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Ottendorfer Zeitung : 14.07.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191607142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160714
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-07
- Tag 1916-07-14
-
Monat
1916-07
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 14.07.1916
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femäe, äie lick fanden. In Petersburg ist ein politisches Abkommen zwischen Rußland und Japan von dem Mi nister des Äußern Sasonow und dem japani schen Botschafter Motono unterzeichnet worden. Das Abkommen enthält zwei Punkte und hat den Zweck, die beiderseitigen Bemühungen zur Aufrechterhaltung des Friedens, hauptsächlich in Ostasien, in Einklang zu bringen. Der erste Punkt stellt die gegenseitige Verpflichtung auf, lein politisches Abkommen zu schließen und keine Verbindung eiuzugehen, die sich gegen den anderen vertragschließenden Teil richten. Der zweite Punkt besagt, daß bei Bedrohung des Gebietes oder der besonderen Interessen des einen vertragschließenden Teils in Ostasicn, die der andere Teil anerkannt hat, Rußland und Japan sich über die nöligen Maßregeln zur Unterstützung und Hilfeleistung verständigen werden, um diese Rechte und Interessen zu schützen und zu verteidigen. Der Abschluß dieses Abkommens zwischen Rußland und Japan bildet keine Überraschung mehr. Über die Verhandlungen, die seit meh reren Monaten schwebten, haben englische und amerikanische Blätter wiederholt Mitteilungen gebracht. Diese gingen auch auf Einzelheiten (namentlich bezüglich der Erweiterung der japa nischen Rechte in der Mandschurei und die Ent festigung Wladiwostoks) ein, von denen die amtliche Bekanntmachung nichts zu melden weiß. Wieviel davon auch zutreffen mag, so ist nicht zu verkennen, daß das neue Abkommen praktisch auf einen Bündnis vertrag hinausläuft, durch den die Meinungs verschiedenheiten, die bisher die ostasiatische Politik der beiden Reiche trennten, beseitigt werden sollen. Der Vertrag bildet eine Er weiterung des Anfang Juli 1910 nach den Ver handlungen zwischen dem Fürsten Ito und Kokowzow geschlossenen Vertrages, der sich indes nur auf eine gegenseitige Garantie des Stalus- quo in der Mandschurei bezog. Auch in du sein Vertrag war eine „Verständigung über Maß nahmen" zur Aufrechterhaltung des Statusguo vorgesehen. Der neue Vertrag geht aber viel weiter. Er spricht ausdrücklich von gegenseitiger „Unter stützung nnd Hilfeleistung" zur gegenseitigen Sicherung sowohl des Gebietes als der be sonderen Interessen der beiden vertragschließenden Teile in Ostasien, das heißt also in ganz Ost asien. Er bezieht sich also nicht auf die Mand schurei allein, sondern vor allen Dingen auch auf das chinesische Reich, das ja Japan heute als sein „Interessengebiet" ansieht. Die Wendung von den „Interessen, die der andere Teil anerkannt hat", läßt darauf schließen, daß sich Japan die ausdrückliche Anerkennung seiner Chinapolitik durch Rußland gesichert hat. Wie denn kein Zweifel ist, daß in der Gestaltung des Bündnisvertrages vor allein ein Erfolg der japanischen Politik und eine Vergütung für die Dienste, die Japan der Ausrüstung der russischen Armee im gegenwär tigen Kriege leistete, zu erblicken ist. Für Japan bedeutet der Vertrag außerdem durch die Fest setzungen der ersten Punkte eine wertvolle Er gänzung, gegebenenfalls den Ersatz für das Bünd nis mit England, dessen Fortbestand schon seit einiger Zeit in Frage gestellt ist. In London