italienischen Truppen aus jeder Zeile erkennbar wird, berichten, daß die letzten Wochen bis zum Heranrücken der bulgarischen Truppen völlig ausreichend gewesen wären, um Valona zu einer modernen Festung auszubaneu. Ohne Rücksicht auf die Frage, welche Bedeutung dem Ausbau Valonas zur Festung zukommen würde, wird man dieser Mitteilung berechtigte Zweifel entgegensetzen dürfen. Denn bei der Schwierig keit, welche der Transport der notwendigen Baumiltel auf dem Seewege verursacht, läßt sich in so kurzer Zeit nur eine geringen An sprüchen entsprechende „Festung" Herstellen. Die Tatsache, daß Italien die heiß erstrebte „Herrschaft über die Adria" nur in höchst zweifelhafter Form besitzt, trägt auch nicht sonderlich zur Beschleunigung der Bauarbeiter; bei. Die italienische Meldung von der „Festung Valona" kann darum nur als eins der beliebten Schreckmittel angesehen werden, durch die den Bulgaren die großen Schwierigkeiten des bevor stehenden Angriffes vor Augen geführt werden sollen. Es ist nur zu befürchten, daß dieser Versuch bei dem bulgarischen Heere nicht die erwartete Wirkung haben wird. Der Trost, den aber diese Nachricht den Völkern des Vierverbandes bringen soll, kann auch nicht von sehr langer Dauer sein. Valona war wohl mal vor meh reren Hundert Jahren eine sür die damalige Zeit erhebliche Festung, als diese Stadt in den normannisch-byzantinischen Kriegen im Mittel alter eine große Nolle spielte. Die Zitadelle wurde aber im Jahre 1691 von den Venetianern gesprengt. Heut bietet Valona keinerlei Befesti gungen mehr dar. Die Lage Valonas in einem schmalen Tale, umgeben von Gebirgserhebungen, bietet wohl eine gute Möglichkeit einer Verteidigung der Stadt. Diese dürfte auch von den Italienern ausgenutzt worden sein, um allerlei Maßnahmen gegen den bulgarischen Anmarsch zu treffen. ES geht aber wohl viel zu weit, wenn man von dem Bau einer „modernen Festung" sprechen will. Im Süden und Südwesten läßt sich Valona durch die weit ins Meer vorsprin gende schmale Landzunge des Tschikagebirges mit dem Kap Glossa gegen einen Angriff von See her wohl verteidigen, da die höchste Er hebung aus dieser „Akokeraunischen Halbinsel" der alten Griechen 838 Bleier betrügt. Ein Angriff zur See kommt aber nicht in Frage. Im Osten sind vor Valona die Höhenzüge des Griwa-Gebirges vorgelagert, und im Norden bietet der Vojuca-Fluß, der sich ins Adriatische Meer ergießt, daß einzige Hindernis für einen von Norden anmarschierendcn Feind. Der süd lich des Vojuca gelegene größere Strandsee kann der Verteidigung von Valona dienstbar gemacht Werden. Der einzige Weg, der den Namen einer Straße verdient, führt von Valona aus gegen Norden an Strandsee vorbei. Bei Jagodina gabelt sich diese Straße, und eine Abzweigung führt weiter nordöstlich gegen Elbassan, während ein südwestlicher Weg nach Berat führt. Da diese beiden Städte fich bereits im BMtze der Bulgaren befinden, so haben sie die Schlüssel zu dem weiteren Vormarsch gegen Valona in Händen. Die Besetzung von Fieri erhöhte diesen Vorteil noch, denn Fieri liegt auch auf dieser Straße und zwar zwischen dem Kreuzungs punkt Jagodina und Valona selbst. Politische Kunäkkau. Deutschland. * Im verstärkten Ausschu ß des Preuß. Abgeordneten h ause s wurde beim Medizinalwesen die Angelegenheit des G eburtenr ü ckgangs eingehend erörtert, die Erörterung kam aber nicht zum Abschluß. 1876 halte die Geburtenziffer in Deutschland den Höchststand erreicht. Bist 1877 trat ein Rückgang ein, zunächst milde. Seit 1900 aber ist ein erheblicher Rückgang dauernd. Ein Ne gierungskommissar hob mit Nachdruck hervor, daß nicht wirtschaftliche Gründe den Geburten rückgang verursachten, es handle sich um eine Kulturerscheinung, die bei allen Völkern auf- trete, die rasch emporstiegen. — Der Minister erkannte den Ernst der Lage an und teilte mit, daß er bereits kommissarische Verhandlungen veranlaßt habe, an denen Kommissare aus den einzelnen Ministerien, Praktiker und Abgeordnete teilgenommen hätten. Alle Mittel mußten gründlich erwogen werden. *Das dem preuß. Abgeordneten- Hause zugegangene Eisenbahn anleihe- gesetz sordert im ganzen 313 Millionen Mark zur Ausführung von Neu- und Erweiterungs bauten. Davon sollen allein über 200 Millionen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Bahn netzes und 100 Millionen zur weiteren Förde rung des Baues von Kleinbahnen dienen. Frankreich. *Die Konferenz der Vierver- bandsmächte in Paris wird am 27. Fe bruar zusammentreten. Es heißt, Italien werde wahrscheinlich durch den Minister des Äußeren Sonnino und den Generalstabschef General Cadorna, unterstützt vom italienischen Gesandten sn Paris Tittoni und vom Zweiten Generalstabschef General Porro, vertreten sein. * Man erwartet in der nächsten Zeit in den Departements Savoyen, Hochsavoyen undJsöre 40 000 serbische und montenegri nische Flüchtlinge. Es sind besondere Baracken zu ihrer Unterbringung im Bau. England. * Das Munitionsministerium gibt bekannt,, daß der Generaldirektor der Abteilung' zur Anwerbung von Munitions arbeitern aus Gesundheitsrücksichten sein Amt niedergelegt habe. Der General direktor, der erst kurze Zeit im Amte ist, scheint an der Ersüllung seiner Aufgabe gescheitert zu sein. Rußland. *Nach Berichten Petersburger Blätter hat die Rechte des Reichsrates und der Reichsduma nunmehr endgültig be schlossen, sich an der Reise der russischen Parlamentarier nach England nicht zu beteiligen, trotzdem diese auf Einladung der englischen Negierung erfolgt. Dieser Be schluß ist sehr bezeichnend für die Stimmung in den Kreisen der Rechten Rußlands gegen England. Amerika. *Der deutsche Botschafter hat die letzte Fassung derdeustchen„L u sita n i a"-Note inWashingtou überreicht. Sie enthält einige Abänderungen, die von der Regierung der Ver. Staaten vor geschlagen worden sind. Nach einer Neuter- meldung enthielten die New Aorker Blätter vom 16. d. Bits. Berichte aus Washington, denen zufolge der „Lusitania"-Streit mit Deutschland tatsächlich geregelt worden sei. Sämtliche großen Blätter meldeten auch, daß Lansing zufrieden zu sein scheine und nur die Genehmigung Wilsons erwarte, damit die Streitfrage erledigt werden ! könne. Später wurde aber von Lansing mit- ! geteilt, daß der ganze H-Bootstreit von i neuem eröffnet worden sei. Jene Mit- ! teilung erregte in New Iorker diplomatischen ! und anderen Kreisen großes Erstaunen. Auf eigner 8cboUe. 11j Roman von Guido Kreutzer. IForlsetzung., Gegenseitige Verbeugung — und dann nahm man Platz, nicht ohne daß der Gast vorher mit einem verstohlen prüfenden Rundblick seine Umgebung gemustert hätte. Sogleich eröffnete er das Gefecht. „Sie werden über meine Anwesenheit einiger maßen erstaunt sein, Herr Graf," begann er verbindlich. Doch gibt es zwei Gründe, die mir den Zwang nahe legten, Ihre Liebenswürdig keit für meine Visite in Anspruch zu nehmen." Hans Scharrehn verhante in seiner ab wartenden Haltung. „Der erste Grund ist rein privater Natur und präsentiert sich gewissermaßen in dem Wunsch, Sie noch nachträglich wegen einer von mir be gangenen Schroffheit um Entschuldigun zu bitten." Jener hob befremdet den Kopf. „Mir — e — ist im Moment nicht gegen wärtig, wovon Sie sprechen, Herr Burger." Der schien über solche Gedächtnisschwäche etwas verblüfft. „Von unserm damaligen Nenkonter auf der Jagd bei dem Herrn Oberst von Steinrott in Langenbruch," definierte er weitschweifig. Der Ulan musterte seine Fingernägel und lächelte ein ganz klein wenig. „Aber ich bitte — eine Lappalie, die, wie Sie sehen, mir längst aus dem Gedächtnis ge- lommen war." Der Besucher wurde eifriger. „Gewiß, Herr Graf, eine Lappalie. Zugegeben. - Geschehen im Jagdeifer. Aber auch gleichzeitig eine ganz unmotivierte und mir nachträglich völlig unverständliche Geschmacklosigkeit, wegen deren ich mir in der Folgezeit oftmals bittere Vorwürfe gemacht habe." Er strich sich mit der Hand über das Knie. „Ich würde wohl auch schon längst Gelegen heit zu einer Aussprache genommen