wird man von diesem Zusammen schluß der beiden Bundesgenossen nicht sonder lich erbaut sein. Bricht doch damit die Ost- asienpoliük Englands, die darauf gerichtet war, Rußland im fernen Osten einen Nebenbuhler zu schaffen, vollständig zusammen. Nicht um sonst hat man ja Japan in den mandschurischen Krieg gehetzt. Es ist nun eine Herrn Grey sehr unerwünschte Folge des Weltkrieges, daß sich die Gegner von einst die Hand reichen. Mehr noch als bisher muß sich jetzt England an die Ver. Staaten anschließen und vielleicht ist das russisch-japanische Abkommen die Erklärung sür das Verhalten Herrn Wilsons gegenüber Eng land. Mit dem Bündnis wird natürlich Ja pans Macht ungeheuer gestärkt und Japan kann später mit der Rückendeckung Rußlands viel energischer als bisher seine politischen Ziele auf dem Stillen Ozean verfolgen. 6me Irrige. 9j Roman von Ludwig Rohmann. (Forschung.) Marie ließ sich's nicht nehmen, Inge selbst auf ihr Zimmer hinaufzuführen, und so blieb es Horst versagt, mit der Schwester wenigstens kurz die Eindrücke des Tages in dem gastlichen Hause auszutauschen. Auch das sollte nun morgen geschehen, und morgen abend wollte er dann nach Gießen fahren und die Arbeit, die er jetzt besonders notwendig brauchte, wieder aufnchmen. Aber als er morgens mit Marie zusammen- traf, erfuhr er, daß Berg in der Nacht ein Telegramm erhallen habe, das ihn dringend nach Paris berief; er sei mit dem Frühzug ab gereist und lasse herzlich um Entschuldigung bitten. Hm Bornemann möge ihm die Freude machen, seine Rückkehr, die in etwa drei Tagen erfolgen werde, abzuwarten. Horst war nicht nur enttäuscht — er konnte auch eine leichte Perslimmnug darüber nicht los werden, daß aus der sehnsüchtig erhofften Unter redung nichts geworden war. Warten konnte und wollte er nicht — was hätte er auch in den drei Tagen anfangen sollen? So verab schiedete er sich gleich nach Tisch. Er mußte sich gefallen lassens daß angespannt wurde; die Begleitung der Damen lehnte er bestimmt ab — kurzer Abschied sei für Inge und ihn selbst d./s Beste. — Wie müde er auch war — es drängle ihn doch, am Abend noch an Paul und Manders zu schreiben. Er sprach von dem herzlichen Hier öffnen sich der Wellpolitik ganz neue Aussichten. Schon jetzt — noch während des ungeheuren europäischen Ringens — weist die Entwicklung in die Ferne, wo neue Konflikte heranreifen. Will Japan den Entscheidungs kampf gegen die Ver. Staaten führen, von dessen Notwendigkeit in Japan jedes Kind über zeugt ist, so wird in diesem Waffengange seine stärkste Stütze Rußland sein, nicht der bisherige Bundesgenosse England. Die Geister, die England rief, treiben jetzt ihr Unwesen, und der große Hexenmeister Grey kann sie nicht be schwören. Er muß untätig zusehen, wie sich um Indien das Netz zusammenzieht, wie die Bundesgenossen von heule nach der europäischen Liquidation die Abrechnung mit England im fernen Osten systematisch vorbereiten. Die schlaue Politik der Herren Asquith und Grey ist in eine schlimme Sackgasse geraten. verschiedene UriegrnachnchLen. Die Aussichten der großen Offensive. Wie aus Rotterdam berichtet wird, gibt eine französische Havasnote zu, daß der sechste Tag der großen Offensive keine Ände rung in die Stellungen der Verbündeten ge bracht habe. Die Engländer seien zur Einsicht gelangt, daß die artilleristische Vorbereitung bis her ungenügend gewesen sei, und Hütten eine neue methodische Beschießung angefangen. „In fünf Tagen haben wir an der Somme ebenso viel Fortschritte gemacht, wie die Deutschen