haben, wenn mich anderseits nicht die Erwägung gehindert hätte, daß Sie so kurz nach dem von mir auf richtig bedauerten Hinscheiden Ihres hochverehrten Herrn Vaters wohl kaum Interesse genug für meine Privatangelegenheiten gehabt hätten." „O," sagte der andre höflich. „Deshalb verschob ich meinen Besuch bei Ihnen auf eine geeignetere Zeit," ging der Rede fluß weiter. „Und es würde mir eine aufrichtige Genugtuung bedeuten, wenn ich von hier die Gewißheit mitnehmen dürfte, daß Sie mir wegen meiner — nennen wir das Kind beim rechten Namen — Taktlosigkeit nicht ernstlich zürnen." Was will der Mann eigentlich von mir? — dachte der Ulan. Kippte den Oberkörper einen Zoll breit vornüber und erklärte: „Sie überschätzen offenbar die tatsächliche Bedeutung dieses kleinen Zwischenfalls erheblich. Wie ich schon einmal bemerkte, hatte ich ihn voll kommen aus dem Gedächtnis verloren. Trotzdem ist es mir natülich angenehm, daß die Affäre im Rahmen einer kurzen Aussprache jetzt endgültig bcigelegt wurde." Schweigen. Scharrehn langweilte sich. Herr Burger liebäugelte mit den Spitzen seiner schmalen Lackstiefel und schien dabei ernsthaft nachzudcnken. j „Darf ich nunmehr den andern Beweggrund Ihrer Anwesenheit erfahren?" half der Graf aufmunternd nach. Sein Besucher zögerte sekundenlang, ehe er langsam aufblickte. „Was nun diese zweite Angelegenheit betrifft, Herr Graf, so ist sie durchaus geschäftlicher Natur." „Geschäftlicher Natur, Herr Burger?" Der verneigte sich zustimmend. „Ich gehe gleich auf die Sache ein und bitte um einige kurze Minuten gütiger Aufmersamkeit. — Sie Herr Graf — Verzeihung, daß ich zu dieser Bemerkung gezwungen bin — sind über den Stand Ihrer Verhältnisse im großen und ganzen natürlich informiert." „Allerdings!" bestätigte der Ulan kühl und lehnte sich in seinen Sessel zurück. „Sehr gut. — Dann dürfte Ihnen vielleicht auch die Tatsache bekannt sein, daß auf Trerow der Bettag von sechzigtausend Mark, den Ihr verstorbener Herr Vater uns schuldete, notariell als zweite Hypothek eingetragen ist." Der Offizier machte eine jache Bewegung, als wollte er aufspringen. Er ein Schuldner der Burger auf Eich felde!! — Etwas stieg in seiner Kehle hoch, das ihm den Atem verschlug. Sein Arm, der auf der Lehne deS Fauteuils lag, zitterte leise. Und dann wurde der Ulan eisig. „Pardon," sagte er, „aber ich muß bitten, sich mit allen derartigen Wünschen an Herrn Albrecht Grona auf Noggenthin zu wenden. Herr Grona hat sich auf Grund unsrer langen Freundschaft liebenswürdigst bereit erklärt bis zu meinem endgültigen Ausscheiden aus der Armee die Regelung aller auf Trerow bezüglichen geschäft lichen Angelegenheiten in seine Hand zn nehmen." Er wollte aufstehcn; aber sein Gast lächelte nur. „Wenn Sie mir noch einen kurzen Augenblick schenken wollen, Herr Graf: Sie befinden sich in einer irrigen Auffassung. Ich kam nicht etwa hierher, um mit Ihnen über die Ablösung der sechzigtausend Mark zu konferieren. Ihrer Er wähnung bedurfte es nur als Einleitung zu dem, was ich eigentlich tatsächlich sagen wollte. Fol gendes: Im Dezember vorigen Jahres, also wenige Wochen vor seinem unvermuteten Dahin scheiden, wandte sich Ihr Herr Vater an den meinigen mit dem Ersuchen um eine nachttägliche Erhöhung derHypothek auf hunderttausend Mark." Er dämpfte seine Stimme etwas. „Die beiden alten Herren haben während der neun Jahre, die mein Vater Eichfeldc jetzt besitzt, immer vorzüglich miteinander harmoniert. Und so bildete sich mit der Zeit ganz von selbst ein gewisses gegenseitiges Vertrauen heraus. Daher erfuhr mein Vater auch, wozu der alte Herr Graf das Geld brauchte: Es war für Sie bestimmt." „Für mich bestimmt?" Der junge Scharrehn hatte sich jäh aus seiner nachlässigen Stellung aufgerichtet. Er war blaß geworden. „Mein Vater hatte das Geld Sie ge statten, daß ich Sie für völlig falsch informiert ansehe. Denn die Beziehungen zwischen meinem Vater und mir waren niemals — —" Er brach ab. Paul Burger schlug die Beine übereinander