vor Verdun in vier Monaten." Der ,Nieuwe Rotterdamiche Courant' bemerkt dazu: Dies hätte nur Berechtigung sür die Monate, die auf den ersten Offensivsloß gefolgt seien. Die Franzosen hätten heule keinen größeren Gewinn zu verzeichnen, als die Deutschen nach den ersten Tagen der Schlacht um Verdun. Man lerne daraus von neuem, daß der erste Erfolg keineswegs weitere Fortschritte nach sich ziehen müsse. Zum Schluß meint das Blatt: „Es ist immerhin zweifelhaft, daß die Russen ihren augenblicklichen Verbrauch an Menschen und Material noch längere Zeit hindurch weiter führen können. Wird es ihnen gelingen, unter den Umständen die Entscheidung herbeizuführen ? Dies ist sehr unwahrscheinlich. Wenn eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld überhaupt möglich ist, muß sie im Westen fallen. Aber da sind noch gar keine entscheidenden Ereignisse zn verzeichnen." Eine Warnung für die Franzosen. Der Vertreter des .Pariser Journal' in Petersburg sagt am Schluffe eines Telegramms über das Vorrücken der Russen, dessen End ergebnis er als noch im weilen Felde liegend bezeichnet: Man muß das französische Publikum warnen vor übertriebener Hoff nung, die es ans den glücklichen Ereignissen auf allen Fronten schöpfen könnte. Der Gegner ist außer Atem, aber noch stark. Es ist sicher, daß er sich gegenwärtig wieder sammelt, nm irgendwo einen furchtbaren Gegenstoß zu führen. Daher werden unsere Generalstäbs gegen ihn methodisch und langsam, aber mit Ausdauer und Sicherheit vorgehen. * Mißstimmung über das Zurückbleiben der Engländer. In diplomatischen Kreisen im Haag verlautet auf Grund von Berichten, die aus Paris ein gelaufen sind, daß die Verluste der Franzosen bei der Offensive in den ersten Julilagen nicht erheblich geringer waren als die der Engländer. Von französischer Seite wurde einer hohen diplomatischen Persönlichkeit bei einer Gesandt- schast eines südamerikanischen Staates im Haag gesagt, daß die französische Regierung sich ans Grund der Ergebnisse der Kämpfe an der Somme, die bekanntlich, was Geländegewinn anbelangt, sür die englischen Truppen noch be deutend ungünstiger abgelaufen sind, als für die Franzosen, der französischen Heeresleitung an heimgegeben hat, nicht weiter für die Engländer dieKastanien aus dem Feuer zu holen. Diese Bedeutung ist also offenbar hinter den mehrfach aus London ge kommenen Meldungen zu suchen, die dahin Empfang und davon, daß Inge sich anscheinend sehr wohl fühle. Dann sprach er von seinen Eindrücken; von Marie schwärmte er fast ein wenig und auch Berg kam gut in seinem Urteil weg. Aber dann gestand er, daß es ihm wnnderbarerweise Mühe koste, diese Eindrücke sich lebendig zu erhalten. Aus der Entfernung wollte ihm manches doch anders erscheinen. Er komme sich direkt undankbar vor, daß ein leichtes Mißtrauen, sür das er auch nicht die Spur eines Grundes finde, ihn immer wieder beschleiche. „Ich habe mir darum vorgenommen, an all das so wenig wie nur irgend möglich zu denken und mich in die Arbeit zu stürzen. Ich fürchte, meine Nerven sind zu sehr überreizt, als daß ich einer so wichtigen Angelegenheit mich jetzt mit der nötigen Ruhe und Objektivität widmen könnte. Vielleicht erfahre ich in einigen Tagen doch etwas Neues und dann wird sich ja wohl auch feststellen lassen, ob mein Mißtrauen ge rechtfertigt ist oder nicht. Fast gleichzeitig mit dem Briefe Horsts traf auch die erste Nachricht von Inge ein. Sie sprach mit Begeisterung von Marie und ihrem Pater, sie schilderte aus ihrem weichen Emp finden heraus, wie viel an Liebe und Herzens güte sie in den wenigen Stunden schon erfahren habe und daß ihr vor allem eines wohl tue: daß sie auch ferner Grund habe, an die Welt und die Menschen zu glauben. Paul wußte mit den beiden Briefen nicht viel anzufangen. Es beunruhigte ihn, daß Horst wieder mit Zweifeln kam, nachdem man doch angenommen hatte, daß Herr Berg füglich lauteten, daß die Franzosen keine weiteren An griffe machen werden, bis die Engländer ihre Linien nördlich der Somme auf ungefähr die gleiche Höhe der französischen gebracht haben. * Ein ständiger Kricgsrat des Vier- vcrbandes. Das Wiener ,Fremdenblatt' erfährt, daß gegenwärtig ein stündiger Kriegsrat des Pierverbandes tagt, dessen Vorhandensein sogar vor den Vierverbandsvölkern selbst strenge ge heim gehalten wird. Den Vorsitz führt der Ver treter Rußlands, Großfürst Nikolaus Ni kolajewitsch. Dem Beirat gehören an: für England French, für Frankreich Pau, für Italien Porro, für Serbien nnd Montenegro Kronprinz Alexander. Japans, Belgiens und Portugals Vertreter sind nicht zu ermitteln. Die letzten Beschlüsse gingen dahin, gemeinsam die Angriffe längstens am 4. Juli zu beginnen, um die Mittelmächte abzuhalten, ihren Armeen größere Beurlaubungen zu Erntezwecken zu er teilen. Der Sitz des Kriegsrats ist abwechselnd. Gegenwärtig tagt er in einer kleinen Stadt Süd rußlands. Frankreichs Vernichtung. Das Urteil eines französischen Arztes. Gelegentlich eines medizinischen Kongresses in Lausanne äußerte sich der Generalarzt Dr. Couraye über die Volksvernichtung in Frank reich in ziemlich heftiger Weise und griff bei dieser Gelegenheit sehr scharf die französischen Militärbehörden an, die ohne Rücksicht, nur um die nötigen Rekrutenzahl aufzubringen, das französische Volk der vollständigen Vernichtung entgegenlreibt. Dr. Couraye ist wegen dieser Äußerung seines militärischen Postens enthoben worden und hat die Berufung für einen Lehr stuhl für innere Medizin an die amerikanische Havard Universität angenommen. Ein Genfer Blatt berichtet den wesentlichen Inhalt der Rede des französischen Generalarztes: Neben dem Strategen hat gewiß der Arzt die größte Verantwortung. Bedauerlicherweise muß festgestellt werden, daß sich gerade die französischen Arzte mit geringen Ausnahmen dieser Perantwortung sehr wenig bewußt sind. Schon die Untersuchung auf Militärtauglichkeit wird sehr oberflächlich, wenn man nicht sagen will sträflich leichtsinnig vorgenommen. Es werden Leute zum Heeresdienst ausgehoben, deren Dienstuntauglichkeit jeder Laie schon auf den ersten Blick erkennen kann. Fälle, in denen man Männer mit stärkeren Rückgratverkrüm mungen eingestellt hat, sind nicht selten. Ich selbst habe in einem einzigen Relrutendepot eines Ersatzbataillons in Nancy 46 lungenkranke Leute, davon 21 im vorgeschrittenen Stadium, sestgestellt, und deren Entlassung aus dem Militärdienst veranlaßt. Ein Regiment in St. Etienne hat 124 Leute mit größerem Herzfehler. Man hat sich sogar nicht gescheut, Männer in die Uniform Zu stecken, bei denen sich alle Anzeichen von Rückenmarksschwindsucht nach weisen ließen, in anderen Fällen sind mir Sol daten vorgeführt worden, die offenbar gehirn- krank waren. Ohne zu übertreiben, kann man behaupten, daß wenigstens die Hälfte aller neu eingestellten französischen Soldaten krank und darum sür den Waffendienst ungeeignet sind. In einer Eingabe an das französische Kriegs ministerium ist auf diese unhaltbaren Zustände hingewiesen worden. Leider hat man die An gaben nicht mit ruhiger Vorurteilungslosigkeit geprüft, sondern mir Mangel an Patriotismus vorgeworfen und mich der Freundschaft mit Hervä und Clemenceau „verdächtrgl". Ich leugne meine freundschaftlichen Beziehungen zu beiden gar nicht und behaupte, daß diejenigen schlechte Patrioten sind, die ihre Verantwortlich keit sür das französische Volk einem solchen Patriotismus opfern. Mit Kranken und Krüppeln gewinnt man keine Schlachten. Rückenmärker und Schwindsüchtige retten das Vaterland nicht. Nur ein völlig unverstandener Patriotismus bevölkert unsere Schützengräben mit Menschen, die kaum ein Gewehr tragen, viel weniger irgendwelche Strapazen aushatten können. Unbegreiflich ist es, wie man Studenten nicht mit dem Tode des Vaters in Verbindung gebracht werden könne und er neigte dann selbst der Annahme zu, daß Horst nervös sei und Gespenster sehe. Inge hatte doch wohl das freiere Empfinden. Er sprach mit Manders darüber. „Was meinen Sie, Herr Lehrer — was sollen wir da tun?" „Warten," sagte Manders ruhig, „warten! Wir müssen Horst und Inge gewähren lassen und inzwischen wollen wir sehen, was hier für uns alle gerettet werden kann. 5. Nun ja — warten! Das mußte man ja wohl, aber Paul fand sich schwer darein. Wenn er wenigstens ein Ziel vor sich gesehen, weün er gewußt hätte, was jenseits der Zeit des Harrens stehe. Wenn er irgend etwas hätte unternehmen können, was einer Zukunstsarbeit gleich sah! Aber statt dessen sah er sich, zur fürchterlichen Untätigkeit verdammt und einen Tag um den andern verdämmerte in stumpfer Trübsal. Eines Morgens aber kam er zu Manders. „Herr Lehrer — das ertrag' ich so nicht länger! Ich muß etwas tun, muß an die Zukunft denken und die Hände rühren." Manders sah den erregten jungen Mann teilnahmsvoll an. — „Nun ja, das müssen Sie wohl. Ich weiß nur leider gar nicht, was geschehen könnte." Paul zog einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf. ohne jede klinische Erfahrungen zu Feldärzten ernennen konnte. In ihrer Erfahrungs- und Hilfslosigkeit stellen sie oft die unsinnigsten Diagnosen. Ein Soldat wurde von einem Feld arzt wegen eines angeblichen Bronchialkatarrhs ins Lazarett geschickt; bei dem Manne wurde keine Spur von Bronchialkatarrh, vielmehr Fleck typhus sestgestellt. Es werden oft Amputationen ohne Sinn und Verstand vorgenommen. Glieder werden abgenommen, dis man den Unglücklichen hätte erhalten können, wenn man den Heilprozeß nicht gestört hätte. Diese jungen erfahrungslosen Kandidaten der Medizin sind es zumeist, denen das Wohl der französischen Soldaten überant wortet ist. Sie entscheiden, und was sie ent scheiden, zeigt die erschreckend hohe Sterblichkeits ziffer in der französischen Armee, die einer wahren Volksvernichtung gleichkommt. PoMilcbe Armälckau. Deutschland. *Der Staatssekretär des Innern Dr. Helfferich ist von Wilna kommend mit den Herren der Begleitung auf seiner Reise durch das besetzte Gebiet in Libau eingetroffen. * Nach der ,K. Ztg.' soll an maßgebender Stelle die Absicht bestehen, die Versorgung mit Eiern einheitlich für das Deutsche Reich zu regeln, am zweckmäßigsten vielleicht durch Einführung von Eierkarten. Auch die Festsetzung von Höchstpreisen für Eier kann kaum mehr länger hinausgeschoben werden. * Zum Schutze der Interessen des Einfuhrhandels hat sich in Berlin eine umfangreiche Organisation gebildet, die zugleich dem Handel und der Industrie dienen will. Nach eingehender Prüfung der Sachlage hat der Porstand sich der Einsicht nicht verschließen können, daß der Einfuhrhandel in den meisten Städten Deutschlands allzusehr zer- splitkert ist, um ihn in örtlich abgeschlossenen Perbänden erfolgreich zusammenzufassen. Er hat sich deshalb entschieden, grundsätzlich alle geeigneten deutschen Firmen aufzunehmen außer solchen, die in den Hansastädten ihren Sitz haben, da in Hamburg und Bremen bereits Perbände ähnlicher Art gegründet sind, mit denen der Berliner Verband in freundschaftlicher Fühlung steht. Eine Vertretung des ganzen deutschen Einfuhrhandels ist damit in den ge nannten Verbänden organisiert. Dem deutschen Einfuhrhandel wird somit die aussichtsreiche Möglichkeit geboten, auf dem Wege der Selbst hilfe für seine Interessen zu sorgen. England. *Die Regierung hat Blättermeldungen zu folge beschlossen, sofort Schritte zu tun, um die Vorschläge der Pariser Konferenz zur Ausführung zu bringen. Asquith wird in nächster Zeit eine Erklärung darüber abgeben. Es fand nun eine Versammlung der Mitglieder der beiden Häuser, die Anhänger des Freihandels sind, statt. Dort wurde eine Entschließung folgenden Inhalts angenommen: Die Persamm lung erklärt, daß sie an den Grundsätzen des Freihandels unentwegt festhalle und sich gegen alle Vorschläge, die davon abweichen, fo energisch als möglich zur Wehr setzen wird. Zu diesem Zwecke konstituierte sich die Ver sammlung als ständige Kommission unter dem Vorsitz Lord Beauchamps. Italien. * Wie aus Rom gemeldet wird, verlautet in vatikanischen Kreisen, der Pap st habe bei der englischen Regierung dahin vermittelnd einge- grisfen, daß die Todesstrafe gegen Sir Roger Casement nicht vollzogen werden möge. Portugal. Der Minister des Äußeren und der Finanz minister haben eine Reise nach London an- gelrelen, um dort wegen einer Anleihe zu verhandeln. Die englischen Blätter erklären indessen, Portugal müsse auch auf den euro päischen Kriegsschauplätzen eingreifen, um seine Stellung bei den kommenden Friedensverhand lungen zu wahren. Davon scheinen die Londoner Rechenkünstler die Gewährung der Anleihe ab hängig zu machen. „Wie lange kann's wohl dauern, bis der Konkurs erledigt ist?" „Das ist kaum zu bestimmen. Die Auf nahme der Masse wird wohl noch ein Weilchen dauern. Die erste Gläubigerversammlung findet Ende Oktober statt. Dann kommt die Prüfung der Forderungen, die Liquidierung der Masse — das alles nimmt Monate in Anspruch und Frühjahr kann's darüber schon werden." „Nee" — Paul sprang entsetzt auf, „das wart' ich nicht ab. Aber nun möcht' ich Ihnen mal einen Vorschlag machen. Wie wär's, wenn wir hier ruhig weiter arbeiteten?" Nun sah ManderS höchlichst überrascht auf. „Ich weiß nicht, wie Sie das meinen." „Nun, die Sache ist im Grunde doch einfach genug. Die Leute hier sind am Verhungern — jetzt schon, eh' noch der rechte Winter da ist: ich verzweifle in der Untätigkeit, und da ist doch eigentlich nichts einfacher, als daß wir uns gegenseitig helfen. Ich verschaffe mir etwas Kapital und ein paar Absatzquellen — das kann nicht allzu schwer sein. Ich verteile für ein paar hundert Mark Werkzeuge und schaffe die nötigen Hölzer an — na und dann geht's eben los. Rationeller, als mein Vater es ge tan, muß die Geschichte allerdings betrieben werden und es wird ja wohl ein eisernes Ver hältnis sein, in dem ich zu den Leuten stehe. Aber das tut nichts — sie werden doch wenigstens was zum Beißen haben und ich finde dabei vielleicht doch so etwas wie eine Existenz, bei der sich meine Unfertigkeit nicht gar zu sehr fühlbar macht/
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